Gedanken am Fenster...

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Paloma

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Es klingelte. Mühsam stand ich auf und schlurfte die paar Schritte zur Tür. Seit einiger Zeit wollten meine Beine nicht mehr so recht. „Ja, das Alter“ dachte ich und betätigte den Türöffner. Herr Baumer, der Briefträger, kam mit großen Sätzen die Treppe herauf. Er grüßte mit einem Lächeln und drückte mir einen Stapel Post und Werbung in die Hand. Dann verschwand er genauso schnell wie er gekommen war.

Ich ging zurück in mein Wohnzimmer und setzte mich an den kleinen Tisch, der gleich am Fenster stand. Von dort aus konnte ich auf die Straße sehen und es war im Laufe der Zeit mein Lieblingsplatz geworden. Ich begann die Post zu sortieren. Die Werbung legte ich erst einmal zur Seite. Ein paar Briefe erkannte ich am Umschlag, den meiner Sparkasse, die mir die Kontoauszüge jetzt immer zuschickten und auch den, der die Telefonrechnung enthielt.

Mein Herz schlug schneller, als ich einen länglichen Umschlag mit schwarzen Rändern in den Händen hielt. Ich drehte und wendete ihn, überlegte zu wem die Handschrift gehörte, die meine Adresse fein säuberlich darauf geschrieben hatte. Schließlich öffnete ich ihn. Mit zitternden Händen griff ich nach der Karte im Inneren und zog sie langsam raus. Zögernd griff ich nach der Lesebrille und setze sie auf. Ich atmete tief durch und las:

Heute hat Gott, unser Vater. . . blah blah bald

. . . .Mutter, Schwester . . . . u.s.w., u.s.w

Lena Holger

zu sich geholt. . .

Ich spürte wir mir kalt wurde, wie die Kälte langsam meine Beine hoch kroch, griff nach der Decke und zog sie über die Knie. So, Lenchen war also tot. Lenchen war meine Cousine, die Tochter des Bruders meiner Mutter. Wir waren zusammen aufgewachsen. Hatten in Nachbarhäusern gewohnt und waren zusammen in der Schule, in verschiedenen Klassen, Lenchen war 1 ½ Jahre jünger als ich. In all den Jahren waren wir wie Schwestern, bis sie in eine andere, weit entfernte Stadt gezogen war. Anfangs hatten wir noch regelmäßig telefoniert, dann war unsere Freundschaft irgendwie leise eingeschlafen. Und nun - war Lenchen tot.

Ich schaute aus dem Fenster. Der Tod passte gut in diese dunkle Zeit. Die Bäume auf der anderen Straßenseite, die mir stets ein Bild der Jahreszeiten herauf schickten, waren fast kahl. Es regnete, die Menschen gingen gebeugt und versuchten mit ihren Schirmen dem Wind zu trotzen. Es war kalt und trostlos – nicht nur auf der Straße. . .

Ich zog die Decke rauf bis an die Schultern. Mein Blick fiel erneut auf den Gehweg. Ein Hund kläffte einen Passanten an, der wild gestikulierte und irgendwas unverständliches rief.

Früher hatten wir auch einen Hund. Herbert, mein Mann, war so ein Hundenarr. Als Herbert vor drei Jahren starb, musste ich den Hund ins Tierheim geben. Mir wäre es schwer gefallen ihn alleine zu versorgen. Die Jahre ohne Herbert waren leerer geworden. Wir hatten über lange Jahre eine gute Ehe geführt. Natürlich hatte es Krisen gegeben, aber wir hatten sie gemeistert und waren Freunde geworden, bis er mich alleine ließ und an einem kaltem Novembertag, genauso einem Tag wie heute, einen Herzinfarkt bekam und starb. Und, jetzt war Lenchen tot.

Der Regen rann wie Tränen über meine Fensterscheiben und ich fühlte wie meine Wangen nass wurden. Jetzt würde ich wohl bald dran sein. Ich horchte in mich hinein. Angst? Nein, Angst hatte ich nicht, nicht mehr. Wenn es soweit war, würde ich mich nicht wehren, würde einfach gehen – dahin wo Herbert und Lenchen schon waren. . .

November 2003
 

egotrip

Mitglied
Gedanken am Fenster

Hallo Paloma,

der Anfang ist ganz gut. Nur manche Zeilen wie manche Ausführungen die etwas langwierig ausgeschmückt sind (nach meinem Geschmack) habe ich in Klammern gesetzt.

Dann mit der Decke hochziehen und aus Fenster schaun. Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen.


Ich spürte wir mir kalt wurde, wie die Kälte langsam meine Beine hoch kroch, griff nach der Decke und zog sie über die Knie. So, Lenchen war also tot. Lenchen war meine Cousine, die (Tochter des Bruders meiner Mutter). Wir waren zusammen aufgewachsen. Hatten in Nachbarhäusern gewohnt und waren zusammen in der Schule, in (verschiedenen Klassen), Lenchen war (1 ½ Jahre) jünger als ich. In all den Jahren waren wir wie Schwestern, bis sie in eine andere, weit entfernte Stadt gezogen war. Anfangs hatten wir noch regelmäßig telefoniert, dann war unsere Freundschaft irgendwie leise eingeschlafen. Und nun - war Lenchen tot.

Ich schaute aus dem Fenster. Der Tod passte gut in diese dunkle Zeit. Die Bäume auf der anderen Straßenseite, die mir stets ein Bild der Jahreszeiten herauf schickten, waren fast kahl. Es regnete, die Menschen gingen gebeugt und versuchten mit ihren Schirmen dem Wind zu trotzen. Es war kalt und trostlos – nicht nur auf der Straße. . .

(Ich zog die Decke rauf) bis an die Schultern. Mein Blick fiel erneut auf den Gehweg. Ein Hund kläffte einen Passanten an, der wild gestikulierte und irgendwas unverständliches rief.

(Früher hatten wir auch einen Hund. Herbert, mein Mann, war so ein Hundenarr. Als Herbert vor drei Jahren starb, musste ich den Hund ins Tierheim geben. Mir wäre es schwer gefallen ihn alleine zu versorgen. Die Jahre ohne Herbert waren leerer geworden. Wir hatten über lange Jahre eine gute Ehe geführt. Natürlich hatte es Krisen gegeben, aber wir hatten sie gemeistert und waren Freunde geworden, bis er mich alleine ließ und an einem kaltem Novembertag, genauso einem Tag wie heute, einen Herzinfarkt bekam und starb.) Und, jetzt war Lenchen tot.


So für Regentage find ichs gut.

Lieber Gruß
 



 
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