Ferdinands Experiment

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ferdinand dreht fest die letzte Schraube
und er lötet fest den letzten Draht,
und er schaltet ein den Apparat,
und er sagt: Du, Apparat, erlaube

dich zu prüfen, wenn du's nicht verübelst,
sag mir, ist dein Denken simuliert?
Rechnest du mechanisch wie geschmiert,
oder so, dass du erst einmal grübelst?

Sage mir, kannst du dich selbst erkennen?
Weißt du, wer du bist? Sag: bist du weise?
Rollst du über vorgeschriebne Gleise
oder folgst du feineren Antennen?

Ferdinand verschüttet den Kaffee,
und der Kasten ruft: Das tut doch weh!

---

(ursprünglich 11. Zeile:
"Ziehst entlang du vorgeschriebne Gleise"
geändert nach Hinweis auf Miss Verständlichkeit durch Haget)
 

Haget

Mitglied
MoinMoin Bernd,
Dein sauber gereimtes Gedicht gefällt mir - auch von der Idee her.
Was würde ich anders machen?
a) Unter den dicken grünen Balken den Titel schreiben
b) Die ER in der ersten Strophe nur als Stilmittel verwenden, wenn in allen Strophen durchzuhalten.
c) Zeile 11 überdenken ("Nutzt nur du...")

...aber es gefällt mir ja auch so.
(Aber dieser Gedicht unter "Experimentelles" ist reine "Schlitzohrigkeit"!)
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Schlitzohrigkeit

Es ist selbstbezüglich ...

...

Den Titel fügte ich ein, das andere lasse ich erst mal, wie es ist.

"Nutzt nur du " ... geht nicht, völlige Sinnverkehrung in philosophischer Hinsicht. (Es hat dann keinen Bezug zum Fatalismus mehr.)

Danke für die Hinweise.

Eine Frage an die Leser: Kommt heraus, dass es sich um einen Turing-Test handelt? ... Und zugleich mehr ist?
(Vergleiche auch das Chinesische Zimmer.)
 

Haget

Mitglied
Hallo Bernd,
ohne Ironie: Deine Überschrift ist so "dünn", weil Du sie korrekt ins Fach "Titel" geschrieben hast. Lieber direkt (mit Zeilenabstand natürlich) über das Gedicht.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Sie soll so sein.
Das ist in diesem Fall aus typografischen Erwägungen beabsichtigt.

Grüße von Bernd

PS: Was meinst Du in dem Fall mit Ironie?
Meine Fragen sind übrigens auch ganz ernst gemeint. Insbesondere die mit dem Chinesischen Zimmer.
 

Haget

Mitglied
Bernd,
Du gehst so viel mit Wörtern und Nichtwörtern um, darum mein Hinweis auf "keine Ironie", denn "dünner Titel" ist ja leicht mehrdeutig zu verstehen. Ich meinte nur die kleine Schrift!
Und zur Zeile >>Ziehst entlang du vorgeschriebne Gleise <<
habe ich "im Bauch" folgende Bedenken (Grammatik!):
Ich ziehe Gleise ABER ich folge vorgeschriebnen Gleisen.

Aber auch ich stelle gelegentlich den Duden hintenan. So würde ich z. B. (um oft zu hörende Betonung auf der ersten Silbe zu unterdrücken) schreiben: Kaffée (wie Café)

Aber: Was ein Turing-Test (vielleicht Tuning?) ist, weiß ich nicht und finde auch in Deinem "Haus" kein "Chinesisches Zimmer".
Ich bezog Dein Gedicht auf einen PC.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Nur kurz:
Durch die kleinere Schrift ist die Überschrift sowohl hervorgehoben, markiert, als auch zurückgenommen.

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Zu Turing und Searl

Turing hat einen Test erfunden, mit dem man erkennen können soll, ob ein Computer intelligent ist.

Dazu werden Fragen gestellt. Diese werden von einem Menschen und von einem Computer beantwortet.
(Natürlich sind die in einem anderen Zimmer, sodass man sie beim Lesen der Antworten nicht sehen kann.)

Turings Hypothese war, wenn man die Antworten nicht unterscheiden könne, sei der Computer intelligent, denn vom Menschen weiß man das.

Turing erfand auch die sogenannte Turing-Maschine, einen Rechner, der äußerst einfach aufgebaut ist. Trotzdem kann er (theoretisch) alles, was ein Digitalrechner überhaupt können kann.

Turing hatte ich -- wohl doch irrtümlicherweise -- als bekannt vorausgesetzt, weil wir ihn in der Schule behandelt haben. Das war aber noch in der DDR. --- Der Turingtest ist eine der bedeutsamsten Hypothesen in der Theorie der Künstlichen Intelligenz.
---

Beim chinesischen Zimmer (das hat Searl aufgestellt) geht es ebenfalls darum festzustellen, ob es sich um Intelligenz handelt.
Dabei sitzt ein Engländer in einem Raum. Draußen schieben ihm Chinesen Fragen durch einen Briefkastenschlitz in den Raum. Der Engländer kann nicht chinesisch. Aber er hat ein Handbuch, und da steht drin, was er machen muß. Er vergleicht die Zeichen auf dem Blatt mit den Anweisungen und führt sie aus. Dann schiebt er das Blatt mit den Ergebnissen durch den Schlitz nach außen. Darauf stehen die entsprechenden Antworten.
Daraus schließen die Chinesen, dass der Raum bzw. die Wesenheit im Raum intelligent sei.
In Wahrheit hätte das auch ein Computer gekonnt, und der Engländer hat keinerlei Ahnung vom Inhalt. Daraus zu schließen, der Computer sei intelligent, ist absurd.

--- Kein Beweis.

Es ist der Beweis, dass der Turingtest die Intelligenz nicht beweisen kann.


Deutsch:
http://www.abi01.de/abitopia/referate/Kintelligenz.htm

Viele Grüße von Bernd, dem Hutschi
 

Haget

Mitglied
Turing und Co

Danke Bernd,
aber zu meiner Schulzeit waren Telefon und Auto fast noch Wunderwerke. Die Begriffe Fernsehen und künstliche Intelligenz sind nicht gefallen.
Von den Tests allerdings hatte ich gelesen, mir die Namen dazu jedoch nicht gemerkt.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Bei mir war das um 1970, auch schon lange her, nichts von PC, Handy und Co., dafür viel SF (nicht in der Schule).
Hobbymäßig Hegel und Sokrates und Kopernikus ...

Was hältst Du von der Umsetzung der Tests im Gedicht, Hans-Georg? Ist noch was zu erkennen, auch wenn man die Tests nicht kennt?

Ich kenne sie sehr gut und habe die Befürchtung, dadurch werde das Gedicht "zu hoch".

Grüße von Bernd
 

Haget

Mitglied
Vorweg,
Deine neue Zeile ist für mich besser. (Denke mal nach über NUR statt DU, würde die Situation mehr rausstreichen, oder?)

Also für mich war/ist Dein Gedicht und was es aussagen will/soll ganz klar.
Aber es wäre natürlich dabei wie auch bei Antworten oft viel einfacher, würde man sein "Gegenüber" etwas besser kennen. Man weiß dann schneller und richtiger, was oft zwischen den Zeilen und Wörtern gemeint ist.
Aber die Leser HIER kennen alle Automaten/PCs - wenn an Gedichten interessierte viel ältere Leute es im Buch lesen, mag es schwer verständlich sein.
Dein Gedicht ist gut und beileibe (als solches!) kein Experiment mehr!
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ja. Als über diese Sachen nachgedacht wurde, gab es Computer auch nur als Ideen. Turing entwarf seinen Computer 1936 (ungefähr) --- auf Papier.

Eigentlich sind es philosophische Fragen.
Gut, etwas verpackt.

---

Zur Frage: Experimentelles:

Nach der Definition des Forums geht es hier nicht um Unfertiges, sondern das Forum wurde geschaffen, um Platz für neue Ideen und Formen zu haben, oder für solche, die anders sind.

Es ist weder Poesie, noch Ironie, "Sonstiges" gibt es nur in Prosa.


In meinem Verständnis ist das Gedicht in seiner spaßigen Errnsthaftigkeit Teil von Dada.

Und so.

Viele Grüße von Bernd

PS: der erste prinzipiell funktionsfähige programmierbare Computer von Babbage im 19. Jahrhundert war von Webstühlen abgeleitet ... Funktionsfähig gebaut wurde er erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts.
 

Haget

Mitglied
PROSA
Nach diversen "Warnungen" an den Lupe-Hintergrund landen schon seit Wochen jede Menge Gedichte unter Humor, Herzschmerz, Frühling und Sonstiges - obwohl PROSA.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Prosa

Ich habe damit keine Probleme, zumal Satire erst spät unter Prosa gestellt wurde.

Grüße von Bernd
 



 
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