Geschichte aus den Bergen I

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Woschanova

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Hoch oben, im weichen Moos der Almwiese lagen wir und unsere Blicke wanderten südwärts. Sie streiften gerade noch die Dachschindeln des Hofes, der so weit fort schien und kaum noch erahnbar war. Der See, weiter entfernt unten im Tal, eingerahmt von Bergen die in Dunst gehüllt waren, spiegelte schimmernd glänzend in königlichem Blau den Himmel wieder.
Seit Stunden schaukelten unsere Seelen auf dem Wellenmeer unserer Träume und Wünsche. Wattebäuche von hellweißen Wolken erzählten uns die gleichen Geschichten, die langen ewig alten, von der Zuneigung, der Liebe und des Begehrens. Erzählten vom Sinn und Unsinn der Besitzgier, dem Mein und Dein und das Täuschung auch keine Lösung sei. Sprachen vom Reizen und Necken und malten uns eine Welt in den Äther, die so vergänglich ist wie ein Augenschlag.
Noch während des Aufstieges, von 1000 m Höhe an aufwärts, als Du vor mir gingst, wegen der Enge am Hang, auf schmalen Pfad, dein Duft die Luft durchwehte und gewissermaßen alles belanglos erschienen ließ, dass die Schönheit der Natur fast verblasste. Eine Augenweide, deinen Gang zu beobachten. Du kanntest den Weg, hattest ihn viele Male in all den Jahren beschritten, jeder Stein, jeder Fels, so mancher Baum und Strauch war dir vertraut von vielen Aufstiegen her. Du kanntest das Ziel, die Alm und geschmeidig schrittest Du voran. Deine Erzählungen über die vielen Aufstiege um Vorräte hochzubringen, die Tiere zu versorgen, nach dem Rechten schauen, Reparaturen durchzuführen, feiertags mit den Kindern rumzutollen, oder einfach nur um in Stille zu träumen, zu schreiben, sog ich in mir auf. Die Schönheit deiner Stimme, deine Bestimmtheit in manch erzählter Anekdote, dein Dialekt, der mich reizte, so vieles, was dich noch liebenswerter machte, mich begeisterte. Nur selten konnten wir uns die Hände reichen, ein Stadtbummel war es schließlich nicht. Die wenigen Male aber, wo die Möglichkeit bestand, suchend und schnell findend, wussten wir, wir waren im Recht.
Es war das Recht der Liebe, trotz partnerschaftlichen Gebundenheit, zweier, die sich suchten, in Übereinstimmung ihrer Gefühle und Träume. Schon seit längerer Zeit trat ein immer wiederkehrendes gegenseitiges Interesse ein. Der innere Blick wurde geschärft, Membranen der Skepsis durchlässiger und die Amplituden der Seelenströme steigerten sich derart, das Intimstes für beide mitteilbar wurde. Die Freuden, auch die Nöte schwangen von einem zum anderem, ohne die sonst lästig empfundene Selbstkontrolle und damit einhergehenden Vorsicht, sich nicht zuviel zu öffnen, mitzuteilen.
Die Wiese, erst kürzlich von dir gemäht, nun wieder mit kleinen Heublumen und Moos gezierte duftige Bettstatt unserer Liebe, lag oberhalb der Hütte, die schon viel, sehr viel gesehen und gehört hatte. Quasi, das verlässlich schweigende Geschichtsbuch vieler Generationen Verliebter in den Bergen. Waren wir überhaupt verliebt? Bestand die Zuneigung unserer Seelen aus Liebe, aus dem Versuch, den eigenen "Marktwert" zu finden oder nur aus sexueller Gier? Warum überhaupt waren wir hier? Das aber waren Gedanken, die erst viel später, ja Monate später auf uns einströmten. Im Bewusstsein größter Anziehung, stärker als jedes Magnetfeld, größter Gravitation zweier Herzen, umarmten wir uns küssend, mit Glückstränen in den Augen, schauten wir uns an, erkennend, dass wir endlich allein, fern aller Untiefen des Schicksals, wir Selbst sein durften. Aus dem Korb, den wir mit brachten, zauberten wir eine köstliche schmeckende Brotzeit hervor. Das Quellwasser aus dem nahen Brunnen, der dir als Kind riesig und unergründlich vorkam, erfrischte, schmeckte nach Fels, Eis und tiefen Geheimnissen. In den langen Wintern, so erzähltest du, als draußen der Schnee kniehoch lag, seiest Du als Kind mit Deinen Geschwistern, jauchzend, nach Stunden nass und durchgefroren, immer über diese Wiese heruntergerodelt, auf der wir nun lagen. Dass der Brunnen dann eingefroren sei und in Eiszapfen gehüllt, fast wie ein Gespenst aussah. Einmal auch sei eine Lawine mit Getöse herunter gekommen, die aber keine großen Schäden hinterließ. Nun aber nach Ewigkeiten des Wartens aufeinander, es war nicht einfach gewesen, uns zu treffen, lag eine Welt vor uns, die schöner nicht sein konnte. Ein Alpengras unsere Nacken kitzelte, die dicht nebeneinander ruhten. Sanft und leise, bedächtig ruhig, mit einem Glanz in den Augen der Diamanten ähnlich war, fuhrst du mit deiner Hand mir durchs Haar, sprachst von der Sehnsucht, all der Jahre, deiner Seelenverwandtschaft endlich zu begegnen und von dem Lösungssuchen, dass dir durch den Kopf ging. Musste unser Zusammentreffen ein Geheimnis bleiben?
Deine Ehe, eine nicht unglückliche, relativ gute Beziehung zu deinem Gatten über die Jahrzehnte, wollte ich, wolltest du, nicht gefährden. Immerhin wart ihr für Außenstehende ein fast ideales Paar. Welch ein Widerspruch in der Realität lag, wurde uns bewusst und dennoch lagen wir uns in den Armen und verlangten mehr voneinander, nahmen das Zittern unserer aufgewühlten Körper wahr. Das Spiel der Liebe, das Kumulieren der Gefühle, der Höhepunkt, war jedoch nicht der einzige Grund unseres Treffens. Wie aber konnten wir unsere Liebe leben, ohne andere zu verletzen, zu enttäuschen?
Gehört der Mensch, nur einem Einzigen, darf er ausschließlich nur diesem Menschen begehren und lieben, auch wenn das eigene Innere sich nach dem Anderen sehnt, sich quält und windet, sich teilen möchte, wie der Mond, die Sonne, sich einen Himmel teilen, war unser Tun verboten? Sollte diese Liebe zu den unglücklichen Lieben gehören, zu denen, die einen bis zum Tod verfolgen und erst auf dem Sterbebett sich erkennbar offenbaren, in dem du und ich einander riefen, die zitternde Hand ein letztes Mal zu halten?
Erst am späten Nachmittag, die Sonne warf schon lange Schatten, fiel uns auf, wie schnell die Zeit vergangen war. Eine Zeit voller Glück, Harmonie und auch Gefahr. Jetzt erst begaben wir uns zur Hütte, die Du aufschlosst und mir den Schlüssel der Hütte und Deines Herzens mit einem Kuss in die Hand drücktest. Du musstest pünktlich zurück sein, pünktlich zum Abendbrot für deine Familie. Der Abstieg zum Berghof musste schnell geschehen und so brachte ich dich eiligen Schrittes bis zur letzten Wegbiegung davor zurück. Ein letzter flüchtiger Kuss für heute und ein gegenseitiges Versprechen, aufeinander Acht zu geben, so entließen wir uns in die reale Welt. Die Nacht gehörte deinem Mann, mir scheinbar der Tag.
Zurückgekehrt zur Hütte, schnell atmend vom Aufstieg, es war schon dunkel geworden, der Mond zeigte sich hinter den Bergen aufgehend, liefen mir Tränen über das Gesicht. Gerührt von der ersten Begegnung mit dir fiel ich in einen tiefen, teils unruhigen Schlaf.
 

Julien

Mitglied
Ehrlich gesagt, wundere ich mich über 2 Dinge hier.
Erstens darüber, daß diese meiner Meinung nach wunderschöne und sehr gut nach-fühlbare Geschichte bisher ohne jede Zustimmung anderer Leser blieb;
und zweitens darüber, daß Du die Geschichte als "Versuch zur Korrektur" überschreibst. Was Du beschreibst, ist so gut in Worte und Empfindungen gefaßt, daß meiner Meinung nach nichts verändert werden muß. Allenfalls die Formulierung über die "erst am Sterbebett offenbarte Liebe" bringt für mein Empfinden einen etwas zu traurigen Ton in diesen einen Absatz...
Das Ganze klingt so intensiv, daß ich den Eindruck nicht loswerde, Du beschreibst eigene Erlebnisse und Gefühle. Und als außenstehender Leser ertappe ich mich dabei, "mehr" von dieser Seelenverwandtschaft wissen zu wollen.
Ich finde Deinen Text einfach bewegend gut!
 

Woschanova

Mitglied
*freu*

Liebe Julien,
danke für deine herzlichen Worte.
Die Geschichte stand schonmal in der Leselupe und diese
Fassung entstand auf Basis der Kritik, die einige Leselupe-User vorgetragen hatten. Kann es sein, das ich sie hier falsch gepostet habe? Das schreiben bei mir ist grundsätzlich Autobiographisch und was mich bewegt dient als Ideenspender.
Lieben Gruss Wolfgang
 

think twice

Mitglied
Hallo Woschanova,

Ich kann nur schwer nachvollziehen, was andere an dieser Geschichte so toll finden. Inhaltlich mag sie ja ganz ok sein, aber vom Schreibstil her wirkt sie auf mich eher so, als hättest du bei jeder Formulierung krampfhaft nach den ausdrucksstärksten Worten gesucht - wodurch die Geschichte auf mich nur noch kitschig und unglaubwürdig wirkt.

Vielleicht stehe ich mit dieser Meinung alleine da, aber ich finde, weniger ist manchmal mehr.

Liebe Grüße
think twice
 
D

Daktari

Gast
ein wenig mehr Takt

Hallo, think twice!

Natürlich könnte man vorliegende Story ein wenig verbessern. Aber vielleicht kritisierst Du das nächste Mal etwas dezenter - bitte. Auch hier ist weniger manchmal mehr. Ich weiß ja nicht, wie erfahren Woschanowa schon ist. Und ich fände es schade, wenn jemand an Motivation verliert, weil ihn eine harte Kritik zu sehr gekränkt hat. Soll bitte kein Anschiß sein, aber sie hat sich wirklich solche Mühe gegegen, die Situation nachvollziehbar zu beschreiben, daß man sich auch mit der Kritik etwas Mühe geben sollte.

Danke fürs Verständnis
Ciao
Tim
 

think twice

Mitglied
Hallo Daktari,

Ich habe nur meinen persönlichen Eindruck wiedergegeben.
Dass anderen die Geschichte gut gefällt, kann ich zwar nicht verstehen, aber ich akzeptiere es. Mir persönlich gefällt sie nicht und mehr habe ich in meiner "Kritik", die ich selbst zwar nicht als solche bezeichnen würde, auch gar nicht gesagt.

Geschmäcker sind verschieden, und ich denke, jeder hat auch das Recht, zu sagen, was ihm gefällt und was nicht, ohne dass es vom Gegenüber sofort als böse Kritik angesehen wird.

Jedenfalls hatte ich nicht vor, jemanden durch meine Meinung zu beleidigen oder zu demotivieren. Falls das so gewesen sein sollte, dann tut mir das wirklich aufrichtig leid.

Liebe Grüße
think twice
 
D

Daktari

Gast
zu harte Kritik an der Kritik

Hi, think twice!

Ich wollte Dich ebenfalls nicht angreifen. Habe das Gefühl, daß meine Worte vielleicht doch ein wenig zuz harsch waren. Sorry, das war nicht so gewollt.

Danke und Ciao
Tim
 

Woschanova

Mitglied
*smile*

AN think twice und Tim,
wehleidig bin ich nicht im Umgang mit Texten.
Mir ist eine ehrliche und harte Kritik lieber, als Worte wie "schön ... usw." Keinen Stress keimen lassen, beide habt ihr das Recht, gelesenes auseinander zunehmen und zu prüfen, jeder auf seine Art und Weise.
In diesem Sinne nochmals Danke und einen
herzlichen Gruss Wolfgang
 



 
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