Es geht

Es geht


Es geht noch etwas heute: Es geht weiter.
Ich drehe mich um meine Mittelachse.
Ich fühle schon, wie ich zum Zwerg verwachse.
Gelassen nehm ich das und beinah heiter.

Es scheint, als ob wer meine Ski verwachse:
Glatt rutsche ich hinab die lange Leiter.
Dort wo mal Stirne war, blüht jetzt der Eiter.
Die Stellung nehm ich ein, und zwar die laxe,

Und stelle mich auf den verbeulten Kopf.
Ich setze mich auf meinen Fernsehstuhl.
Ich streiche mit der Hand durch meinen Schopf

Und glaube kurz, ich wäre richtig cool.
In Wahrheit häng ich schon am Plastiktropf;
Es ist der eigne Dreck, in dem ich suhl.

@Walther
[blue]Dort wo mal Stirne war, blüht jetzt der Eiter.[/blue]

Was mag das bedeuten? Kapier es nicht.
Gruß,
Marie-Luise

@ Walther,
mir fällt gerade ein. Hattest du etwa Stirnhöhlenvereiterung?
Das würde mir den Satz erklären.
Nochmals schöne Grüße
Marie-Luise

Moin Marie-Louise,

stelle Dir einfach einen gigantischen (Akne-)Pickel vor. Oder auch, wie Du beschriebst, eine nach außen gewendete Stirnhöhlenvereiterung.

Letztlich sind das Bilder aus den wirklichen Leben, nur etwas verfremdet und in daraus erwachsende Zusammenhänge gefaßt. Eben das, was Dichtung machen soll: Etwas sprachlich auf kleinen Raum "verdichten". Und dabei Platz machen für die Sicht auf den Kern der Dinge.

Gruß W.

Guten Morgen Walther,
eigentlich möchte ich mir keinen großen, eitrigen Pickel vorstellen. Beim Lesen eines Gedichtes soll sich bei mir ein Wohlgefühl oder auch Nachdenklichkeit einstellen.
Mit deinem Gedicht komme ich irgendwie nicht klar.
Gruß,
Marie-Luise

Hallo Marie-Louise,
das mußt Du auch nicht. Ich komme auch nicht mit meinen Gedichten "klar", sonst würde ich sie ja nicht schreiben.
Im Ernst: Mit Wohlbefinden kann ich hier leider nicht dienen. Höchstens mit Nachdenklichkeit. Und Dein Nachfragen zeigt, daß ich wenigstens den Beginn des Nachdenkens ausgelöst habe.
Gruß W.

lieber Walther,

man weiß tatsäclich nie, was einem blüht, wenn man mal glatt die Leiter hinunter rutscht. Wenn man(n) oder frau dann noch erkennen muss, dass er im eigenen Dreck suhlt, möchte ich fast tröstend sagen: " Es geht immer weiter, irgendwie". Verdichtete Bilder, die mir sprachlich gut gefallen, nahezu plastisch.

nachdenklich lieber Gruß
maerchenhexe

Hallo Märchenhexe,
dieses Gedicht ist ein Beitrag, der bewußt - auch sprachlich - gegen den Strich geht. Es ist für mich eine wesentliche lyrische Aussage.
Ich danke Dir, daß Du die Intension meines Texts verstanden und mir mit Deinem Beitrag den Mut gegeben hast, in diese Richtung weiter neue Bilder, eine andere Sprache und erweiterte Strukturen für das Sonett und mein Schreiben zu suchen.
Sonnengruß W.

Lieber Walther,
ich bewundere sehr dein übersteigertes Selbstbewußtsein.
In meiner Literaturwerkstatt erntete dein Gedicht nur ein erstauntes Kopfschütteln.
Doch es ist ja wichtig, dass man mit seinen Werken total zufrieden ist, auch wenn es den anderen nicht so zusagt.
Meine Bewunderung für dich!!!!!
Viele Grüße
Marie-Luise

Liebe Marie-Louise,
ich habe an anderer Stelle festgestellt:

Das ist jetzt keine Überheblichkeit, sondern Progamm. Mein ganz persönliches Lyrikprogramm, auch wenn ich das nicht immer an meine Leser bekomme. Aber dazu übt man ja fleißig in der Leselupe, damit es vielleicht irgendwann einmal meistens gelingt.

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Was ist daran ein "übersteigertes Selbstbewußtsein"?
Mir sind meine Fehler und Grenzen bewußt. Daß meine Gedichte nicht allen gefallen, ist mir klar. Und daß ich daran einen erheblichen Anteil habe, auch.
Das hindert mich aber nicht daran zu wissen, daß ich ein paar Dinge, nach jahrelangem Üben und dank der Kritik der Leser verschiedener Foren, inzwischen ganz gut draufhabe.
Man sollte sich durch eine gewisse persönliche Unverträglichkeit nicht den Blick für die Fähigkeiten des anderen verstellen lassen. Frau auch. Das als gut gemeinter Ratschlag an Dich.
Danke dennoch für Deine Bemerkungen und Hinweise. Trotz aller unterschwelligen schlechten Gefühle, die Dich - neben sachliche Erwägungen zu den Kommentaren (wie diesem hier) zu meinen Gedichten verführen, habe ich bisher immer wieder etwas von Dir lernen können.
Ich freue mich also auf weitere kritische Anmerkungen aus Deiner Feder - wie gerne auch an weiteren Gedichten von Dir. In diesem Sinne!
Sonnige Grüße W.