Gedanken eines Erfolgreichen

bosbach46

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Gedanken eines Erfolgreichen

Kennen Sie die unvergleichliche Erregung, die bei bestimmten Gedanken, den ganzen Körper durchflutet ?

Eine Anspannung, die im Bauchraum beginnt, die nach und nach bis in die letzte Faser menschlichen Gewebes vordringt. Ich meine ein mächtiges Gefühl, dass man scheien könnte, wenn man noch könnte.
Nun gut, meine Erregung ist begründet:

Also, da ist nebulös eine Frau, grün gekleidet hantiert sie an mir herum. Selbstverständlich liege ich im Bett. Die Frau zupft soeben an meinem Glied und ich frage mich: Hat sich das Leben gelohnt?

Die Frage ist bekannt! Sie ereilt gnadenlos Alle, ohne Rücksicht auf Geschlecht, Bildung, Nationalität, Position. Irgendwann, bohrt sie und drängt zur Antwort. Eine Antwort, die der sich Fragende gleichsam selbst beantworten muß. Wehe, wenn der Fragende keine Antwort erfindet!

Haben Sie Schmerzen, fragt die grüngekleidete Frau.

Blöde Frage, denke ich wütend.

Natürlich schmerzt physisch nichts, ich bin ja schließlich vollgepumpt mit Morphium. Gern würde ich "dumme Kuh" schimpfen, allerdings stört da der Beamtmungsschlauch. Ich bekomme keinen Ton heraus.
In meiner Lageanalyse erlange ich die Gewissheit: Die nächste Reanimation wird daneben gehen. Es geht mit mir zu Ende.

Erregend! Nicht wahr?

Und dann taucht meine Frau auf. Dem Himmel sei Dank!
Sie hat den Börsenbericht dabei. Sie liest mir die Kurse vor. Was wird aus BMW? Panik! Und aus der Telekom? Wie wird Hoechst aus der Talsohle heraus finden? Hoffentlich klappt die Entlassung von 2000 Mitarbeitern. Sorge, übermächtige Sorge!

Jetzt wird es plötzlich schlagartig dunkel. Ich bin allein. Ich höre noch, wie etwas Urin aus meinem Katheder in den angeschlossenen Beutel tropft. Jetzt verweilt nur noch die einzige wichtige Frage statisch in meinem Kopf:

Habe ich im Diesseits genug abgesahnt?

Habe ich irgendwann einmal vergessen, am Grundsatz fortwährender Wertschöpfung orientiert gewesen zu sein?

Ein letztes Mal rieche ich die grüne Frau. Ihr liebliches Parfüm liebkost meine Nase, als sie mir zwei kalte Tupfer auf die Augen legt.
 



 
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