Farbenspiel - Teil 1: ROT

Chrissie

Mitglied
- Rot -


Warm umhüllte sie der Klang aus den Boxen, der Subwoover hämmerte die blubbernden Rhythmen erregend in ihren Unterleib. Lilli schwamm in der Musik, durchschnitt mit ihrem Körper die Schwaden aus Rauch und die Wogen der Leiber, die mit ihr die Tanzfläche bevölkerten. Durch ihre geschlossenen Lider nahm sich die Lightshow wie das rote Wabern im Innern einer Gebärmutter aus. Die Farbe Rot hatte ihr schon immer sehr gefallen, schon als sie noch ein kleines Mädchen war.

„Ach Lilli-Schätzchen, das ist lieb von dir – aber guck mal, die armen Blumen sind ja schon ganz kaputt gegangen in der Hitze. Draußen auf der Wiese sehen sie doch sowieso viel schöner aus und halten sich auch viel länger.“ Ihre Mutter löste die klebrigen Stängel gequetschten Klatschmohns aus der schwitzenden Kinderhand, wodurch Blütenblätter auf den Boden regneten, dabei schwarzen Pollen über den weißen Küchentisch aus Resopal stäubend. „Pass auf, dass du nicht auf die Blätter trittst, die Flecken bekomme ich nie wieder aus dem Teppich `raus und den Tisch kann ich jetzt auch schon wieder abwischen, ach je...“ seufzte sie „... und die Blumen brauchen wir gar nicht erst in Vase zu stellen. Die tun wir gleich in den Garten auf den Kompost!“. Tränen würgten in Lillis Kehle. „Ich wollte doch bloß, dass du dich freust Mama...“, im Hinausgehen hörte sie ihre Mutter noch hinzufügen: „Ich freu mich doch Schatz, aber denk halt einmal ein bisschen nach, bevor du etwas machst!“, gefolgt von diesem wohlbekannten resignierten Seufzen mütterlicher Verzweiflung, was Lillis feuchte Augen endgültig zum Überlaufen brachte. Sie verkroch sich im Wohnzimmer mit ihrem Lieblings-Sofakissen hinter dem Sessel ihres Vaters, um leise vor sich hin zu heulen. Das Kissen war vorne aus kuscheligem Lammfell, hinten aus kühlem Inlett. Zum Weinen nahm sie immer die Fellseite, weil man da die Flecken nicht so sehr sah. Von diesen Kissen gab es drei auf der sandfarbenen Couch ihrer Eltern: ein ockergelbes, ein blaugrünes und ein rostrotes. Das Rote war ihr liebstes. Wenn ihr Kopf heiß war vom Grübeln oder von Kopfschmerzen dröhnte, drückte sie ihre Stirn gegen den glatten, kühlen Stoff sich in ein anderes Leben als Indianerprinzessin im Urwald träumend, so wie bei Mogli im Dschungelbuch. War sie dagegen wütend vor Trauer, so buddelte sie ihr Gesicht in das weiche Fell und stellte sich vor, es wäre ein großes rotfelliges Mischwesen, ein Bären-Hund, der ihr allerbester Freund sei, der sie immer beschützen würde. Nie würde der zu ihr sagen: „Wo hast du denn schon wieder deinen Kopf, Kind?“ oder :„Was du dir schon wieder ausdenkst!“ oder, zu einem anderen Erwachsenen gewandt: „Ich weiß auch nicht, was mit dem Kind los ist. Die ganze Zeit hockt sie in irgendeiner Ecke und liest – und wenn nicht, dann erzählt sie Geschichten, die in so einem kleinen Hirn eigentlich nichts verloren haben. Und manchmal zieht sie eine Show ab... " und mit einem Seufzen: „Nichts wie Blödsinn im Kopf, ich weiß auch nicht, von wem sie das hat.“ DAS war das Erniedrigendste überhaupt, wenn ihre Mutter sich mit einer Nachbarin über den Gartenzaun hinweg über Lilli unterhielt, während sie daneben stand. Regelrecht von innen nach außen gestülpt fühlte sie sich in solchen Momenten, hilflos dem Spott ausgeliefert. Die Erwachsenen fanden es auch noch erheiternd, wenn sie dabei versuchte sich zu verstecken. Sogar zu ihrer Grundschullehrerin hatte ihre Mutter sie schon geschleift, weil mit ihr doch etwas nicht stimmen könne. Die Klassenleiterin hatte nur gesagt, ihre Mutter solle doch froh sein, dass sie so viel lese, da habe sie mit anderen Kindern weit größere Probleme. Sie hätte bei solchen Begebenheiten am liebsten eine rote Tarnkappe gehabt wie der Zwerg Alberich in der Nibelungensage. Jedenfalls stellte sie sich die Tarnkappe rot vor.

Die Musik war inzwischen etwas härter geworden was ihr mehr Beinarbeit abforderte. Tanzen war eine angenehme Beschäftigung, fast so angenehm wie Sex. Sie konnte sich in beiden Beziehungen immer auf ihren Körper verlassen ohne denken zu müssen. Ihr nackter Bauch glänzte vom Schweiß und im Nacken klebte ihr Haar feucht zusammen. Ein kleines Rinnsal bahnte sich seinen Weg durch den Spalt ihrer Pobacken zwischen ihre Beine, um sich mit den vaginalen Säften in ihrem Höschen zu vereinen. Ein feuchter Fleck, ein feuchter, warmer Fleck – wie hatte sie als Vierzehnjährige solch einen Fleck herbeigesehnt!

Wenn ältere Frauen immer von ihrem „Zeug“ redeten: „Meine Güte, mein blödes Zeug hab ich auch schon wieder...“, „Ach du Ärmste. Da hat der Herrgott uns Weiber schon geschlagen!“ und damit die Menstruation schilderten, als sei diese etwas entsetzliches, so klang das für Lilli fast wie Blasphemie. Wie konnte eine Frau so etwas Großartiges wie ihr eigenes Frausein nur so in den Schmutz ziehen? Ihre Mutter sprach nur neutral davon: „Die Binden heute sind ja viel angenehmer zu tragen als früher. Als das bei mir losging, da hatten wir noch Leinenbinden, die musste man immer auskochen und die kratzten einen ganz wund. Sei bloß froh, dass du es da viel einfacher haben wirst. Und ihr werdet heute wenigstens aufgeklärt. Als ich das erste mal meine Tage hatte, da hatte ich Angst, auf den Tod krank zu sein und sterben zu müssen. Ich habe meine blutigen Unterhosen versteckt, bis deine Oma sie gefunden und mir gesagt hat, das wäre normal und käme jetzt jeden Monat und ich solle bloß aufpassen, dass ich nicht schwanger werde. Dann hat sie mir diese kratzigen Leinendinger gegeben und die Unterhosen dazu, in denen man sie mit Bändern befestigte. Dabei dachte ich damals noch, dass man vom Küssen schwanger wird.“ Wirklich über Gefühle sprachen Lilli und ihre Mutter nie miteinander, immer nur über Erlebnisse aus Mutters Vergangenheit und wie gut es doch heute im Vergleich dazu heute wäre. Sie hatte oft das Gefühl, ihre Mutter wollte von ihr eine Bestätigung, was für eine gute Mutter sie doch sei – doch Lilli musste ihr diese Bestätigung verweigern, da sie es selbst nie so empfand. Im Gegenteil, wirklich verstanden fühlte sie sich nie von ihr, was ihrer Meinung nach zur Liebe, auch zur mütterlichen, dazu gehörte. Ihr Vater hingegen war immer ihre Bezugsperson gewesen, der hörte sich ihre Geschichten an, als sie noch klein war und brachte ihr alles mögliche bei, wenn sie ihn etwas fragte. Manchmal ohne dass sie zu fragen brauchte, einfach so, weil es ihm selbst Freude machte, wie wissbegierig sie war. Noch bevor sie eingeschult wurde, wusste sie die Namen aller Pflanzen und Tiere, die es in ihrer Umgebung gab. Abends beim Fernsehen kuschelte sie sich immer dicht an ihren Vater, während er gedankenverloren ihr Haar kraulte, das genoss sie, konnte nicht genug davon bekommen. Seit sie in die Pubertät gekommen war, passierte das nicht mehr so oft. Dafür konnte sie mit ihm über Gott und die Welt diskutieren, wofür ihre Mutter weder einen Sinn noch Zeit hatte. Ihr Vater hielt große Stücke auf Lilli. Er war stolz darauf, eine so intelligente Tochter zu haben. Doch ihre wahren Empfindungen, ihre Ängste vor allem, konnte sie ihm gegenüber ebenso wenig äußern wie bei Gesprächen mit ihrer Mutter. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass er ganz froh darüber war. Die Erkenntnis andersartig zu sein hatte sich in den letzten beiden Jahren immer mehr in ihr verdichtet. Mädchen in ihrem Alter interessierten sich nur für Klamotten, Schminke, Musik - primär natürlich für Jungs - sie machten sich nicht ständig Gedanken über den Sinn ihrer Existenz auf diesem Planeten. Natürlich hätte sie selbst genauso gerne einen Freund gehabt, einen Menschen, der sie liebte und verstand – obwohl sie so verrückt war. Doch da Lilli mit ihren vierzehn Jahren immer noch wie Zwölf wirkte, weder Busen noch Menstruation sich auch nur ankündigten, war sie für Jungs in ihrem Alter nur ein Kumpel ohne Pimmel. Die ganz besonders interessanten älteren Typen aus der Oberstufe hatten nicht mal einen Streifblick für sie übrig. Nichts wünschte sie sich mehr, als endlich eine Frau zu werden. Jedes Mal, wenn sie Bauchschmerzen hatte, rannte sie alle dreißig Minuten auf die Toilette um nachzusehen, ob endlich Blut im Spiel sei, sehnte diesen roten Fleck im Höschen geradezu herbei. Als ihre Mensis dann endlich kam, hatte auch ihr Busen begonnen zu wachsen (und bald darauf schon wieder damit aufgehört) – da war ihr Herz bereits zum zweiten Mal gebrochen. Der erste Junge der sie fragte, ob sie mit ihm gehen wolle, mit dem schlief sie gleich. Einfach nur, um das erledigt zu haben. Es war kein unangenehmes Erlebnis, aber viel weniger rauschhaft, als sie sich das vorgestellt hatte. Einige Tage danach machte sie mit dem armen Kerl wieder Schluss. Er war im Grunde selbst daran schuld, meinte sie, hatte er doch nicht verstanden, dass sie wahnsinnige Angst davor hatte schwanger zu sein. Glücklicherweise kam ihre Regel dann doch, allerdings wollte der rote Fluss gar nicht mehr enden und acht Wochen später sah sie schon ganz anämisch aus. Ihre Mutter schickte sie zum Gynäkologen. Der verschrieb ihr als Allround-Therapie die Pille. Damit war dann auch dieses Thema erledigt.

Lilli spürte, dass ein Mann sie ansah, doch sie gönnte ihm keinen Blick. Dafür schwangen ihre Hüften nun ein wenig akzentuierter hin und her, dieses beobachtet werden motivierte sie ungeheuerlich. Sie warf ihr Haar in den Nacken, hielt ihr Gesicht in die gleißenden Spots, die die Tanzfläche beleuchteten, war sich ihrer Schönheit voll bewusst. Ihre Lippen hatte sie sorgfältig geschminkt. Niemand würde diesen Mund berühren dürfen. Blutrot. Rot wie Blut.

Einen Geschmack von Eisen im Mund vergrub sie leise weinend ihr Gesicht in ihren Händen. Seine Stöße trafen sie hart von hinten, schoben ihren Körper über die rauen Schlingen des Teppichbodens, so dass ihre Knie und Ellenbogen bereits wundgescheuert waren. Lilli war einfach nur müde gewesen, weil sie seit fünf Uhr morgens auf den Beinen war, da sie Frühschicht gehabt hatte. Das Abendessen war bereits gekocht, sie war eben dabei den Tisch zu decken, als er wieder mit seinen grundlosen Anschuldigungen anfing. „Du warst doch heute Nachmittag gar nicht beim Haare schneiden, das würde ich doch sehen, gib’s doch zu. Gib zu, dass du bei einem anderen Kerl warst und hast dich ordentlich durchficken lassen, du dreckige Hure!“ Der Adrenalinschub verursachte sofort wieder einen Krampf in ihrem Magen, an Essen war nun nicht mehr zu denken, schnürte ihr die Kehle eng und machte ihre Stimme schrill: „Du verdammtes blödes Arschloch, ich bin aufgestanden, da warst du gerade ins Bett gegangen, hab acht Stunden gearbeitet, während du fauler Idiot gepennt hast und war danach noch einkaufen und hab die Wohnung aufgeräumt und gekocht. Und was machst du den ganzen Tag, verdammt noch mal? Hockst auf deinem Arsch mit deinen heiligen Kopfhörern, dröhnst dir von meinem Geld die Birne zu und hörst so laute Musik, dass dein Hirn schon ganz matschig sein muss. Ich wäre ja fast froh, wenn ich `nen anderen hätte, du geisteskranker Scheißkerl, aber ich hab keinen!“ Sein Atem keuchte: „Du Drecksau... Hure... jetzt sag’s schon, los, ich weiß doch dass du `rumfickst mit allem was einen Schwanz hat, du Sau... los, sag’s!“. Von seinem Schlag getroffen, knallte Lilli gegen die Wand neben dem Esstisch, nach Halt suchend einen Stuhl umreißend. Sie hatte sich den Hinterkopf schwer gestoßen, ihr Schädel dröhnte während ihr Herz wie wahnsinnig vor Angst raste. Sie schmeckte Blut und hob reflexartig ihre rechte Hand zum Mund. Der Fausthieb in ihren ohnehin schon krampfenden Magen gab ihr den Rest. Sie bekam keine Luft mehr, ging zu Boden, rollte sich auf Knien liegend wie ein Embryo zusammen. Er zog sie ohne eine Regung von Mitleid (so wie man mit einem schlachtreifen Tier umginge) am Bein in die Mitte des Zimmers, schob ihr Kleid hoch und zeriss ohne Umschweife ihren Slip.

Lilli genoss es, im Mittelpunkt männlicher Begierde zu stehen. Die anderen Menschen um sie herum wurden unter den Blicken des Unbekannten zu Statisten, während sie tanzend ihre Sinnlichkeit zelebrierte.

„Du dreckige Hure, du verfickte Schlampe, du Sau!“. Sie stand in der Tür zu ihrem Schlafzimmer, die Hände am Türrahmen und sah in herausfordernd an. „Komm, schlag mich doch, komm, hierher ins Gesicht!“. Sie drehte ihm eine Wange zu, mit ihrem Finger auf ihre Nase deutend. „Komm, schlag hierhin, bis Blut spritzt, komm, das gefällt dir doch, wenn ich heulend und blutend am Boden liege!“. Lilli sprach mit ruhiger Stimme, doch provokantem Ton zu ihm. Sie hatte keine Angst mehr, sie wollte sich nicht mehr ducken vor diesem Psychopathen, den sie vor langer Zeit einmal geliebt hatte. In ihr war nur noch Wut. Wut und Trauer über die verlorenen Jahre ihrer Jugend, über ihr alles andere als glückliches Leben. „Ich lieb dich doch so, ich lieb dich doch!“ Jetzt heulte er, kroch wimmernd vor ihr am Boden. „Zu spät, du Mistkerl. Ich hab dir oft genug noch eine Chance gegeben, du hast mir zig mal versprochen dich zu ändern und nichts, gar nichts hat sich geändert. Ich arbeite mir den Buckel krumm und du hängst faul rum und dann darf ich mich dafür auch noch verprügeln lassen. Jetzt ist Schluss!“

Es war an der Zeit, Blickkontakt aufzunehmen. Nachdem sie so lange mit geschlossenen Augen getanzt hatte fiel es ihr schwer, ihre Lider zu heben. Wie eine magische Verstärkung der Schwerkraft war dieser Effekt, der nur auf diesen Teil ihres Körpers wirkte. Nein, auf ihren ganzen Körper. Die Tanzerei hatte sie so sehr erregt, dass sie sich fühlte wie eine archaische Priesterin der großen Mutter. So ganz verbunden mit sich, mit ihrer ursprünglichen Bestimmung. Mit dem Mittelpunkt der Erde ebenso wie mit dem Ursprung des Universums. Als ob eine große Kraft durch sie hindurchflösse, die ihr ungeheure Stabilität verlieh. So ganz eins mit sich selbst. So furchtlos. So stark. Fordernd traf ihn ihr Blick. Er hielt ihr stand. In seinen Augen blitzten gleichermaßen sowohl Schalk als auch Begierde. Sie hatte gewusst, dass er ihr gefallen würde. Sie ging auf ihn zu, hielt dabei den Kontakt aufrecht, um dann ohne ein Wort in Richtung Ausgang zu gehen. Keinen Blick zurück warf sie, als sie an der Theke ihre Tasche holte, um ihre Zeche zu zahlen. Wenn er verstand, würde er ihr folgen – wenn nicht, war er es nicht wert, sie zu bekommen. Sie stieg die Treppe empor - süße, warme Sommerluft drang ihr entgegen. Als sie auf die Straße vor dem Club trat, spürte sie ihn hinter sich und drehte sich ihm zu. „Lass uns zu dir gehen“, sagte sie mit ruhiger, sinnlicher Stimme. „Nichts lieber als das!“ gab er ihr zurück. So wanderten sie ohne viel Worte durch die Stadt zu seinem Auto. Auch während der Fahrt sprachen sie nicht viel. Er versuchte zwar aus ihr heraus zu bekommen, wer sie sei, doch ihr fast stoisches Schweigen, verbunden mit ihrem eindeutigem Lächeln, ließ ihn dieses Vorhaben bald aufgeben. Auch die Monologe über sein eigenes Leben verstummten bald, da sie nicht darauf reagierte. In seiner Wohnung angekommen, zog sie ihre Schuhe aus, setzte sich und fragte ihn nach einem Glas Wein. Lilli betrachtete ihn durch die rubinrote Flüssigkeit, während er zwei Lines vorbereitete. Im Grunde hatte sie keine Lust darauf, doch sie nahm es - wohl wissend, dass es ihr nichts bringen würde außer ihr den Schlaf für den Rest der Nacht zu rauben. Da sie weiterhin jede Art von Konversation abblockte, wurde er bald etwas unruhig – dem wirkte sie entgegen, indem sie ihr Kleid auszog und sich ihm näherte. Er saß auf dem Boden während sie ihn umschlich, wie eine rollige Kätzin leise gurrend, dabei sich mit ihrem ganzen Körper nackt an ihm reibend, derweil sie ihn langsam auszog. Er bekam keine Erektion. Sie forderte ihr Recht, zog seinen Kopf zwischen ihre Schenkel, wo er brav den Dingen auf den Grund ging. Lilli ließ sich treiben. Sie vergaß den Raum um sich herum. Gerade, als sich die Schwingen der Ekstase ausbreiteten, im Begriff sie fortzutragen, zog er seinen Mund von ihr zurück. Ihre Lust jedoch war stärker als er. Sie packte sein Haar, drückte sein Gesicht an ihre Scham. Obwohl er sich sträubte, rieb sie sich an ihm, bis tausend kleine Stromstöße durch ihren Leib zuckten, ihr Genugtuung gebend. Sie ließ in los, er sah zu ihr auf. Sein von Entsetzen gezeichnetes Gesicht war bis zum Haaransatz mit Blut verschmiert. „Du hast deine Tage bekommen...“ stammelnd, kroch er auf dem Boden herum, als ob er seine verlorene Männlichkeit suche. Lilli antwortete nichts darauf, nahm noch einen Schluck Wein, dann ihre Habseligkeiten, woraufhin sie das Zimmer verließ. Sie suchte sein Badezimmer, fand auch ein frisches Handtuch. Die heiße Dusche spülte rote Rinnsale in den Abfluss, hinunter in die Kanalisation. Sie stellte sich vor, dass eine weiße Laborratte da unten unter dem kleinen Wasserfall, der in die Kanalisation strömte säße, deren Fell sich nun rot färbte von ihrem Blut. Irgendwo in ihrer Tasche fand sich auch ein Tampon. Sie zog ihr Kleid über und ging ohne ein Wort des Abschieds. Der junge Tag empfing sie auf der Straße mit seinen ersten wärmenden Strahlen. Die Morgensonne glänzte auf ihrem nassen Haar. Ihr Kleid leuchtete rot im hellen Licht.

CMvM 2002
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Chrissie,

wie sagte Reneè, nachdem Du den ersten Abschnitt deines "Farbenspieles" vorgetragen hattest? "Schön", sagte sie und ließ es erst einmal damit bewenden. Nun - mir fällt leider auch nichts weiter dazu ein. Seit ich in der Lupe bin, durfte ich die Erfahrung machen, daß es Texte gibt, die man einfach nur liest und dabei so sehr eintaucht, daß man eventuelle grammatikalische Patzer oder Rechtschreibfehler glatt übersieht und für vermeindliche stlistische Feinheiten gar keinen Nerv mehr hat. Und immer (oder fast immer), wenn das bei mir der Fall war, wurde auch von anderen Kommentatoren der Text hoch gelobt. Ich wäre ziemlich erstaunt, wenn es diesmal anders wäre. Dein Text hat mich mitgerissen, und schon aus diesem Grund finde ich ihn gut.
Ich bin schon auf den zweiten Teil "Schwarz?" gespannt. Versuch doch mal, deinen Verlag davon zu überzeugen, daß es sich lohnen könnte, statt langweiliger Gesetzestexte oder nervender Arbeitsschutzanweisungen inclusive Formblattsammlung ausnahmsweise mal deine Geschichten zu veröffentlichen. Vielleicht werde ich dann zu meinem Abo zurück kehren. ;-))

Gruß Ralph
 

Chrissie

Mitglied
Ach Ralph,

was soll ich darauf nun antworten?
Ein erleichtertes DANKE entringt sich mir. Dennoch habe ich gestern noch ganz viel geändert. Vor allem im letzten Teil waren viel zu viele Konjunktionen und Wortwiederholungen drin und ich habe deshalb etliche Sätze umgebaut. So ist das halt beim kreativen Schreiben, da kannste wochenlang immer noch was verbessern.

Ob Teil 2 gleich "Schwarz" wird, weiß ich noch nicht, weil das denke ich die heikelste Story von allen wird. Es gibt ja noch viele andere Farben.
Geplant bisher: weiß, schwarz, gelb, blau, grün, orange und evtl. auch lila.

Dass unser Verlag irgendwann in die Belletristik einsteigt ist mehr als unwahrscheinlich. Aber es gibt ja noch andere Verlage. Erstmal konzentriere ich mich darauf, regelmäßig zu schreiben - ohne "Material" brauche ich noch keine Exposées zu versenden.

Na, dann lass dich überraschen und vielen Dank nochmal für deine Streicheleinheiten.

Ganz besonders liebe Grüße
Chrissie
 
R

Rote Socke

Gast
Welcome back!

Liebe Chrissie,
es gibt Tage, da freut man sich wieder. Heut freue ich mich trotz Erkältung wieder, weil ich eine gute liebe Bekannte wieder treffe. Dich!

Ich habe den Text überflogen, werde ihn gleich noch genauer lesen und Dir eine Antwort dazu in der Werkstatt posten.
Ganz kann ich Ralph nicht zustimmen. Aber keine Bange, ein Veriss wird's nicht. ;)

LG
Volkmar
 
R

Rote Socke

Gast
Ja Chrissie,

ich sag ja auch nicht, dass die Kritiken von mir oder anderen das Maß aller Dinge sind. So oder so, wir (ich) sind Laien. Aber gerade in der unterschiedlichen Bewertung, kann oft auch einiges an Potenzial stecken, was den Autor in der Geschichte und im Handwerk allgemein weiterbringt. Mir geht es so! Zu dem lerne ich auch von Kritiken anderer in anderen Texten. Kommt immer auf die Ausdrucksweise an. Von Ralph R. z.B. lerne ich gerne!

Doch wegen der öffentlichen Besprechungsweise, funken dann oft die "Besserwisserer" hinein, die das Maß aller Dinge für sich beanspruchen.

Ich kann ja kein Englisch, aber wie heißt es: Nobody is perfect? ;)

LG
 

Omar Chajjam

Mitglied
Ein sehr weiblicher Text, der sich mir schwer aufschließt, zumal er ein weibliches Prinzip gegen ein männliches stellt, das ziemlich schlecht dabei wegkommt, zumal es keinen Farbwert besitzt. Die Geschichte ist folgerichtig und sehr gut entwickelt. Die Sprache ist einprägsam und intensiv. Da auf die Farbsymbolik abgestellt wird, sollte der Begriff "rot" nicht gleich sechzehn Mal verwendet werden. Er erschließt sich oft ausreichend durch den Gegenstand und das Thema.

So ähnliches habe ich auch schon mal geschrieben. Ich setz es mal in einen eigenen Ordner

Lieben Gruß von
Omar
 
salve chrissie,

der text lässt sich flüssig lesen und deine protagonistin überrascht immer wieder durch ihre handlungen.

vielleicht wäre es sinnvoll die farbe rot nicht von anfang an so wichtig zu nehmen, sondern einfach die geschehnisse zu erzählen und dann am ende zu sagen dass rot schon immer ihre lieblinsfarbe war? das würde sich m.E. anbieten, weil dann auch nicht ganz so häufig "rot" dasteht.

liebe grüße
rainbow warrior (die rothaut)
 

Chrissie

Mitglied
Hallo Omar, hallo RW,

danke für Euren Input, den ich sehr gut verwerten kann. Ich bin z.Zt. bei der zweiten Story dieses Zyklus' und werde diesen Aspekt dort gleich berücksichtigen. Wann ich 'ROT' überarbeite, mal sehen. Ich kann immer nur schreiben oder feilen, beides gleichzeitig (an zwei verschiedenen Geschichten) tut nicht gut (m.E. nach).

Liebe grüße
Chrissie
 
S

Sanne Benz

Gast
liebe chrissie,
an der geschichte selbst hab ich nichts auszusetzen,es ist deine eigene erzählweise und mir gefällt sie so.
nur zur einleitung hätte ich etwas an anregung.
Muss nicht unbedingt besser sein.
Hatte das hier gar nicht geshen und in der werkstatt auch nicht.
dann gehe ich dort nochmal später hin.
lG
sanne

"Warm umhüllte sie der Klang aus den Boxen, der Subwoover hämmerte die blubbernden Rhythmen erregend in ihren Unterleib."
Der Klang aus den Boxen umhüllte sie warm, während das rhytmische Hämmern der Subwoover ihren Unterleib erregte.
(finde das BLUBBERN weniger erotisch als ausdruck,und subwoover blubbern nicht,denke ich mal.

"Die Farbe Rot hatte ihr schon immer sehr gefallen, schon als sie noch ein kleines Mädchen war."
Hier widerholt sich das NOCH...
Die Farbe Rot hatte sie als kleines Mädchen immer schon gemocht/geliebt..
 



 
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