Ganz weit weg

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knychen

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Ganz weit weg

Kurz vor Mitternacht ist das Kind so müde, dass es freiwillig ins Bett will - ein Augenblick des Triumphes für die Eltern. Der Vater nimmt die fast fünfjährige Tochter auf den Arm und läuft langsam mit ihr durch das feuchte Gras dieser Sommernacht. Sie darf natürlich mit der Taschenlampe den Weg zum Wohnmobil leuchten.
Dunkelblau breitet sich der mit Sternen übersäte Nachthimmel über die Szene und selbst das Kind muss zugeben, dass man so viele Sterne nicht zählen kann. Sie einigen sich auf zwei Fantastillionen und die drei Einzelnen dort hinten.
„Papa, warum leuchten die Sterne?“
Au Backe, jetzt heißt es wachsam sein für den Vater.
Mit den Gedanken schon wieder bei dem kleinen Feuer im Garten des Freundes und dem Rotwein, der die Flammen im Glas funkeln lässt, soll er nun aus dem Stegreif mit kindgerechten Worten eine Sache erklären, die ihm eigentlich selbst unerklärlich ist. Und das Ganze möglichst auf eine Art und Weise, die ein weiteres „Warum?“ ausschließt.
„Weißt du, Schatz, wenn ich jetzt selbst ganz weit da oben wäre und ich würde herunterschauen auf dich und deine Taschenlampe, ich würde nur einen Lichtpunkt sehen. Genau wie einen Stern.
Wer weiß“ sagt er zum Himmel zeigend „vielleicht sind dort überall kleine Mädchen und Jungen, die mit einer Taschenlampe spielen, bis die Batterien alle sind.“
„So wie ich?“
„So wie du.“
„Da ganz oben?“
„Da ganz oben.“
Sie legt den Kopf weit in den Nacken und zwei weitere Sterne beginnen zu funkeln.
„Schlaft schön, hihi“ kichert sie und „Träumt was Schönes!“ ruft sie.
Dann klettert sie ins Wohnmobil, kriecht unter alle vorhandenen Decken, nimmt das Wäscheschild des Kopfkissens in die eine Hand, stöpselt den Daumen der Anderen in den Mund, schließt die Augen und ist schon ganz weit weg- fantastillionen Kilometer weit.
 

Andrea

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Eine schöne, amüsante Geschichte, die mir gut gefallen hat; sprachlich habe ich nur wenig zu mosern (s.u.), und inhaltlich werde ich mir in ferner Zukunft diese Erklärung vielleicht mal klauen, um der grauenvollen Warum-Kette zu entgehen. ;)


Kurz vor Mitternacht ist das Kind so müde, dass es freiwillig ins Bett will - ein Augenblick des Triumphes für die Eltern. Der Vater nimmt die fast fünfjährige Tochter auf den Arm und läuft langsam mit ihr durch das feuchte Gras dieser Sommernacht. [blue]Natürlich[/blue] darf [blue]sie[/blue] mit der Taschenlampe den Weg zum Wohnmobil leuchten. (So liegt m.E. mehr Betonung auf dem „sie“)
Dunkelblau breitet sich der mit Sternen übersäte Nachthimmel über die Szene (Wort finde ich unpassend; vielleicht „den Weg“?) und selbst das Kind muss zugeben, dass man so viele Sterne nicht zählen kann. (vielleicht die Sterne im ersten Teil des Satzes weiter nach hinten, damit der Bezug zum zweiten Satz dichter ist; Vorschlag: [blue]Der dunkelblaue Nachthimmel ist mit Sternen übersät, und selbst das Kind muss zugeben, dass man so viele nicht zählen kann.[/blue]) Sie einigen sich auf zwei Fantastillionen und die drei Einzelnen dort hinten. (wunderbare Formulierung)
„Papa, warum leuchten die Sterne?“
Au Backe, jetzt heißt es wachsam sein für den Vater. (Absatz muß nicht unbedingt sein)
([blue]Obwohl?[/blue]; wegen des stärkeren Kontrastes) Mit den Gedanken schon wieder bei dem kleinen Feuer im Garten (eventuell streichen, das Wohnmobil vorher suggeriert Campingplatz, ebenso der Weg mit der Taschenlampe; daß das Lagerfeuer dann im Garten ist, erscheint mir etwas unpassend) des Freundes und dem Rotwein, der die Flammen im Glas funkeln lässt, soll er nun aus dem Stegreif mit kindgerechten Worten eine Sache erklären, die ihm eigentlich selbst unerklärlich ist. Und das Ganze möglichst auf eine Art und Weise, die ein weiteres „Warum?“ ausschließt. (hier bekomme ich Mitleid mit dem Mann; tiefes, ehrliches Mitleid)
„Weißt du, Schatz, wenn ich jetzt selbst ganz weit da oben wäre und ich würde herunterschauen auf dich und deine Taschenlampe, ich würde nur einen Lichtpunkt sehen. (Der Satzbau ist zwar sehr „mundgerecht“, aber ich würde mehr Schriftsprache begrüßen, also: [blue].. und auf dich und deine TL herunterschauen würde, würde ich nur..[/blue]) Genau wie einen Stern.
Wer weiß“[red],[/red] sagt er zum Himmel zeigend (müßte er nicht schon beim „ganz weit da oben“ zum Himmel zeigen? Empfinde ich hier als unpassend und verzögernd)[red],[/red] „vielleicht sind dort überall kleine Mädchen und Jungen, die mit einer Taschenlampe spielen, bis die Batterien alle sind.“ (Jetzt hat der Mann statt meines Mitleids meinen Respekt!)
„So wie ich?“
„So wie du.“
„Da ganz oben?“
„Da ganz oben.“
Sie legt den Kopf weit in den Nacken und zwei weitere Sterne beginnen zu funkeln.
„Schlaft schön, [strike]hihi[/strike]“[red],[/red] kichert sie und „Träumt was Schönes!“ ruft sie. (wieder stört mich der Satzbau; [blue]...“, kichert sie und ruft: „..[/blue])
Dann klettert sie ins Wohnmobil, kriecht unter alle vorhandenen Decken (ziemlich viel für ein 5jähriges Mädchen, wirkt übertrieben), nimmt das Wäscheschild des Kopfkissens in die eine Hand, stöpselt den Daumen der [red]a[/red]nderen in den Mund, schließt die Augen und ist schon ganz weit weg – [red]F[/red]antastillionen Kilometer weit. (prinzipiell schönes Ende, aber irgendwie fehlt mir der Vater. Vielleicht nach den Augen schon einen Punkt machen und so etwas wie [blue]als der Vater mit sich selbst zufrieden auf dem Weg zum Wein ist, ist sie schon ganz weit weg...[/blue] einfügen; etwas Eigenlob hat der Mann verdient!)
 

Omar Chajjam

Mitglied
Großes Lob, Supertext. Die Kritik ist nicht zu schlagen. Aber so viel, die Vaterfigur ist mir zu pädagogisch angelegt. Dies ganzen Vorüberlegungen mit kindgerecht irritieren etwas.

Omar
 



 
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