Erstkontakt mit Lektoren - Wie soll er sein?

Nina H.

Mitglied
Ich habe im Laufe der ehrenamtlichen Lektorentätigkeit für die LL sehr viele total nette Mails bekommen. Bei den meisten passt alles und ich freue mich über den Kontakt.
Aber manchmal wundere ich mich schon über die Leute!
Da gibt es Mails ohne Betreff, die ich erst aus dem Spamordner fischen muss.

Und dann hatte ich es auch schon öfter, dass jemand geschrieben hat, als würde er einen Auftrag an einen Maschine geben. So ungefähr: "Ich habe da einen Text zum Lektorieren." Keine Anrede, keinen Gruß, kein Name darunter.
Die meisten User schreiben ja fast zu höflich mit einem "Sehr geehrte Frau Horvath", was nun wirklich nicht sein muss (aber auch nicht verkehrt ist), aber ein "Hallo Nina" sollte doch wohl drin sein, oder? Immerhin habe ich das Gefühl, dass die Lektorenseite doch übersichtlich hergibt, an wen man da schreibt!

Neulich habe ich ein Mail bekommen, wo im Body gar nichts stand. Nur eben der Anhang und der Betreff "Lektorat". Was auch nicht gerade besonders vielsagend ist. Ich lektoriere immerhin inzwischen für zwei Verlage, verspreche auch manchmal wen in einem Forum, was zu übernehmen und bekomme auch immer wieder Lektorate von eigenen Geschichten, wenn diese veröffentlicht werden sollen.

Also was ich mir in Hinkunft wünsche:
Mails, mit aussagekräftigem Betreff, mit einem Mindestmaß an Höflichkeit (z.B. mit einem "Hallo" am Anfang) und einem Begleittext, in dem kurz und formlos geschrieben wird, woher derjenige meine Mailadresse hat und was er von mir möchte.
Die Geschichte kann ruhig schon mal angehängt sein. (Wie die einzelnen Lektoren das wollen, steht in deren Profil, manche möchte das ja nicht.)

Nun meine Frage an die anderen Lektoren: Was wünscht ihr euch beim Erstkontakt?
 

jon

Mitglied
Teammitglied
So eine Mail mit "Betreff: Lektorat" und dann nichts drin außer einem Word-Dokument, das sich noch nicht mal öffnen ließ, hatte ich auch grade …

Ich erwarte schon ein paar Zeilen, sehr gern mit Anrede, denen ich Entnehmen kann, was der Absender möchte, was für eine Art Text es ist und wie lang der Text / die Textprobe etwa ist. Angenehm empfinde ich, wenn jemand fragt, ob ich grade Zeit fürs Lektorieren habe, allerdings habe ich auch kein Problem damit Leuten, die davon ausgehen, das ginge so nebenbei, mitzuteilen, dass sie sich etwas gedulden müssen oder es besser gleich an anderer Stelle versuchen sollen.
Was mich ein bisschen ärgert, ist, dass vor allem bei Textproben aus Romanen dann oft mehr Seiten kommen, als avisiert waren – meine Zusage richtet sich ja auch danach, ob die Zeit, die ich habe, nach meiner Erfahrung für einen 30-Seiter oder nur eine 5-Seiten-Story reicht. Zumal sich die Arbeit ja auch noch als umfangreicher als gedacht erweisen kann, wenn der Text recht viele zu "bemeckernde" Details enthält …
 

Nina H.

Mitglied
Umgekehrt finde ich es aber auch gut, wenn Lektoren, die keine Zeit haben, auch mal wieder ihr Profil editieren. Dann sparen sich die Leute dann das Anschreiben.

Aber ansonsten sind wir auch einer Meinung, was das Anschreiben betrifft. Von mir aus kann es ruhig formlos sein, aber es sollte halt herauskommen, was derjenige überhaupt will. Und ein "Hallo+Name" am Anfang und "LG+Name" am Schluss oder so was in der Art dürfte auch bei Teenagern durchaus im Bereich der normalen Umgangsformen beim Nachrichten verfassen liegen. (Ich habe aber an und für sich die Erfahrung gemacht, dass Höflichkeit keine Altersfrage ist.)
Manche Leute bedenken überhaupt nicht, wie viele Mails da in einem Postfach zusammenlaufen und dass man auch nicht unbedingt raten will, was man da tun soll.
 
Hallo und Tschuldigung,

die Angelegenheit mit dem "Test" habe ich soeben verursacht.

Zum Thema:
Nina, wenn jemand um Hilfe bittet, kannst du bereits bei einer Anfrage herauslesen oder herauserkennen, ob du dich auf eine regelrechte Zeitverschwendung einlässt.
"Ich hätte da mal was zu lektorieren."
Wenn du so etwas liest, brauchst du gar nicht zu antworten.
Es ist so, dass der Erstkontakt mit Lektoren nicht überfallmäßig oder gar lässig ablaufen darf. Das heißt nicht, dass ein verschüchterter Bettelbrief herauskommen soll, sondern eine nüchterne und sachliche Anfrage. Die Regeln des Anstandes sollten selbstverständlich sein.
Es verhält sich doch so, dass Lektoren der Leselupe, die ihre zumeist kostenlosen Dienste abieten, selbst Autoren sind und schreiben. Sie wollen Schreibblockaden überbrücken. Wer da als Autor glaubt, dass Nina, Jon oder ich Lektorierungsmaschinen sind und dies sinngemäß auch so rüberbringt, der hat dann eben abgegessen.
Das Beispiel, welches Jon kurz erläutert hatte, ist typisch negativ und kommt nicht selten vor. Eine nichtssagende eMail mit einem Datei-Anhang, der sich nicht öffnen lässt ... Was soll denn das. Da hatte vermutlich ein Hahn gekräht. Hier wäre es unsinnig, nachzufragen, um was es denn eigentlich geht.

Viele Grüße

Michael
 

Nina H.

Mitglied
Ich sehe schon, wir sind alle bisher in etwa einer Meinung gewesen. Klar, Bettelbrief braucht es keiner zu sein und auch nicht übertrieben höflich (duzen darf durchaus sein, nachdem wir ja bei der Leselupe selbst auch alle per Du sind), aber eben den normalen Umgangsformen folgend.
Man sagt ja in der "realen Welt" auch nicht: "Ich habe da was für Dich zu tun" oder drückt jemandem gar wortlos etwas in die Hand, sondern so was in der Art von: "Hallo, würdest Du bitte ..."

Aber ich achte an und für sich schon drauf, dass ich überall antworte. Sonst bin ich auch nicht recht viel besser als die Menschen, über die ich mich beschwere. Ich weise aber dann schon drauf hin, was mich an der Kommunikation gestört hat bzw. wenn aus meinem Profil herauszulesen war, dass ich einen Text in der Art eben nicht mache. Oder nicht in der Art, wie der sich das wünscht. (Ich biete z.B. keine Textanalyse von halbgaren Texten mit ignorieren der Tippfehler.)
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Ich habe den Eindruck, ich komme ganz gut weg bei den Anfragen – echte Rohschriften mit massenhaft Tippfehlern hatte ich, glaube ich, noch nie. (Toi toi toi!)
 
Hallo Nina,

es gibt ja noch viele weitere Faktoren, wenn jemand anfragt. Es ist nicht nur die Art des Anschreibens, sondern muss auch beschrieben sein, um was es im Text geht.
Ein Lektorat wird vielmals mit einem Korrektorat verwechselt oder jenem gleichgestellt. Was Rechtschreibfehler betrifft, werden diese nebenbei behoben; aber die sachlichen Unzulänglichkeiten in einem Text können nur in Absprache mit dem betreffenden Autoren behoben werden. Ein "blindes Lektorat" kann nämlich Sinn und Zweck eines Textes total entstellen. Es kommt zum Schluss etwas heraus, was gar nicht im Sinne des Autoren war. Wer als Autor nicht einsieht, dass er mitziehen muss, hat verspielt. Es wäre ja auch totaler Unsinn, wenn ein Lektor einen Text nach eigenem Geschmack umschreibt.
Beim Erstkontakt erkennt man heraus, ob da jemand keine Lust zu einer Mitarbeit hat oder mitziehen würde. Das erkennt man spätestens an der Unterschrift. Wenn da "mfg" geschrieben steht, ist Faulheit als vorprogrammiert vorauszusehen. Warum sollst du dann, Nina, dir die Mühe machen, zu antworten? Ich beantworte eigentlich auch alles, aber alles doch nicht ganz.
Ein Beispiel:
Ein gebürtiger Jugoslawe, staatsbürgerlich in Österreich lebend, hatte ein Manuskript geschickt, welches einer Rechtschreibfehlersammlung gleich kam. Das konnte ich diesem Mann nicht verübeln. Die Fehler wurden eben von mir korrigiert, aber da war noch längst nichts lektoriert. Es musste zuvor eine Grundlage für ein Lektorat geschaffen werden. Fünfzig Fehler auf einer Normseite, das nervt, aber man ist ja gutmütig, vielleicht ist man auch ein bissel doof. Dann kam die Beschwerde von diesem Mann: Ich hatte einen Fehler übersehen. Woher wusste er das auf einmal?
Weißt du was, Nina? Verarschen kann ich mich selbst.

Viele Grüße

Michael
 

Nina H.

Mitglied
Also wenn so viele Fehler drin sind, dann lehne ich gleich ab. Mit der automatischen Rechtschreibprüfung geht ja sehr viel weg, was ein Korrekturleser mühsam anstreichen muss.

Man liest zwar in Autorenforen oft, dass Leute es "unfair" finden, wenn sie der Verlag wegen Rechtschreibung und dergleichen ablehnt, aber ich persönlich habe noch nie einen Text gesehen, der inhaltlich und stilistisch gut und vor anderen Fehlern nur so gestrotzt hätte. Ich finde, es geht hier auch ein wenig ums Bemühen. Es gibt eine automatische Rechtschreibprüfung und ich bin mir auch selbst nicht zu gut, bei meinen eigenen Texten im Zweifelsfall mal ein Wörterbuch zur Hand zu nehmen. Und auch selbst mal Korrektur lesen. Damit kann man zwar Fehler nicht ausmerzen, in den meisten Fällen jedoch auf ein erträgliches Niveau bringen.

Außerdem tue ich mir persönlich schwer - ich denke, Dir ist es da auch so gegangen, Michael - dass ich sozusagen "den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe". Wenn jedes dritte Wort falsch getippt ist, kann ich mir nur schwer auch noch Gedanken über die stilistischen Feinheiten machen.

Ich denke mal, der Mann, über den Du schreibst, hat sich noch einen Lektor engagiert.
Grundsätzlich ist das aber auf jeden Fall eine Frechheit! Die Fehler hat er schließlich selbst gemacht und ist demnach auch dafür verantwortlich. Und einen Tippfehler zu übersehen, kommt selbst bei Lektoren großer Verlage vor - aber wenn einer keinen Cent für seine Arbeit sieht, ist zusätzlich nicht zu erwarten, dass er den Text zehn Mal durchgeht.
Ich selbst gehe solche Ehrenamtstexte auch nur einmal durch - es steht demjenigen ja frei, noch jemand anderen um Hilfe zu bitten. Es ist ja als Hilfestellung gedacht, nicht mehr und nicht weniger.

Ich habe aber eher das umgekehrte Problem gehabt, dass Leute hauptsächlich eine andere Meinung (ein Lob?) hören wollten. Klar, mal ganz kurz schreibe ich schon darüber - aber ich sehe die Aufgabe eines Lektors nicht darin, eine Abhandlung über einen Text zu schreiben. Schon gar nicht, wenn derjenige mir nahelegt, sämtliche Fehler zu ignorieren.
Recht viel weniger Mühe ist es auch nicht, einen Text "nur zu lesen" ja, die sorgsam ausformulierte Kritik dauert eher länger, als ab und an mal eine Anmerkung zu machen. Aber das wäre ja direkt ein anderes Thema, das wir auch noch diskutieren könnten.
 
Hallo Nina,

da hast du volkommen Recht. Ein Lektor ist kein Kritiker in dem Sinne, dass er seine Meinung zur Handlung irgendeines Textes abgibt. Ist es natürlich totaler Nonsens, kann man schon etwas dazu bemerken. Aber Lektoren sind nicht dazu da, die Güte von Texten zu bewerten. Ein fest angestellter und bezahlter Lektor in einem Verlag wird auch nicht über seine Meinung gefragt werden. Er hat seine Arbeit zu verrichten, auch wenn es sich um Quatsch handelt. Tut man dies jedoch freiwillig und ehrenamtlich, muss man schon mal "nein" sagen können. Es ist nämlich niemand von uns unsterblich. Unsere Zeit ist begrenzt, und die soll man nicht verplembern.
Es gibt aber auch sehr gute Texte, die nahezu fehlerfrei sind. Der Inhalt stimmt auch, es sind nur ein paar Tippfehler drin und man ist dann eigentlich "nur" ein Korrektor. Es gibt ansonsten nichts zu bemängeln. Aber auch hier muss beachtet werden, dass man sich nicht ausnutzen lässt.
Wie du schon angedeutet hast, gab es da vielleicht schon einen Lektoratsdurchlauf. Oder umgekehrt kann es auch sein, dass ein Lektor abgelehnt hatte, weil es sich um eine Rechtschreibfehlersammlung handelte, die doch erstmal überarbeitet werden müsse, was er selbst aber nicht tun wolle.
Dann wird Nina gefragt - und ausgenutzt.

Viele Grüße

Michael
 

Nina H.

Mitglied
Ich muss sagen, dass ich nichts dagegen habe, wenn mal ein nahezu fehlerfreier Text kommt. Ist doch schön, dann kann man mal mehr den Inhalt genießen. Und ich finde es überaus sinnvoll, wenn jemand an seinem Text so weit gearbeitet hat (ob nun allein oder mit Hilfe), dass er praktisch veröffentlichungsreif ist.

Ich habe nur leider eher mit dem umgekehrten Fall zu tun. Ich bin aber erleichtert, dass Du das ebenso siehst, dass eine ausführliche Kritik nicht zu den Aufgaben zählt. Kurz schreibe ich schon, aber insgesamt bringt einen die Kritik dort, wo sie auftritt (beim Lesen des Textes) mehr als allgemein. Ich selbst bin sogar so, dass ich mich selbst über allgemein gehaltene Kritik ärgere, wenn sie als Lektorat bei Anthologieveröffentlichungen bekommen. Dass mir jemand mitteilt, ich solle besser, spannender, stimmiger etc. schreiben, bringt mir ja nichts. Denn das hätte ich ja gleich getan, wenn ich es gekonnt hätte.
Wenn ein Text nicht so spannend ist und es weist mich jemand darauf hin, dass ich in zwei Absätzen praktisch das selbe erzähle und schlägt vor, den einen zu streichen, dann kann ich jedoch was damit anfangen.

Ich sehe die Aufgabe weniger darin, jemanden zu sagen, ob er jetzt "gut" oder "schlecht" schreibt oder ob mich die Handlung persönlich vom Hocker gerissen hat (gerade letzteres ist ja auch sehr subjektiv), sondern in Vorschlägen, wie ein vorhandener Text zu verbessern wäre.
Und eben bei einer Rohfassung darauf hinzuweisen, dass eine Detaillbesprechung noch nicht sinnvoll ist.
 
Hallo Nina,

wir drohen vom Ursprungsthema abzudriften. Dieses Thema besagt allerdings nicht, von welcher Perspekive ausgegangen wird.
Soll eine Richtlinie für Autoren daraus werden? Oder eine reine Diskussion unter Lektoren? Momentan bezieht sich alles mehr auf die letztere Variante. So scheint es zumindest. Aber den Autoren wird vielleicht klar werden, um was es überhaupt geht, wenn sie bei einem Lektor anfragen. Es ist ja alles kostenlos, wird unbekümmert gedacht. "Ich hätte da mal was zu lektorieren."
So geht das aber nicht. Als ehrenamtlicher Lektor der Leselupe ist man zu nichts verpflichtet. Man ist kein kostenloser Automat. Das muss den Jungs und Mädels klar sein. Damit meinte ich jetzt die Autoren.
Als Lektor muss man abschätzen können, ob die Zeit, die investiert wird, sinnvoll ist.
Ich könnte dir, Nina, einen ganzen Berg Kurzgeschichten liefern, die meiner Feder entstammen. Ich habe aber gar nicht vor, sie zu veröffentlichen. Aber ich will doch nur Gutes für dich, damit du nicht einrostest. Ich habe Langeweile, du womöglich auch gerade, also soll Nina doch mal machen. Und wenn Nina gemacht hat, sehe ich mir das mal an und sage mir lächelnd, dass Nina recht fleißig war und vergesse alles wieder. Nicht mal Papierkorb, sondern gelöscht, weil nicht erst noch ausgedruckt.
Zu einem Erstkontakt gehört, dass die Wichtigkeit des Textes ersichtlich ist. Handelt es sich beispielsweise um eine Abschlussarbeit, bei der sich ein Kerlchen nicht sicher ist, ob hier oder da ein Komma fehlt oder zu viel ist, hilft man schon gern. Das muss aber dann auch glauhaft sein.
Handelt es sich um ein Buchmanuskript von dreihundert Normseiten, kann unmöglich erwartet werden, dass das kostenlos abläuft; selbst dann nicht, wenn es sich eigentlich nur um Korrektur handelt. Der "richtige" Lektor im Verlag - falls es einen Verlag gibt, der veröffentlichungswillig ist - lacht sich dann nämlich einen Ast und setzt sich drauf. Und er wird dafür bezahlt. Gibt es gar keinen Verlag, war alles für die Katz.
Ab einer gewissen Seitenzahl muss auch ein ehrenamtlicher Lektor der Leselupe etwas verlangen. Ehrenamtliche Tätigkeiten werden übrigens in vielen anderen Bereichen auch vergütet. Das hat nichts mit Gewinnerzielung zu tun, sondern müsste verständlich sein.

Viele Grüße

Michael
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Ich mach' das Thema Vergütung mal gesondert auf – das erscheint mir doch sehr interessant.
 



 
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