Frühling ich fürchte dich

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Gabriele

Mitglied
frühling ich fürchte dich


mit deiner wärme weckst du
die alte sehnsucht in mir
der kalte stein in meiner brust
schmerzt zu sehr
wenn er erwärmt wird

das zwitschern deiner vögel
fräst feine risse
in jenen panzer
der meine hungrige seele
fest umschlossen hielt

die strahlen deiner sonne
lassen die fassade
geheuchelter stärke
zerbröckeln
und was wird sichtbar?

(gebrochener wille
geleugnete liebe
vergrabene trauer
zerfallendes ich)
 
B

bonanza

Gast
uff! solche gedichte muß ich nicht verstehen.
sie sollen mir einfach wie die gischt der meeresbrandung
entgegenspritzen.
das mein erster eindruck.

bon.
 

Gabriele

Mitglied
Vielen Dank...

...für Eure Reaktionen, Ihr zwei!
Tja, manchmal muss es einem so richtig schlecht gehen, damit man/frau ausdrucksstark schreiben kann...
Freut mich, dass dieses Werk offenbar doch nicht selbstmitleidig und rührselig rüberkommt (das hatte ich ein wenig befürchtet)!
Liebe Grüße
Gabriele
 

Perry

Mitglied
Hallo Gabriele,
die Aussage deines Gedichts verstehe ich gut, nur kann ich in den Bildern nicht viel Furcht spüren (bei mir spritzt da nichts entgegen - lächel).
Vielleicht findest du noch etwas kräftigere Worte für die Angst vor der entlarfenden Frühlingswärme.
LG
Manfred
 

Gabriele

Mitglied
Hallo Manfred,

ich werde mal drüber nachdenken!
Vielleicht passt ja auch "ich fürchte dich" im Titel nicht so ganz?!
Danke fürs Lesen und Kommentieren!
Lieben Gruß
Gabriele
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Gabriele,

für mich ist Dein Text stimmig. Was könnte man mehr fürchten, als plötzlich das zerfallende ich, das bis dahin doch so schön in Schnee vermummt war, betrachten zu müssen.

Ich wünsche Dir, dass der Frühling in der Realität Dir dieses Jahr die Dinge bringt, die man von ihm erwarten kann: Erneuerung, Lebenskraft und Lebensfreude. :)

Dir ganz liebe Grüße!
Vera-Lena
 

NewDawnK

Mitglied
Hallo Gabriele,

Dein Gedicht gefällt mir - nicht zuletzt deshalb, weil es so mutig gegen den Strom der üblichen Frühlingsgefühle anschwimmt. :)
Über eine Zeile bin ich gestolpert:
"geleugnete liebe"
Ist ein Mensch mächtig genug seine Liebe zu leugnen? Meinst Du das Nicht-Aussprechen von Liebesgefühlen und den damit verknüpften Schuldgefühlen? Oder unerwiderte Liebe? Mir scheint dieser Ausdruck nicht recht eindeutig.

Schöne Grüße, NDK
 

Gabriele

Mitglied
Hallo NDK,

ja, genau mit diesen Worten ("geleugnete Liebe") habe ich auch eine Weile gerungen.
Gemeint ist ein Gefühl, das offenbar nicht mit derselben Intensität erwidert wird und das der/die Prot. deshalb mit Mühe - nicht nur vor dem geliebten Menschen, sondern auch vor sich selbst - unterdrückt und leugnet, um die immerhin bestehende sehr schöne Freundschaft nicht zu gefährden.
Ist das nachvollziehbar? Fällt Dir vielleicht eine treffendere Wortkombination dafür ein?
Veilen Dank fürs Lesen und Nachdenken!
Liebe Grüße
Gabriele
 
liebe gabriele,

guten morgen,
ein mutiges gedicht das ich total nachvollziehen kann. ich interpretiere eine starke unabhängigkeitswillig frau hinein. und welcher oder gar welchem sprichst du da nicht aus der seele?

ich finde die letzten vier zeilen unnötig, sie nehmen meine ich dem gedicht die spannung. evtl kannstdu die vorletzte stophe dahinleicht umtexten. inhaltlich ist das gedicht stark und ichfinde auch die vorhergehenden strophen im ganzen gelungen.

die strahlen deiner sonne
lassen die fassade
geheuchelter stärke
zerbröckeln.

Ich habe angst.

das würde schon reichen.
aber auch nur deine offene frage wirkt schon stark




lieben gruß heike
 

Gabriele

Mitglied
Liebe Heike,

danke für Deine Auseinandersetzung mit meinem Gedicht - freut mich, dass es Dich so angesprochen hat! (Naja - eigentlich ist es ja auch ein bißchen traurig, wenn man's so gut nachvollziehen kann...)
Über Deinen Vorschlag, die letzte Strophe wegzulassen, denke ich noch nach - ist sicher eine Variante, die etwas mehr offen lässt und die grundsätzliche Aussage nicht beeinträchtigt!
Lieben Gruß,
Gabriele
 
@ Gabriele

Ich kann mit dem Text nicht viel anfangen.

Er kommt auch durchaus larmoyant daher, selbstmitleidig.

Ein verkrochenes, eingetrocknetes Ich benötigt ein Gegenüber, um aufzutauen und erneut in lebendige Resonanzen zu geraten, und im Auftauvorgang noch, den es selbst und autonom zu leisten aus Verdrängungen heraus nicht im Stande ist, zerbröselt es (zu Asche).

(gebrochener wille
geleugnete liebe
vergrabene trauer
zerfallendes ich)

Wer so reden kann, der er-lebt sich selbst ein gängiges Klischee, oder er lügt bewusst, weil es hierbei um Verhalte geht, die man selbst nicht empfinden kann, wenn man davon betroffen ist. Und anders herum ist das wirkliche selbst Empfindenkönnen dieser Befindlichkeiten bereits auch die Therapie, es sei denn ...

man möchte absichtsvoll so erlebt und gesehen werden, praktisch im depressiven-Anschmusemodus "über sich ergehen lassen", und hält daher das Klischee als Maske vor.

* Ich würde dem/der Prot. des Textes gerne zurufen wollen: Mensch, halt den Ball flach, und entsinne dich endlich deiner eigenen Flügel.

---

Die Welt, in der wir leben, und die Welt, die wir erleben, ist ausschließlich jeweils von uns selbst intrapersonal erfunden, und sie ist auch nur durch uns selbst jeweils erfindbar und/oder neu-erfindbar. Danach erst kommt das Inter-Personale der sozialen Rückkoppelungen.
 

Gabriele

Mitglied
Hallo Waldemar!

Du schreibst:

"Ein verkrochenes, eingetrocknetes Ich benötigt ein Gegenüber, um aufzutauen und erneut in lebendige Resonanzen zu geraten, und im Auftauvorgang noch, den es selbst und autonom zu leisten aus Verdrängungen heraus nicht im Stande ist, zerbröselt es (zu Asche)."

Das ist eine recht treffende Interpretation - dafür, dass Du mit dem Text nichts anfangen kannst.

"Ich würde dem/der Prot. des Textes gerne zurufen wollen: Mensch, halt den Ball flach, und entsinne dich endlich deiner eigenen Flügel."

Genau!

"Wer so reden kann, der er-lebt sich selbst ein gängiges Klischee, oder er lügt bewusst, weil es hierbei um Verhalte geht, die man selbst nicht empfinden kann, wenn man davon betroffen ist."

Da kann ich Dir nicht folgen!

"Und anders herum ist das wirkliche selbst Empfindenkönnen dieser Befindlichkeiten bereits auch die Therapie..."

...zumindest ein Teil davon!

Danke für die Auseinandersetzung mit meinem Text!
Gruß
Gabriele
 



 
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