FREMDES BLUT

Phylthia

Mitglied
FREMDES BLUT
Er taumelte in die Höhe und konnte sich gerade noch an einem Gitter festhalten, bevor er wieder zu Boden krachte. Blut spritzte bei seinen fahrigen Bewegungen auf und hinterließ dunkle Spritzer auf seiner hellen Hose. Unheimlich hallten die Geräusche durch die riesige, leere Halle. Er keuchte schmerzerfüllt auf, als sich etwas kaltes, metallenes in seine Handfläche bohrte. Er wollte loslassen, doch damit beraubte er sich selbst jeden Halts. Dieses Mal gelang es ihm nicht, den Sturz zu verhindern, er landete hart auf seiner rechten Schulter. Das Blut, das den Boden bedeckte, benetzte nun auch sein Gesicht... seine Augen... seine Lippen... seine Wangen... Es rann langsam über seine Finger und sickerte durch seine Kleidung. Er fuhr in die Höhe, um der Feuchtigkeit zu entkommen, doch er hatte vergessen, dass er nicht besonders standfest war. Ihm schwindelte und er torkelte einige Schritte weiter, bis er gegen einen Metallpfeiler stieß. Bevor er wieder auf den blutbedeckten Boden fallen konnte, klammerte er sich daran fest und wartete, bis die wabernden Schatten vor seinen Augen verschwunden waren. In seinem ganzen Körper tobte der Schmerz, raste von seinen Fingerspitzen durch seinen Magen bis in seine Füße. Jeder Atemzug brannte wie Feuer in seinen Lungen. Etwas lief unangenehm in seine Augen, und er wischte es weg. Als er auf seine Hände blickte, sah er das Blut wieder. Überall an ihm war es, klebte es. Es verunreinigte seinen Körper, seine Seele. Er öffnete den Mund zu einem Schrei, doch kein Laut kam über seine Lippen, nur der feurige Schmerz wurde schlimmer. Er ließ die Säule los und stolperte weiter, wohin war ihm egal. Überall war Blut, er konnte dem Blut nicht entkommen... Es war nicht das seine, es war fremdes Blut... Fremdes Blut... Atemlos blieb er stehen, während eine innere Stimme ihm zurief, er solle weiter laufen... laufen... laufen... fort... von diesem fremden Blut... Wieder schrie er...
Mit einem Schrei fuhr er in die Höhe. Die Klauen des Alptraums ließen beinahe sofort von ihm ab, aber eben nur beinahe... Undurchdringliche, stickige Dunkelheit war um ihn herum. Es dauerte eine Weile, bis seine Augen die Finsternis durchdrangen. Sein Blick suchte den Wecker auf seinem Nachttisch. Die beruhigend gewöhnlich aussehenden, grünen Ziffern leuchteten 3:47 in den Raum. Er seufzte leise auf und ignorierte den stechenden Schmerz in seiner Brust. Müdigkeit ergriff ihn wieder und er wischte sich mit der feuchten Hand durchs Gesicht, dann legte er sich wieder zurück. Als er erneut einschlief, verunstalteten die roten Blutspuren auf seinen Wangen den Frieden, der sich auf seinen Zügen ausbreitete.


(Übernommen aus der 'Alten Leselupe'.
Kommentare und Aufrufzähler beginnen wieder mit NULL.)
 



 
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