Fliegen

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Steven Omen

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\"Ich spring jetzt. Ist schon spät heute\", sagte ich zu meinen Kollegen und verließ das Büro. Es war wieder ein arbeitsreicher Tag gewesen und ich freute mich auf den Feierabend. Ein Sturm tobte schon den ganzen Tag. Blätter, Äste und Papierschnipsel wirbelten durch die Luft. Ich näherte mich einer Baustelle. Mein Gott, wie lange würde das mit der Renovierung dieses Hauses noch gehen?, fragte ich mich, als ich das Baugerüst unterquerte. Da passierte es. Der Ziegelstein, der für mich bestimmt war, war bereits unterwegs. Er traf mich auf eine Art und Weise, die keine Fragen offen ließ. Ein Schweben setzte ein. He, dachte ich, was ist denn das? Bin das ich, da unten? Ja, tatsächlich, ich konnte von oben auf mich hinuntersehen wie ich da lag und der Ziegelstein neben mir.
Ich stieg immer höher und konnte bald die Straßenzüge erkennen. Es machte mir immer mehr Spaß, zu fliegen. Auf einer Wolke saß Aloisius. Er grüßte mich griesgrämig, während er „Halluluja, Himmi Hergott, Erdäppfi, Saggerament, luuuja“, frohlockte . Bald erkannte ich Kontinente und schließlich die ganze Erde. Sie sah aus wie eine weiß-blaue Murmel. Ich klopfte ans Fenster der internationalen Raumstation. Ein Astronaut sah heraus. Er zeigte mir einen Vogel. Dann schaute ich durchs Hubble-Teleskop, um mich zu orientieren. Der Mond lockte mich. Ich flog hin und schrieb in den Mondstaub „Ich war hier“. Auf der Mondbasis Alpha 1 unterhielt ich mich mit Commander John Koenig über Dimensionssprünge. Danach klaute ich die amerikanische Flagge und nahm sie mit auf den Mars. Dann flog ich zur Sonne. Verdammt, ich hatte das Sonnenöl zu Hause gelassen. Doch bald wurde es kälter. Beim Vorbeiflug grüßte ich Fred vom Jupiter. Ich beschleunigte und zog links blinkend am Raumschiff Enterprise vorbei, mir das lange Gesicht des Captain Kirk vorstellend und das von Herrn Spock, mit dem mich eine innige Abneigung verband. Mein Flug dauerte lange. Vor Langeweile zählte ich bis zur Unendlichkeit – Zwei Mal. Dann überlegte ich so lange, bis mir die letzte Ziffer von Pi einfiel. Zum Glück begleitete mich eine Zeit lang Barbarella. Auf Krypton holte ich mir neue Kräfte. Kurz vor dem Kampfstern Galactica bog ich rechts ab, vorbei am Planeten Melmac, hielt mich dann links, passierte E.T.`s Heimatplaneten, durchquerte einen Asteroidengürtel, aus dem mich glücklicherweise Perry Rhodan wieder herauslotste und traf Mork auf Ork. Auf Elektron übernachtete ich in Trigans Palast. Flash Gordon hatte leider keine Zeit für mich, da er gemeinsam mit Buck Rogers ein Techtelmechtel mit Imperator Ming hatte. Aliens Heimatplaneten umflog ich vorsichtshalber weitläufig. Die Raumpatrouille Orion brachte mich wieder auf den richtigen Weg. Nebenbei rettete ich Prinzessin Leia aus Darth Vaders Fängen und übergab sie dem glücklichen Luke Skywalker. Auf dem Planet der Affen taten mir die Menschen schon ein wenig leid. Wieder auf Kurs, konnte ich nur mit Mühe dem Computer HAL ausweichen, der mal wieder sein Raumschiff per Countdown zerstören wollte. Auf dem niedlichen Planeten des kleinen Prinzen ruhte ich mich aus und diskutiert mit ihm die Frage, ob man vor einem Hut Angst haben soll. Schließlich sah ich einen wunderbaren Planeten. Er war faszinierend. Ich landete und traf auf einen glücklichen in weiß gewandeten Menschen. „Wo bin ich hier?“, fragte ich ihn. „Dieser Ort hat keinen Namen. Wir nennen ihn aber Paradies.“
„\"\'Bin ich tot? Bist du der Petrus?\' Der Mann mußte Petrus sein. Das konnte gar nicht anders sein bei diesem Bart und dem Schlüsselbund. „Ja, so ist es.“ „Ist es hier, wo ich meine Jungfrauen bekomme?“ \'Nein\', sagte Petrus, \'Jungfrauen nur für Muslime. Und auch nur, wenn sie ihre Gebete brav aufgesagt haben. „Und was macht man so hier den ganzen Tag?“ „Du kannst tun und lassen was du willst.“ „Und wenn ich Böses tun will?“ „Dafür haben wir auch eine Abteilung, die ist aber ein paar Etagen tiefer und da ist es deutlich wärmer.“ Ich verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und überlegte. „Hm, was wollte ich schon immer mal tun? Ich habs! Ich wollte schon immer ein berühmter Schriftsteller werden und einen herzzerreißenden Liebesroman schreiben.
So kehrte ich auf die Erde zurück, mietete mir in Paris im Quartier Latin ein Penthouse und machte eine Collage aus „Casablanca“, „Der Meister und Margerita“ sowie „Vom Winde verweht“. Ich aktualisierte das Personal, erstellte ein hübsches Cluster und schrieb das Manuskript innerhalb ein paar Wochen druckfertig. Dieses sandte ich dem Verlag der auch Harry Potter herausbrachte zu. Nach kurzer Zeit kam der positive Bescheid. Mein Liebesroman mit dem Titel „Der Wind aus Casablanca weht heiß“ wurde innerhalb kurzer Zeit ein Weltbestseller und verkaufte sich in 188 Länder. Nach unzähligen Lesungen in ausverkauften Hallen, TV-Auftritten, Filmverfilmungen aller 12 noch erfolgreicheren Nachfolgebände und schlussendlich dem Literaturnobelpreis, wurde mir die Sache langweilig und ich setzte meinem Literatenleben durch einen spektakulären Sturz vom Eiffelturm ein Ende.
Nun packte mich der wissenschaftliche Ehrgeiz. Ich schrieb mich an der University of Massachusetts ein, Amherst, Astrophysik. Nach ein paar Jahren war ich Professor. So bekam ich Zugang zum Hubble-Teleskop und verbesserte durch meine bahnbrechenden Ideen die Leistung des Teleskops um den Faktor 103. Ich entdeckte unbekannte Galaxien und Weltraumphänomene. Dazu zählten „Die heliotischen Bollwerke“, „Die Negashäre“ und „Die große Leere“. Nebenbei vereinigte ich die allgemeine Relativitätstheorie mit der Quantengravitation und wies mit einer kinderleichten Formel nach, dass das Universum ein Ellipsoid ist. Bis auf die Hundertstel berechnete ich die Zeit vom Urknall bis Jetzt. Nach dem wohlverdienten Nobelpreis wurde mir auch diese Disziplin langweilig.
Ich bekam eine Sinnkrise. Da kam mir die Erleuchtung! Warum nicht eine Religion gründen? Gesagt, getan. In Indien sammelte ich meine 12 Jünger durch billige Taschenspielertricks, wobei ich auch Frauen aufnahm. Warum es immer 12 sein müssen, wusste ich auch nicht. Ist eben so. Ich mischte alle Weltreligionen durcheinander, fügte als Funfaktor noch ein wenig Baghwan hinzu und fertig war meine neue Religion. Meine Jünger hingen mir an den Lippen, als ich Ihnen meine heiligen Gebote predigte, z.B. „Du sollst zwei Stunden Mittagsschlaf halten“ oder „Du sollst morgens mit dem linken Fuß aufstehen und abends mit dem rechten Fuß zu Bett gehen“. Stundenlang diskutierten wir, ob wir die „Volksfront von Dehli“ oder „Dehliansiche Volksfront“ heißen sollten und naschten nebenbei Otternasen. Unglücklicherweise wurde ich recht schnell wegen Terrorismusverdacht verhaftet und nach kurzem Prozess gehängt. Sie haben mich eben nicht erkannt, die Ungläubigen. Seit diesem Tag brachten die Jünger in ewiger Erinnerung auf ihren Gotteshäusern einen Galgen an. Rasch verbreitete sich die Galgenreligion auf der ganzen Welt und ich kehrte erschöpft ins Paradies zurück. Petrus erwarte mich am Eingang. „Und was machst du jetzt?“ „Jetzt, Petrus“, antwortete ich geläutert, „möchte ich nur noch jeden Tag Leselupe.de lesen, denn das ist der Himmel der Himmel.“
 

Herbstblatt

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Hallo Steven,

das waren ja gerade mal drei Leben, die du hier beleuchtest. Aber die habens in sich ;o)

Bin gespannt auf weitere Werke von dir!

LG vom Herbstblatt
 

Steven Omen

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"Ich spring jetzt. Ist schon spät heute", sagte ich zu meinen Kollegen und verließ das Büro. Es war wieder ein arbeitsreicher Tag gewesen und ich freute mich auf den Feierabend. Kurz vor dem Bahnhof lief ich unter ein Baugerüst, das auf der Straße stand. Da passierte es. Mir fiel ein Ziegelstein auf dem Kopf. Zuerst fühlte ich nichts. Doch dann überkam mich ein Gefühl, als würde ich schweben. Von oben konnte ich genau sehen, wie ich auf der Straße neben dem Ziegelstein lag.

Ich stieg immer höher und konnte bald die Straßenzüge erkennen. Es machte mir immer mehr Spaß, zu fliegen. Auf einer Wolke sah ich Aloisius sitzen. Er grüßte mich griesgrämig, während er „Halleluja, Himmi Herrgott, Erdäppfi, Saggerament, luuuja“, frohlockte. Bald erkannte ich ganze Kontinente und schließlich die ganze Erde, die wie eine blauweiße Murmel aussah. Ich klopfte ans Fenster der Raumstation ISS und erschreckte einen Astronauten. Dann schaute ich durchs Hubble-Teleskop, um mich zu orientieren. Der Mond lockte mich. Ich flog hin und schrieb in den Mondstaub: „Ich war hier“. Auf der Mondbasis Alpha 1 unterhielt ich mich mit Commander John Koenig über Dimensionssprünge. Danach klaute ich die amerikanische Flagge und verfrachtete sie auf dem Mars. Als ich mich der Sonne näherte, bedauerte ich, kein Sonnenöl dabei zu haben. Doch bald wurde es kälter. Fred vom Jupiter grüßte ich im Vorbeiflug. Ich beschleunigte und überholte das Raumschiff Enterprise. Captain Kirk machte ein ziemlich langes Gesicht. Ich hatte keine Uhr dabei, also entschied ich wie spät es war. Mein Flug dauerte lange. Vor Langeweile zählte ich bis zur Unendlichkeit. – Zwei Mal.

Dann überlegte ich so lange, bis mir die letzte Zahl von Pi einfiel. Zum Glück begleitete mich Barbarella eine Zeit lang. Auf Krypton holte ich mir neue Kräfte. Kurz vor dem Kampfstern Galactica bog ich rechts ab. Vorbei am Planeten Melmac, hielt ich mich dann links, passierte E.T.`s Heimatplaneten, durchquerte einen Asteroidengürtel, aus dem mich glücklicherweise Perry Rhodan wieder herauslotste. Dann traf ich Mork auf Ork. Flash Gordon hatte leider keine Zeit für mich, da er gemeinsam mit Buck Rogers, ein Techtelmechtel mit Imperator Ming hatte. Aliens Heimatplaneten umflog ich vorsichtshalber weitläufig. Die Raumpatrouille Orion brachte mich wieder auf den richtigen Weg. Nebenbei rettete ich Prinzessin Leia aus Darth Vaders Fängen und übergab sie dem erleichterten Luke Skywalker. Auf dem Planet der Affen taten mir die Menschen schon ein wenig leid Wieder auf Kurs, konnte ich nur mit Mühe dem Computer HAL ausweichen, der mal wieder sein Raumschiff per Countdown zerstören wollte. Auf dem niedlichen Planeten vom kleinen Prinzen ruhte ich mich aus und diskutierte mit ihm die Frage, ob man vor einem Hut Angst haben soll. Schließlich sah ich einen wunderbaren Planeten. Er war ähnlich wie die Erde, nur noch unberührt. Ich landete und traf auf einen glücklichen in Weiß gewandeten Menschen. „Wo bin ich hier?“, fragte ich ihn. „Dieser Ort hat keinen Namen. Wir nennen ihn aber Paradies.“

„Bin ich etwa tot und du bist Petrus?“, fragte ich den weißen Mann. „Ja, so ist es.“ „Aha, dann erwarten mich 99 Jungfrauen, nicht wahr?“ „Nein, dies ist das christliche Paradies, 99 Jungfrauen gibt es im muslimischen Paradies gleich nebenan.“ „Und was macht man hier den ganzen Tag?“ „Du kannst tun und lassen was Du willst.“ „Und wenn ich Böses tun will?“ „Dafür haben wir auch eine Abteilung, die ist aber ein paar Etagen tiefer und da ist es ein wenig wärmer.“ Ich verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und überlegte: „Hm, was wollte ich schon immer einmal tun? Ich habs! Ich wollte schon immer ein berühmter Schriftsteller werden und einen herzzerreißenden Liebesroman schreiben.“

So kehrte ich auf die Erde zurück, mietete mir in Paris im Quartier Latin ein Penthouse und machte eine Collage aus „Casablanca“, „Der Meister und Margerita“ sowie „Vom Winde verweht“. Ich aktualisierte das Personal, erstellte ein hübsches Cluster und schrieb das Manuskript innerhalb einiger Wochen druckfertig. Dieses sandte ich dem Verlag, der auch Harry Potter herausbrachte, zu und nach kurzer Zeit kam der positive Bescheid. Mein Liebesroman mit dem Titel „Der Wind aus Casablanca weht heiß“, wurde innerhalb kurzer Zeit ein Weltbestseller und verkaufte sich in 188 Länder. Nach unzähligen Lesungen in ausverkauften Hallen, TV-Auftritten, Filmverfilmungen aller 12 noch erfolgreicheren Nachfolgebände und schlussendlich nach dem Literaturnobelpreis, wurde mir die Sache langweilig. Ich setzte meinem Literatenleben durch einen spektakulären Sturz vom Eiffelturm ein Ende. Nun packte mich der wissenschaftliche Ehrgeiz. Ich schrieb mich an der University of Massachusetts im Fachbereich Astrophysik ein und wurde innerhalb weniger Jahre Professor der Astrophysik. So bekam ich Zugang zum Hubble-Teleskop und verbesserte durch meine bahnbrechenden Innovationen die Leistung des Teleskops um die Potenz von 3. Ich entdeckte Galaxien, die nicht mal das Raumschiff Enterprise je gesehen hätte. Dazu zählten „Die heliotischen Bollwerke“, „Die Negasphäre“ und „Die große Leere“. Nebenbei vereinigte ich die allgemeine Relativitätstheorie mit der Quantengravitation und wies mit einer kinderleichten Formel nach, dass das Universum ein Ellipsoid ist. Bis auf die Hundertstel berechnete ich die Zeit vom Urknall bis jetzt. Nach dem wohlverdienten Nobelpreis wurde mir auch diese Disziplin langweilig. Ich bekam eine Sinnkrise.

Da kam mir die Erleuchtung! Warum nicht eine Religion gründen? Gesagt, getan. In Indien sammelte ich durch billige Taschenspielertricks meine 12 Jünger, wobei ich diesmal auch Frauen aufnahm. Warum es immer 12 sein müssen, wusste ich auch nicht. War eben so. Ich mischte alle Weltreligionen durcheinander, fügte als Fun-Faktor noch ein wenig Bhagwan hinzu, und fertig war meine neue Religion. Meine Jünger hingen an meinen Lippen, als ich ihnen meine heiligen Gebote, wie z.B. „Du sollst zwei Stunden Mittagsschlaf halten“ oder „Du sollst morgens mit dem linken Fuß aufstehen und abends mit dem rechten Fuß ins Bett gehen“, predigte. Stundenlang diskutierten wir, ob wir die „Volksfront von Delhi“ oder „delhianische Volksfront“ heißen sollten und naschten nebenbei Otternasen. Unglücklicherweise wurde ich recht schnell wegen Terrorismusverdachts verhaftet und nach kurzem Prozess gehängt. Sie haben mich eben nicht erkannt, die Ungläubigen. Seit diesem Tag brachten die Jünger in ewiger Erinnerung an mich auf ihren Gotteshäusern einen Galgen an. Rasch verbreitete sich die Galgenreligion auf der ganzen Welt und ich kehrte erschöpft ins Paradies zurück. Petrus erwartete mich am Eingang. „Und was machst Du jetzt?“ „Jetzt, Petrus“, antwortete ich geläutert, „möchte ich nur noch lesen.“
 



 
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