Geh

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anbas

Mitglied
Geh

Geh
höhnten die Soldaten
und brannten seine Hütte nieder

Geh
sagten Nachbarn
und warnten ihn vor Schlimmerem

Er verkroch sich
hatte Angst um sein Leben

Geh
sagte die Mutter
pass auf dich auf

Geh
sagte der Vater
und mach uns keine Schande

Man sammelte Geld
verkaufte Hab und Gut
machte Schulden
für seine Flucht

Geh
sagte der Onkel
und gib mir später mein Geld zurück

Geh
sagte die Großmutter
Gott schütze dich

Er machte sich auf
den Weg ins Ungewisse

Geh
sagten die Schleuser
und brachten ihn über viele Grenzen

Geh
sagte man in den Ländern
die er durchquerte

Er hungerte und durstete
sah Menschen sterben
und ging doch immer weiter

Geh
sagten andere Flüchtlinge
als er nicht mehr weiter konnte

Geh
sagte immer wieder
eine Stimme tief in ihm drin

Erschöpft
erreichte er sicheren Boden

Geh
sagten die Polizisten
und nahmen ihn mit sich

Geh
sagten die Menschen im Amt
und schickten ihn in ein Lager

Man befragte ihn
gab ihm Papiere
und Hoffnung keimte auf

Geh
brüllten die Leute
und brannten sein Heim nieder
 

anbas

Mitglied
Hallo herziblatti,

ich danke Dir für die Rückmeldung.

Es könnte auch "das Heim" oder "sein neues Heim" heißen, doch es läuft darauf hinaus, dass es "sein Heim" ist. Ich denke, dass es so stehen bleiben kann.

Liebe Grüße

Andreas


PS: Danke auch für die neu hinzugekommenen Wertungen!
 
Hallo anbas,
ein beeindruckendes Gedicht.
Es würde mir aber noch mehr unter die Haut gehen, wenn Du auf die 3., 6., 9., 12. und 15. Strophe verzichten könntest.
Herzliche Grüße
Karl
 

molly

Mitglied
Hallo Andreas,

mir gefallen auch die "Zwischenzeilen": ein Augenblick stockt die Flucht, dann geht es weiter.

Liebe Grüße

Monika
 

anbas

Mitglied
Lieber Karl,

ich danke Dir für Deine Rückmeldung und die Wertung.

Die von Dir angesprochenen Zeilen möchte ich gerne behalten. Sie geben dem Gedicht einen bestimmten Rhythmus, den ich nicht missen möchte. Es sind Einschübe, Gedanken oder weitere Gesichtspunkte. Sie sorgen für eine kurze Einkehr. Sicher, dadurch wird dem Gehen ein wenig das "Getrieben werden" genommen. Doch befürchte ich, es würde zu eintönig werden, wenn diese Einschübe nicht da wären.

Inhaltlich oder hinsichtlich einzelner Formulierungen bin ich durchaus für konstruktive Vorschläge offen.

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Hallo Monika,

danke für Deine Rückmeldung. Ausführlich habe ich ja soeben bei der Antwort zu Karls Kommentar etwas zu den angesprochenen Stellen gesagt.

Liebe Grüße

Andreas
 
L

Liani

Gast
Wenn es nur um den Einen ginge, der in deinem Gedicht in die Ungewissheit wandert. Doch, wenn man die Menschenmassen sieht,die sich auf den Weg gemacht haben, kann man nicht begreifen, wie sich jedes einzelne Schicksal zum Guten wenden könnte. Es ist tragisch. Schön, dass du dafür Worte gefunden hast.
Liebe Grüße von
Lisa
 

anbas

Mitglied
Hallo Liani,

hab Dank für Deine Gedanken.

Leider ist es illusorisch, dass sich bei allen das Schicksal zum Guten wendet. Physisch wurden viele gerettet - psychisch ist die Flucht und das, was in dieser Zeit und auch davor geschehen ist, noch lange nicht vorbei. So bitter es ist - manchen Menschen gibt das Leben im Exil endgültig den Rest. Sie zerbrechen dann ganz.

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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