Fliegen

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Flieg!
Lauf ihm nicht nach, dem Tod
Orte gibt es, du weißt schon
Wo man ihm näher kommt
Gletscher umgeben dich
Wald und Wiese und Stein
Epitaph, von Moos übergossen
Wand’rer weihen Blumen
Schmieg dein Ohr ans Grab
pochende Erde verspricht
zahllose Himmel blass
Ohne Vögel und Licht
Innen wie außen und immer
Nasenlängen voraus
Platt ans Fenster gedrückt
Undicht von tausend Lecks
Was wenn der Tod tatsächlich
Einhundertachtzig kost’ und
Keine Beerdigung mehr
Dir den Segen verspricht
nichts ist dir lieber als jetzt
im freien Fall von oben
aus einem Flugzeug zu springen
Lauf ihm nicht nach, dem Tod

Flieg!
Flieg!
 

Walther

Mitglied
Hi Daphne,

dieses Werk läßt mich völlig verständnislos zurück, weil die Übergänge zwischen den Gedankenschnipseln einfach nicht recht stimmig sein wollen.

Beispiel:
"Gletscher umgeben dich"
Was macht der Gletscher in diesem Zusammenhang? Ist ünnötig, kann gestrichen werden.

Beispiel:
"Platt ans Fenster gedrückt
Undicht von tausend Lecks"
In dem vorhandenen Zusammenhang ohne jeden Aussagewert. Ebenfalls streichen.

Beispiel:
"Lauf ihm nicht nach, dem Tod"
Was sollen wir nun tun, nachlaufen oder frei fallen? Streichen.

Soweit meine Vorschläge.

Bester Gruß W.
 
Hi Walther,

Danke für deine Ratschläge. Hier ist, was ich mir dabei gedacht habe. Vielleicht hilft es dir:
Gletscher, die plattgedrückten Nasen und die Lecks wecken bei mir Assoziationen von innerer Kälte (Gletscher), vergeblichem Sehnen (plattgedrückte Nasen) und Brüchigkeit, Mühe, felhlendem Oberwasser (Leck) wecken. Dazu sind diese Zeilen da. Frech, dass sie ohne Zusammenhang daherkommen. Aber so sind sie nun mal. Sie laden dich ein: Mach dir ein paar Bilder davon in deinem Geist.
"Lauf ihm nicht nach dem Tod" rahmt das Gedicht ein. Zu Beginn heißt es, man kann dem Tod auch anderswo begegnen, im Wald bei den Gräbern, das Ohr an der Erde, die Nase am Fenster plattgedrückt von unerfüllten Wünschen oder vergeblich mit dem Stopfen von Lecks beschäftigt. All die Vergeblichkeit eben. Zum Ende des Gedichts wird ein Gegenvorschlag gemacht: Lauf ihm nicht nach, dem Tod (in all der Vergeblichkeit unserer Lebensbemühungen) - spring im freien Fall aus einem Flugzeug.
Und auch das ist wieder nur eine Assoziations-Aufforderung: Sie heißt: Genieß den freien Fall - hab keine Angst vor dem Leben.
mit freundlichen Grüßen,
Daphne Elfenbein
 



 
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