Gegen den Strich

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Gegen den Strich

Zwischen den Lamellen blinzelt das Tageslicht herein. Meine Hände greifen nach dem Gurt und ziehen den Rollladen hoch. Erwartungsvoll schaue ich in den Tag.
Es regnet. Nicht der schrille Weckruf einer Uhr riss an dem Vorhang der Morgenruhe. Es ist das in sekundenschnelle sich wiederholende monotone Trommeln der Regentropfen auf dem kupfernen Fenstersims.
Weiße Wolken stehen am Himmel. Dazwischen größere Schwaden, schwer und grau. Sie füllen die Lücken aus, aus denen vorsichtig das Blau des Himmels hervor schauen möchte. Doch es regnet und regnet!
Kurz vor Mitternacht hatte es begonnen zu regnen. Nun stehen Pfützen, in denen die Tropfen fallen und kleine Wellen die Oberflächen verzerren. Noch spiegelt sich das Laternenlicht der Nachtbeleuchtung in ihnen. Zögernd versucht der Tag, das Dämmerlicht zu vertreiben.
Über die Dächer rinnt das Wasser. Nur mit einem Ziel: Sich in der Regenrinne zu vereinen. Zusammengepresst schießt das Wasser in das Rohr nach unten. Um wieder auseinander gerissen seinen Weg fortzusetzen.
Nur wenig versiegt im Boden. Das andere fließt weiter, eilt davon, über den Bürgersteig auf die Straße, entlang der Bordsteinkante planschend, um dann im Gully zu verschwinden. Empor quellende Luftblasen sprudeln das Wasser nochmal nach oben. Gurgelt ängstlich und fällt in sich zusammen, um dann doch auf den weiten unterirdischen Weg unter den Häusern und Straßen dem Fluß entgegen zu strömen.
In den Lichtern der Scheinwerfer der vorbeifahrenden Autos leuchten die Regentropfen wie Kristalle, die im Spiegel der Nässe auf der blank gefahrenen Fahrbahn wie Fabelwesen vorauseilen. In den Reifenrillen gequetschtes Wasser wirbelte empor. Heißem Atem gleich, Nebelschwaden, die die Sicht im Dämmerlicht ersticken. Durchtränkter Sand, vermischt mit Splittern kleiner Steine, fliegt Geschosse ähnlich davon. Und fallen in einem Hagelschauer gleich auf die Windschutzscheiben nachfahrender Autos.
Matschige vom Wasser durchtränkte Blätter auf den Gehwegen. Rutschbahnen, auf der die Füße keinen Halt finden.
Rasende Autos spritzen aus den Pfützen das Wasser auf die Gehwege. An den letzten Blättern an den Bäumen rüttelt der Wind und die loslassen, nimmt er mit, und lässt sie auf dem Flusse fallen. Weiter immer weiter geht die Reise. Wie kleine Schiffe drehen und wenden, doch unaufhaltsam fortgespült von den Fluten.
Auf den Feldern kein Halm, kaum ein Korn. Abgeerntet, umgepflügt liegen sie bereits in Erdschollen versteckt. Das, was noch zwischen den Furchen zu finden ist, fressen nun die großen schwarzen Vögel.
Im Gras liegen ein paar Äpfel. Auseinander gerissen, zerfetzt das Fruchtfleisch beim Aufprall auf dem Boden und schon halb verfault. Eine Katze stakst über die Wiese und legt sich auf die Lauer. Regungslos verharrt sie.
Wohl kaum wird eine Maus Lust verspüren, ihren Kopf aus dem Erdloch zu stecken. Bei diesem Wetter.
Noch schlaftrunken führt der Nachbar seinen Hund Gassi. Er mit einem Schirm beschützt. Der Hund tottet daneben, bereits pudelnass. Man sieht es beiden an, das Wetter begeistert auch sie nicht. Etwas schneller als sonst rennt der Hund über die Wiese, setzt sich unter einen Busch und verrichtet seine Morgentoilette. Eben so schnell saust er zurück zu seinem Herrn. Beide schauen sich verständnisvoll an. Alles gegen den Strich meinen beide und drehen um. Schnell eilen sie wieder heim.
Aus dem Radio der Wetterbericht: Der Himmel ist heute meistens bewölkt und verbreitet regnet es. Das Thermometer erreicht tagsüber Höchstwerte zwischen 7 und 12 Grad. In der Nacht liegen die Tiefstwerte bei 6 bis 4 Grad.
Ich schaue nochmals durch das Fenster hinaus. Und verschiebe alles auf morgen. Ich lese in Ruhe die Zeitung, und genieße auf meine Art diesen verregneten Sonntag.
 



 
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