Freistunde

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Markus Veith

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"Warten Sie auf jemanden?"
Der junge Mann fuhr herum, als habe man ihn bei etwas ertappt. "Ich? Nein. Ich meine: Doch. Ich möchte ..."
Die Frau mit der altmodischen Aktentasche auf der Hüfte und den sichtlich gefärbten Haaren erwartete eine Antwort, geduldig, aber bestimmt, wie sie es gewohnt war. Die Klinke der Lehrerzimmertür hielt sie bereits in der Hand.
"... zu Herrn Guthard", sagte der Mann schließlich, als beantworte er eine Biologie-frage, mehr geraten als gewusst.
"Und Sie sind wer?"
"Ein Schüler", war die knappe Antwort, und um einem Missverständnis vorzubeugen fügte er hinzu: "Ein ehemaliger."
"Verstehe", nickte die Lehrerin gönnerhaft. "Er wird sicherlich gleich zur großen Pause reinkommen. Ich sag ihm dann Bescheid, ja?" Sie verschwand. Die schwere Tür wuchtete gegen einen überhängenden Lederriemen.
Der junge Mann wandte sich wieder um. In einem von Fingern verschmierten Glaskasten hingen Linol-Drucke aus. Auf einem Schildchen stand ‚Klasse 6c'. Doch das las er nicht. Er entfernte eine Fluse von dem anthrazitschwarzen Stoff seiner Hose, rückte die Krawatte zurecht, zupfte an der Weste. Schließlich nickte er seinem Spiegelbild entschlossen zu.
Ein elektronisch knarzender Dreiton erklang. Kurz darauf brandete Unruhe wie eine Sturmflut aus den Klassenzimmern. Der Strom rauschte in beide Richtungen an Thomas vorbei. Turnschuhschlurfen, Markenklamottenwetzen, Zickengebrabbel und pseudocooles Pubertätskieken schleppte sich durch die Gänge. Gerempel, Kreischen, erhobene Mittelfinger. Ein Rucksack schleifte wie ein Curlingstock über den Boden und rammte gegen einen der niedrigen Heizkörper, auf die Sitzbankauflagen montiert waren. Der junge Mann wurde mit abschätzenden Blicken registriert. Möglicherweise als ‚irgend so ein Älter-als-wir-Typ, der rumspannt'. Mehrere Teenager brabbelten in einer mit Anglizismen gespickten Sprache. Über Musik nahm der Fremde an. Über Interpreten, die er niemals kennen, geschweige denn schätzen lernen würde.
Er verkniff den Mund, bevor ihm das andauernde Verlegenheitsgrinsen das Gesicht verkrampfte. Scheinbar interessiert widmete er sich einem anderen Schaukasten.
"'Kleider machen Leute' - Ein Theaterprojekt der Klasse 5a, Theodor-Fontane-Realschule. Premiere am 09. Mai 2002 um 18.30 Uhr." Darunter Fotos von mehr und weniger teilnahmslos auf einer Bühne stehenden Kindern und mies kopierte Presseartikel, geschrieben von lesbar gelangweilten Lokalreportern.
"Sie wollen zu mir?"
Thomas erkannte das Timbre sofort wieder. ‚Er müsste jetzt um die fünfundvierzig sein', fuhr ihm durch den Kopf. Dann richtete er sich auf und wandte den Blick der Lehrerzimmertür zu. ‚Eigentlich' fügte er in Gedanken hinzu.
Der Lehrer schritt ihm entgegen. "Sie sind der Ehemalige?"
"Ganz recht, Herr Guthard", grinste Thomas breit. Ein wenig fahrig wechselte er sein Jackett auf den anderen Arm und streckte die rechte Hand aus. "Kennen Sie mich noch?"
"Warten Sie." Er hielt die Hand des jungen Mannes fest. Hinter der Brille verengten sich die kleinen Schweinsaugen, zwischen buschigen Brauen runzelte sich die Stirn. "Maas ... Maas, Maas, irgendwas mit Maas? Feld?"
"Nein, Mann."
"Mann. Richtig." Endlich ließ er die Hand los. Der Zeigefinger des Pädagogen fegte durch die Luft. Sein Lachen klang etwas luftlos "Sieht man ja auch, dass Sie einer geworden sind."
‚Gute Güte' huschte es durch den Kopf des früheren Schülers. ‚Sein Humor ist nicht besser geworden.'
"Andreas, nicht?"
"Thomas."
"Thomas. Genau. Tjaja, so hießen viele. Aber Maasmann, Thomas. Klar." Er tippte sich an die hohe Stirn. "Darauf hätte ich kommen müssen. Ich musste den Namen ja häufig genug ins Klassenbuch eintragen, nicht wahr?" Wieder dieses Keuchen. Der junge Mann versuchte ebenfalls ein Lachen. Es gelang nur mäßig. "Sind Sie zu Besuch hier?"
Für einen Moment war Thomas irritiert. Irgend etwas erschien ihm verkehrt. "Ja, ich ... ich war grad in der Nähe und dachte mir, schau doch mal rein und guck, ob's den alten Guthard noch gibt."
"Ja-a, noch gibt es den", betonte der Lehrer seltsam. Sein Lächeln veränderte sich kaum. Nur unter den Schweinsaugen zuckte es kurz. Thomas klickte ein Schlucken durch den Hals. ‚Idiot', schalt er sich in Gedanken.
"Nun", Guthard trat einen Schritt zurück und musterte den jungen Mann von oben bis unten. "Sie haben es zu etwas gebracht, wie ich sehe." Er nickte anerkennend.
Der Ehemalige zuckte bescheiden mit den Schultern. "Na ja, Arbeit im Außendienst macht sich recht gut bezahlt. War eben bei'nem Kunden."
"Ja-a, da muss man schon adrett daherkommen. Das versteht sich." Der Ältere schaute auf seine Armbanduhr. "Wenn ich mich nicht irre, habe ich laut Plan jetzt gleich eine Freistunde. Haben auch Sie Zeit? Oder müssen Sie gleich zum nächsten Kunden?" Er blickte freundlich zu dem jungen Mann auf und wartete dessen Antwort gar nicht erst ab. "Möchten Sie einen Kaffee mit mir trinken?"
Thomas tat, als müsse er kurz überlegen. "Klar. Gern."

Das Lehrerzimmer. - Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals hier drin gewesen zu sein und ihm wurde etwas mulmig. Einst war es weitgehend unerforschtes Gebiet, der Olymp hinter der Tür mit dem Lederriemen und dem verwinkelten Flurgang, den man nicht einsehen konnte. Verbotene Zone. Top-Secret-Kammer. Inbegriff so schrecklicher Begriffe wie Klassenbuch, Zeugniskonferenz oder Lehrerversammlung. Wer hier hinein durfte, ohne an der Tür warten zu müssen oder in Empfang genommen zu werden, nahm das Dürfen nicht mehr als Ehre wahr. Er wagte sich in die Löwengrube. Und nun saß er mitten im Rudel.
Das Lehrerzimmer. Einfache Möbel von ausschließlich praktischen Nutzen und bar jeglicher Heimeligkeit. Schränke mit einem Fach für jeden Lehrkörper. Lange Tische mit seit Amtsantritt festgelegten Plätzen, hier und dort mit Nachrichten für abwesende Kollegen bestückt, meist unterschrieben von der Sekretärin. Kaffeetassen mit braunschlierigem Innen und Motiven, um sie auseinanderhalten zu können. Prall gefüllte Ordner, offene Taschen mit Kulihaltern, Jacken mit roten Schleifchen an Sicherheitsnadeln, Frauenkalender mit Aufklebern. ‚Hast du dein Kind heute schon gelobt?' Kekse zur allgemeinen Verfügung auf Tellern mit Servietten vom letzten Weihnachten. ‚Von wann sind dann wohl die Plätzchen?', fragte sich Thomas hämisch.
Als er direkt beim Fenster auf einem der grüngepolsterten Stühle Platz nahm, entschuldigte sich Herr Guthard, er müsse kurz mal auf die Toilette und Thomas fiel plötzlich auf, dass er nie einen Lehrer beim Pinkeln gesehen hatte.
Von den Pädagogen, die sich hier während der zehn Minuten Waffenstillstand von ihrer letzten Stunde zu erholen versuchten, kannte Thomas kaum ein Viertel. Und von den vier oder fünfen, bei deren Begegnung ihm heiß und kalt zugleich geworden war, wollte er nicht unbedingt erkannt werden. Er hielt nach Frau Gerling Ausschau. Bei ihr hatte er Biologie gehabt und hatte sie noch als Referendarin erlebt. Aber er konnte sie nicht entdecken. Statt dessen sah er Stretzer, den Hetzer, der sein Sport- und Mathelehrer gewesen war. ‚Vor zehn Jahren', musste der Ehemalige sich selbst erinnern. Der Mann mit dem schweißglänzenden Gesicht hatte sich bei Betreten des Raumes gleich eine Zigarette angezündete, wobei ihm so die Hände zitterten, dass es verwunderlich war, dass er das Ende des Glimmstängels traf.
Thomas hatte sich immer gefragt, weshalb das Lehrerzimmer stets als unbegehbare Bastion gehalten worden und nur von Schülersprechern zu betreten war. Nun kam er allmählich dahinter. Im Olymp wurden die Götter menschlich.
Nebenan rauschte die Toilettenspülung. Allmählich lichtete sich der große Raum. Ausladende Taschen wurden auf die Hüften gestemmt, letzte Kekse von den Tellern geschnappt und im Hinausgehen in den Mund gestopft als seien sie kleine Happen Mut.
Guthard ging in die Miniküche. Sein gebeugter Rücken war noch zu sehen. Hinten hing ihm noch das Hemd aus der Hose. Geschirr klapperte. ‚Immerhin: Er ist echt geblieben', dachte Thomas. ‚Die überdeutlich korrekte Aussprache, als diktiere er ständig. Selbst wenn er eine harmlose Frage stellt, drängt der Instinkt trotzdem die Daten der Weimarer Republik in abrufbare Reichweite. Doch wie hat er es geschafft, in zwölf Jahren um mindestens zwanzig zu altern?' Da erinnerte er sich an den Krawall auf dem Flur, an die missgünstigen Blicke und ausgestreckten Mittelfinger. Sie hatten früher selbst Späße hinter seinem Rücken gemacht. ‚Gut hart' ermöglichte allerlei obszöne Wortspielchen, über die sich jeder Pubertierende amüsieren kann. Frau Busse, die Thomas ebenfalls flüchtig gesehen hatte, schien mit all dem besser umgegangen zu sein. Vielleicht hatte sie aber auch nur gelernt, Resignation mit Lässigkeit zu übertünchen. Nein, sie waren nicht die Alten geblieben. Sie waren noch älter geworden.
Er versuchte sich mit einem Fensterblick auf den Vorplatz der Schule abzulenken. Etliche Schüler verließen das Gebäude. Thomas fragte sich, ob sie immer noch in dem kleinen Edeka an der Ecke Schokoriegel klauten? Wahrscheinlich waren es jetzt eher Red-Bull-Dosen, die mitreißenden Absatz fanden.
Der Dreiton kündigte den Beginn der nächsten Schulstunde an und das Zimmer hatte sich bis auf sie beide völlig geleert. Guthard stellte ein Tablett mit Tassen und einer Thermoskanne mit IKEA-Preisschild ab. Dann ließ er sich ächzend in den Stuhl fallen. "Eigentlich wollte ich einen Stapel Klassenarbeiten korrigieren, aber ..." Er winkte ab. "Wir von der zähen Garde freuen uns immer, wenn Ehemalige vorbeikommen; für uns ist dies meist die einzige Möglichkeit, um zu sehen, ob unsere Bemühungen Früchte tragen. Nun nehmen sie erst einmal. Milchpulver steht da."
Thomas bediente sich und das Pulver bewölkte das tiefe Schwarz in seiner Tasse. Ihm war klar geworden, was ihn die ganze Zeit irritierte. "Herr Guthard, würden Sie mir einen Gefallen tun? ... Sie haben mich immer geduzt."
Der Lehrer lächelte, als habe er mit so etwas gerechnet. "Haben sie eines Ihrer Schuljahre wiederholt?"
"Ja." Thomas blinzelte irritiert. "Eins."
"Dann waren Sie ungefähr siebzehn, als Sie abgegangen sind. Heute siezen wir die Schüler ab sechzehn Jahren. Allerdings in Verbindung mit dem Vornamen." Er zuckte mit den Schultern. "Anweisungen von oben. - Sonst gewöhnen Sie sich ja nie daran." Sein Schweineäuglein zwinkerte.
Der junge Mann lächelte verkniffen. "Es ist ... ungewohnt. So haben Sie mich nie angeredet."
"Gut, dann mache ich Ihnen eine Vorschlag. Du duzt mich auch."
Thomas zuckte zusammen. Von jemandem mit ‚Sie' angesprochen zu werden, der ihm seit sechzehn Jahren bekannt war, war eine Sache, aber eine einstige Respektsperson plötzlich duzen zu sollen, eine andere. Er hatte plötzlich das Gefühl unglaublich dämlich und verzweifelt aus der Wäsche zu schauen.
"Nun, wie ich merke, Thomas, bleibt alles beim neuen." Guthard kicherte keuchend. "Aber nun erzählen Sie. Was machen Sie so?"
"Handelsvertreter", antwortete der ehemalige Schüler schnell.
"Ah." Guthards Brauen rückten in die Stirn. Thomas nickte. "Für welche Firma?"
"Saeco. Wir vermieten Automaten. Getränke, Snacks und so weiter."
"Wir haben einen vorne im Eingangsbereich stehen. Hat den auch Ihre Firma aufgestellt?"
"Wir liefern natürlich auch an Schulen. Gut möglich, dass der von uns ist. Aber, ehrlich gesagt, genau weiß ich's nicht."
"Dann sind Sie sicher viel unterwegs, haben viel mit Menschen zu tun."
Thomas erinnerte das an seine Praktikumsvorbereitung in der achten Klasse. "Ja, klar. Ständig."
Der Lehrer runzelte die Stirn. "Wo hat Saeco seinen Sitz?"
"In ..." Ein unmerkliches Zucken glitt über das Gesicht des früheren Schülers. Seine Hand griff in Richtung Keksteller. "Darf ich?" Guthard zeigte eine auffordernde Geste. "Gütersloh", antwortete Thomas endlich und biss von dem Gebäck ab. Kokosflocken rieselten in seine untergehaltene Hand. "Da wohne ich jetzt auch." Er verharrte. "Kennen sie Saeco?"
"Wenn Sie in Wahrheit für ein Verkaufsgespräch hier sind, Thomas, bin ich sicher der falsche Ansprechpartner. Wenn Sie jetzt von Bertelsmann kämen ..."
Der junge Mann wollte schnell abwiegeln, schaute den Lehrer dann aber nur verwirrt an. "Bertelsmann?"
"Der große Verlagskonzern in Gütersloh, direkt an der A2. Früher dürften Sie über den Exemplaren gebüffelt haben - und heute mit dem Auto ständig daran vorbeifahren, wenn Sie so oft unterwegs sind."
"Ach so. Bertelsmann. Ja. Klar."
Guthard lächelte seltsam. "Gütersloh ist nicht gerade um die Ecke. Wirklich freundlicher von Ihnen mal bei uns hereinzuschauen. Sagen Sie, haben Sie denn auch eine eigene Familie?"
Thomas griff in die Innentasche seines Jacketts und holte einen üppigen Umschlag mit Fotos hervor. Lehrer Guthard hörte aufmerksam zu, zeigte sein mildes Lächeln und betrachtete genauestens jede einzelne Aufnahme, die ihm auf dem Tisch vorlegt wurde. Die Bilder waren recht abgegriffen.
"Sie zeigen sie wohl sehr häufig."
"Oh ja, meine Familie hab ich immer bei mir. Gerade auf Geschäftsfahrten."
Seine Frau Konstanze habe er im Urlaub kennen gelernt. Vor sechs Jahren auf den Bahamas. Und ein Jahr später hatten sie dort geheiratet. Seitdem flögen sie jedes Jahr wieder hin. Heute mit Kindern.
"Eine sehr hübsche Frau, ihre Konstanze. Ich kann sie mir gut an ihrer Seite vorstellen."
"Oh ja, wir sind uns in vielen Dingen sehr ähnlich."
"Ja-a, das sehe ich. - Schade. War niemand da, der sie zusammen hätte ablichten können?"
Na ja, und ihre beiden Küken, Jens-Cedric und Lena-Louise, seien inzwischen schon vier und drei Jahre alt. Ein Bild zeigte lachende Kinder, die in geschwisterlicher Umarmung hintereinander im Sandkasten saßen. Konstanze und er hätten manchmal ihre liebe Mühe mit den beiden Rabauken. Richtige kleine Wirbelwinde.
"Vor zwei Jahren haben wir gebaut. Hübsches kleines Häuschen. Hier, sehn Sie. Etwas außerhalb. Schön ruhig und so. Und unsere Küken können im Garten spielen. Na ja, ich verdien ja nun nicht schlecht und dachte, da leiste ich uns mal was von Dauer und das war halt die Gelegenheit. Ralf, das ist mein Schwager, der hat uns geholfen ans Gelände zu kommen und hier", er tippte auf ein Foto, "hat er uns auch beim Bauen geholfen."
Guthard nickte respektvoll. "Haben Sie eigentlich noch Kontakt zu ihren damaligen Klassenkameraden?" fragte er wie beiläufig, ohne den Blick von den Fotos zu lassen. Und Thomas erzählte, während er weiterhin Bild um Bild von einem auf den anderen Stapel legte. Viele seiner frühere Mitschüler seien inzwischen auch verheiratet und Vater oder Mutter geworden. Von zweien wusste er, dass sie alleinerziehend waren. Tanja und Jörg sollten tatsächlich geheiratet haben, aber auch schon wieder geschieden sein. Andre hatte sich selbstständig gemacht; seine Homepage wirke sehr professionell. Und Antonio, der kleine Spaghettifresser, solle heute, wie Thomas gehört habe, in seinem Heimatland einige Popularität als Künstler gewonnen haben. Er sei ja damals schon so ein Spinner gewesen. Auf den Klassensprecher Boris Zeisel angesprochen meinte er geringschätzig, der sei ein kleiner Beamter. "In Oberhausen, glaub ich."
"Und Simone Erdbach?"
Guthards Frage traf Thomas so unvorbereitet wie ein Tritt in die Magengrube. "Simone?" Er starrte auf das nächste Bild, das Jens-Cedric zeigte, herzzerreißend plärrend. "Was soll mit der sein?" Die Fotoecke vibrierte.
"Das wollte ich ja von Ihnen erfahren. Sie war eine sehr gute Schülerin. Auch Schülersprecherin, oder? Wenn ich mich recht erinnere, waren Sie doch in der zehnten Klasse ..." - "Keine Ahnung", wurde er unwirsch unterbrochen.
"Oh." Der Lehrer kräuselte die Lippen. "Ich verstehe."
"Ich weiß es wirklich nicht", beteuerte Thomas kleinlaut. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Sein Scheitel geriet durcheinander. "Jedenfalls nicht genau. - Sie wollte studieren. Irgendwas auf Lehramt", fügte er abfällig hinzu.
"Das ist doch was. Ich muss sagen, Sie wissen recht gut Bescheid."
"Na ja, man hört so dies und das."
"Ich meine, dafür, dass Sie in Gütersloh wohnen, ist das allerhand."
Thomas ließ den Bilderstapel sinken und starrte auf das Preisschild der Thermoskanne. "Haben Sie denn die Einladung nich bekommen?" Guthard blickte ihn fragend an. "Das Klassentreffen. Vor ein paar Monaten oder so. Zum Zehnjährigen. Der Zeisel hat fast die gesamte Truppe zusammentrommeln können. Wir warn schon alle knatschig, dass Sie nicht gekommen sind. Das ist ja'n starkes Stück! Zeisel, dieser Hammel. Hat er Sie tatsächlich vergessen einzuladen?"
Guthard hob die Hand, als wolle er ihn beschwichtigen. "Lassen Sie es gut sein, Thomas. Das ist schon in Ordnung. Nehmen sie es mir nicht übel, aber ich werde zu so einigen Klassentreffen eingeladen. Sagen wir, ich habe an dem Abend nicht kommen können, ja?"
Der frühere Schüler blinzelte und lächelte dann erleichtert.
Als das letzte Foto gezeigt war, lehnte sich der Pädagoge behaglich zurück. Thomas nippte die kalte Neige aus seiner Kaffeetasse, stellte sie ab und blickte sein Gegenüber an. Auf dem Gesicht des Älteres zeigte sich ein Ausdruck, den er nur schwer deuten konnte. Eigentlich lächelte Guthard.
"Tja. So sieht es zur Zeit bei mir aus." Thomas hob nachlässig die Schultern. "Ich kann mich nicht wirklich beschweren, denke ich."
"Ja. So wie Sie es darstellen, dürfen Sie sehr zufrieden sein", dehnte sein früherer Lehrer. "Ich fand es immer faszinierend mir vorzustellen, was aus den Jungen und Mädchen wird, die bei mir im Unterricht sitzen und Geschichtsdaten, Englischvokabeln und Grammatikregeln büffeln." Sein Seufzen klang ein bisschen wehmütig. "Die meisten kommen nie wieder." Er schmunzelte bitter. "Vielleicht lasse ich ein paar Tests zu viel schreiben."
Thomas lachte. "Sind Ihre Tests immer noch so gefürchtet? An die kann auch ich mich noch erinnern. Aber die Spick ..." Er stoppte seinen Herausrutscher zu spät.
Doch Guthard hatte seinen bitter freundlichen Ausdruck nicht verändert, seine Mundwinkel rutschten nur einen Deut höher. "Keine Bange, Thomas, Prüfungen dieser Art müssen sie nicht mehr ablegen. Und Sitzenbleiben droht Ihnen auch nicht mehr. Wenn ich alle Spickzettel von ihnen geahndet hätte, die ich damals einfach übersehen habe, dann wären Sie...", er suchte nach Worten, "... Ihrer Konstanze sicherlich erst später begegnet. Aber so, wie sie erzählen, scheinen Sie es ja offenbar geschafft zu haben." Sein Gegenüber verklemmte unsicher den Mund und versuchte ein bescheidenes Nicken. "Wenn ich Sie so ansehe, doch, ich kann Sie mir gut als Handelsvertreter vorstellen. Das ist schon was. Und Argumentieren lag Ihnen ja schon immer. Um eine Ausrede waren Sie jedenfalls nie verlegen."
Thomas Nicken stockte, für einen Moment auch sein Atem. Sein Blick bohrte sich in die Tischplatte. "Hat einer von den anderen Sie eigentlich mal hier besucht?" fragte er ohne aufzuschauen. "Aus meiner Klasse ... meine ich."
Guthard beobachtete ihn aufmerksam. "Ab und an lässt sich der ein oder andere Schüler hier blicken. Man spielt dann mit mir das übliche, kleine ‚Kennen-Sie-mich-noch?'-Quiz und obwohl es nie nötig wäre, spiele ich immer mit." Er lächelte gütig. "Ich habe das Gefühl, ihnen damit eine Freude zu bereiten. Vielleicht sehen sie das als eine Möglichkeit, nachträglich dem alten Lehrer auf die Sprünge helfen zu dürfen. Wer aber mit wem in welcher Klasse war, das kann ich nicht mehr im einzelnen zuordnen."
Er ließ eine Weile verstreichen. "Ich kann mich noch gut an dich erinnern, Thomas. Du hast dich oft zu mir gesellt, wenn ich auf dem Pausenhof Aufsicht hatte."
Thomas Blick steckte immer noch in der Tischplatte fest. "Ja", sagte er gedehnt und seine Stimme schien aus weiter Erinnerung in die Gegenwart zu hallen. "Sie haben sich immer mit mir unterhalten."
"Na ja, wie man es nimmt." Guthard schmunzelte. "Ich kam ja kaum zu Wort. Du hast mir diese vielen, kleinen Geschichten erzählt, für die eine Pause immer gerade reichte. Ich habe mich oft gefragt, wieso du bei Aufsätzen nie solche Phantasien entwickelt hast."
"Weil sie versagt, sobald es um etwas geht", antwortete der junge Mann leise.
"Das Problem haben viele Schüler", sagte der Lehrer.
Thomas' Stimme war kaum noch zu hören. "Aber die meisten kommen darüber weg." Langsam hob er den Blick. "Irgendwann. Oder?"
Guthard sog tief und schleifend die Luft ein. "Perspektiven sind nicht immer Glückssache, Thomas. Ein bisschen Traumtanz ist schön und gut. Ohne dem ... wo bliebe die Kreativität? - Aber auch Tänzer brauchen einen Boden unter ihren Füßen." Er zwinkerte. "Wer, wenn nicht dein alter Lehrer, dürfte sich sonst solche altklugen Äußerungen erlauben?"
Thomas schnaubte resigniert und wandte sich zum Fenster. Den Fingernagel zwischen den Zähnen, verlor sich sein Blick irgendwo weit ab der alten Schule. So im Stuhl hängend sah er wie ein trotziger Halbstarker aus, den man nach dem Unterricht ein gefälschtes Entschuldigungsschreiben unter die Nase hält. Guthard schwieg.
Plötzlich stand Thomas auf, griff nach den Fotos und seinem Jackett. "Ich muss los", murmelte er.
Der Lehrer schaute zur Uhr über der Tür. "Ja, die Fünfte ist gleich vorbei." Auch er erhob sich. Der ehemalige Schüler ging um den Tisch herum und hielt dem Lehrer die Hand entgegen. "Hat mich gefreut, Sie wiedergesehen zu haben, Herr Guthard."
"Ganz meinerseits", erwiderte dieser. Thomas zuckte zusammen, als er merkte, das der Lehrer seine Hand nicht losließ. "Weißt du noch, wo sich die Jungentoilette befindet?"
Er starrte den älteren Herrn an. "Ja", brachte er schließlich heraus.
"Wasch dir die Hände, bevor du gehst. Tintenflecke machen einen schlechten Eindruck auf Kunden."

Thomas verließ den Raum mit den von Ölstiften verschmierten Wänden. Hinter ihm hallte der Knall der Tür durch den Flur.
Kurz darauf kündigte der knarzende Dreiton das Ende der fünften Stunde an. Obwohl die Schüler ihr bestes gaben, sich für die Tagesendrunde noch einmal Luft zu machen, hatte der Radau gegenüber der großen Pause an Kraft verloren. Nur wenige beachteten den jungen Mann, der mit verzerrtem Gesicht auf das Hauptportal zumarschierte. Was jedoch einige Belustigung erzeugte, war der knurrige Laut, den der Typ von sich gab, als er an dem Getränkeautomaten vorbeistampfte.

"Na, Wolfgang. Bist du vorangekommen?"
Vor ihm rummste eine Tasche auf den Tisch und holte seinen abwesenden Blick aus dem Fenster zurück ins Lehrerzimmer. "Hm?"
"Die Korrekturen. Hast du die Freistunde nutzen können. Das hattest du doch vor."
"Nee", antwortete er fahrig und nahm den roten Pelikan aus dem Mundwinkel. Das Heft legte er zurück auf den Stapel. "Nicht wirklich." Er rieb sich die kleinen Augen und sah zu der Kollegin auf. "Wo warst du in der Großen?"
"Arbeit. Englisch. Über zwei Stunden", gab sie knapp Auskunft. Sie ließ die Schultern sacken und rollte mit den Augen, als habe sie selbst mitschreiben müssen und ihrem Gefühl nach kein gutes Ergebnis zu erwarten. "Ach. Hör mal", fiel ihr etwas ein, "der Benni Delmhorn ... 9c. Du weißt?"
"Ja-a."
"Du bist doch Vertrauenslehrer. Könntest du dich nicht mal mit ihm befassen?"
Guthard brummelte etwas Unverständliches, was die junge Kollegin aber kaum beachtete. "Er ... er ... ich weiß auch nicht." Sie suchte nach Worten, platzte aber plötzlich los: "Ich weiß nicht, wie ich dem Jungen helfen soll. Er stört nicht. Im Gegenteil. Er ist rege und eigentlich total umgänglich. Lieb und nett eben. Aber in der Klasse scheint ihn niemand ernsthaft für voll zu nehmen. Ich habe ihn darauf angesprochen, ihn gefragt, ob ihn etwas bedrückt. Könnte ja sein, aber: Nöö. Kennst das ja. Und gerade, während der Englischarbeit - wirklich, der Junge wirkte, als säße er auf dem elektrischen ..." Sie erschrak vor dem Wort, das ihren Redeschwall gebremst hatte, wedelte stattdessen hilflos mit den Händen. "Du hast ihn doch in Deutsch, Wolfgang. Dich kennt er seit der Fünf. Vielleicht ist er ja zu dir ..." - "Kannst du dich noch an Thomas Maasmann erinnern?"
Sie starrte ihren älteren Kollegen an. "Thomas Maasmann." Es klang nicht, als müsse sie nachdenken. Ihre Miene versteiften sich, blühte dann aber mit einem Male auf. "Mensch, du hast recht." Sie schnalzte mit der Zunge. "Thomas war so ähnlich. Den konnte auch keiner von uns so richtig leiden. Selbst ich nicht mehr - nachher. Obwohl ich es ja wirklich ernsthaft versucht habe. Oh Gott, Thomas Maasmann." Sie kicherte mit gerunzelter Stirn. "Hat du dich beim Klassentreffen mit Boris über ihn unterhalten? Mir sagte er, er habe Thomas mal irgendwo gesehen, ihn aber nicht angesprochen. Sei ihm zu blöd gewesen."
"Ihr habt ihn nicht einmal eingeladen, nicht wahr?" Sie konnte den Vorwurf in der Stimme ihres Kollegen nicht überhören.
"Nein", sagte sie bestimmt. "Auch wenn das alles jetzt zehn Jahre her ist, ich glaube nicht, dass ich ihn hätte sehen wollen. Du hast ja keine Ahnung, wie Thomas ...", sie schluckte, "am Ende unserer Beziehung war."
"Stimmt. Das weiß ich nicht."
Simone überlegte eine Weile. "Thomas hatte kaum Freunde."
"Thomas hatte überhaupt keine Freunde", verbesserte Guthard seine ehemalige Schülerin und heutige Kollegin.
"Glaubst du, dass Benni ähnliche Probleme hat?"
Der alte Lehrer zog die Schultern hoch. "Es ist nicht nur der Lehrplan, der sich wiederholt", orakelte er, und als er Simones irritierten Blick bemerkte, fügte er hinzu: "Morgen in der Großen. Ich werde mal mit ihm reden."

Was ist mit den
Fotos, Bruder-
Herz? Die waren
nicht geschenkt.
Gleich nachdem Thomas die SMS gelesen hatte, löschte er sie. Am Gewerbegebiet stieg er aus der S-Bahn und begab sich mit energischen Schritten zu der gigantischen Halle des Wal-Marts. Bevor er ihn durch die Drehtür betrat, warf er einen musternden Blick in die Glasscheibe und richtete seinen Scheitel.
"Na, endlich", maulte Kerim, als Thomas an den kleinen, rollbaren Stand kam. "Kannste mir mal sagen, wo du ..." - "Reg dich ab", wurde er brüsk unterbrochen. "War Mallke da?"
Der junge Iraner pfiff durch die Zähne. "Fürchte, du kannst dich auf was gefasst machen." Seine Stimme bekam einen parodierenden Klang. "'Wat denkt der sich? Seit zwei Monaten nur drei Scheine die Woche! Und dann nich am Stand und nur Mailbox zu erreichen! Rumpel-hier-rumpel-da!'"
"Pissfletsche", grummelte Thomas. "Warum haste nich gesagt, ich wär in'er Pause?"
"Was sollt ich denn machen, Komiker? Eine Stunde ist der hier rumgekrochen."
"Is ja gut." Er stopfte das Jackett durch die Schiebetür des Standes, holte dafür eine grellgelbe Jacke mit Club-Schriftzug heraus und zog sie sich über. Hinter einem kleinen Broschürenständer lag die Plakette mit seinem Namen. Er hing sich das befestigte Band um den Hals. Dann stopfte er sich einen Streifen Kaugummi in die Backe und griff nach seiner schwarzen Antragsmappe und dem Verlosungsblock. Er fingerte den Kuli aus seiner Hosentasche. "Diese Scheißdinger schmieren wohl alle", fluchte er halblaut.
Kerim schaute auf seinen Schreiber und klickte die Mine rein. "Wie willste deinen Schnitt eigentlich noch schaffn?"
Der Gefragte rümpfte die Nase. "Wie viele hast du?"
"Heute? Sieben", dehnte Kerim mit schnippischen Stolz. "Bisher."
Thomas ließ seinen Blick über den Menschenstrom schweifen, der an dem Stand vorüberflanierte. ‚ Perspektiven sind nicht immer Glückssache, Thomas', klang ein Echo aus seiner Erinnerung. Er ließ im Mund eine Blase platzen und zeigte mit dem Finger auf seinen Kollegen. "Neun. Wenigstens." Während er sich rückwärts einige Schritte vom Stand entfernte, formte er das Zahlwort mit stummen Lippen in Kerims Richtung. Der winkte hohnlachend ab.
Sein restlicher Grimm verschwand auf einen Schlag, als er sich umwandte und auf ein paar Anfang-Zwanziger zusteuerte. "Jungs, kommt mal her!" Er rupfte einen Zettel vom Verlosungsblock ab. "Fahrt bestimmt Auto, oder? Könnt ihr doch sicher Sprit gebrauchen."


Januar 2003
 

Rainer

Mitglied
...gehört zum besten...

hallo marcus veith,

ein herrliches, opulentes zeitgemälde ohne unangenehm auffallende klischees. du hast gut mit meinen emotionen gespielt, und sie zum schluß hin in einen wahren strudel geschickt - bravo, so stelle ich mir unterhaltsame und trotzdem nicht platte literatur vor.
einziger kritikpunkt: simone. ihr auftauchen empfinde ich als unnötige krönung des ganzen. ich würde es besser finden, wenn irgendeine andere ehemalige lehrerin auftauchen würde, und die beiden sich über thomas unterhalten; aber es ist ja deine geschichte.

gruß

rainer
 

Markus Veith

Mitglied
Hab Dank für deine Kitik, deinen Lob und die Bewertung, Rainer. Ich fürchtete schon, der Text fällt unkommentiert durch die Wertung. Über den Tipp, Simone mit einer Lehrerin zu ersetzen, muss ich erst drüber nachdenken, denn dann würde der Part mit dem Klassentreffen um einiges dünner ausfallen und ich bin eigentlich recht angetan von dem Effekt, dass Thomas erst mokiert, den Lehrer nicht bei dem Treffen gesehen zu haben, um dann am Ende herauskommen zu lassen, dass er es war, den man übergangen hat. Und ich wußte nicht, wie man dies ohne Simone einigermassen elegant hätte herausarbeiten können. Allerdings bin ich immer noch nicht sicher, ob es überhaupt möglich ist, als junge Lehrerin auch an seine alte Schule zu kommen.
Mit literarischen Grüßen
Markus Veith
 

Rainer

Mitglied
hallo marcus veith,

wie gesagt, es ist deine geschichte, in der ich nicht herumfummeln will.
ich ganz persönlich mag halt am meisten die geschichten, die nicht ganz so offensichtlich sind. daß er sich in der schule nicht wohlfühlt, und das dies nicht nur momentan so ist, sondern schon immer so war, kam für mich bei deiner geschichte schon vor dem überraschenden auftauchen von simone heraus. wenn ich die idee (und die fähigkeiten zur umsetzung) gehabt hätte, dann wäre es nicht zu dieser, zugegebenermaßen ungewöhnlichen, krönung gekommen. ich finde, man spürt spätestens mit der bemerkung des lehrers, das foto-paket würde wohl oft benutzt, daß die gesamte story deines prot ein lügengebäude ist, und kann damit und seinen empfindungen den schülern gegenüber, schon recht gute rückschlüsse über sein sozialverhalten, auch und gerade gegenüber seinen mitschülern, anstellen.
aber, deine geschichte sprüht vor einfällen, ohne dabei viele klischees zu berühren. deshalb finde ich sie gut. vielleicht schreibt ja noch jemand anderes seine meinung, dann brauchen nicht nur wir zwei uns hier zu "streiten", sondern haben noch eine dritte... meinung.

gruß

rainer
 

Teeny

Mitglied
Hallo Markus,

alles in allem finde ich deine Erzählung wirklich gut. Einziger Kritikpunkt ist die Beschreibung der Schüler. Ich arbeite an einer Schule und so, wie du die Atmosphäre dort beschreibst, klingt sie für mich nicht reell. Ich finde sowohl die Lehrer als auch die Schüler ein wenig zu klischeehaft dargestellt. Das kann man aber sicher relativ sehen. Mit der Beschreibung weckst du ein ablehnendes Gefühl gegenüber dieser Institution, und so fühlt sich nun mal der Protagonist.
Du baust im Laufe der Geschichte eine Spannung auf, und man möchte unbedingt wissen, wie es nun ausgeht. Allerdings hatte ich ein anderes Ende vermutet.

Liebe Grüsse,
Teeny
 

Zefira

Mitglied
Lieber Markus,

auch ich habe den Ausgang schon frühzeitig geahnt, und zwar vor allem wegen der Länge des Dialos und der Sorgfalt, mit der du ihn wiedergibst. Man hat einfach das Gefühl: da muß etwas faul sein. Trotzdem würde ich die Geschichte nicht vorhersehbar nennen; ich fand sie sehr spannend. Auch die Unterhaltung mit Simone habe ich nicht als "zuviel" empfunden. Den Umstand, daß Thomas in seiner Klasse eher unbeliebt war und warum, hast Du in diesem Gespräch zwanglos eingebracht; das wäre wesentlich schwieriger, wenn Du darauf verzichten würdest.

Übrigens kann man ohne weiteres als junger Lehrer in seine alte Schule kommen - mein Mann erlitt dieses Schicksal :p

Was die Beschreibung der Schüler angeht - ich empfand sie allerdings auch als recht klischeehaft, beinahe feindselig, aber ich habe sie als Thomas' Interpretation seiner Umwelt empfunden, nicht als neutrale Wiedergabe. Er fühlt sich in der alten Schule nicht wohl und empfindet sich selbst als einen Fremdkörper zwischen den jungen Hüpfern. So gibt die Beschreibung eine Art Verteidigungshaltung wieder. Ich fand das sogar sehr treffend. Man hat gleich das Gefühl: das kann kein "winner" sein.

Gut gemacht, wirklich.

Liebe Grüße,
Zefira
 



 
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