Fritze

anemone

Mitglied
Fritz konnte in der Schule wieder einmal nicht still sitzen. Ungeduldig schabte seine Lederhose über den Sitz hin und her. Frau Hagen, seine Klassenlehrerin sah ihn aus den Augenwinkeln mürrisch an. Sicher hatte sie ihren Schlachtplan schon gesteckt und sicher sah der für Fritz nicht gut aus. Während sie einen Vortrag über die Silbentrennung hielt stellte sie sich neben seine Bank und zwischen ihren Zähnen raunte sie dem Jungen zu: „Erste Verwarnung!“ Fritz wusste, was das zu bedeuten hatte. Es war ihm des öfteren schon passiert, von seiner Lehrerin verwarnt zu werden. Das ging sogar manchmal bis zur Dritten Verwarnung, aber dann konnte er bald die Tasche packen, denn das bedeutete: Raus aus dem Klassenraum.

Es war nun nicht so, dass Fritz das nicht wollte. Ganz im Gegenteil, oft legte er es gerade darauf an, hinausbefördert zu werden. Besonders an so Tagen, wo die Sonne schien und er nachmittags das Schwimmbad aufsuchen wollte. Unangenehm dabei war zwar die Strafe, die er trotz der Hitze auf bekam, aber das war zweitrangig, denn er hatte bei Regenwetter schon einige geläufige Texte vorgeschrieben und wenn er auch manchmal lange danach suchen musste, so fand er sie doch und ihm war aufgefallen, dass die Lehrerin sich für den Text nicht weiter interessierte, Hauptsache die Zeilen waren voll geschrieben und er achtete peinlichst darauf sie so eng wie möglich zu beschreiben.

Die Lehrerin zog jetzt ihren „bösen Blick auf.“ Gerade rechtzeitig konnte Fritz diesen noch erhaschen und das bedeutete: Äußerste Alarmstufe! Aber warum? Es war Fritz nicht so recht klar. Was mochte sie nun schon wieder haben? – Weiber! – dachte er sich – Wer kennt sich mit denen schon aus? Papa sagte ihm das auch immer wieder. Nachdenklich versuchte Fritz aus ihrer Mimik zu entnehmen, was sie jetzt so verärgerte. Dass es allein seine Geräusche waren, die er durch sein Hin- und Hergewetze mit der Lederhose verursachte und dazu jetzt noch mit den Füßen die über den Fußboden scharrten, darauf wäre Fritz nicht gekommen. Doch Frau Hagen hielt es sogar für wichtig, diese Verfehlung in ihr Klassenbuch einzutragen,
damit die Eltern beim nächsten Sprechtag auch erführen, was für ein unmögliches Kind ihre Brut sei.

Nun interessiert uns natürlich alle: Wurde der Junge ein zweites Mal verwarnt? Antwort: Nicht bei dieser Lehrerin, da hatte er heute Glück, obwohl es haarscharf an einer zweiten Verwarnung vorbei ging. Aber als er beim Verlassen der Klasse unbeabsichtigt Maresa anrempelte packte ihr Vater, der sie abholen wollte Fritz am Schlafittchen und ließ ihn nicht eher los, bis er sich bei der Tucke entschuldigt hatte. Zu Hause verwarnte ihn Mutter, weil er bei seiner Suppe so schlürfte, die Nachhilfe-Lehrerin, weil er nicht Lesen geübt hatte, der Schwimm-Meister, weil er vom Seitenrand sprang und hab ich noch etwas vergessen? Ach ja, sein Freund, weil er mal wieder keine Badehose eingepackt hatte und er ihm eine leihen musste. Das war’s dann aber wohl, glaub ich.
 



 
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