Frei

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AchterZwerg

Gast
Lieber Bernd,
dein Gedicht spricht mich sehr an.
Zeigt es doch - in all seiner Kürze - die Fehlkonditionierung eines großen Teils der Menschheit.
Von Kind auf ist uns eingetrichtert worden, dass Identität nur über Arbeit möglich sei. Dass sich der messbare Wert des Einzelnen ausschließlich über das Wachstum des jeweiligen Bruttosozialprodukts bestimmen lässt.
Schon jetzt stößt dieses Wachstum an seine Grenzen. - Gleichwohl führt diese Maxime zur Aussonderung eines Teils der jugendlichen Erwerbstätigen, der Frauen, der älteren Arbeitnehmer.
Fast ebenso schlimm ist, dass sich all diese Betroffenen selber als unnütze, chancenlose Loser etc. begreifen. Und das obwohl sich die Sockelarbeitslosigkeit langfristig nur dramatisch erhöhen kann.
Warum findet eigentlich parallel zu dieser Entwicklung nicht ein Prozess des Umdenkens statt und zwar in jedem einzelnen Kopf? Warum wird das Auffüllen der entstehenden Leere schon im Vorfeld der Freizeitindustrie überlassen? Warum lassen wir uns in diesem Maße manipulieren? Warum sollte ein erfülltes Leben nicht ohne 8-Stundentag - mit weniger Konsum - möglich sein?
[Bitte versteh mich jetzt nicht falsch. Ich weiß natürlich, dass die von dir beschriebene "Freiheit" im Gegenwärtigen auch Armut bedeuten kann.]
Soweit zum Inhalt.

Formal könnte ich mir ein- zwei kleine Änderungen vorstellen:
Ich bin so frei
so furchtbar frei
dass mich die Freiheit jeden Tag vernichtet

bin frei von Arbeit
frei von Nutzen
bin frei von Chancen
frei von Fröhlichkeit

ich bin so frei
ich bin so furchtbar frei
Ist natürlich auch Geschmackssache. Aber so wären die Wiederholungen vielleicht noch einen Tic gezielter eingesetzt ...
Was meinst du?
Der 8.

Experimentell finde ich den Text übrigens nicht.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber Achter,
danke für den Kommentar.

Experimentell halte ich die Mischung von Reim oder Nicht-Reim.

Außerdem experimentiere ich mit der Bedeutung von Freiheit.

Frei bin ich nicht, wenn ich Drohungen bekomme.
Freiheit ist heute immer die Freiheit des Geldes.
So wird ab April in Pillnitz Eintritt für den Park erhoben, auf den sogar von den Monarchen verzichtet wurde, damit nur noch die freien Bürger Zutritt haben.
Es gibt viele Beispiele.
 



 
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