Feierabend

3,80 Stern(e) 5 Bewertungen

Paloma

Mitglied
Das Stakkato ihrer Absätze hämmert die Straße entlang. Ines hastet durch den Regen, der den Asphalt glänzen lässt. Eine schwarzen Limousine schlingert mit quietschenden Reifen knapp an ihr vorbei, als sie bei Rot die Kreuzung überquert. Sie nimmt einen Seitenweg. Immer wieder schaut sie sich gehetzt um. Offenbar hat sie ihren Verfolger abgehängt. Ausgerechnet Fred musste heute Abend auftauchen. Sie hofft inständig, dass er sie nicht erkannt hat und rennt über den Hinterhof. Mit flatternden Händen schließt sie die Haustür auf, zieht die Schuhe aus und läuft barfuß bis in die vierte Etage. Erst als sie die Eingangstüre zu ihrer Wohnung hinter sich verschlossen hat, atmet sie durch. Endlich, denkt sie, endlich in Sicherheit.

Sie wirft die nassen Pumps in die Ecke und drückt behutsam den Griff der Zimmertür hinunter. Nur mühsam gelingt es ihr, nicht mehr zu keuchen und ihr Atmen findet in seinen normalen Rhythmus. Ein Schlummerlicht taucht das Zimmer in warme Gemütlichkeit. Ines beugt sich über das Bettchen mit dem rosa Baldachin und zieht die Decke über den kleinen Körper, legt den Teddy in den schlaffen Arm. Dann küsst sie das Kind auf die Stirn, wünscht ihm, dass das Sandmännchen schöne Träume bringt. Im Halbschlaf schlingen sich die Arme des Mädchens um ihren Hals und Ines atmet Liebe. Als die Kleine loslässt, zieht Ines sich zurück. Sie öffnet den Reißverschluss des kurzen Rocks und lässt ihn zu Boden gleiten. Das glänzende, knappe Oberteil mit dem großen Ausschnitt zieht sie über den Kopf und legt es auf den Sessel. Vor dem Spiegel im Bad reinigt sie ihr Gesicht vom grellen Make up, das ihr als Seelenversteck dient. Nachdem sie lange heiß geduscht hat, tritt sie noch einmal an das Kinderbett und leise sagt sie: „Sieht du, es ist alles gut gegangen. Fred hat mich sicher nicht erkannt. Er wird unser kleines Geheimnis nicht verraten. Und morgen besuchen wir Papa und pflanzen ihm ein Rosenstöckchen.“
 
E

eisblume

Gast
Liebe Paloma,

ich mag Texte, die eine in sich geschlossene Geschichte erzählen, hinter der dann aber eine ganz andere Geschichte zum Vorschein kommt. So etwas umzusetzen, empfinde ich immer als recht schwierig, meine aber, dass es dir hier sehr gut gelungen ist.

Ich hatte nur hier einen kleinen Stolperer:
Sie wirft die nassen Pumps in die Ecke und drückt behutsam den Griff der Zimmertür hinunter.
Freilich erschließt sich, dass es sich um die Kinderzimmertür handelt, nur in dem Moment kann ich mit der Zimmertür an sich nichts anfangen, da fehlt (mir) jetzt eine kleine Orientierung.

Sehr gern gelesen, lieben Gruß
eisblume
 

Paloma

Mitglied
Liebe Eisblume,

vielen Dank für dein Lob. Ich freue mich, dass dir die Geschichte gefällt.
Bei der Tür handelt es sich nicht unbedingt um eine Kinderzimmertür – das möchte ich gerne offenlassen. Ich weiß nicht so genau, wie alleinerziehende Mütter, die nächtens anschaffen gehen, privat leben. Könnte mir aber vorstellen, dass es nicht allzu großzügig ist. Vielleicht haben die beiden nur ein Zimmer, in dem sie gemeinsam leben.

Liebe Grüße
Paloma
 

Paloma

Mitglied
Das Stakkato ihrer Absätze hämmert die Straße entlang. Ines hastet durch den Regen, der den Asphalt glänzen lässt. Eine schwarze Limousine schlingert mit quietschenden Reifen knapp an ihr vorbei, als sie bei Rot die Kreuzung überquert. Sie nimmt einen Seitenweg. Immer wieder schaut sie sich gehetzt um. Offenbar hat sie ihren Verfolger abgehängt. Ausgerechnet Fred musste heute Abend auftauchen. Sie hofft inständig, dass er sie nicht erkannt hat und rennt über den Hinterhof. Mit flatternden Händen schließt sie die Haustür auf, zieht die Schuhe aus und läuft barfuß bis in die vierte Etage. Erst als sie die Eingangstüre zu ihrer Wohnung hinter sich verschlossen hat, atmet sie durch. Endlich, denkt sie, endlich in Sicherheit.

Sie wirft die nassen Pumps in die Ecke und drückt behutsam den Griff der Zimmertür hinunter. Nur mühsam gelingt es ihr, nicht mehr zu keuchen und ihr Atmen findet in seinen normalen Rhythmus. Ein Schlummerlicht taucht das Zimmer in warme Gemütlichkeit. Ines beugt sich über das Bettchen mit dem rosa Baldachin und zieht die Decke über den kleinen Körper, legt den Teddy in den schlaffen Arm. Dann küsst sie das Kind auf die Stirn, wünscht ihm, dass das Sandmännchen schöne Träume bringt. Im Halbschlaf schlingen sich die Arme des Mädchens um ihren Hals und Ines atmet Liebe. Als die Kleine loslässt, zieht Ines sich zurück. Sie öffnet den Reißverschluss des kurzen Rocks und lässt ihn zu Boden gleiten. Das glänzende, knappe Oberteil mit dem großen Ausschnitt zieht sie über den Kopf und legt es auf den Sessel. Vor dem Spiegel im Bad reinigt sie ihr Gesicht vom grellen Make up, das ihr als Seelenversteck dient. Nachdem sie lange heiß geduscht hat, tritt sie noch einmal an das Kinderbett und leise sagt sie: „Siehst du, es ist alles gut gegangen. Fred hat mich sicher nicht erkannt. Er wird unser kleines Geheimnis nicht verraten. Und morgen besuchen wir Papa und pflanzen ihm ein Rosenstöckchen.“
 
G

Gelöschtes Mitglied 8846

Gast
Hallo,

ich mag den Text eigentlich erst nach dem zweiten Absatz, von dem ersten würde ich nur folgendes übrig lassen:

Das Stakkato ihrer Absätze hämmert die Straße entlang. Ines hastet durch den Regen, der den Asphalt glänzen lässt.
Sie nimmt einen Seitenweg und rennt dann über den Hinterhof.
Erst als sie die Eingangstüre zu ihrer Wohnung hinter sich verschlossen hat, atmet sie durch.

Beim zweiten Absatz würde ich noch folgendes ändern:
„Siehst du, es ist wieder alles gut gegangen. Fred hat mich sicher nicht erkannt. Er wird unser kleines Geheimnis nicht verraten. Fred und das Geheimnis streichen.

Für mich braucht dieser kleine Text den Fred nicht, zu mal der Leser ja auch nicht wirklich erfährt, wer Fred ist und in welcher Beziehung er zu der Protagonistin steht.

Durch die Veränderung des ersten Absatzes wird später deutlich, dass die Mutter das Kind über Nacht alleine lässt, um sich den Unterhalt für das Kind und sich zu "erarbeiten".
Durch das einfügen von "wieder" wird deutlich, dass sie ihrer Tätigkeit häufiger nachgeht.

LG Franka
 

Paloma

Mitglied
Feierabend

Das Stakkato ihrer Absätze hämmert die Straße entlang. Ines hastet durch den Regen, der den Asphalt glänzen lässt. Sie nimmt einen Seitenweg und rennt über einen Hinterhof. Erst als sie die Eingangstüre zu ihrer Wohnung hinter sich verschlossen hat, atmet sie durch.

Sie wirft die nassen Pumps in die Ecke und drückt behutsam den Griff der Zimmertür hinunter. Nur mühsam gelingt es ihr, nicht mehr zu keuchen und ihr Atmen findet in seinen normalen Rhythmus. Ein Schlummerlicht taucht das Zimmer in warme Gemütlichkeit. Ines beugt sich über das Bettchen mit dem rosa Baldachin und zieht die Decke über den kleinen Körper, legt den Teddy in den schlaffen Arm. Dann küsst sie das Kind auf die Stirn, wünscht ihm, dass das Sandmännchen schöne Träume bringt. Im Halbschlaf schlingen sich die Arme des Mädchens um ihren Hals und Ines atmet Liebe. Als die Kleine loslässt, zieht Ines sich zurück. Sie öffnet den Reißverschluss des kurzen Rocks und lässt ihn zu Boden gleiten. Das glänzende, knappe Oberteil mit dem großen Ausschnitt zieht sie über den Kopf und legt es auf den Sessel. Vor dem Spiegel im Bad reinigt sie ihr Gesicht vom grellen Make-up, das ihr als Seelenversteck dient. Nachdem sie lange heiß geduscht hat, tritt sie noch einmal an das Kinderbett und leise sagt sie: „Sieht du, es ist wieder alles gut gegangen. Und morgen besuchen wir Papa und pflanzen ihm ein Rosenstöckchen.“
 

Paloma

Mitglied
Danke

Hallo Franka,

recht herzlichen Dank für deine Hilfe. Nach den von dir vorgeschlagenen Änderungen gefällt mir der Text viel besser. Ich bin jedes Mal erstaunt, wie viel man immer noch streichen kann - und der Text dennoch gewinnt, statt verliert.

Liebe Grüße
Paloma
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo paloma,
nur eine frage, die mich mir häufig bei hier eingestellten prosatexten stelle.
gibt es einen grund warum du als erzählzeit das präsens benutzt?

Ist es nicht so, das die allermeisten texte in der einfachen vergangenheitsform geschrieben werden?

vieleicht hat s ja einen grund!

zum text:
eine anrührende geschichte, die nicht meine ist.(thematisch)
aber, durch deine textarbeit zum einen und durch die durchaus
gekonnte in szenesetzung und seinen plot, bleibt sie lesensswert.
sieben Punkte

ralf
 
G

Gelöschtes Mitglied 8846

Gast
Hallo Paloma,

schön, dass ich helfen konnte.

LG Franka,
die den Text gerne mit einer "8" bewertet hat.
 

Fleur de Sol

Mitglied
Liebe Paloma,
die Geschichte gefällt mir. Für mich braucht es allerdings: "Papa und das Rosenstöckchen" nicht, da es mir die Phantasie nimmt sich auszumalen, was Ines dazu bringt das zu tun, was sie tut, weil sie es tun muss oder will.

LG Fleur
 

Paloma

Mitglied
Hallo Ralf,

warum im Präsens? Einerseits probiere ich gerne verschiedene Zeiten aus – andererseits finde ich, dass das Präsens gerade in der Kurzprosa viel mehr Nähe schafft. Ich meine auch, Präsens liegt derzeit im Trend – zumindest habe ich in letzter Zeit mehr in dieser Form gelesen.

Fein, dass dir das kleine Textchen, obwohl es nicht deines ist, gefallen hat.

Liebe Grüße
Paloma
 

Paloma

Mitglied
Hallo Fleur,

könnte sein, dass die kleine Geschichte auch ohne Papa und Rosenstöckchen auskommt. Aber mir würde dann zum Schluss was fehlen.

Ich freue mich, dass dir das Textchen gefällt.

Liebe Grüße
Paloma
 
G

Gelöschtes Mitglied 8846

Gast
Hallo Paloma,

mir würde zum Schluss auch etwas fehlen. Schön, dass du die Blumen lässt. So kann ich die Geschichte noch besser weiterdenken.

LG Franka
 
E

eisblume

Gast
Hallo Paloma,

weil ich es grad sehe - ich bin auch dafür, dass die Rosen und der Papa erhalten bleiben. Ich meine, dass das der Fantasie keinen Abbruch tut, da bleibt noch genug übrig, was ich mir als Leser zusammenreimen kann.

Lieben Gruß
eisblume
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Spielt diese Geschichte in einem Land, in dem alleinerziehende Mütter keine Unterstützung erhalten? Wer lässt ein kleines Kind nächte- und stundenlang unbeaufsichtigt?
Wenn diese Fragen geklärt sind, gefällt mir die Geschichte gut. Gut geschrieben auf jeden Fall!
LG Doc
 

Paloma

Mitglied
Diese Frage, liebe(r) Doc,

darfst du ganz allein für dich klären und es gibt ganz sicher zig Antworten darauf.

Liebe Grüße
Paloma
 



 
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