Fuchs und Hase

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Simmias

Mitglied
29.9.2010

ERSTER HASE
„Ich weiß“, sagte der Hase, „Du könntest mich jetzt leicht fressen, aber tu es nicht! Denke nur, dich würde ein Jäger erschießen, deinen Kindern ginge es elendig vor Schmerz und Trauer.“

„Aha.“, sagte der Fuchs und aß zuerst die Schenkel und dann den Rest.

ZWEITER HASE
„Ich weiß“, sagte der Hase, „Du könntest mich jetzt leicht fressen, aber tu es nicht! Denke nur, dich würde ein Jäger erschießen, deinen Kindern ginge es elendig vor Schmerz und Trauer.“

„Und denk an die schönen Dinge des Lebens! Liebe, Freundschaft! Hast du kein Mitleid? Nie Todesangst? Hast du jemals geliebt? Glaubst du nicht an einen Frieden zwischen uns?“

„Nö!“, sagte der Fuchs und fraß den Hasen mit selbstzufriedenem Grinsen.

DRITTER HASE
„Ich weiß“, sagte der Hase, „Du könntest mich jetzt leicht fressen, aber tu es nicht! Denke nur, dich würde ein Jäger erschießen, deinen Kindern ginge es elendig vor Schmerz und Trauer.“

„Und denk an die schönen Dinge des Lebens! Liebe, Freundschaft! Hast du kein Mitleid? Nie Todesangst? Hast du jemals geliebt? Glaubst du nicht an einen Frieden zwischen uns?“

„Denk an mich! Was hast du davon, mich jetzt zu töten?“
„Einen vollen Magen!“, sagte der Fuchs und verspeiste den Hasen.

VIERTER HASE
„Ich weiß“, sagte der Hase, „Du könntest mich jetzt leicht fressen, aber tu es nicht! Denke nur, dich würde ein Jäger erschießen, deinen Kindern ginge es elendig vor Schmerz und Trauer.“

„Und denk an die schönen Dinge des Lebens! Liebe, Freundschaft! Hast du kein Mitleid? Nie Todesangst? Hast du jemals geliebt? Glaubst du nicht an einen Frieden zwischen uns?“
„Denk an mich! Was hast du davon, mich jetzt zu töten?“

„Ich bitte dich, nein, ich flehe dich an: friss mich nicht, sonst-“ „Sonst was?“, fragte der Fuchs und fraß den Hasen unter diabolischem Gelächter, das noch lange nachher durch den Wald echote.
 
G

Grendel

Gast
Hallo Simmias,

was will die kleine Geschichte sagen?

Füchse fressen Hasen. Soweit ist die Logik gewahrt. Darüber hinaus geht sie aus meiner Sicht verloren. Der Jäger wird den Fuchs erschießen, wenn es zu viele Füchse oder Tollwut im Revier gibt. Die Ansprache der Hasen ergäbe aber nur dann Sinn, wenn Jäger als Waldpolizei zum Schutz der Schwächeren agierten. Vielleicht ist das der Gedanke, der bei Dir dahinter steht. Dann allerdings sollten die Hasen das meiner Meinung nach etwas deutlicher äußern, zumindest ihren eigenen Glauben an dieses Märchen. Eine andere mögliche Interpretation wäre der vergebliche Apell an das Mitgefühl des Räubers. Aber auch da fehlt mir dann der direkte Bezug, wie zum Beispiel ein Vergleich der Fuchs- mit der Hasenfamilie. Oder eben ein anderer Zugang, der die Hasen dazu verleitet, ihren eigenen Tod mit dem des Fuchses in Verbindung zu bringen. Der dritte Hase droht dem Fuchs dann, eine leere Drohung. Die Drohung fällt aus dem Verteidigungsmuster der Hasen heraus. Was ist also jetzt die Aussage der Fabel? Alles ist vergeblich, wenn Du als Hase zur Welt gekommen bist? Oder: ein Fuchs kommt mit allem durch und freut sich auch noch daran? Hasen können Füchsen weder Mitleid noch Angst abringen? Jäger tauchen nie dann auf, wenn man sie dringend braucht?

Die flapsige Sprache des Fuchses und das selbstzufriedene Grinsen scheinen mir für eine Fabel stark vermenschlicht. Das diabolische Lachen am Ende wirkt auf mich auch eher störend. Wenn der Fuchs nur lachen würde, und das womöglich noch nach dem Mahl, fände ich die Wirkung stärker. Davon abgesehen fand ich die Geschichte sicher und flüssig geschrieben.

Gruß
Grendel
 
E

eisblume

Gast
Hallo Simmias,

ich weiß jetzt auch nicht so recht, was mir diese Geschichte sagen will. Ganz ehrlich war ich jetzt froh, dass nach dem vierten Hasen Schluss war.
Wenn es eine Erklärung dazu gibt, bin ich jedenfalls gespannt darauf.

Lieben Gruß
eisblume
 



 
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