Familie, Fernweh und Schokolade im Krankenhaus.

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folchart

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I. ankommen

Es regnete.
Es hatte die letzten Wochen geregnet.
Ich hätte mir denken können, dass Gott sich nicht erbarmen würde und mir an genau diesem Abend die üble Laune ersparte, die dieses Wetter mit sich brachte.
Die Straßenlaternen wurden in dem Moment angeschaltet, als ich mich dazu entschied den Motor abzustellen.
Das röhrende Geräusch und der vibrierende Sitz hatten mir die Sicherheit gegeben jeden Moment wieder von dem Parkplatz herunterfahren zu können und in die Straße einzubiegen, die mich aus meiner Heimatstadt herausbringen würde.
Irgendwo erklang ein Weihnachtslied.
Nicht weit von mir entfernt öffneten sich zwei automatische Schiebetüren und drei Männer in neongelben Jacken schoben eine Trage in die Empfangshalle, in der ein Weihnachtsbaum aufgebaut worden war.
Meine Hand lag seit einer halben Stunde auf der Stelle über meinem Herzen in der törichten Annahme, dass die bloße Berührung das schnelle Klopfen beruhigen würde. Kompletter Unsinn, natürlich.
Nichts konnte meine Nervosität lindern.
Jetzt, da die Sicherheit der möglichen Flucht nicht mehr gegeben war, konnte ich genauso gut aussteigen. Das wäre logisch. Warum sollte ich in meinem stehenden und mit jeder Sekunde kälter werdenden Auto sitzen bleiben, wenn ich genauso gut hineingehen konnte…
Mit zitternden Händen öffnete ich die Tür und sprang aus dem heruntergekommenen und verbeulten Jeep direkt in eine Pfütze.
Als das kalte Wasser meine Hosenbeine hinaufsprizte und durchnässte, kam mir mein Besuch hier ironischerweise viel sinnvoller vor.
„Scheiße.“ fluchte ich und versuchte aus der Wasserlache hinauszukommen, ohne noch nasser zu werden.
Der Wind pfiff durch die Bäume, die eine kleine Allee bis hin zum Krankenhauseingang bildeten. Ich zog mir meine schäbige Lederjacke um den Körper und bereute es heute Morgen nicht geduscht zu haben. Ich roch mich selbst; Angstschweiß und der Geruch einer langen Autofahrt klebten an mir.
Ich band meine Haare in einen flüchtigen Pferdeschwanz und beeilte mich zum Eingang zu kommen, den Pfützen auf dem Weg ausweichend.
Die Schiebetüren öffneten sich erneut und ich trat mich umblickend in das Nordkrankenhaus der Stadt.
„Guten Abend, kann ich ihnen helfen?“
Eine Krankenschwester, die ich beinahe angerempelt hätte und die rot blinkende Weihnachtskugeln in den Haaren hatte, berührte meinen Arm, um mich auf sie aufmerksam zu machen.
Ich musterte sie kurz.
„Ich suche jemanden. Der Name ist Peters.“
„Angestellt in diesem Krankenhaus?“
„Nein, ein Patient.“
Sie nickte verstehend und deutete mir ihr zu einem Tresen zu folgen, auf dem ein veralteter Computer stand. Sie gab den Namen ein.
„Ah ja, Richard Peters, richtig?“
„Richtig.“
„Sind sie verwandt?“
„Er ist der Vater meiner Mutter.“
„Also ihr Großvater.“
Ich antwortete nicht, sondern presste bloß meine Zähne zusammen und starrte eine Weile stur geradeaus, um die Gedanken an Familienidylle zu unterdrücken.
Sie schien irritiert von meinem Schweigen und runzelte die Stirn.
„Geht es ihnen gut?“ fragte sie dann und ich überlegte, wie oft sie diese Frage pro Tag wohl stellen mochte.
„Ja, alles okay.“ antwortete ich und ließ den Autoschlüssel in meiner Hand rotieren, nur um etwas zu tun zu haben. „Kann ich ihn sehen?“
Sie musterte mich noch einmal eingehend, offensichtlich meine Spannung und Ungeduld bemerkend.
„Ja, natürlich. Er ist im dritten Stock. Im Cardioflügel. Aber die Besucherzeit ist fast zu Ende…“
Ich nickte bloß, vergaß mich zu bedanken und ging zügig zum Aufzug.
Als die Türen sich öffneten, kamen einige Krankenhausmitarbeiter daraus hervor, einige sahen mich bemitleidend an, als ich einstieg.
Meine Schuhe waren durchweicht, meine Haare ungepflegt und fettig, meine Klamotten stanken nach Schweiß und meine Lederjacke war unübersehbar älter als ich selbst.
Ich konnte verstehen, dass die Menschen mich komisch ansahen.
Ich drückte den Knopf und fuhr mir mit meiner Hand über mein Gesicht um die Nässe abzuschütteln.
Als die Türen sich öffneten, erstreckte sich vor mir bloß ein weiterer, weißer Korridor mit Menschen in OP-Bekleidung. Ich ging zu einer Krankenschwester, die ebenfalls blinkenden Weihnachtsschmuck trug, und fragte nach Peters. Mir wurde ein Zimmer benannt und ich ging den Korridor entlang auf der Suche nach 18b.

Als ich die Tür gefunden hatte, schaute ich für eine Weile die Türklinke an. Krankenschwestern und Ärzte drängelten sich an mir vorbei.
Sein Zimmer musste Blick auf den Parkplatz haben. Es war ein Einzelzimmer, denn er hatte noch nie zu viel Gesellschaft gemocht. Einige Sekunden schwelgte ich in unerfreulichen Erinnerungen, ein Strom aus Bildern, der still vor meinem inneren Auge vorbeilief, wie ein Stummfilm.
Ich kannte diese Bilderreihe. In den letzten Wochen hatte ich oft eine unfreiwillige Vorstellung gehabt. Es endete immer gleich. – Mit einem Knall.

Als es vorbei war, trat ich endlich einen Schritt nach vorn und öffnete die Tür zu dem Zimmer, in dem mein Großvater lag.
Es war abgedunkelt, die Jalousien heruntergelassen und der Fernseher flimmerte auf lautlos gestellt in einer Ecke. Neben dem Bett war eine Schreibtischlampe erleuchtet. Die Decken und Kissen auf dem Bett waren weiß, wie der Mann, der in ihnen lag und nun von seinem Buch aufsah und, über die Ränder seiner Brille hinweg, die auf seine Nase geschoben war, mich ansah.

Ich hatte mir oft ausgemalt, wie er mich empfangen würde nach dieser langen Abwesenheit. Ich war 3 Tage allein in meinem Auto gewesen, um mir jede nur erdenkliche Situation bis ins Detail auszudenken.
Doch wie immer, überraschte er mich.
Er schaute mich von oben bis unten an und dann zurück auf sein Buch.
„Hast du deine Manieren vergessen?“
„Was?“ fragte ich verwirrt.
„Seit wann platzt man einfach in einen Raum ohne zu klopfen?“
Ich schluckte.
Seine Stimme hatte sich nicht verändert. Sie war tief und kraftvoll und klang als hätte er sein Leben damit verbracht kubanische Zigaretten zu rauchen.
Ich trat auf der Stelle umher.
„Sorry.“ murmelte ich und überlegte, ob ich meine Jacke ausziehen sollte, obwohl mein Körpergeruch penetrant in die Nase stieg.
„Du siehst schrecklich aus.“ sagte er dann, steckte ein Lesezeichen zwischen die Seiten und klappte das Buch zu.
„Ich weiß. Ich hatte keine Zeit zu duschen.“
Er nickte bloß mit unveränderter Miene und sah mich weiterhin an.
„Komm schon her.“ sagte er nach einer Weile angespannter Stille und ich trat näher an sein Bett, ins Licht.
„Herrgott nochmal, du stinkst wie ein nasses Pferd.“
„Sorry.“ sagte ich wieder und stolperte über eines der vielen Kabel, die auf dem Boden verteilt waren und meinen Großvater mit piependen Monitoren verbanden.
Als ich neben seinem Bett stand, und er zu mir aufsah, breitete sich zwischen uns eine Spannung aus, die erst unterbrochen worden würde, wenn er die Frage stellte, die ich erwartet hatte.
Doch vorerst sah er mir bloß in die Augen und schüttelte langsam den Kopf.
„Wo verdammt noch mal warst du?“
Da war sie, die Frage.
Ich seufzte halb vor Erleichterung, dass er sie endlich gestellt hatte und halb aus Verzweiflung, weil ich nicht sicher war, wie viel von der Wahrheit er vertragen würde.
„Lange Geschichte.“ sagte ich und ließ mich in einen unbequemen Stuhl neben seinem Bett fallen.
„Das will ich hoffen. Wir haben dich seit 4 Jahren nicht mehr gesehen.“
„Sorry.“
„Hör‘ endlich auf dich zu entschuldigen. Und wenn, dann wenigstens richtig „Entschuldigung“ und nicht diesen englischen Mist.“
„Okay.“ sagte ich und konnte ein kleines Lächeln nicht mehr zurückhalten.
Er lächelte nicht. Er lächelte nie.
Doch seine harten Züge wurden weicher und ich wusste, dass auch er sich ebenso sehr freute wie ich.
„Wo schläfst du?“ sagte er dann.
„In meinem Auto.“
„So riechst du auch.“ Er hustete leicht und zog geräuschvoll den Inhalt seiner Nase in die Mundhöhle.
„Ich würde dir ja sagen, du sollst zu Frida fahren, doch ich schätze du bist vor allem hier, weil du nicht scharf darauf bist sie zu sehen.“
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Er hatte schon immer ein Gespür dafür gehabt die unverblümte Wahrheit herauszustellen.
„Dafür bin ich nicht bereit.“
„Niemand ist jemals für Frida bereit.“
Ich lächelte bei dem Gedanken an meine liebenswürdig anstrengende Großmutter, doch sie zu sehen, hing mit sehr viel Drama, Enttäuschung und Beschuldigungen zusammen. Das wollte ich mir ersparen.
„Also hier kannst du auch nicht bleiben.“ sagte er dann und sah kurz hoch zum Fernseher, auf dem jetzt irgendein Nachrichtenkanal lief.
Ich atmete tief durch.
„Ich sagte doch, ich schlaf im Auto.“
„Ein‘ Teufel wirst du tun. Hast du das Wetter draußen gesehen?“
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also schwieg ich und sah ebenfalls hoch zum Fernseher.
„Du kannst in dem kleinen Motel neben dem Krankenhaus ein Zimmer nehmen.“
„Das kann ich mir nicht leisten.“
„Ich regle das später.“
„Nein, das kann ich-…“
„Keine Widerrede. Ich will wissen, was du getrieben hast. Und 4 Jahre aufzuholen, wird eine Weile dauern.“
„Okay.“ sagte ich kleinlaut.
„Ich komme hier nicht weg, also musst du eben zu mir kommen.“
„Okay.“
„Morgens ist Frida immer da, aber sie geht nach dem Mittagessen wieder. Du kannst dann abends zu mir kommen.“
„Ja.“
„Und versuch‘ Schokolade einzuschmuggeln. Der Fraß hier ist widerlich.“
Ich nickte und unterdrückte ein Lächeln.
Er musterte mich noch einmal genau.
„Du siehst erwachsen aus.“
„Niemand bleibt für immer fünfzehn.“
„Verwechsle das nicht. – Du siehst erwachsen aus. Aber du bist immer noch genauso hilflos wie mit fünfzehn.“


II. morgens

Ich wachte auf und brauchte einige Minuten, um mich daran zu erinnern, wo ich war. Die schimmligen Gardinen flatterten vor dem Fenster, das angekippt war. Der kühle Wind des verregneten Morgens zog hinein und bewegte mich dazu aufzustehen und es zu schließen.
Es war bereits Mittag.
Ich streckte mich, gähnte und ließ schnell meine Arme wieder sinken.
Der Schweißgeruch war nun unerträglich.
Ich zog mir mein ausgeleiertes Sweatshirt über den Kopf und ging unter die Dusche. Das heiße Wasser verbrannte mir die Haut, doch es störte mich nicht.

Ich dachte an gestern.
Ich wusste nicht genau, was ich denken sollte. Keine meiner Erwartungen hatten sich erfüllt, er hatte meine Ausreden und Beteuerungen nicht einmal hören wollen.
Er sah schrecklich aus.
Weiß wie die Fliesen in diesem sterilen Badezimmer, seine Augen waren glasig, seine Hände zitterten, als er das Buch geschlossen hatte.

Nach einer geschätzten Ewigkeit stellte ich das heiße Wasser aus und griff nach dem kratzigen Handtuch. Als ich den beschlagenen Spiegel abwischte, starrte mein eigenes Gesicht zu mir zurück.
Ich sah älter aus, als ich war. Neunzehn Jahre und man könnte denken, ich hatte bereits fünfzig erlebt. Ich sah tiefe Augenringe und ungepflegte Haut, meine Haare waren schulterlang und kaputt. Meine Mundwinkel träge.
Ich ging ins Schlafzimmer und holte eine frische Jeans und ein T-Shirt aus meiner Sporttasche, die ich seit vier Jahren mit mir herumtrug.

Als ich im Café in einer Seitenstraße saß und einen wässrigen Cappuccino trank, kamen die Bilder, die ich jeden Tag für die letzten Jahre gesehen hatte, wie alte Bekannte, wünschten sie mir einen guten Morgen..
Ungewollt, wie aus Reflex, verkrampften sich meine Hände um die Tasse.
Es begann immer gleich. Ich sah das Haus in einem Vorort der Stadt, es hatte den selben Schimmer, den die Sonne auf dem glänzenden Dach hinterließ, den ich jeden Tag beobachtete, wenn ich nach der Schule nach Hause kam.
Dann sah ich sie.
Meine Mutter, die morgens in der Küche stand und Kaffee kochte, bevor sie mir einen Kuss auf die Stirn gab und dann an mir vorbei ging, um zur Arbeit zu fahren.
Dann er.
Mein Vater war riesig. Ich sah ihn vor mir, wie er an seinem Auto stand.
Danach erinnere ich mich sehr gut. Die Bilder wurden klarer. Ich sah mich streiten mit ihnen über einen dummen Grund, an den ich mich nicht mehr erinnern kann.
„Ich hasse euch.“
Sie verbieten mir mit ihnen zu kommen.
Ich lachte gehässig.
Ich wollte eh nicht gehen.
Sie schlugen die Tür hinter sich zu und ich höre das Auto aus der Auffahrt fahren.
Dann kam der Knall.
Dann Telefonklingeln.
Dann war es vorbei.

Ich blinzelte schnell. Meine Augen schienen ausgetrocknet zu sein, in der kurzen Zeit, in der ich mich in Gedanken verloren hatte.
In gleichen Moment, in dem ich das Café verließ, begann es zu regnen.
Ich fluchte, zog mir meine Jacke über den Kopf und lief zurück zum Motel.
Auf dem Weg zum Treppenhaus, kam ich an einem Automaten vorbei und holte schnell noch einige Tafeln Schokolade mit meinem letzten Kleingeld.
In dem gelblich gestrichenen Zimmer hatte ich meine wenigen Kleidungsstücke, die ich heute Morgen schnell im Waschbecken eingeweicht hatte, zum Trocknen aufgehängt, sodass die Luft jetzt feucht und frisch war.
Ich griff nach meiner Schachtel Zigaretten und steckte mir eine an, auch wenn auf einem großen Schild neben dem Eingang ein „Rauchen verboten“ Schild an der Wand hing.
Ich öffnete das Fenster und legte mich aufs Bett.
Es machte mich unruhig, was mein Großvater gestern zu mir gesagt hatte.
Er wollte meine Geschichte hören; Alles, was in den letzten 4 Jahren mit mir passiert war.
Und sobald ich meine Augen geschlossen hatte, um mir einige Worte, die die Wahrheit jugendfrei umschrieben, zu Recht legte, war ich eingeschlafen.
Erschöpft vom Nichtstun.

Als ich einige Stunden später wieder aufwachte, war der Himmel stockduster geworden.
Eine Sekunde lang dachte ich erschrocken, dass es bereits nachts war und ich den ersten versprochenen Besuch verpasst hatte, doch der schäbige Wecker auf dem Nachttisch zeigte, dass es gerade erst 5 Uhr am Nachmittag war.
Die Tage wurden immer kürzer.
Träge erhob ich mich, vehement gegen das Verlangen ankämpfend einfach wieder einzuschlafen.
Ich war so müde.
Jetzt, wo es mir in Aussicht stand gleich mehrere Tage an einem Ort zu verbringen, der noch dazu ein halbwegs bequemes Bett barg, schien die geballte Last von 4 Jahren chronischem Schlafentzuges auf mich hinabzudrücken und ich fühlte mich, als müsste ich weitere 4 Jahre schlafen, um wieder wie ein normaler Mensch denken zu können.
Ich zog mir meine Schuhe an und wollte gerade nach meiner Lederjacke greifen, doch dann erinnerte ich mich an den derben Eigengeruch und ließ es bleiben.
Ich konnte meinem Großvater nur eine gewisse Menge des verruchten Geruchs der Freiheit zumuten, den ich so lange mit mir rumgetragen hatte.
Und wahrscheinlich nie wieder loswerden würde.
Also ließ ich die Jacke hängen, setzte mir stattdessen die Kapuze auf und verließ das Motel. Mitten hinein in einen äußerst unangenehmen Regenschauer.


III. Stille

Er freute sich über die Schokolade wie ein kleines Kind.
Das Krankenhauszimmer war dermaßen steril, dass ich mich fühlte, als müsste ich gleich noch einmal duschen gehen.
Aber die Moteldusche würde nicht ausreichen.
Es gab keine Gardienen, keine Bilder. Die Wände waren weiß gestrichen, der Boden weiß gefliest.
Alles war weiß.
Selbst der Mann, der nun mit kindlicher Vorfreude das Papier von der Schokolade riss und sich die erste Tafel beinahe in einem Stück in den Mund schob.
Er schloss die Augen und seufzte glücklich.
Ich musste schmunzeln.
Er sah mich nicht an, doch er schien zu wissen, dass ich ihn amüsiert musterte.
„Grins nicht so. Du kennst ja das Kantinenessen nicht.“
„So schlimm kann es ja nicht sein.“ sagte ich und tappte ihn leicht auf seinen kleinen Bauch, der sich auf Fridas üppigen Schnitzelfesten gebildet hatte.
Wenn auch deutlich abgenommen, konnte man ihn immer noch sehen.
Eine Erinnerung an alte Tage, in denen er seine Hauptnahrungsmittel noch nicht durch Schläuche zu sich genommen hatte.
Ich steckte ihn mit der Wärme dieser Gedanken an. Man konnte fast ein Lächeln auf seinen gerunzelten Zügen ausmachen.
„Also.“ sagte er dann und mein Herz schlug schneller in Erwartung, wie er das Thema auf meine Abwesenheit lenken würde.
Er war kein Fan großer Worte, also kam er gleich zum Punkt.
„Erzähl.“ Er sah mir nicht in die Augen, sondern auf seine verschränkten Finger. „Was hast du gemacht, nachdem du uns am Abend der Beerdigung sitzen gelassen hast.“
Es schwang eine unterschwellige Bitterkeit mit, von der ich sicher war, dass sie tiefer in ihm saß, als er wusste.
Ich lehnte mich zurück in den unbequemen Stuhl, griff nach einem Stück Schokolade, das noch auf dem Nachttisch lag und zog meine Beine zu mir ran.
„Ich-…“ Und schon scheiterte ich.
Ich hatte mir hunderte Versionen einer ausschweifenden Entschuldigung zu Recht gelegt, mit der ich meine Geschichten beginnen würde, doch in diesem Augenblick, in dem er mich zum ersten Mal erwartungsvoll ansah, spürte ich, dass er keine Entschuldigung hören wollte.
Er war nicht sauer auf mich. Er war auch nicht verbittert. Er machte mir keine Vorhalte.
Ganz ohne Vorwarnung wurde mir klar, dass er mich schlicht und einfach so sehr vermisst hatte, wie ich ihn. Und das war das Einzige, das er mir übel nahm.
„Ich bin gefahren.“ sagte ich stattdessen mit brüchiger Stimme. Ich räusperte mich.
„Mit dem Überlandbus.“
Er schien erleichtert, dass ich mich für die Geschichte statt der Entschuldigung entschieden hatte.
„Oma Frida hatte mir am Abend davor Geld gegeben, um Getränke zu kaufen für die Beerdigung. Aber ich bin nie am Supermarkt angekommen. Ich hab nicht aufgepasst, hab mich in irgendeinem selbstmitleidigem Tagtraum verloren und bin einfach schnurstracks zum Bahnhof marschiert. Eine Sekunde lang habe ich überlegt, ob ich umkehren soll, aber da stand das Schild vor mir. ‚Überlandbus – Endhaltestelle Norfolk.‘. Und ich hab mir ein Ticket gekauft. Einfach so, ohne zu überlegen.“
Großvater rutschte in seinem Bett etwas in die Kissen, als würde er sich auf eine Märchenstunde vorbereiten.
„Wenigstens gibst du unser Geld nicht für Drogen aus.“ sagte er mit dem typischen ironischen Unterton, den er so schlecht unterdrücken konnte, wenn er etwas loswerden wollte.
„Ich war es einfach so leid. Ich fühlte mich, als müsste ich platzen, wenn ich auch nur eine weitere Straßenlaterne sehen musste, die Mama vielleicht irgendwann mal beim Ausparken kurz tuschiert hat.“ Ich schaute auf die hellen Fugen zwischen den Fliesen auf dem Boden.
„Ich bin fast wahnsinnig geworden.“ flüsterte ich leise.
Ich wusste, dass er nichts sagen würde, doch er musterte mich und er verstand. Zumindest ein bisschen.
„Also bin ich ohne irgendwelche Sachen, oder viel Geld einfach eingestiegen und der Bus fuhr los.“
„Nach Norfolk.“
Ich nickte. Wir sahen uns kurz an.
„Wie lange fährt man da im Bus?“
„3 Tage.“ sagte ich beklemmt.
„Du hast drei Tage in einem Bus verbracht?“
„Ja.“ antwortete ich und ließ eine lange Pause. „Es war still.“ sagte ich dann und lehnte meinen Kopf zurück.
Ich schloss die Augen. Die Müdigkeit überfiel mich wie ein Monster in der Dunkelheit.
„Ich habe nicht ein Wort gewechselt. Kein Wort zu niemandem. Es lief keine Musik, es waren nie so wirklich Leute im Bus. Oft waren es nur ich und der Busfahrer.“ Ich lächelte bei dem Gedanken. „Ich hätte nichts Besseres tun können.“
Eine Weile herrschte Stille zwischen uns, als müssten wir beide eine Weile darüber nachdenken, warum ich erst 3 Tage in einem Bus sitzen musste, um Stille zu finden.
„Nachts war es am Besten. Nachts konnte man nicht einmal etwas im Fenster sehen, außer ein paar vereinzelte Lichter, irgendwo in irgendeinem Dorf, das wir passierten.“
Es schien, als würde bei meinen Worten das ganze Krankenhaus still werden. Der Korridor draußen schien ausgestorben zu sein.
„Die Stille und die Dunkelheit haben mich irgendwie… abgekühlt.“
Ich sah kurz auf, um zu überprüfen, dass er noch da war. Ob er mir noch zuhörte, oder ob er vielleicht schon eingeschlafen war.
Doch nichts der Gleichen war der Fall. Er sah mich gebannt an. Seine haselnussbraunen Augen, waren auf mich gerichtet, als würde er brennen zu erfahren, was in den drei Tagen im Bus mit mir geschehen war, dass ich die Entscheidung fasste, meine gesamte Familie für 4 Jahre im Ungewissen zu lassen.
„Die Busfahrt hat alles irgendwie etwas klarer gemacht. Ich habe keine Nacht geschlafen, ich habe nur aus dem Fenster geschaut und war allein mit meinen Gedanken. Das war schmerzlich am Anfang, doch als wir den Highway erreicht hatten, konnte ich das Chaos in meinem Kopf irgendwie aufräumen. Das soll nicht heißen, dass ich irgendeinen Sinn hinter ihrem Tod gefunden hätte und ich wurde auch nicht plötzlich gläubig, aber es war angenehm niemanden zu kennen, keine Verpflichtungen einzugehen, keine Blumensträuße in Vasen zu stellen, niemandem das Händchen halten zu müssen und von niemandem mehr die Worte zu hören: „Mein Beileid.““
Wieder schwieg ich.
Um mehr war es auf dieser Etappe meiner Reise nicht gegangen; Stille, Ruhe und das angenehme Gefühl eines abkühlenden Hitzkopfes.
„Es tut mir leid.“ sagte er dann plötzlich ganz leise und ich sah erschrocken auf.
„Es tut dir leid?“ fragte ich und hoffte innig, dass etwas anderes hinter den vier Worten stand, als mein sich entschuldigender Großvater.
„Ja.“ antwortete er ebenso leise wie er „Es tut mir leid“ in seine Decke gemurmelt hatte.
Doch jetzt sah er auf und mir direkt in meine Augen, die die selbe Farbe hatten, wie seine.
„Wir haben dich überschüttet mit Beileid und Blumen und Konversationen, die vollkommen belanglos waren, anstatt dich einfach ein paar Tage allein zu lassen, mit dir selbst. Du hättest dich in deinem Zimmer einschließen sollen und dir die Augen herausheulen müssen, bevor wir versuchen dich aktiv in die Planung der Beerdigung deiner Eltern einbeziehen. Wir haben dich keine Sekunde aus den Augen gelassen und dich dazu gezwungen uns alle drei Minuten zu versichern, dass es dir gut ginge, obwohl es dir miserabel ging.“
Er sagte die Worte sachlich, doch Tränen schossen mir sofort in die Augen.
„Es war nicht eure Schuld.“ flüsterte ich und versuchte mit allen Kräften den Kloß in meinem Hals zu unterdrücken.
Er sah mich lange an. Unmöglich, dass er die Tränen nicht sehen konnte.
„Deine Eltern sind gestorben, Klara.“ sagte er dann langsam aber mit Nachdruck, als wäre das der offizielle Beweis für seine Schuld. „Und wir haben von dir erwartet, dass du einfach weitermachst.“
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also schwieg ich und starrte auf meine Knie.
Er legte eine zittrige Hand auf meine Schulter.
Und dann brach ich. Irgendwie.
Ich begann einfach bitterlich zu weinen. Und zwar obwohl ich eigentlich gar nicht der Typ für Tränen und verquollene Nasen war.
Ich schüttelte mich unter seiner Hand, die nun leicht meine Schulter packte.
In Abwesenheit eines Taschentuchs, lehnte ich mich vor und drückte mein Gesicht in seine weißen Bettbezüge und weinte und weinte und weinte.
Als würden 4 Jahre gesammelte Tränen auf Schlag herauswollen. Er legte eine Hand auf meinen Kopf und fuhr mir übers Haar.
Er sagte nichts.
Ich sagte nichts.
Das einzige, was ich tat, war sein Laken einmal komplett zu durchnässen.
Irgendwann nach ein paar gefühlten Tagen, hörte es schließlich abrupt auf und ich lag einfach mit dem Gesicht in einer Wasserlache, die wahrscheinlich die gesamte Stadt überschwemmt hatte.
Ich wollte nicht aufsehen. Ich wollte schlafen.
Nach einer Ewigkeit erhob sich seine Stimme und ich erschrak fast, als hätte ich vergessen, dass er noch da war.
„Du bist also in Norfolk ausgestiegen.“
Ich nickte, das Gesicht immer noch in seiner Bettdecke vergraben.
„Das war’s also? Du warst 4 Jahre in Norfolk, als Obdachlose auf der Straße mit komischen gepiercten Punkerfreunden?“
Ich lachte leise auf und hob endlich meinen Kopf.
Ich sah ihn nur verschwommen und bemerkte, wie er mir zitternd ein Taschentuch reichte.
„Nein.“ war die Antwort, die ich kaum rausbrachte. Es war ein schreckliches Gefühl geweint zu haben. Noch schrecklicher, als das Gefühl weinen zu müssen.
„Nein, ich war nicht 4 Jahre obdachlos in Norfolk.“
„Hast du vielleicht einen reichen Mann kennengelernt, der dich geheiratet hat? Weil, wenn das der Fall ist, dann hättest du ruhig ein paar Jährchen früher zurückkommen können.“
Wieder musste ich lachen.
„Nein, auch kein reicher Mann. Entschuldige.“
Er nickte lächelnd. Ein erstes ehrliches Lächeln auf seinem Gesicht.
„Also, was ist dann passiert?“
Ich zögerte.
„Nach der Stille im Bus wurde es plötzlich ganz laut.“

IV. Lärm

„Ich stieg also aus dem Bus aus und ging in den Bahnhof. Eigentlich bloß auf der Suche nach dem Schalter, wo ich mir ein Ticket zum Zurückkehren kaufen konnte. Ich wollte nichts mehr, als noch einmal 3 Tage absoluter Stille. Nur dieses Mal vielleicht mit ein bisschen mehr schlafen. Aber so weit kam ich gar nicht erst. Ich war dermaßen verwirrt, wo plötzlich die ganzen Menschen und der ganze Lärm herkam, dass ich nicht geradeaus schaute und lief direkt in Tobys Arme.“
„Toby, hm?“ machte mein Großvater und zog die Augenbrauen in die Höhe, als wüsste er plötzlich ganz genau, wo diese Geschichte hingehen würde.
„Ja.“ sagte ich lächelnd und versuchte zu verschleiern, dass er natürlich vollkommen Recht behalten würde.
„Seine Sachen fielen ihm runter, also fingen wir beide an sie aufzusammeln. Und ich habe mich die ganze Zeit entschuldigt, ohne ihn auch nur zu Wort kommen zu lassen.“
Ich schmunzelte in Erinnerung daran.
„Irgendwann hat er mir einfach seine Hand auf den Mund gelegt und ich war so überrascht, dass ich aufhörte irgendwas zu sagen.“
„Was hat er gesagt?“ fragte Großvater und ich musste leise lachen.
„Er hat gesagt: Kannst du auch was Anderes, als dich zu entschuldigen? Zum Beispiel Kaffee trinken?“
Großvater rollte mit den Augen.
Ich lachte.
„Sehr charmant, wirklich.“ sagte er ironisch und schüttelte langsam mit dem Kopf, als würde er sich fragen, ob es in dieser Jugend auch nur einen gab, der noch Manieren vorzuweisen hatte.
Echte Manieren.
Mit Messer und Gabel.
„Also sind wir Kaffee trinken gegangen.“ sagte ich dann und er nickte; vielleicht ein bisschen enttäuscht, dass seine einzige Enkeltochter so leicht herumzukriegen war.
„Und dann haben wir geredet.“
Ich wusste nicht, wie ich es noch besser beschreiben hätte können.
Mehr hatten wir nicht getan. Und zwar für 6 Stunden. So lange bis das Café schloss.
„Über alles Mögliche; Busreisen, Flugzeuge, Straßenarbeiten, Jägermeister, Ampelschaltungen, Filme, Bücher… Erst nach 2 Stunden hat er mich endlich nach meinem Namen gefragt.“
Ich hatte das Gefühl, Großvater verlor allmählich jegliche Hoffnung in diesen Jungen.
„Er hieß also Toby, er war 19, als wir uns kennengelernt haben und er hat gerade sein Studium geschmissen.“
„Der Bengel wird mir immer sympathischer.“
Ich lachte.
„Ich wusste, dass du das sagen würdest.“
Er verzog seinen Mund und wedelte dann leicht mit der Hand.
„Also? Was hat er dann gemacht?“
„Er hat sich die wichtigsten Sachen in einen Rucksack gepackt und ist losgefahren.“
„So wie du. Nur mit Rucksack.“ sagte er dann und ich nickte.
„Ja und er hatte etwas mehr Geld, als ich. Aber auch nicht besonders viel.
Dann hat er mich gefragt, was ich hier mache und ich konnte ihm nicht antworten. Und irgendwie hat er das wohl gemerkt, denn er lenkte das Thema schnell ab und fragte dann wo ich jetzt hinwollte.“
„Worauf du natürlich auch keine Antwort hattest.“
„Nein.“
Er nickte.
„Also bist du mit ihm mitgefahren.“
„Ja.“
Wieder ein Nicken.
„Und wo ging es nun hin?“
Ich lächelte wieder.
„In einen Bus. Und damit war dann auch mein letztes Geld verbraucht, aber Toby meinte, das wäre nicht schlimm. Wir sind also in einen Bus gen Süden gestiegen, wieder drei Tage. Aber diesmal war es anders. Ich konnte schlafen. Und wenn ich nicht geschlafen habe, dann haben wir geredet. Und zwar durchgängig, ohne Punkt und Komma, über die wahnwitzigsten Themen. Wir haben philosophiert und sogar gestritten.“
„Mit einem Jungen, den du gerade 3 Tage kanntest?“
„Ja.“ Ich nickte lächelnd. „Er war ganz plötzlich da, als ob ich nach meinen drei Tagen Stille jetzt das komplette Gegenteil gebraucht hätte; in Form von Toby.“
Eine Weile schwiegen wir und man konnte nur das leise Surren der Apparate hören. Es schien, als müssten wir beide überlegen, was dieser Junge mit mir gemacht hatte, dass ich einfach so in einen Bus mit ihm stieg.
„Wir kamen also nach 3 Tagen an in irgendeiner anderen Kleinstadt, dessen Namen ich schon gar nicht mehr weiß und haben Frühstück gegessen.“
„Und dann was? Seid ihr wieder in einen Bus gestiegen?“
„Nein, nicht so ganz.“ sagte ich und biss mir auf die Lippe um ein vorfreudiges Lächeln zu unterdrücken, in der Erwartung, wie mein Großvater auf die nächste Information reagieren würde.
„Von da an, sind wir nur noch getrampt.“
Er sah mich an, als hätte ich gerade eine schlechte Note bekommen.
„Per Anhalter.“ schien er sich diese Information noch einmal zu Gemüte zu führen. „Sehr erwachsen und überhaupt nicht gefährlich.“
„Es ist immer alles gut gegangen.“ verteidigte ich mich.
„Schon gut.“
Er sah auf seine Hände.
„Das hast du also getan, ja?“
Ich sah ihn fragend an.
„Du bist durch das Land getrampt mit einem Jungen, der Toby heißt und zwar so lange bis du keinen anderen Platz mehr gefunden hast, als deine Heimatstadt?“
„Ja, so ähnlich.“
Wieder nickte er und schaute auf seine verschränkten Finger.
„Bist du sauer?“ fragte ich leise.
„Nein.“ seufzte er und sah mich an. „Ich bin neidisch. Ich wünschte du hättest mich mitgenommen.“
Ich lächelte.
„Das nächste Mal.“
Er lächelte ebenfalls, doch es war ein trauriges Lächeln.
Wir beide wussten, dass es weder ein nächstes Mal geben würde, noch eine Möglichkeit für ihn dieses Bett auf seinen eigenen Beinen zu verlassen.
Es setzte eine gespannte Stille ein.
Die erste, seitdem ich an seinem Bett saß.
„Wo ist Toby jetzt?“ fragte er dann nach einer Weile.
„Er-… ist weitergezogen.“
Wieder Stille.
„Vielleicht hole ich ihn irgendwann ein.“ sagte ich und wieder wussten wir beide, ohne dass es einer von uns aussprechen musste, dass ich nicht weiterziehen würde. Zumindest nicht auf dem Rücksitz irgendwelcher Fremden, die sich erbarmten ein dünnes Mädchen mit fettigen Haaren und einen Jungen mit zerrissenen Jeans mitzunehmen.
„Hast du dich in Toby verliebt?“ fragte er.
Ich musste eine Weile darüber nachdenken.
„Ja.“ war dann die einfache und ehrliche Antwort. „Er war sowas wie meine erste große Liebe.“
Er nickte.
Wir schwiegen.
Diesmal zog die Stille sich über mehrere Minuten.
Großvater schaute auf seine Hände, die dünn und sehnig waren.
Ich sah auf zu dem Fernseher, der auf lautlos gestellt war.
„Ich glaube diese Geschichte würde ich gern hören.“ sagte er dann.
Ich sah zu ihm und musste lächeln.

V. Allein

Wir verbrachten Wochen so.
Jeden Nachmittag würde ich von dem Motel in das Krankenhaus gehen, einige Tafeln Schokolade oder Gummitiere einschmuggeln und wir saßen stundenlang zusammen in Zimmer 18b und ich erzählte meine Geschichten.
Wie Toby und ich loszogen. Wie ich meinen Führerschein gemacht hatte. Wie ich einige Wochen in einem Nachtclub gearbeitet hatte. Wie Toby ein Auto stahl und es aus Schuldgefühlen wieder zurückstellte. Wie wir einer vollkommen unbekannten Band durch dunkle Pubs im Westen folgten. Wie wir uns an einem Abend durch alle Sorten Bier tranken, die eine Bar zu bieten hatte. Wie ich meinen ersten Single Malt trank. Wie wir Wettrennen durch Wälder, Täler, Städte, Dörfer oder Schlamm veranstaltet hatten. Wie wir zum Meer gefahren sind. Wie ich Schach spielen und Toby schwimmen gelernt hatte. Wie wir uns als französische Austauschstudenten ausgegeben hatten. Wie wir uns zerstritten, uns wieder anfreundeten und wieder zerstritten und wieder anfreundeten.
Wie wir uns das erste Mal geküsst haben.
Und wie wir uns noch weitere Male geküsst haben.
Bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich zurückkehrte und Toby weiterzog.
Einfach so ohne abschließende Worte. Ohne zu sagen „Lebe wohl.“ oder „Wir sehen uns bald wieder.“

Und nachdem wir Wochen so verbracht hatten, taten wir es ab einem regnerisch verstürmten Donnerstagmorgen plötzlich nicht mehr.
Denn als ich gerade die drei Tafeln Nussschokolade an der Schwester vorbeischmuggelte und hektisch in das Zimmer trat, war sein Bett leer.
Und an seiner statt, saß Oma Frida auf dem Platz, auf dem ich ganze Tage verbracht hatte.
Ich erschrak dermaßen, dass mir die Tafeln Schokolade unter dem Shirt hervorrutschten und auf den Boden fielen.
Ich hatte erwartet, dass sie sofort in einen Schwall von Beschuldigungen ausbrechen würde.
Doch stattdessen schaute sie auf die Schokolade und begann zu lächeln.
Ohne etwas zu sagen, lehnte sie sich wieder zurück und schaute auf das leere Bett.
Ich sammelte die Schokolade auf und legte sie an das Fußende, bevor ich mir einen weiteren Stuhl heranschob und mich gegenüber von Oma Frida hinsetzte.
Es vergingen Minuten in absoluter Stille.
Minuten, die ich brauchte, um zu realisieren, dass Opa Richard in der letzten Nacht gestorben war.

„Ich wusste es.“ sagte Oma Frida nach einer gefühlten Ewigkeit und ich sah auf von dem frischen weißen Laken.
„Ich wusste vom ersten Tag an, dass du wieder hier warst. Dass er dich gesehen hatte.“
Ich wusste nicht, was ich antworten sollte.
„Mir war sofort klar, dass Klara wieder da sein musste. Nur Du kannst Richard dermaßen aus seiner grimmigen Krankenhausstimmung zerren, weißt du? Er hat Tage damit verbracht nichts zu essen, keine Farbe im Gesicht gehabt, kein Strahlen in den Augen.“
Sie hielt inne.
„Er hat es so gehasst in diesem Raum.“
Sie besah sich der vier Wände, die so steril und abstoßend waren, jetzt da Opa nicht mehr hier war.
„Aber dann kamst du eines Abends hier her und du hast ihm Schokolade gebracht und Geschichten. Tollkühne Geschichten, die ihn wieder lebendig gemacht haben.“
Plötzlich schossen ihr Tränen in die Augen. Sie schwieg wieder eine Weile, in dem bloßen Mangel an Mut mir endlich zu sagen, was ich mir dabei gedacht hätte.
Doch sie überraschte mich wieder.
Sie sah mir das erste Mal direkt in die Augen.
Ihre in Tränen, meine seltsam ausgetrocknet.

„Danke.“

Ich war so geschockt von dem, was sie mir gesagt hatte, das ich nichts erwidern konnte.
Ich war vollkommen überwältigt von den plötzlichen Gefühlen von Familie und Zuneigung. Ich wollte nichts anderes, als meine liebenswürdige Oma in die Arme zu schließen und den Duft nach frischgebackenen Plätzchen aufsaugen, der sie immer umgab.
„Na komm.“ sagte sie dann und streckte eine Hand nach mir aus, die ich wie einen Rettungsring ergriff.
Sie zog mich in eine Umarmung und ich war wieder kurz davor einen Strom aus Elefantentränen zu weinen.
Wir standen eine Weile so da. Ich war jetzt größer als sie.
Irgendwann nahm sie meine Hand und bugsierte mich aus dem Zimmer.
„Ich werd‘ dir was zu Essen machen.“
Wir stiegen in den Fahrstuhl und kurz bevor die Türen sich schlossen, drückte sie leicht meine Hand und sagte:
„Und dann erzählst du mir wie viel von deinen Geschichten wahr ist.“
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo folchart, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq


Viele Grüße von Ralph Ronneberger

Redakteur in diesem Forum
 
A

aligaga

Gast
Hallo @folchart,

die Grundvoraussetzungen, einen interessanten Roman oder eine interessante Geschichte zu schreiben, wären wohl gegeben - ein Mädchen verliert seine Eltern, vagabundiert herum und kommt auf den letzten Drücker zu Opa, um dessen letzte Wochen zu begleiten.

Das ist zwar ein schon ziemlich abgenudeltes Grundschema, aber es böte jede Menge besonderer Sichten und Einsichten, die am Ende zu einer Katharsis führen oder die Protagonisten weiter aneinander vorbeischrammen lassen könnten.

Leider gelingt dir das in diesem Stück nicht.

Dass es so lang ist, machte eigentlich nichts - wenn ein Inhalt interessant oder spannend oder für den Fortgang der Story wichtig ist, kann es sein, dass man nicht genug davon bekommt. De facto enthält dein Stück über weite Strecken aber nichts als völlig belanglose, zum Teil minutiöse Ansagen. In
Es regnete.
Es hatte die letzten Wochen geregnet.
Ich hätte mir denken können, dass Gott sich nicht erbarmen würde und mir an genau diesem Abend die üble Laune ersparte, die dieses Wetter mit sich brachte.
Die Straßenlaternen wurden in dem Moment angeschaltet, als ich mich dazu entschied den Motor abzustellen.
Das röhrende Geräusch und der vibrierende Sitz hatten mir die Sicherheit gegeben jeden Moment wieder von dem Parkplatz herunterfahren zu können und in die Straße einzubiegen, die mich aus meiner Heimatstadt herausbringen würde.
Irgendwo erklang ein Weihnachtslied.
Nicht weit von mir entfernt öffneten sich zwei automatische Schiebetüren und drei Männer in neongelben Jacken schoben eine Trage in die Empfangshalle, in der ein Weihnachtsbaum aufgebaut worden war.
Meine Hand lag seit einer halben Stunde auf der Stelle über meinem Herzen in der törichten Annahme, dass die bloße Berührung das schnelle Klopfen beruhigen würde. Kompletter Unsinn, natürlich.
Nichts konnte meine Nervosität lindern.
Jetzt, da die Sicherheit der möglichen Flucht nicht mehr gegeben war, konnte ich genauso gut aussteigen. Das wäre logisch. Warum sollte ich in meinem stehenden und mit jeder Sekunde kälter werdenden Auto sitzen bleiben, wenn ich genauso gut hineingehen konnte…
Mit zitternden Händen öffnete ich die Tür und sprang aus dem heruntergekommenen und verbeulten Jeep direkt in eine Pfütze.
Als das kalte Wasser meine Hosenbeine hinaufsprizte und durchnässte, kam mir mein Besuch hier ironischerweise viel sinnvoller vor.
„Scheiße.“ fluchte ich und versuchte aus der Wasserlache hinauszukommen, ohne noch nasser zu werden.
Der Wind pfiff durch die Bäume, die eine kleine Allee bis hin zum Krankenhauseingang bildeten. Ich zog mir meine schäbige Lederjacke um den Körper und bereute es heute Morgen nicht geduscht zu haben. Ich roch mich selbst; Angstschweiß und der Geruch einer langen Autofahrt klebten an mir.
Ich band meine Haare in einen flüchtigen Pferdeschwanz und beeilte mich zum Eingang zu kommen, den Pfützen auf dem Weg ausweichend.
Die Schiebetüren öffneten sich erneut und ich trat mich umblickend in das Nordkrankenhaus der Stadt.
„Guten Abend, kann ich ihnen helfen?“
Eine Krankenschwester, die ich beinahe angerempelt hätte und die rot blinkende Weihnachtskugeln in den Haaren hatte, berührte meinen Arm, um mich auf sie aufmerksam zu machen.
Ich musterte sie kurz.
„Ich suche jemanden. Der Name ist Peters.“
„Angestellt in diesem Krankenhaus?“
„Nein, ein Patient.“
Sie nickte verstehend und deutete mir ihr zu einem Tresen zu folgen, auf dem ein veralteter Computer stand. Sie gab den Namen ein.
„Ah ja, Richard Peters, richtig?“
„Richtig.“
„Sind sie verwandt?“
„Er ist der Vater meiner Mutter.“
„Also ihr Großvater.“
Ich antwortete nicht, sondern presste bloß meine Zähne zusammen und starrte eine Weile stur geradeaus, um die Gedanken an Familienidylle zu unterdrücken.
Sie schien irritiert von meinem Schweigen und runzelte die Stirn.
„Geht es ihnen gut?“ fragte sie dann und ich überlegte, wie oft sie diese Frage pro Tag wohl stellen mochte.
„Ja, alles okay.“ antwortete ich und ließ den Autoschlüssel in meiner Hand rotieren, nur um etwas zu tun zu haben. „Kann ich ihn sehen?“
Sie musterte mich noch einmal eingehend, offensichtlich meine Spannung und Ungeduld bemerkend.
„Ja, natürlich. Er ist im dritten Stock. Im Cardioflügel. Aber die Besucherzeit ist fast zu Ende…“
Ich nickte bloß, vergaß mich zu bedanken und ging zügig zum Aufzug.
Als die Türen sich öffneten, kamen einige Krankenhausmitarbeiter daraus hervor, einige sahen mich bemitleidend an, als ich einstieg.
Meine Schuhe waren durchweicht, meine Haare ungepflegt und fettig, meine Klamotten stanken nach Schweiß und meine Lederjacke war unübersehbar älter als ich selbst.
Ich konnte verstehen, dass die Menschen mich komisch ansahen.
Ich drückte den Knopf und fuhr mir mit meiner Hand über mein Gesicht um die Nässe abzuschütteln.
Als die Türen sich öffneten, erstreckte sich vor mir bloß ein weiterer, weißer Korridor mit Menschen in OP-Bekleidung. Ich ging zu einer Krankenschwester, die ebenfalls blinkenden Weihnachtsschmuck trug, und fragte nach Peters. Mir wurde ein Zimmer benannt und ich ging den Korridor entlang auf der Suche nach 18b.
erfahren wir nicht viel mehr, als dass ein Mädchen, das wohl schon länger in einem alten Jeep unterwegs war, um Weihnachten herum den Opa im Krankenhaus besuchen möchte, dass es regnet und dass die Kleine schlecht drauf ist.

Wenn ein Autor dafür mehr als zwei mittellange Sätze investiert, sollte dem Leser klar werden, warum. Was aber kann er etwa mit
Meine Schuhe waren durchweicht, meine Haare ungepflegt und fettig, meine Klamotten stanken nach Schweiß und meine Lederjacke war unübersehbar älter als ich selbst.
Ich konnte verstehen, dass die Menschen mich komisch ansahen.
Ich drückte den Knopf und fuhr mir mit meiner Hand über mein Gesicht um die Nässe abzuschütteln.
Als die Türen sich öffneten, erstreckte sich vor mir bloß ein weiterer, weißer Korridor mit Menschen in OP-Bekleidung. Ich ging zu einer Krankenschwester, die ebenfalls blinkenden Weihnachtsschmuck trug, und fragte nach Peters. Mir wurde ein Zimmer benannt und ich ging den Korridor entlang auf der Suche nach 18b."
denn anfangen außer annehmen, der Autor hielte ihn wohl für zu fantasielos, sich vorszustellen, wie es in einem Krankenhaus aussieht und wie man als ungepflegte Person zwischen reinen Arztkittelträgern heraussticht?

Du vertust mehr als zwei Drittel deiner Erzählzeit damit, @folchart, Kulissen vor der Nase herumzuschieben, auf die es doch eigentlich gar nicht ankommt, und dich bei Dingen aufzuhalten, die gar nicht wesentlich sind. Das ist schade, denn auf die Weise kommst du gar nicht dazu, begreiflich zu machen, was ein Mädchen wirklich dazu bringen könnte, einfach davonzulaufen, und was es dann wirklich zurückkehren lässt. Wir erfahren unter Ziffer V, dass es Erzählungen gegeben haben muss, die tollkühn gewesen seien, und suchen nach wenigstens einer in diesem großen "Haufen" - aber da ist nichts.

Deine Erzählung kommt mir ein bisschen vor, als ob man nur beim Abspann des Films [blue]"Der große Trip - Wild"[/blue] dabei sein konnte und nur noch erfährt, wie die Schauspieler hießen, wer der Beleuchter war und wer für das Essen am Set gesorgt hat.

Richtig "nach Hause" kommen kann man nur, wenn man lange genug weg war. Darunter leidet auch der Film, den ich eben genannt habe. Mag sein, dass ein Film bei der Darstellung von Zeiträumen u. U. überfordert ist - literarisch sollte und dürfte so etwas aber kein Problem sein. Es wird dir gelingen, wenn du das viele Nebensächliche weglässt und um das ersetzt, was für die Gefühle und die Einsichten der Protagonisten ebenso wie der Leser wirklich notwendig ist. Die Voraussetzungen dafür bringst du jedenfalls mit. Du brauchst nur ein paar Leute, die dir sagen, wie. Aber die findest du immer, wenn du die Augen aufmachst.

Gruß

aligaga
 

Isegrims

Mitglied
Hallo Folchart,

deine geschichte rührt mich und ist (zum großteil) auch gut geschrieben... manches erscheint mir zu gewollt und die konstruktion bleibt sehr fiktiv....
woher weiß die protagonistin dass der opa im krankenhaus ist ohne bei der oma nachzufragen ?
vier jahre ist eine lange zeit..... da kann man letztlich nicht nur saufen und sich selbst erfahren.....
woher hatte sie geld für das auto, das sie fährt, aber kein geld für die unterkunft ? usw.
als rahmenerzählung für einen roman wäre die geschichte evtl tauglich, oder ist das ohnehin deine absicht ?
insgesamt für mich zu rührselig, zu viele tränen....ich hätte gerne das glück des großvaters und seiner enkelin beim wiedersehen erlebt....
viele grüße
Isegrims
 

Wipfel

Mitglied
Ich habe den Text richtig gern gelesen und kann mich der Wertung von aligaga nur sehr bedingt anschließen. Ja, es gibt einige stilistische Dinge, die du verbessern kannst. Bei welchem Text gibt es die nicht?

Wir sind hier in der Rubrik Erzählung - und da darf man durchaus episch werden. Du erzählst gut, entwickelst die Figuren, und bringst die Handlung voran. Und mich stören die Leerstellen nicht, im Gegenteil. Muss ich wissen, wie die Nachricht über den Krankenhausaufenthalt zu ihr kam? Nein. Du rechnest mit dem mündigen Leser, der sich selbst Bilder entwerfen kann.

In diesem Sinne: mehr von deinen Texten wünscht sich

wipfel
 
A

aligaga

Gast
Du rechnest mit dem mündigen Leser, der sich selbst Bilder entwerfen kann.
Sorry, aber für "eigene Bilder" lässt dieser Text dem Leser nicht den geringsten Spielraum - es wird alles bis ins Kleinste breitgetreten.

Du nimmst zwar Bezug auf meine Kritik, @Wipfel, behauptest dann aber nur das Gegenteil. Welches "Bild" musstest du hier den selbst entwickeln? Außer der eigentlichen Geschichte, die angeblich "tollkühn" sein soll, wird uns alles doch gleich doppelt und dreifach vorgekaut. Der Text verlangt ebengerade keinen mündigen Leser, sondern er macht ihn unmündig.

Als ich die Tür gefunden hatte, schaute ich für eine Weile die Türklinke an. Krankenschwestern und Ärzte drängelten sich an mir vorbei.
Sein Zimmer musste Blick auf den Parkplatz haben. Es war ein Einzelzimmer, denn er hatte noch nie zu viel Gesellschaft gemocht. Einige Sekunden schwelgte ich in unerfreulichen Erinnerungen, ein Strom aus Bildern, der still vor meinem inneren Auge vorbeilief, wie ein Stummfilm.
Ich kannte diese Bilderreihe. In den letzten Wochen hatte ich oft eine unfreiwillige Vorstellung gehabt. Es endete immer gleich. – Mit einem Knall.
Abgesehen davon, dass man in Unerfreulichem nicht "schwelgen" kann - statt wenigstens anzudeuten, was denn so unerfreulich sei, erfahren wir, dass die Tür ein Klinke hat, dass es im Krankenhaus Krankenschwestern und Ärzte gibt, dass das Zimmer auf den Parkplatz hinausgeht, dass ein Stummfilm still ist, dass einem Erinnerungen bekannt sind, dass sie immer wieder zu kommen pflegen. Und dass "Es" knallt. Der mündige Leser rätselt über dieses plötzlich auftauchende "Es", denn zuvor hieß es ja redundant Erinnerungen, Bilderstrom, Stummfilm, Vorstellung. Also immer die und der, nie das. "Es" muss aber etwas Gegenständliches sein, sonst könnte es ja nicht knallen. Hm. Wahrscheinlich ist "Es" alles das, was das Mädel einst auf die Straße getrieben hatte. Man sucht "Es" im weiteren Verlauf des Textes immer wieder, und findet schließlich einen Autounfall, den man diesem Geräusch zuordnen kann.

Das war's dann aber auch schon. Ich wiederhole: In dem Stück wird furchtbar viel erklärt und dargestellt, ohne dass sich aber Substanz daraus formte, die zusammenhinge und zu näherer Einsicht führte. Man kann nicht nur an etwas vorbeireden, sondern auch vorbeischreiben. Am Ende ist ein Buch dann zwar 300 Seiten stark, aber es steht trotzdem nichts drin.

Gruß

aligaga
 

Wipfel

Mitglied
Hi aligaga

Sorry, aber für "eigene Bilder" lässt dieser Text dem Leser nicht den geringsten Spielraum
Mit einem Hammer lässt sich alles zerschlagen. Oder lässt du wenigstens die Möglichkeit zu, dass für andere Leser sich der Text anders erschließt?

Um die Situation im Krankenhaus zu beschreiben, zoomt der/die Autorin ran, was daran ist rein technisch falsch? Dazu wird mir ein Subtext geliefert, für den die Türklinke an sich sehrwohl ihre Bedeutung erhält.

Ganz stark finde ich auch die Dialoge mit dem Alten. Und möglicherweise ist es sogar Sterbehilfe (oder gar Mord), wenn man verbotener Weise Schokolade auf die Station schmuggelt?

Ohne Frage, stilistisch gibt es einige schwache Stellen, sagte ich ja bereits. Aber deshalb den Text in den Senkel stellen? Nein.
 
A

aligaga

Gast
Persönliches Gebrabbel hilft keinem Autor weiter, @Wipfel. Es geht hier nicht um Rechthuberei, sondern um einen Text, der erhebliche, objektiv feststellbare Schwächen aufweist.

Mag ja sein, dass sie dich nicht stören. Mich stören sie auch nicht - ich muss diese in die Länge gezogene "Geschichte" ja nicht kaufen. Das hindert mich aber nicht, den Autor auf ihre Mängel aufmerksam und Vorschläge zur Abhilfe zu machen. Davon hat er viel mehr als von billigem "Gefälltmirgefälltmirnicht"-Gelaber.

Gruß

aligaga
 



 
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