Fragment - für weibliche Ab-Vierziger ;-)))

Murmel

Mitglied
Gerade sieht sie diesen Film. Eine Freundin sprach einmal davon, und der Titel blieb irgendwie hängen.

Eine Farmersfrau im bescheidenen Glück in einem Leben voller Kleinigkeiten wird vom Blitz getroffen. Dieser Blitz heisst Robert und ist Fotograf. Er taucht plötzlich auf und zeigt es ihr, das Leben vor dem Tod. Dabei trifft es ihn genauso unvermittelt wie sie. Und unmerklich steht die Frage im Raum, ob sie ihre Familie, ihr Heim verlassen und mit ihm gehen will. Sie hat 4 Tage für ihre Entscheidung. Sie ist bereits jenseits der 40, und die Wahrscheinlichkeit, dass ihr so etwas noch einmal passiert, geht gegen Null. Was tut diese Frau? Sie verzichtet auf die Liebe ihres Lebens und wählt die Sicherheit. Nur einmal noch kommen Zweifel auf. Doch dann flüchtet sie in die alltäglichen Kleinigkeiten und ist dankbar dafür. Für das Wäschewaschen, das Kochen, den Alltag, der sie weiter und weiter von ihren Zweifeln und von Robert fortbringt. Als Jahre später ihr Mann stirbt, sucht sie vergeblich Kontakt zu Robert. Er lebt in ihren Träumen, und jedes Jahr zu ihrem Geburtstag besucht sie die gemeinsamen Stätten ihrer Liebe. Es ist ein hoher Preis, den sie zahlt. Vier Tage gegen ein ganzes Leben. Sie träumt davon und hadert mit sich bis zu ihrem Tod. Und kann nur noch ihren Kindern davon schreiben, in ihrem Tagebuch.

Der Film läuft noch, als es ihr bereits das Wasser in die Augen treibt. Da ist sie, diese Ohnmacht und das Bewusstsein, dass es für die entscheidenden Dinge des Lebens bereits zu spät ist. Und dann sieht sie in den Spiegel und die Konturen verschwimmen. Durch ihre Tränen wird den Bildern die Schärfe genommen- auf einmal trägt sie dieses bunte Kleid und auf einmal ist dieser unendliche Schmerz in ihr... Sie atmet den Fluss und hat den feuchten Wind auf der Haut, dieses Prickeln in den Fingerspitzen. Und sie weiß wie die Frau im Film, dass sie nie fortkann, niemals, selbst wenn es ihr genauso passieren würde, so unwahrscheinlich es auch sein mag. Zu viele Wurzeln, zuviel was hält, unsichtbare Bänder stark wie Schiffsseile und kaum zu beschreiben...unmöglich sie zu durchtrennen...

Später wird ihr Mann fragen, na wie war der Film, und sie kann nichts weiter als ein Geräusch machen, weil der Kloß ihr tief im Halse steckt und er wird es nicht bemerken. Und dann wird sie die Wäsche waschen und aufräumen und wird sich besser fühlen und sich einmal mehr verraten. Und irgendwann hat sie ihn vielleicht ganz vergessen, den einen ihrer vielen Tode. Im Leben nach dem Leben.

Im Februar 1999
 
S

Sanne Benz

Gast
hi murmel..
ich kenne diesen film mit clint eastwood und merryl streep (?).."die brücke/n am Fluss"
einer meiner lieblingsfilme..aber traurig..
um dich voll zu verstehen, da frag ich mich grad, ob man da nicht auch den film kennen muss? hm..

guter film..und wenn die frau das gesehen hat und TATSÄCHLICH erkennt, das SIE auch in solch situation steckt..sollte sie das gegenteil von dem tun,was die frau im film tat.

lG
sanne
 
R

Rote Socke

Gast
Ja,

Sanne hat nicht unrecht. Es fehlt mir auch z.B. etwas der Backround zu dem Film.
Doch sprachlich ist die Geschichte gut gefeilt und angenehm zu lesen.
Oder Murmel möchtest Du noch eine andere Art Kritik zum Text oder an einzelnen Zeilen feilen?

Schönen Gruss
Volkmar
 

Murmel

Mitglied
Danke an dich, Sanne und auch an Volkmar,
ihr habt mich erwischt...
ich könnte euch gar nicht genau sagen, WAS DAS SOLL (darum heisst er auch "Fragment"), es sollte eigentlich damals nur ein Ventil für ein besch...eidenes Lebensgefühl sein. Eine Freundin hat sich anschliessend (nachdem sie den Film gesehen hat) von ihrem Mann getrennt...Nachdem ich ihn gesehen hatte, wusste ich warum. Mir ging es nur um den Versuch des Ausdrucks dieser Ohnmacht und Fassungslosigkeit und die buchstäbliche Qual der Wahl. Ich wollte dieses Gefühl festhalten...uns geht doch soviel verloren über die Zeit, wird unscharf, wird ausgebessert und schönerinnert...
Und da bin ich ganz froh, wenn mir diese Gefühle beim Lesen wieder gegenwärtig werden.
Was das Nachvollziehen und Verstehen betrifft ohne den Film gesehen zu haben, habt ihr natürlich Recht- aber ich wollte wie gesagt dahinter nur ein großes Fragezeichen machen (auch für mich), obs denn jemand wissen will, und freue mich, dass ihr beiden doch irgendwie "hängengeblieben" seid!
das war mächtig "kauderwelschig", was...
 
S

Sanne Benz

Gast
hallo murmel,
nö..kauderwelschig war es nicht. :)
vieleicht trifft die situation bei einigen:
der krug geht so lang zum brunnen,bis er bricht.
wenn sie diesen film sieht..dann muss es nicht zwangsläufig so sein,das sie ihre eigene situation (dadurch) ERKENNT..koffer packt und geht.
manche frauen erkennen schneller was abgeht und gehen,andere brauchen jahre.
AUCH wenn sie erkannt haben,was angeht.
weis der teufel woran das liegt..
hoffnung? es könnte DOCH besser werden?
der film war wie gesagt,klasse.
aber eben traurig..verdammte zwickmühle,in der sie war.
gegen das eigene glück..das wohl des mannes..der kinder..
naja,HEUTE würde ich sagen: ich geh,mein eigenes glück ist auch noch da und wichtig..die kinder sind aus dem haus..
wenn der mann krank ist..noch schwerer..denn wer verlässt schon einen kranken mann.

also mich hat dein beitrag nachdenklich gemacht..auch eben,über anderes mal nach zu denken..was weitläufig damit zu tun hat.

lG
sanne
 

Murmel

Mitglied
Hallo Sanne,
ich freue mich, dass wir auch über Inhalte ins Gespräch kommen-
es ist das leidige Thema, und ich vermute auch das Kernstück der "Midlifecrisis" (mein Englisch ist nicht so...), sich diese Fragen zu stellen: Bin ich auf dem richtigen Weg? Würde ich, könnte ich gehen? Kann ich das "große"? Glück festhalten, wenn es mir begegnet? Aber leider besteht der größte Teil unseres Lebens (und da sitzen wir Frauen schon von Haus aus viel zu oft in der Falle) aus Erfüllung von Erwartungshaltungen. Und beim Durchsetzen von eigenen Wünschen, Zielen, Hoffnungen kommt auch gleich das schlechte Gewissen , oft getarnt als Verantwortungsbewusstsein. Letztendlich gibt es ja doch kein Patentrezept- wir sind alle irgendwo platziert und verwoben in einem unendlichen Netzwerk von Beziehungen, Verpflichtungen, Aufgaben, Verboten, Gefühlen, dass wir es sowieso nicht auf eine einfache Formel bringen können, denke ich. Und trotzdem: Du hast recht, wenn du an Dein Leben denkst. Denn Deine Uhr läuft auch, wie meine.
Danke Dir!
 



 
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