Februar

Andre

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Mißmutiger Februarabend. Kleine Bäckerei in einer noch kleineren Straße. Schmutz, nicht Schnee liegt auf dem Asphalt, der schon seit Wochen keine Feuchtigkeit mehr sah. Es ist warm. Zu zeitig beginnen die Straßenlaternen ihr Flackern, nur nach und nach beginnen die kahlen, gespenstigen Baumgerippe in ihrem kalten, toten Licht zu leuchten.

Warum warten Menschen? Ein paar Arbeitslose stehen an der Ecke, rauchen, reden. Warten. Worauf? Im Bastelladen gegenüber stehen Verkäufer, warten auf Kundschaft. Die Bäckerin putzt die Vitrine und wartet auf Feierabend.
Deutschland im Februar 98. Die Wärme des Winters hat es nicht geschafft, die Gemüter und Seelen der Menschen zu erwärmen. Kalt und hart ist ihr Geist. Unbeweglich, trotzig und lethargisch sind sie. Selbst hier, im ach so grünen Herzen.

Das Jahr 9 nach der Wende sieht soviel arbeitssuchende Menschen wie noch keines zuvor im wiedervereinigten Deutschland. Der Mensch ist des Menschen Wolf geworden, wenn er es nicht schon immer war. Wer Arbeit hat, arbeitet für 3. Wer keine hat sieht keinen rosigen Zeiten entgegen. Dem einen wird seine Familie zur Last, der andere muß froh sein, sie in seinen kurzen Arbeitsniederlegungen mal vollzählig zu sehen.

Kinder spielen im Strßenstaub. Nicht identifizierbare persönlichkeitsdefizitäre Plastikfiguren und ehemals glänzende BMX-Räder haben die noch vor wenigen Jahren üblichen Puppen und Roller aus der Kinderwelt verbannt. Videospiele nehmen den Platz von Märchenbüchern ein. Kinder können Disney`s Schneewitchen mitsprechen, runzeln angesichts Grimm`s Märchen die kindlich widerwillige Stirn. Fernseher sind eben einfacher zu bedienen, als Märchenbücher. Schöne heile Kinderwelten werden abgewickelt. Vielleicht ist diese Welt dabei etwas unwiederbringlich zu verlieren, das doch so schützenswert ist.

Auf dem Tisch des jungen Mannes vor mir liegt eine schlecht verpackte Rose. Immer wieder schaut er auf die Uhr. Ein seltsamer Platz für ein Rendezvous. Seine Nervosität ist im deutlich anzusehen. Um ihn herum steht ein Feld von Hoffnungen, Erwartungen, Freude und Angst.

Doch sie kommt. Ein klein wenig Sonne, ein klein wenig Wärme in diesem Tag. Als sie die Bäckerei verlassen bricht Barbies Arm und ein Kinderpulk gerät in heftigen Streit bis Tränen fließen. Werden sie es besser machen? Hoffnung liegt auf den Schultern aller dieser Pärchen Ob sie sie erfüllen können oder wollen weiß Gott-sei-Dank niemand von uns.

Die beiden verschwinden über den Hof des Installateurs und über das Gesicht des Verkäufers im Bastelladen huscht ein kurzes Lächeln.
 

flammarion

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hallo,

andre! willkommen auf der lupe. nette kleine geschichte haste da gepostet. hast ne ganze menge reingepackt und dich auch recht gut ausgedrückt, bis auf den vorletzten absatz, der ist mir nicht so helle. ein paar tippfehler, die du bei genauem hinsehen selber leicht entdecken wirst, wären auch noch zu bemängeln. aber dein stil macht neugierig auf mehr. ganz lieb grüßt
 

Andre

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Hallo flammarion!

Tja, das Ding ist schon etwas ältlich, wie ja auch drin steht. Bin etwas aus der Übung gekommen, was sich aber hoffentlich bessern wird.

"ein paar tippfehler..." Hmmmm, Du kennst das doch: Wer Tippfehler findet, der darf sie behalten! ;-) Wenn ich mal wieder ein oder zwei Gehirnzellen freihabe, werd ich mich mal drum kümmern.

Bis denne!
 

gladiator

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Netter kleiner Text

Mit vielen schönen Formulierungen (Mißmutiger Februarabend, gespenstigen Baumgerippe), aber, wie ich finde, auch einigen Ausrutschern (Nicht identifizierbare persönlichkeitsdefizitäre Plastikfiguren ist am schlimmsten).

Im Februar spielen Kinder nicht im Straßenstaub, sondern allenfalls im Matsch.

Ingesamt finde ich den Inhalt manchmal etwas moralinsauer, vor allem die Passage ab dem Jahr 9 nach der Wende.

Gruß
Gladiator
 

Andre

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Hallo, gladiator!

Danke für die Kritik! Ist auch alles angekommen, bis auf den Staub, denn 98 war wirklich ein elend warmer Winter mit bis zu 10°C. In Jena, wo das alles spielt, hat das zur Folge, dass die Schönheit der Stadt (soll es da angeblich geben) eben in Staub versinkt, wenn es keinen Niederschlag gibt. Und der blieb damals auch aus.

Die Moralinsäure reiche ich an die damaligen Radiomoderatoren weiter, die während meines Besuchs in dieser Bäckerei die momentanen Arbeitslosenzahlen durchgaben. Wurde damals gleich mit im Text verwurstet. ;-)

Bis denne, Andre
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hallo,

das kannte ich noch nicht, daß man tippfehler behalten kann. habe herzhaft gelacht. da meine verwandtschaft sich auch immer mit "bis denne" verabschiedet, möchte ich gern wissen: bist du ein berliner? einwohner natürlich, nich pfannkuchen! ganz lieb grüßt
 

Andre

Mitglied
Nee, bin ick nich... Ich bin Sachse (schreibenderweise verbreitet man ja keinen Dialekt um sich) und bin nach meiner kurzen Expedition nach Thüringen auch wieder hier gelandet. Ich hoffe, dass jetzt keine Patentrechtsklagen hierher kommen, wenn ich euer "bis denne" verwende, das hat sich hier mittlerweile nämlich auch hier eingeschlichen. Aber weil wir ja variabel sind sag ich jetzt einfach mal:

Bis in Bälde! André ;-)
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
oh,

ich weiß nicht, welchen ursprungs das "bis denne" ist. möglicherweise ist es ja aus südlicher richtung nach berlin gekommen. also tu dir bitte keinen zwang an. ganz lieb grüßt
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
oh,

kicher, kicher, noch schlimmer wäre "Tschüsselchen", das hat tatsächlich mal ein süddeutscher zu mir gesagt beim abschied und er wußte nicht, warum ich lachte! man liest sich. lg
 

Andre

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Täusche ich mich, oder ist die Dikussion jetzt etwas off topic, um das klassische Neuhochdeutsch mal zu bemühen?
 

Chrissie

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Zurück zum Text

Hallöle,(*g* das konnte ich mir jetzt nicht verkneifen...)

Die Story ist im großen und ganzen ordentlich aufgebaut bis auf das schreckliche defizitäre Konstrukt, das bereits Gladiator sauer aufstieß. Genauso erschließt sich auch mir der letzte Absatz nicht - warum grinst dieser Verkäufer im Bastelladen? War das nicht 'ne Bäckerei? Und der Installateur, wo kommt der jetzt auf einmal her, der überfordert total. Lass ihn weg oder schreib mehr d'rüber. Das liest sich wie einem Hund einen Brocken hingeworfen.
Du solltest, wenn du neue Orte im Text verwendest, diese auch beschreiben, genauso wie in die Story 'reingehört, warum die Straße so staubig war. Das ist wichtig, damit der Leser das Bild nachvollziehen kann, das du beim Schreiben vor Augen hattest.
Nimm dir diesen Text einfach nochmal vor und überarbeite ihn. Natürlich nur, wenn du gerade mal 'ne Stunde Zeit und zwei bis sieben Gehirnzellen frei hast. *feix*

Inhaltlich nervt mich der jammerige Unterton ein wenig. Das ist aber was ganz persönliches und hat nichts mit der Qualität deiner Schreibe zu tun.

Liebe Grüße
Chrissie
 

Andre

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@ gladiator: Genau das meine ich ja... ;-)

@ Chrissie: Auf so etwas habe ich gehofft. Wie gesagt, ich bin etwas eingerostet in den letzten Jahren und hab die olle Kamelle jetzt einfach mal so reingestellt. Werd sie mir mal wieder vornehmen. Danke für die Tips!

André
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hiermit

möchte ich mich in aller form bei andre entschuldigen, daß ich über seinen kopf hinweg mit einem anderen scherzte.
was is n offpic (hoffe, es richtig behalten zu haben)? beherrsche leider nur das deutsch der 50er ddr-jahre. ganz lieb grüßt
 

gladiator

Mitglied
off topic...

Klugscheißermodus an: :D

off topic = außerhalb des eigentlichen Themas, nicht auf der Tagesordnung stehend...einer dieser typischen Denglisch-Begriffe der schönen neuen, globalisierten Welt...

Klugscheißermodus aus... :D
 

Andre

Mitglied
@ flammarion: ;-)

@ gladiator: Gott sei Dank! Es gibt tatsächlich doch noch Leute die diesem Trend offensichtlich kritisch gegenüberstehen (lese ich jetzt einfach mal so heraus) Debnn wenn man sich im Netz so umsieht, kriegt man ja langsam den Eindruck, dass einfaches Deutsch immer mehr dem banalphabetischem Denglisch weichen muß. Einfach weil`s cooler (!!!) ist. Selbst Schuld, armes Deutschland, wenn Du Deinen Kindern schon im Kindergarten Englisch beibringen läßt. Und das in unserem Volk der Dichter und Denker. Nur leider sind diese zum Teil eben schon seit ein paar Jahrhunderten tod. Und als solche wohl kaum als Werbeträder zu gebrauchen.
Das ich selber mit solchen Dingen um mich werfe, liegt wohl an der Hitze hier im Schwitzkasten und an meiner fortschreitenden Verblödelung.

Bis denne dann, André
 

gladiator

Mitglied
Tod dem Denglisch

Sag statt "Cool" einfach kühl :D Wenn Du Dich daran gewöhnt hast, ist es tausend mal fescher als das dämliche "cool". Ich finde, wenn es mit einem leicht maliziösen Lächeln und hochgezogener Augenbraue sagt, das "kühl", dann ist es richtig cool (ups...) :D

Gruß
Gladiator
 

Chrissie

Mitglied
cool

Das ist doch absolut nicht mehr die Sprache unserer Kinder.
Die sagen "krass", "fett" und, immer wieder gern genommen, das gute alte "geil". Also von meiner Tochter und ihrer Bagage (alle zwischen 14 und 19) höre ich nie das Wort "cool". Sogar der Hiphopper Coolio, trotz seiner Fernsehserie, wird nun schon boykottiert, so unco... ups, so out... doppelups, so daneben (seufz) ist dieser Begriff heutzutage.

Warnung: Wer mich ernst nimmt, der ist selbst verantworlich für evtl. bleibende Schäden und kann mich dafür nicht regresspflichtig machen.

*feix*
Chrissie
 



 
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