Geschichten der Wälder Das Kraut der Gnome

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Geschichten der Wälder
Das Kraut der Gnome

Jack lebte mit seinen Eltern am Rande eines riesigen Waldes. Es war Spätsommer und die Sonne war seit einer Stunde dem Mond gewichen. Das kleine Haus lag etwas abseits der Stadt. Nur deswegen hatte sein Vater es sich leisten können. Als Schumacher verdiente er sehr wenig und sein Lohn reichte für Unterkunft und Nahrung, nicht aber für Medizin, welche Jacks kranke Mutter dringend benötigte. Sie war eines Tages frohen Gemüts in den Wald gegangen und am Abend blass und krank wieder gekommen. Jack konnte sich nicht erklären warum seine Mutter auf einmal krank war und jedes Mal wenn er sich bei ihr erkundigen wollte, wechselte sie das Thema. Sollte man den Worten des Vaters Glauben schenken, so würde seine Frau den nächsten Winter nicht überleben.
Der 10-Jährige Jack sass, gekleidet in ein Nachthemd, in seinem Zimmer auf einem alten Holzhocker und starrte nachdenklich aus dem Fenster. Schon seit Tagen überlegte er wie er seiner Mutter helfen konnte. Jack brauchte die Medizin, das war ihm bewusst, denn er war zwar noch ein Knabe, jedoch nicht dumm.
Der Wald lag dicht, wenige Meter entfernt, vor dem Haus. Lange Nebelschwaden zogen sich um das grüne Dickicht und das Mondlicht gab das seine zu dem düsteren Bild. Sein Vater hatte ihm verboten in der Nähe der Bäume zu spielen. Oft musste Jack sich seine Geschichten über böse Hexen, giftige Gnome und zornige Waldgeister anhören. Sein Vater hatte nach dem Erkranken seiner Mutter ein Buch über Waldwesen erworben. Es trug den Titel: „Die Gesetze der Wälder“. Jeden Abend las er Jack daraus vor und ermahnte ihn niemals in den Wald zu gehen. Doch anders als sein Vater glaubte Jack nicht an diese Wesen. Dienten die Geschichten eigentlich zur Abschreckung so fand Jack sie spannend, weshalb er schon oft im Wald spazieren gewesen war.
Die Treppe knarrte. Jack erhob sich, öffnete die Tür seiner kleinen Kammer und steckte den Kopf hinaus. Sein Vater ging über den alten Holzboden und verschwand im gegenüberliegenden Zimmer, wo die Mutter seid mehreren Wochen das Bett gehütet hatte. Die beiden unterhielten sich, doch an Jacks Ohren drang nur ein leises Gemurmel. Langsam schlich er aus seinem Zimmer an die Tür des Schlafzimmers seiner Eltern, darauf bedacht die vielen Bretter zu meiden, die bei Belastung anfangen würden zu knarren. Vorsichtig legte er das linke Ohr an die Tür und lauschte.
„Liebling. Es tut mir so schrecklich Leid. Ich schaffe es einfach nicht. Für die Kräuter die du benötigst, müsste ich 20 Paar Schuhe an einem Tag verkaufen.“
„Mein Liebster. Mach dir keine Sorgen. Wenn der Herr mich holen will, so bin ich bereit.“
„Damit gebe ich mich nicht zufrieden. Vorher gehe ich in den Wald und sammle die Kräuter selbst.“
Jacks Mutter stiess einen erregten Seufzer aus.
„Nie wieder darfst du daran denken! Versprich es mir! Du und Jack ihr dürft niemals in den Wald gehen. Du weisst genau, dass das Kraut der Gnome streng bewacht wird.“
Jack schöpfte Hoffnung. Das also war die Medizin, die seine Mutter brauchte. Die Geschichte mit den Gnomen und ihren wertvollen Kräutern, die sie wie ihre Augäpfel schützen, hielt Jack natürlich für frei erfunden, als sein Vater sie ihm vorgelesen hatte. Einmal war er an eine Stelle im Wald gegangen, wo er dieses Kraut mit dunkelgrünen Blättern und lila Blüten gesehen hatte. Zwar würde Jack um das Kraut zu holen abermals tief in den Wald gehen müssen, aber das hielt ihn nicht davon ab seine Mutter zu retten.
„Nun gut. Ich gehe nochmal nach dem Jungen sehen.“, sagte sein Vater.
Jack hörte wie er sich erhob. Er drehte sich abrupt um machte einen geschickten Satz auf seine Kammer zu, schloss die Tür, warf sich auf sein Bett und kniff die Augen zusammen. Sein Vater kam nur wenige Augenblicke später herein und setzte sich zu seinem Sohn. Mit einem traurigen Lächeln küsste er den scheinbar schlafenden Knaben auf die Stirn und verliess die Kammer.
Eine Stunde später setzte Jack sich auf. Die Zeit war sehr langsam vergangen. Er warf die Decke zur Seite. Schnell packte er Kleidung in einen alten Lederbeutel, zog sich an und schlich, so leise seine Füsse es vermochten, aus der Kammer und die Treppe hinunter. Unten angekommen sah er sich um. Rechts von ihm lag die kleine Nische mit der Vorratskammer. Dort angelangt öffnete er die Tür. Ein deftiger Duft von Wurst drang ihm entgegen. Sein Vater hatte erst vor drei Tagen zwei Paar seiner besten Schuhe beim Metzger gegen die Würste getauscht. Jack nahm sich zwei von einer langen Stange, an der sie in einer Reihe hingen. Darunter lag ein Leib Brot, den er in der Mitte brach und die Hälfte ebenfalls in seinem Sack verstaute. Dann schloss er die Tür der Speisekammer und ging hinaus. Wenige Meter vor dem Wald blieb er stehen. Angst hatte Jack keine. Vielleicht war er einfach nur ein bisschen vorsichtig. Er drehte sich noch einmal zum Haus um und verschwand dann mit einem langen Seufzer zwischen den Bäumen.
Durch die majestätischen Baumkronen viel kein Licht. Trotzdem konnte Jack sich sehr gut orientieren. Bis jetzt war der Junge nur tagsüber hier gewesen. Aber die Dunkelheit schreckte ihn nicht ab und bereits nach einer kurzen Zeit erkannte Jack eine weite Lichtung, die er schon oft passiert hatte. Hier wo die Bäume lichter wurden, konnte der Mond den Weg erhellen. Es sah aus, als hätte jemand ein riesiges Loch in den Wald gestanzt. Jack schritt voran, voller Zuversicht das Kraut der Gnome zu finden. Als er die Mitte der Lichtung erreicht hatte, hörte er ein Knacken im Wald. Er sah sich um. Sicherlich war es nur ein Wildschwein, das sich den Weg durch das Unterholz kämpfte. Jack ging unbeirrt weiter, als es links von ihm erneut knackte. Vielleicht ein Reh, das im Schutz der Dunkelheit nach Nahrung suchte. Der Junge bewegte sich nun langsamer und erwischte sich immer wieder dabei wie er nach dem Geräusch horchte. Da knackte es zum dritten Mal. Jack duckte sich hinter einem gestürzten Baumstamm. Er kniff die Augen zusammen, versuchte krampfhaft etwas zu erkennen. Ein Schatten. Jemand oder etwas hockte am Rande der Lichtung. Vielleicht ein Mensch? Jack überlegte, ob er sich bemerkbar machen sollte. Wenn es ein wildes Tier war, würde es ohnehin flüchten.
„He. Wer schleicht da?“
Die Gestalt hielt in ihrer Bewegung inne und sah zu Jack. Sie schritt langsam auf die Lichtung.
„He. Wer seid ihr?“
Wieder keine Antwort. Jack meinte eine Frau zu erkennen. Vielleicht hatte sie Angst. Er fasste seinen Mut und machte ein paar langsame Schritte auf sie zu. Die Frau ging ihrerseits auf die Lichtung und jetzt erstrahlte der Mond ihre ganze Gestalt. Ihr Rücken war gekrümmt, um Kopf und Schulter hatte sie ein Tuch gebunden und in der Hand hielt sie einen alten Stock auf den sie sich stütze.
„Ah. Ein Junge.“, sagte sie mit brüchiger Stimme. Jack lächelte sie an.
„Mütterchen, was macht ihr hier in der dunklen Nacht?“
„Nun, mein kleiner, das könnte ich dich auch fragen, nicht? Wieso schleicht so ein Frischling hier herum?“, geiferte sie und kam näher.
„Ich suche etwas. Und ihr?“
„Ich? Ich bin nur eine alte Frau, die jedem neugierigen Knaben, dem sie begegnet, einen Stoss mit dem Stock verpasst, wenn er zu viele Fragen stellt.“
Die Alte stand nun direkt vor Jack. Er hatte noch nie gehört, das alte Frauen während der Nacht im Wald spazierten.
„Was sucht denn der kleine Knabe?“
„Meine Kette. Habe sie wohl irgendwo hinter der Lichtung verloren.“
Warum Jack log, wusste er selbst nicht genau.
„Nun, Mütterchen. Ich muss weiter. Meine Kette suchen. Habt noch eine gute Nacht.“
Jack drehte sich um und wollte gerade weiter gehen, als die Alte etwas erwiderte.
„Eine Kette sagst du, Knabe? Ich habe eine Kette gesehen. Dort, hinter der Lichtung.“, sagte sie und wies mit einem langen knochigen Finger in eine Richtung.
„Komm. Ich zeige dir wo.“
Obwohl sich in Jack alles gegen die Entscheidung wehrte mit der Alten zu gehen, nickte er mit dem Kopf. Hätte er es nicht besser gewusst, würde er die Frau für eine Hexe halten. Aber schliesslich gab es keine Hexen, da war er sich sicher. Gemeinsam verliessen sie die Lichtung.
Nachdem sie eine ganze Weile gelaufen waren, kamen sie zu einem riesigen Baum, der auf einem Hügel stand. Jack war noch nie in diesem Teil des Waldes gewesen. In dem Hügel erkannte Jack einen kleinen Höhleneingang. Davor war provisorisch eine Tür, bestehend aus einem grossen Fassdeckel, geschoben. In dem Kopf des Jungen spielte sich schon jetzt das reine Chaos ab. Es war alles klar. Die Frau war eine Hexe. Sie versuchte ihn in ihre Höhle zu locken, ihn einzusperren und entweder zu verspeisen oder als Sklave zu halten. Genau das würde zumindest sein Vater jetzt behaupten. Aber es gab ja keine Hexen.
Vor dem Fassdeckel blieb die Frau stehen und blickte zu Jack.
„Das ist meine Höhle. Die Kette liegt noch ein ganzes Stück weiter im Wald. Hier können wir ruhen und später weiter gehen.“
Dann schob sie den Deckel zur Seite und deutete Jack hinein zu treten. Kaum war er in den von Kerzen erhellten Raum getreten, verschloss die Alte die Tür hinter sich und kicherte. Jack fuhr herum und starrte zum Fassdeckel. In einer gekrümmten Haltung murmelte die Frau etwas in sich hinein.
„So dumm. So dumm. Der kleine Knabe.“
Auf einmal wurde sie lauter und spie aus.
„SO DUMM. Du kleiner dummer Junge. Ich weiss wieso du hier bist. Ich habe auf dich gewartet.“
„Du...du bist....eine....eine....“, stammelte Jack.
„Sag es. Du kleiner dummer Junge. SAG ES!“
„Du bist eine Hexe.“
Jack konnte selbst kaum glauben, was er gerade gesagt hatte. Das Gesicht der Hexe begann sich zu verändern. Kleine Hautstücke bröckelten ab und brachten eine widerliche Fratze zum Vorschein. Jack traute seinen Augen nicht. Die Hexe lächelte ihn schief an.
„Du suchst das Kraut der Gnome um deine dreckige Mutter zu retten.“
„Mein Mutter ist nicht...“
„HALTS MAUL! Normalerweise wärst du schon tot. Aber ich habe gerade gegessen. Dein Glück! Setzt dich!“
In der Mitte des Raumes stand ein kleiner Holztisch mit drei Stühlen. Jack setzte sich. Überall erhellten Kerzen in allen möglichen Farben den Raum. Die meisten aber waren schwarz. Zu seiner linken hing ein Regal an der schiefen Höhlenwand. Darauf stapelten sich Bücher und viele unterschiedlich grosse Flaschen, alle mit farbigen Flüssigkeiten gefüllt. Die Hexe setzte sich gegenüber von Jack.
„Willst du einen Keks?“
Sie reichte ihm einen Teller mit matschigen Keksen. Ein Käfer krabbelte unbeholfen über das Gebäck. Jack schluckte. Er hatte seine Stimme wieder gefunden.
„Ist ja widerlich! Nein Danke.“
„Keinen Geschmack der Junge.“, kicherte die Hexe, nahm sich den Käfer und liess seinen Panzer mit einem lauten Knacken zwischen den Zähnen zerbrechen. Jack musste sich konzentrieren um sein Mageninneres bei sich zu halten.
„So so kleiner. Du willst also das Kraut der Gnome. Wie edel von dir dafür in den Wald zu kommen. Und mindestens genauso dämlich! Wenn sie dich erwischen, schlagen sie dir, bevor sie auch nur daran denken können mit der Wimper zu zucken, den Kopf ab! Woher ich das alles weiss? Ich bin eine Hexe Grünschnabel. Hast du ein Schwein, dass ich dich gefunden habe. Was hältst du von einem Handel.“
„Was für einen Handel?“
„So gefällst du mir schon besser. Die Gnome haben ihr Kraut mit einem Zauber geschützt. Ich kann es nicht erreichen. Aber du bist ein Mensch. Du könntest es schaffen. Oder du gehst dabei drauf. Genau weiss ich das auch nicht. Unsere Abmachung sieht wie folgt aus. Du bringst mir etwas von dem Kraut. Am besten so viel du tragen kannst. Und ich gebe dir einen Trank, der deine Mutter gesund macht. Weil ich heute ganz besonders gute Laune habe, bekommst du auch noch etwas anderes.“
Die Hexe stand auf und ging zu dem Regal. Nachdenklich schob sie einige Flaschen beiseite und holte eine kleine Ampulle, die hinter die Bücher gerutscht sein musste, hervor. Sie legte sie zu Jack auf den Tisch. In dem kleinen Glasgefäss befand sich eine grünliche Flüssigkeit. Verdutzt sah der Junge die Hexe an.
„Wie soll mir das Zeug weiterhelfen.“
„DU UNWISSENDER.“, brüllte die Alte.
„Darin befindet sich ein Trank. Sehr selten und sehr schwierig herzustellen. War für mich natürlich kein Problem.“
Sie grinste stolz und hob die lange Nase.
„Der Gnomenzauber wird dich zwar nicht töten, dafür aber die Gnome selbst wenn sie dich erwischen. Wenn du das Elixier trinkst, wirst du für eine kurze Zeit einer von ihnen.“
„So einfach ist das?“
„Mein Junge. Wir reden hier von Zauberei. Und nun hör\' genau zu! Wenn dir des Krautes Fund geglückt dann bring es zurück, bevor der Sonne Licht den Tag anbricht.“
„Was soll das denn heissen?“
„Das wirst du schon noch heraus finden. Jetzt geh! Und sei wieder hier bevor der Tag beginnt!“
Ohne ein weiteres Wort schob sie Jack zur Tür hinaus und knallte sie hinter ihm zu.
Was für eine Begegnung. Jack wusste nicht was er von der Alten halten sollte. Er versuchte seine Gedanken zu ordnen. Sie war eine Hexe, daran konnte seine Logik auch nichts ändern. Zwar hatte sie ihm mit dem Tod gedroht, trotzdem wirkte sie auf ihn gleichzeitig eklig und amüsant. Was hatte sie noch gesagt? Wenn dir des Krautes Fund geglückt dann bring es zurück, bevor der Sonne Licht den Tag anbricht. Aber wieso? Das Kraut konnte er doch genau so gut tagsüber pflücken. Voll ungeklärter Fragen setzte Jack seinen Weg fort und ging weiter in den dunklen Wald.

Nach einer gefühlten Ewigkeit blieb er stehen und setzte sich auf einen kleinen Fels. Die Stelle mit dem Kraut kannte er zwar, aber von der Höhle der Hexe aus hatte er die Orientierung verloren und einen falschen Pfad genommen. Frustriert öffnete er seinen Ledersack und machte sich an seinem Proviant zu schaffen. Gerade biss er hungrig in ein Würstchen, als er ein Licht auf dem Weg sah. Ungläubig blinzelte er, aber ohne Zweifel kam ihm ein weisses Licht entgegen. Es schien zuerst eine Armlänge über dem Boden zu schweben, aber bei genauerem Hinsehen, konnte er eine gangartige Bewegung ausmachen. Ein kleines Männchen. Ganz in weiss. Und was war das für eine Musik? Das Männchen pfiff. Eine fröhliche Melodie, die er nicht kannte. Wirklich komisch wirkte die Szenerie allerdings erst, als Jack bemerkte, dass das Männchen ihn gar nicht beachtete. Ohne den Kopf zu heben oder gar stehen zu bleiben, ging es an ihm vorüber. Jack räusperte sich.
„He. Kleines Männchen. Wer bist du?“
Das Männchen blieb stehen und sah zu Jack auf. Jetzt erst konnte der Junge das Gesicht erkennen. Es bestand lediglich aus drei schwarzen Punkten. Zwei lagen weiter oben, die als Augen dienten und einer weiter unten, der sich als Mund entpuppte. Der untere Punkt zuckte leicht. Anscheinend wollte das Männchen etwas sagen, aber aus dem schwarzen Loch kamen nur ungewöhnliche Knacklaute. Plötzlich hüpfte der kleine Mann aufgeregt hin und her und die Knacklaute überschlugen sich dabei. Dann beruhigte er sich wieder, ging ohne einen weiteren Knacker weiter und pfiff sein fröhliches Lied.
„Du. Warte doch mal.“
Jack stopfte den restlichen Proviant zurück in den Sack und lief dem Männchen hinterher.
„Ich spreche deine Sprache nicht. Kannst du mir vielleicht helfen?“
Das Männchen blieb stehen. Zwei laute Knacker hallten durch die Luft. War es jetzt wütend? Jack irritierte die fremde Sprache. Dazu kam, dass dem Männchen mit dem komischen Gesicht keine Mimik abzulesen war.
„Es tut mir leid, falls ich dich verärgert habe. Ich habe mich verlaufen und brauche jemanden, der sich hier im Wald auskennt.“
Das Männchen schien zu lachen. Jedenfalls glaubte Jack, dass es ein Lachen sein sollte. Mit einem Sprung gelangte der kleine Mann zum Wegesrand und brach von einem nahe stehenden Baum einen dünnen aber stabil wirkenden Zweig ab. Den nahm er nun in beide Hände und kritzelte schwermütig etwas in den Waldboden.
Mensch. Junge. Name.
Jack zeigte verdutzt mit dem Finger auf sich.
„Mein Name ist Jack.“
Das Männchen nickte hektisch mit dem Kopf.
Ich. Waldgeist. Klacks.
Jacks Augen weiteten sich. Noch nie hatte er einen Waldgeist in einem Buch, geschweige denn an diese Wesen geglaubt.
„Ich hatte mir Waldgeister immer viel grösser vorgestellt.“
Plötzlich riss der Geist den Zweig hoch und hielt ihn wie einen Degen. Bedrohlich stiess er mehrere Male nach Jack, der zurück stolperte und rücklings auf den Weg plumpste. Jack hatte den Angriff noch nicht mal erahnen können, so schnell hatte der Geist sich bewegt.
„Schon gut. Schon gut. Tut mir leid.“, sagte Jack und rappelte sich wieder auf.
„Also mein Herr Klacks kannst du mir den Weg zu den Kräutern der Gnome zeigen.“
Klacks drehte sich um und schrieb abermals etwas in den Boden.
Ich. Kenne. Wald.
„Ja, aber weisst du auch wo die Gnome wohnen?“
Wieso. Gnome. Finden.
„Weil meine Mutter sehr krank ist. Und wenn ich das Kraut nicht finde, vielleicht wird sie dann sterben. Kannst du mir helfen oder nicht?“
Klacks. Hilft. Jack.
Jack konnte sein Glück kaum fassen. Endlich hatte er eine Chance das Kraut doch noch vor Sonnenaufgang zu finden.
„Ok, wo leben die Gnome?“
Was. Klacks. Bekommen.
„Ich habe nichts was ich dir geben könnte.“
Klacks. Will. Essen.
„Essen? Hör\' mal Klacks. Ich habe nur noch Zeit bis Sonnenaufgang. Kannst du nicht mehr schreiben als drei Wörter?“
Klacks wackelte ruckartig mit dem Kopf und hüpfte wütend hin und her. Jack streckte schlichtend die Hände aus.
„Beruhige dich. Gut. Was willst du essen?“
Klacks. Will. Essen.
Jack zog aus seinem Beutel eine halbe Wurst, aber der Geist schlug sie aus seiner Hand.
„Nun gut. Du bekommst dein Essen. Dafür zeigst du mir den Weg.“
Hand. Drauf. Jack.
Auch wenn Jack nicht die geringste Ahnung hatte was Waldgeister aßen, willigte er in den Tausch ein. Ihm blieb keine Zeit sich mit Klacks zu streiten. Über die Bezahlung konnte er sich auch später noch Gedanken machen.
Klacks führte den Jungen noch tiefer in den Wald. Tatsächlich dauerte es nicht lange und Jack meinte einzelne Plätze wieder zu erkennen. Wie zum Beispiel eine kleine Quelle, die sie passierten, an der er bei früheren Spaziergängen gerastet hatte. Jetzt konnte es nicht mehr weit sein. Und schon nach wenigen Schritten blieb der Waldgeist stehen. Er drehte sich um, schrieb erneut etwas in den Boden.
Hier. Wald. Gnome.
Jack sah sich um. Der Wald hatte sich nicht verändert, noch wies irgendetwas anderes darauf hin, dass hier die Gnome lebten.
„Bist du dir sicher, dass wir hier richtig sind?“
Klacks hob langsam den Zweig in Richtung Jack.
„He. Kein Grund gleich wieder wütend zu werden. Ich glaube dir ja.“, sagte der Junge noch schnell bevor Klacks ihn mit dem Zweig attackieren konnte.
Klacks. Will. Bezahlung.
„Es war aber ausgemacht, dass du mich bis zu dem Kraut begleitest.“
Klacks. Kann. Nicht.
„Wieso nicht?“
Gnome. Wald. Geschützt.
Jack erinnerte sich. Etwas ähnliches hatte die Hexe gesagt. Auch sie kann das Kraut nicht selbst holen, weil der Wald der Gnome mit einem Zauber geschützt ist, überlegte Jack. Nur bei Menschen war der Bannzauber angeblich wirkungslos. Klacks konnte ihn nicht mehr weiter bringen. Den restlichen Weg musste Jack alleine gehen.
„Gut. Du bekommst deine Bezahlung aber erst, wenn ich das Kraut habe.“
Klacks sah nicht überzeugt aus. Trotzdem nickte der kleine Geist. Er deutete mit dem Zweig in die Richtung, wo er das Gnomenkraut vermutete. Jack hatte gerade den ersten Schritt gemacht, als ihm die Ampulle der Hexe einfiel. Er kramte in seinem Lederbeutel und holte den Trank heraus. Klacks hatte sich währenddessen auf einen Stein gesetzt und stocherte mit dem Zweig ungeduldig im Boden herum. Kritisch sah sich Jack die grüne Flüssigkeit noch einmal genauer an. Er konnte kleine Stückchen erkennen, die am Glas klebten. Der Junge würgte. Mit einem Ruck schluckte er die Flüssigkeit hinunter. Der bittere Geschmack war so extrem, dass Jacks Wahrnehmung sich veränderte. Alles verschwamm vor seinen Augen. Er sackte in die Knie. Musste sich mit den Händen abstützen. Was passierte mit ihm? Wurde der Wald grösser? Nein, Jack wurde kleiner. Er begann zu schrumpfen. An Händen und Armen bildeten sich kleine Warzen. Etwas zog an seiner Nase. Als er sie mit den dicken Wurstfingern berührte, fühlte er anstatt der kleinen Kindernase eine dicke Knolle. Rund und gross wie eine Kartoffel. Die Verwandlung war so intensiv gewesen, dass Jack an den Wegesrand stürzte und sich übergeben musste. Jetzt war er ein Gnom. Im Gegensatz zu Jack schien Klacks die Veränderung überhaupt nicht zu beeindrucken. Der Waldgeist pfiff munter die fremde Melodie. Ohne ihn weiter zu beachten, drehte Jack sich zum Himmel. Aber die Bäume liessen nur wenig Licht durch. So konnte der kleine Junge nicht ahnen, dass der Tag bereits nahte.

Nach einem kurzen Fussmarsch blieb Jack stehen. Hier musste doch irgendwo die Stelle mit dem Kraut sein. Mit seiner neuen Körpergrösse wirkte der Wald ganz anders. Jack spürte, dass er sein Ziel bald erreicht haben musste. Seine Kartoffelnase nahm einen seltsamen Geruch war. Blumig. Würzig. Kräuter, dachte Jack und rannte los. Vor einem alten verschrumpelten Baum blieb er stehen. Der Junge wagte es nicht seinen Augen zu trauen. Am Fusse des alten Baumes wucherte das Kraut. Dunkelgrüne Blätter und lila Blüten. Das musste es sein. Er konnte es riechen. Schliesslich war er jetzt ein Gnom. Schnell riss er die Pflanzen aus der Erde und verstaute sie in seinem Beutel. Genau in dem Moment als er die Kräuter berührte, hörte er auf einmal ein Geraschel. Überall um ihn herum fingen Stimmen an zu flüstern. Erst ganz leise, so dass man sie kaum wahrnehmen konnte. Dann wurden sie immer lauter bis sie in ein ohrenbetäubendes Schreien übergingen. Plötzlich standen sie hinter ihm. Jack wandte sich langsam um. Sie hockten in den Bäumen und kamen aus Löchern im Boden gekrabbelt. Mehrere Dutzend hässliche Gnome drängten sich vor ihm zusammen und hielten ihre kleinen spitzen Speere kampfbereit. Einer, der für seine Art sehr gross gewachsen war, löste sich aus der Menge und kam auf ihn zu. Kurz sah er sich Jack an.
„Mitnehmen.“,sagte der Gnom dann und zwei andere positionierten sich rechts und links neben Jack. Das letzte was er spürte, war ein harter Schlag auf den Hinterkopf. Dann wurde alles schwarz.
Als Jack wieder zu sich kam, roch es nach Erde. Nach verfaultem Fleisch und Kräutern. Jack öffnete seine schweren Augenlieder. Sein Gnomkörper war an einen Baumstumpf gefesselt. Die kleine Höhle musste unterirdisch angelegt sein. Überall ragten Baumwurzeln aus den unregelmässigen feuchten Wänden. Krabbeltiere versteckten sich überall dort, wo der Schein eines Feuers, das in der Mitte der Höhle leise knisterte, Schatten warf. Jack sah ruckartig an sich hinunter. Er hatte Glück. Sein Beutel mit dem Proviant und den Kräutern hatte die Gnome ihm nicht abgenommen.
„Du! Was bist du?“
Der Gnom klang wie ein Schwein. Zwischen den einzelnen Wörtern kam ein lautes Grunzen aus seiner Kehle. Jack hatte ihn erst gar nicht bemerkt. Ausser ihm zählte Jack noch zehn weitere seiner Art, die im Raum standen.
„Jack.“, stotterte der Junge. Etwas besseres als sein Name war ihm unter den schweren Kopfschmerzen nicht in den Sinn gekommen. Der Gnom kam näher und zog die Luft tief durch seine Nase.
„Du siehst zwar aus wie einer von uns, aber du riechst nicht so. Du STINKST!“
Die Stimme des Wesens verfinsterte sich.
„Und zwar...nach Mensch. Das haben wir sofort gemerkt. Und du hast noch einen Fehler gemacht. Wir Gnome ernten unser Kraut nur bei Mitternacht. Jaja. Es gibt Regeln in diesen Wäldern. Sogar die Hexen, die den Menschen so ähnlich sehen, wissen das. Jedes Wesen dieses Waldes muss die Regeln befolgen. Wenn du sie also nicht kennst, dann bist du ein fremdes Wesen aus einem anderen Wald, oder ein Mensch.“
Das letzte Wort hatte der Gnom mehr gespuckt als gesprochen. Klebriger Speichel war Jack ins Gesicht geflogen. Seine Artgenossen gackerten, schrien und sprangen dabei wild umher. Jack musste sich irgendetwas einfallen lassen, wenn er nicht als Gnomfutter enden wollte.
„Ich...ich habe eben einen Menschen getötet. Ja eben gerade. Deswegen stinke ich so nach ihnen.“
Er wusste, dass seine Lüge hinten und vorne hinkte. Aber die Gnome nickten sich lächelnd zu. Nur der Gnom der bei Jack stand, verzog argwöhnisch das Gesicht.
„Beachtlich! Ich wusste gar nicht, dass die Menschen so tief in unseren Wald kommen. Wenn du die Wahrheit sprichst, dann kannst du uns den Menschen doch bestimmt zeigen.“
„Klar. Es war...draussen bei einem grossen Stein. Ich führe euch hin.“
Jack wusste selbst nicht genau was er tat, aber er musste aus dieser Höhle raus.
„Nun gut.“, sagte der grosse Gnom.
„Du bekommst deine Chance. Sollte sich allerdings herausstellen, dass du lügst, dann müssen wir uns keine Gedanken mehr über unser morgiges Abendmal machen.“
Mit finsterer Miene gab er den anderen das Zeichen Jack loszuschneiden. Jack folgte dem Gnom. Sie gelangten durch viele unterirdische Gänge, in denen Jack sich ohne Zweifel verlaufen hätte, wäre er hier alleine unterwegs gewesen. Er spürte einen frischen Lufthauch. Sie verliessen die Höhlen. Erst jetzt bemerkte Jack wie Nahe der Eingang am Kraut lag.
„Zeig uns den toten Menschen.“,befahl der grosse Gnom.
Jack schritt voran und die Gnome folgten ihm. Nachdem sie eine Weile gegangen waren, wurde der Gnom, der mit Jack gesprochen hatte, ungeduldig.
„Ich sehe immer noch keinen Menschen. Bist du etwa ein Verräter?“
Die Gnome flüsterten spöttisch Verräter. Verräter. Der grosse Gnom schien so etwas wie ein Anführer zu sein.
„Wir sind gleich da.“, erwiderte Jack. Er hatte nur eine Hoffnung. Klacks. Vielleicht konnte der Waldgeist mit seiner Schnelligkeit etwas gegen die Gnome ausrichten.
Schon von weitem sah Jack den weissen Schein des Geistes. Direkt vor dem Stein, auf dem Klacks sass, kam die Gruppe zum Stehen. Der Anführer der Gnome trat vor.
„Ein Waldgeist? WO IST DER MENSCH?“, schrie er.
Jack ignorierte den Gnom und beugte sich zu Klacks vor. Er flüsterte ihm etwas zu.
„Waldgeist. Hör mir jetzt ganz genau zu. Du bekommst von mir so viel Essen wie du willst, wenn du für mich diese Gnome vertreibst.“
Langsam erhob der Geist sich vom Stein. Klacks knackte rhythmisch in gleichmässigen Abständen und sein Körper schwang dabei immer wieder bedrohlich von der einen zur anderen Seite. Demonstrativ plusterte der Geist sich vor den Gnomen auf. Er nahm seinen Zweig und klopfte damit viermal auf den Waldboden. Dort wo das Holz den Boden berührt hatte, bildete sich eine weisse Kugel. Die Luft fing plötzlich an zu flimmern. Dann geschah es. Mit einer unnatürlichen Wucht erbrach sich eine gigantische Lichtwelle aus der Kugel, die auf die überraschten Gnome schwappte. Das letzte was der Anführer sah, war Jack, der wieder wuchs und sich langsam in einen Menschen zurück verwandelte. Danach ging alles ganz schnell. Auch der Rest der Gnome verlor die Übersicht. Alle sprangen panisch durcheinander. Manche ergriffen die Flucht. Viele rannten ohne ihre Sehkraft gegen Bäume und Steine. Der Waldgeist wandte sich um und gab Jack mit einer Geste zu verstehen die Flucht zu ergreifen. Jack hatte nur einen Teil des Geschehens mitbekommen. Blindlinks gehorchte er dem Geist und floh mit ihm ins Dickicht. Während Klacks mit unmenschlicher Leichtigkeit Felsen und Sträuchern auswich, war es für Jack fast unmöglich mit dem Geist Schritt zu halten. Hinter einem Busch blieb der Junge keuchend stehen.
„Pause!“, mehr brachte Jack nicht heraus, als sein Gesicht gerade dabei war sich wieder vollständig zurück zu verwandeln. Der Geist schien die Strecke ohne Mühe zurück gelegt zu haben. Er knackte ein paar Mal zufrieden und pfiff seine Melodie.
Die Verwandlung war fast ganz abgeschlossen. Nur der rechte Arm fehlte noch. Aber er veränderte sich nicht. Noch immer ragte aus Jacks Schulter eine hässliche mit Warzen übersäte Klaue. Da bemerkte Jack etwas weiter oben in den Bäumen. Als dem Jungen klar wurde, was er da sah, verlor er seinen Mut. Gerade so gross wie eine Fingerspitze schien ein Sonnenstrahl durch die dichten Blätter der Bäume. Der Tag war angebrochen. Er sah hektisch zu Klacks. Der Waldgeist erkannte ebenfalls das Licht, blickte zu Jack, pfiff ein letztes Mal und begann sich dann aufzulösen. Er war verschwunden.
Jack dachte nicht länger nach und rannte los. Er hatte keine Ahnung wohin, aber das war ihm egal. Er rannte und rannte. Als er endlich völlig erschöpft den Hügel der Hexe gefunden hatte, verlor er alle Hoffnung. Dort war kein Eingang mehr. Kein Fassdeckel. Keine Höhle. Auch die Hexe und ihr Heim waren dem Licht des Tages gewichen. Hatte der Gnom das mit den Regeln des Waldes gemeint? Jack schluckte die nahenden Tränen hinunter. So weit war er gekommen. Und was hatte er davon? Einen falschen Arm und eine Medizin für seine Mutter, von der er nicht einmal sicher war, ob sie überhaupt wirkte ohne die Hilfe der Hexe.
Nur die Gedanken an seine Eltern trieben den Jungen noch voran. Mühsam zwang er sich immer wieder weiter zu gehen. Die Sonne stand schon hoch am Himmel als Jack am Waldrand ankam. Vor dem Haus sass sein Vater auf einer Bank. Den Kopf hatte er in die Hände gestützt. Neben ihm lag das Buch „Die Gesetze der Wälder“ aufgeschlagen auf dem Gras. Einige Seiten waren mit Gewalt herausgerissen worden. Sein Vater musste ihn den ganzen Tag gesucht haben. Jack schritt langsam auf ihn zu. Er versuchte gar nicht erst seinen Arm zu verstecken. Als er näher kam, hörte er seinen Vater zum ersten Mal in seinem Leben weinen.
„Vater. Ich habe das Kraut. Ich bin wieder da. Mutter wird gesund!“

Der Mann sah müde auf. Er verzog keine Miene als ein kleiner Waldgeist mit einem Warzen übersäten Arm vor ihm stand.
„Was will ein Geist des Waldes am helllichten Tag von mir? Meine Frau ist krank. Mein Sohn ist im Wald verschwunden. Ich habe alles verloren was mir lieb und teuer war. Geh! Ich habe deinesgleichen satt.“
Doch der kleine Waldgeist schien ganz friedlich. Das Gesicht des Mannes hellte sich auf, als der Geist das Kraut der Gnome zu seinen Füssen legte. Und was war das? Von der Wange des Geistes rollte eine Träne. Der Mann hatte gar nicht gewusst, dass auch Waldgeister weinen konnten.
„Was möchtest du für die Kräuter?“
Der Geist machte zwei Knacklaute, wandte sich um und ging in den Wald zurück. Dabei pfiff er eine fremde Melodie, die der Mann zuvor noch nie gehört hatte. Als er sich erhob schmerzte sein Rücken und seine Glieder fühlten sich alt und matt an. Hin und her gerissen zwischen dem Gefühl seinen Sohn für immer verloren zu habe und seine Frau retten zu können ging der Mann ins Haus. Schnell wollte er seiner Frau das Kraut zeigen. Auf dem Weg zur Treppe kam er an dem Spiegel vorbei. Verdutzt blieb er stehen. Aber es war wahrscheinlich nur Einbildung, dachte er sich und stieg die Stufen hinauf. Der Mann hatte keine Ahnung, dass sein Gesicht um zwei Jahre gealtert war. Auf der Wiese vor dem Haus lies der Wind die losen Seiten des Buches tanzen. Da verfing sich eine Seite in einem Baum auf der Folgendes geschrieben stand:
Die Gesetzte des Waldes
Waldgeister
Waldwesen erwachen in der Nacht, bis sie am Tage wieder ein Teil des Waldes werden. Waldgeister jedoch sind nicht an dieses Gesetzt gebunden. Sie schlafen nur dann, wenn sie genug gefressen haben. So kann man einem ausgehungerten Waldgeist auch an Tagen begegnen. Und was fressen Waldgeister? Leser nimm dich in acht.
Fängt er an zu pfeifen,
wird er gleich zugreifen,
hält er nur als Fressen,
ein Stück deines Lebens
für angemessen.
Gehst du einen Handel mit einem Geist ein, so nimmt er als Bezahlung deine Lebensjahre. Manchmal sogar alle.
 

molly

Mitglied
Eine spannende Geschichte, erinnerte mich ein wenig an Zwerg Nase.
Ein paar Ungereimtheiten, z.B.

Schnell packte er [red]Kleidung[/red] in einen alten Lederbeutel, [red]zog sich an [/red]und schlich,

Wieso braucht er noch Kleidung, wenn er sich anzieht?

Wann hat Jack das Gnomenkraut geerntet? Vielleicht habe ich da was übersehen.

Die Hexe nennt ihn "kleiner", ich glaube, das muss groß geschrieben werden.

Gern gelesen!
Gruß molly
 
Vielen Dank Molly für deinen Kommentar.

"Kleiner" werde ich ändern, stimmt das mit der Kleidung ist mir entgangen. Und das Gnomenkraut erntet er kurz bevor er von den Gnomen gefangen genommen wird.

Lg
 
Geschichten der Wälder
Das Kraut der Gnome

Jack lebte mit seinen Eltern am Rande eines riesigen Waldes. Es war Spätsommer und die Sonne war seit einer Stunde dem Mond gewichen. Das kleine Haus lag etwas abseits der Stadt. Nur deswegen hatte sein Vater es sich leisten können. Als Schumacher verdiente er sehr wenig und sein Lohn reichte für Unterkunft und Nahrung, nicht aber für Medizin, welche Jacks kranke Mutter dringend benötigte. Sie war eines Tages frohen Gemüts in den Wald gegangen und am Abend blass und krank wieder gekommen. Jack konnte sich nicht erklären warum seine Mutter auf einmal krank war und jedes Mal wenn er sich bei ihr erkundigen wollte, wechselte sie das Thema. Sollte man den Worten des Vaters Glauben schenken, so würde seine Frau den nächsten Winter nicht überleben.
Der 10-Jährige Jack sass, gekleidet in ein Nachthemd, in seinem Zimmer auf einem alten Holzhocker und starrte nachdenklich aus dem Fenster. Schon seit Tagen überlegte er wie er seiner Mutter helfen konnte. Jack brauchte die Medizin, das war ihm bewusst, denn er war zwar noch ein Knabe, jedoch nicht dumm.
Der Wald lag dicht, wenige Meter entfernt, vor dem Haus. Lange Nebelschwaden zogen sich um das grüne Dickicht und das Mondlicht gab das seine zu dem düsteren Bild. Sein Vater hatte ihm verboten in der Nähe der Bäume zu spielen. Oft musste Jack sich seine Geschichten über böse Hexen, giftige Gnome und zornige Waldgeister anhören. Sein Vater hatte nach dem Erkranken seiner Mutter ein Buch über Waldwesen erworben. Es trug den Titel: „Die Gesetze der Wälder“. Jeden Abend las er Jack daraus vor und ermahnte ihn niemals in den Wald zu gehen. Doch anders als sein Vater glaubte Jack nicht an diese Wesen. Dienten die Geschichten eigentlich zur Abschreckung so fand Jack sie spannend, weshalb er schon oft im Wald spazieren gewesen war.
Die Treppe knarrte. Jack erhob sich, öffnete die Tür seiner kleinen Kammer und steckte den Kopf hinaus. Sein Vater ging über den alten Holzboden und verschwand im gegenüberliegenden Zimmer, wo die Mutter seid mehreren Wochen das Bett gehütet hatte. Die beiden unterhielten sich, doch an Jacks Ohren drang nur ein leises Gemurmel. Langsam schlich er aus seinem Zimmer an die Tür des Schlafzimmers seiner Eltern, darauf bedacht die vielen Bretter zu meiden, die bei Belastung anfangen würden zu knarren. Vorsichtig legte er das linke Ohr an die Tür und lauschte.
„Liebling. Es tut mir so schrecklich Leid. Ich schaffe es einfach nicht. Für die Kräuter die du benötigst, müsste ich 20 Paar Schuhe an einem Tag verkaufen.“
„Mein Liebster. Mach dir keine Sorgen. Wenn der Herr mich holen will, so bin ich bereit.“
„Damit gebe ich mich nicht zufrieden. Vorher gehe ich in den Wald und sammle die Kräuter selbst.“
Jacks Mutter stiess einen erregten Seufzer aus.
„Nie wieder darfst du daran denken! Versprich es mir! Du und Jack ihr dürft niemals in den Wald gehen. Du weisst genau, dass das Kraut der Gnome streng bewacht wird.“
Jack schöpfte Hoffnung. Das also war die Medizin, die seine Mutter brauchte. Die Geschichte mit den Gnomen und ihren wertvollen Kräutern, die sie wie ihre Augäpfel schützen, hielt Jack natürlich für frei erfunden, als sein Vater sie ihm vorgelesen hatte. Einmal war er an eine Stelle im Wald gegangen, wo er dieses Kraut mit dunkelgrünen Blättern und lila Blüten gesehen hatte. Zwar würde Jack um das Kraut zu holen abermals tief in den Wald gehen müssen, aber das hielt ihn nicht davon ab seine Mutter zu retten.
„Nun gut. Ich gehe nochmal nach dem Jungen sehen.“, sagte sein Vater.
Jack hörte wie er sich erhob. Er drehte sich abrupt um machte einen geschickten Satz auf seine Kammer zu, schloss die Tür, warf sich auf sein Bett und kniff die Augen zusammen. Sein Vater kam nur wenige Augenblicke später herein und setzte sich zu seinem Sohn. Mit einem traurigen Lächeln küsste er den scheinbar schlafenden Knaben auf die Stirn und verliess die Kammer.
Eine Stunde später setzte Jack sich auf. Die Zeit war sehr langsam vergangen. Er warf die Decke zur Seite. Schnell packte er Kleidung in einen alten Lederbeutel, zog sich an und schlich, so leise seine Füsse es vermochten, aus der Kammer und die Treppe hinunter. Unten angekommen sah er sich um. Rechts von ihm lag die kleine Nische mit der Vorratskammer. Dort angelangt öffnete er die Tür. Ein deftiger Duft von Wurst drang ihm entgegen. Sein Vater hatte erst vor drei Tagen zwei Paar seiner besten Schuhe beim Metzger gegen die Würste getauscht. Jack nahm sich zwei von einer langen Stange, an der sie in einer Reihe hingen. Darunter lag ein Leib Brot, den er in der Mitte brach und die Hälfte ebenfalls in seinem Sack verstaute. Dann schloss er die Tür der Speisekammer und ging hinaus. Wenige Meter vor dem Wald blieb er stehen. Angst hatte Jack keine. Vielleicht war er einfach nur ein bisschen vorsichtig. Er drehte sich noch einmal zum Haus um und verschwand dann mit einem langen Seufzer zwischen den Bäumen.
Durch die majestätischen Baumkronen viel kein Licht. Trotzdem konnte Jack sich sehr gut orientieren. Bis jetzt war der Junge nur tagsüber hier gewesen. Aber die Dunkelheit schreckte ihn nicht ab und bereits nach einer kurzen Zeit erkannte Jack eine weite Lichtung, die er schon oft passiert hatte. Hier wo die Bäume lichter wurden, konnte der Mond den Weg erhellen. Es sah aus, als hätte jemand ein riesiges Loch in den Wald gestanzt. Jack schritt voran, voller Zuversicht das Kraut der Gnome zu finden. Als er die Mitte der Lichtung erreicht hatte, hörte er ein Knacken im Wald. Er sah sich um. Sicherlich war es nur ein Wildschwein, das sich den Weg durch das Unterholz kämpfte. Jack ging unbeirrt weiter, als es links von ihm erneut knackte. Vielleicht ein Reh, das im Schutz der Dunkelheit nach Nahrung suchte. Der Junge bewegte sich nun langsamer und erwischte sich immer wieder dabei wie er nach dem Geräusch horchte. Da knackte es zum dritten Mal. Jack duckte sich hinter einem gestürzten Baumstamm. Er kniff die Augen zusammen, versuchte krampfhaft etwas zu erkennen. Ein Schatten. Jemand oder etwas hockte am Rande der Lichtung. Vielleicht ein Mensch? Jack überlegte, ob er sich bemerkbar machen sollte. Wenn es ein wildes Tier war, würde es ohnehin flüchten.
„He. Wer schleicht da?“
Die Gestalt hielt in ihrer Bewegung inne und sah zu Jack. Sie schritt langsam auf die Lichtung.
„He. Wer seid ihr?“
Wieder keine Antwort. Jack meinte eine Frau zu erkennen. Vielleicht hatte sie Angst. Er fasste seinen Mut und machte ein paar langsame Schritte auf sie zu. Die Frau ging ihrerseits auf die Lichtung und jetzt erstrahlte der Mond ihre ganze Gestalt. Ihr Rücken war gekrümmt, um Kopf und Schulter hatte sie ein Tuch gebunden und in der Hand hielt sie einen alten Stock auf den sie sich stütze.
„Ah. Ein Junge.“, sagte sie mit brüchiger Stimme. Jack lächelte sie an.
„Mütterchen, was macht ihr hier in der dunklen Nacht?“
„Nun, mein kleiner, das könnte ich dich auch fragen, nicht? Wieso schleicht so ein Frischling hier herum?“, geiferte sie und kam näher.
„Ich suche etwas. Und ihr?“
„Ich? Ich bin nur eine alte Frau, die jedem neugierigen Knaben, dem sie begegnet, einen Stoss mit dem Stock verpasst, wenn er zu viele Fragen stellt.“
Die Alte stand nun direkt vor Jack. Er hatte noch nie gehört, das alte Frauen während der Nacht im Wald spazierten.
„Was sucht denn der kleine Knabe?“
„Meine Kette. Habe sie wohl irgendwo hinter der Lichtung verloren.“
Warum Jack log, wusste er selbst nicht genau.
„Nun, Mütterchen. Ich muss weiter. Meine Kette suchen. Habt noch eine gute Nacht.“
Jack drehte sich um und wollte gerade weiter gehen, als die Alte etwas erwiderte.
„Eine Kette sagst du, Knabe? Ich habe eine Kette gesehen. Dort, hinter der Lichtung.“, sagte sie und wies mit einem langen knochigen Finger in eine Richtung.
„Komm. Ich zeige dir wo.“
Obwohl sich in Jack alles gegen die Entscheidung wehrte mit der Alten zu gehen, nickte er mit dem Kopf. Hätte er es nicht besser gewusst, würde er die Frau für eine Hexe halten. Aber schliesslich gab es keine Hexen, da war er sich sicher. Gemeinsam verliessen sie die Lichtung.
Nachdem sie eine ganze Weile gelaufen waren, kamen sie zu einem riesigen Baum, der auf einem Hügel stand. Jack war noch nie in diesem Teil des Waldes gewesen. In dem Hügel erkannte Jack einen kleinen Höhleneingang. Davor war provisorisch eine Tür, bestehend aus einem grossen Fassdeckel, geschoben. In dem Kopf des Jungen spielte sich schon jetzt das reine Chaos ab. Es war alles klar. Die Frau war eine Hexe. Sie versuchte ihn in ihre Höhle zu locken, ihn einzusperren und entweder zu verspeisen oder als Sklave zu halten. Genau das würde zumindest sein Vater jetzt behaupten. Aber es gab ja keine Hexen.
Vor dem Fassdeckel blieb die Frau stehen und blickte zu Jack.
„Das ist meine Höhle. Die Kette liegt noch ein ganzes Stück weiter im Wald. Hier können wir ruhen und später weiter gehen.“
Dann schob sie den Deckel zur Seite und deutete Jack hinein zu treten. Kaum war er in den von Kerzen erhellten Raum getreten, verschloss die Alte die Tür hinter sich und kicherte. Jack fuhr herum und starrte zum Fassdeckel. In einer gekrümmten Haltung murmelte die Frau etwas in sich hinein.
„So dumm. So dumm. Der kleine Knabe.“
Auf einmal wurde sie lauter und spie aus.
„SO DUMM. Du kleiner dummer Junge. Ich weiss wieso du hier bist. Ich habe auf dich gewartet.“
„Du...du bist....eine....eine....“, stammelte Jack.
„Sag es. Du kleiner dummer Junge. SAG ES!“
„Du bist eine Hexe.“
Jack konnte selbst kaum glauben, was er gerade gesagt hatte. Das Gesicht der Hexe begann sich zu verändern. Kleine Hautstücke bröckelten ab und brachten eine widerliche Fratze zum Vorschein. Jack traute seinen Augen nicht. Die Hexe lächelte ihn schief an.
„Du suchst das Kraut der Gnome um deine dreckige Mutter zu retten.“
„Mein Mutter ist nicht...“
„HALTS MAUL! Normalerweise wärst du schon tot. Aber ich habe gerade gegessen. Dein Glück! Setzt dich!“
In der Mitte des Raumes stand ein kleiner Holztisch mit drei Stühlen. Jack setzte sich. Überall erhellten Kerzen in allen möglichen Farben den Raum. Die meisten aber waren schwarz. Zu seiner linken hing ein Regal an der schiefen Höhlenwand. Darauf stapelten sich Bücher und viele unterschiedlich grosse Flaschen, alle mit farbigen Flüssigkeiten gefüllt. Die Hexe setzte sich gegenüber von Jack.
„Willst du einen Keks?“
Sie reichte ihm einen Teller mit matschigen Keksen. Ein Käfer krabbelte unbeholfen über das Gebäck. Jack schluckte. Er hatte seine Stimme wieder gefunden.
„Ist ja widerlich! Nein Danke.“
„Keinen Geschmack der Junge.“, kicherte die Hexe, nahm sich den Käfer und liess seinen Panzer mit einem lauten Knacken zwischen den Zähnen zerbrechen. Jack musste sich konzentrieren um sein Mageninneres bei sich zu halten.
„So so Kleiner. Du willst also das Kraut der Gnome. Wie edel von dir dafür in den Wald zu kommen. Und mindestens genauso dämlich! Wenn sie dich erwischen, schlagen sie dir, bevor sie auch nur daran denken können mit der Wimper zu zucken, den Kopf ab! Woher ich das alles weiss? Ich bin eine Hexe Grünschnabel. Hast du ein Schwein, dass ich dich gefunden habe. Was hältst du von einem Handel.“
„Was für einen Handel?“
„So gefällst du mir schon besser. Die Gnome haben ihr Kraut mit einem Zauber geschützt. Ich kann es nicht erreichen. Aber du bist ein Mensch. Du könntest es schaffen. Oder du gehst dabei drauf. Genau weiss ich das auch nicht. Unsere Abmachung sieht wie folgt aus. Du bringst mir etwas von dem Kraut. Am besten so viel du tragen kannst. Und ich gebe dir einen Trank, der deine Mutter gesund macht. Weil ich heute ganz besonders gute Laune habe, bekommst du auch noch etwas anderes.“
Die Hexe stand auf und ging zu dem Regal. Nachdenklich schob sie einige Flaschen beiseite und holte eine kleine Ampulle, die hinter die Bücher gerutscht sein musste, hervor. Sie legte sie zu Jack auf den Tisch. In dem kleinen Glasgefäss befand sich eine grünliche Flüssigkeit. Verdutzt sah der Junge die Hexe an.
„Wie soll mir das Zeug weiterhelfen.“
„DU UNWISSENDER.“, brüllte die Alte.
„Darin befindet sich ein Trank. Sehr selten und sehr schwierig herzustellen. War für mich natürlich kein Problem.“
Sie grinste stolz und hob die lange Nase.
„Der Gnomenzauber wird dich zwar nicht töten, dafür aber die Gnome selbst wenn sie dich erwischen. Wenn du das Elixier trinkst, wirst du für eine kurze Zeit einer von ihnen.“
„So einfach ist das?“
„Mein Junge. Wir reden hier von Zauberei. Und nun hör\' genau zu! Wenn dir des Krautes Fund geglückt dann bring es zurück, bevor der Sonne Licht den Tag anbricht.“
„Was soll das denn heissen?“
„Das wirst du schon noch heraus finden. Jetzt geh! Und sei wieder hier bevor der Tag beginnt!“
Ohne ein weiteres Wort schob sie Jack zur Tür hinaus und knallte sie hinter ihm zu.
Was für eine Begegnung. Jack wusste nicht was er von der Alten halten sollte. Er versuchte seine Gedanken zu ordnen. Sie war eine Hexe, daran konnte seine Logik auch nichts ändern. Zwar hatte sie ihm mit dem Tod gedroht, trotzdem wirkte sie auf ihn gleichzeitig eklig und amüsant. Was hatte sie noch gesagt? Wenn dir des Krautes Fund geglückt dann bring es zurück, bevor der Sonne Licht den Tag anbricht. Aber wieso? Das Kraut konnte er doch genau so gut tagsüber pflücken. Voll ungeklärter Fragen setzte Jack seinen Weg fort und ging weiter in den dunklen Wald.

Nach einer gefühlten Ewigkeit blieb er stehen und setzte sich auf einen kleinen Fels. Die Stelle mit dem Kraut kannte er zwar, aber von der Höhle der Hexe aus hatte er die Orientierung verloren und einen falschen Pfad genommen. Frustriert öffnete er seinen Ledersack und machte sich an seinem Proviant zu schaffen. Gerade biss er hungrig in ein Würstchen, als er ein Licht auf dem Weg sah. Ungläubig blinzelte er, aber ohne Zweifel kam ihm ein weisses Licht entgegen. Es schien zuerst eine Armlänge über dem Boden zu schweben, aber bei genauerem Hinsehen, konnte er eine gangartige Bewegung ausmachen. Ein kleines Männchen. Ganz in weiss. Und was war das für eine Musik? Das Männchen pfiff. Eine fröhliche Melodie, die er nicht kannte. Wirklich komisch wirkte die Szenerie allerdings erst, als Jack bemerkte, dass das Männchen ihn gar nicht beachtete. Ohne den Kopf zu heben oder gar stehen zu bleiben, ging es an ihm vorüber. Jack räusperte sich.
„He. Kleines Männchen. Wer bist du?“
Das Männchen blieb stehen und sah zu Jack auf. Jetzt erst konnte der Junge das Gesicht erkennen. Es bestand lediglich aus drei schwarzen Punkten. Zwei lagen weiter oben, die als Augen dienten und einer weiter unten, der sich als Mund entpuppte. Der untere Punkt zuckte leicht. Anscheinend wollte das Männchen etwas sagen, aber aus dem schwarzen Loch kamen nur ungewöhnliche Knacklaute. Plötzlich hüpfte der kleine Mann aufgeregt hin und her und die Knacklaute überschlugen sich dabei. Dann beruhigte er sich wieder, ging ohne einen weiteren Knacker weiter und pfiff sein fröhliches Lied.
„Du. Warte doch mal.“
Jack stopfte den restlichen Proviant zurück in den Sack und lief dem Männchen hinterher.
„Ich spreche deine Sprache nicht. Kannst du mir vielleicht helfen?“
Das Männchen blieb stehen. Zwei laute Knacker hallten durch die Luft. War es jetzt wütend? Jack irritierte die fremde Sprache. Dazu kam, dass dem Männchen mit dem komischen Gesicht keine Mimik abzulesen war.
„Es tut mir leid, falls ich dich verärgert habe. Ich habe mich verlaufen und brauche jemanden, der sich hier im Wald auskennt.“
Das Männchen schien zu lachen. Jedenfalls glaubte Jack, dass es ein Lachen sein sollte. Mit einem Sprung gelangte der kleine Mann zum Wegesrand und brach von einem nahe stehenden Baum einen dünnen aber stabil wirkenden Zweig ab. Den nahm er nun in beide Hände und kritzelte schwermütig etwas in den Waldboden.
Mensch. Junge. Name.
Jack zeigte verdutzt mit dem Finger auf sich.
„Mein Name ist Jack.“
Das Männchen nickte hektisch mit dem Kopf.
Ich. Waldgeist. Klacks.
Jacks Augen weiteten sich. Noch nie hatte er einen Waldgeist in einem Buch, geschweige denn an diese Wesen geglaubt.
„Ich hatte mir Waldgeister immer viel grösser vorgestellt.“
Plötzlich riss der Geist den Zweig hoch und hielt ihn wie einen Degen. Bedrohlich stiess er mehrere Male nach Jack, der zurück stolperte und rücklings auf den Weg plumpste. Jack hatte den Angriff noch nicht mal erahnen können, so schnell hatte der Geist sich bewegt.
„Schon gut. Schon gut. Tut mir leid.“, sagte Jack und rappelte sich wieder auf.
„Also mein Herr Klacks kannst du mir den Weg zu den Kräutern der Gnome zeigen.“
Klacks drehte sich um und schrieb abermals etwas in den Boden.
Ich. Kenne. Wald.
„Ja, aber weisst du auch wo die Gnome wohnen?“
Wieso. Gnome. Finden.
„Weil meine Mutter sehr krank ist. Und wenn ich das Kraut nicht finde, vielleicht wird sie dann sterben. Kannst du mir helfen oder nicht?“
Klacks. Hilft. Jack.
Jack konnte sein Glück kaum fassen. Endlich hatte er eine Chance das Kraut doch noch vor Sonnenaufgang zu finden.
„Ok, wo leben die Gnome?“
Was. Klacks. Bekommen.
„Ich habe nichts was ich dir geben könnte.“
Klacks. Will. Essen.
„Essen? Hör\' mal Klacks. Ich habe nur noch Zeit bis Sonnenaufgang. Kannst du nicht mehr schreiben als drei Wörter?“
Klacks wackelte ruckartig mit dem Kopf und hüpfte wütend hin und her. Jack streckte schlichtend die Hände aus.
„Beruhige dich. Gut. Was willst du essen?“
Klacks. Will. Essen.
Jack zog aus seinem Beutel eine halbe Wurst, aber der Geist schlug sie aus seiner Hand.
„Nun gut. Du bekommst dein Essen. Dafür zeigst du mir den Weg.“
Hand. Drauf. Jack.
Auch wenn Jack nicht die geringste Ahnung hatte was Waldgeister aßen, willigte er in den Tausch ein. Ihm blieb keine Zeit sich mit Klacks zu streiten. Über die Bezahlung konnte er sich auch später noch Gedanken machen.
Klacks führte den Jungen noch tiefer in den Wald. Tatsächlich dauerte es nicht lange und Jack meinte einzelne Plätze wieder zu erkennen. Wie zum Beispiel eine kleine Quelle, die sie passierten, an der er bei früheren Spaziergängen gerastet hatte. Jetzt konnte es nicht mehr weit sein. Und schon nach wenigen Schritten blieb der Waldgeist stehen. Er drehte sich um, schrieb erneut etwas in den Boden.
Hier. Wald. Gnome.
Jack sah sich um. Der Wald hatte sich nicht verändert, noch wies irgendetwas anderes darauf hin, dass hier die Gnome lebten.
„Bist du dir sicher, dass wir hier richtig sind?“
Klacks hob langsam den Zweig in Richtung Jack.
„He. Kein Grund gleich wieder wütend zu werden. Ich glaube dir ja.“, sagte der Junge noch schnell bevor Klacks ihn mit dem Zweig attackieren konnte.
Klacks. Will. Bezahlung.
„Es war aber ausgemacht, dass du mich bis zu dem Kraut begleitest.“
Klacks. Kann. Nicht.
„Wieso nicht?“
Gnome. Wald. Geschützt.
Jack erinnerte sich. Etwas ähnliches hatte die Hexe gesagt. Auch sie kann das Kraut nicht selbst holen, weil der Wald der Gnome mit einem Zauber geschützt ist, überlegte Jack. Nur bei Menschen war der Bannzauber angeblich wirkungslos. Klacks konnte ihn nicht mehr weiter bringen. Den restlichen Weg musste Jack alleine gehen.
„Gut. Du bekommst deine Bezahlung aber erst, wenn ich das Kraut habe.“
Klacks sah nicht überzeugt aus. Trotzdem nickte der kleine Geist. Er deutete mit dem Zweig in die Richtung, wo er das Gnomenkraut vermutete. Jack hatte gerade den ersten Schritt gemacht, als ihm die Ampulle der Hexe einfiel. Er kramte in seinem Lederbeutel und holte den Trank heraus. Klacks hatte sich währenddessen auf einen Stein gesetzt und stocherte mit dem Zweig ungeduldig im Boden herum. Kritisch sah sich Jack die grüne Flüssigkeit noch einmal genauer an. Er konnte kleine Stückchen erkennen, die am Glas klebten. Der Junge würgte. Mit einem Ruck schluckte er die Flüssigkeit hinunter. Der bittere Geschmack war so extrem, dass Jacks Wahrnehmung sich veränderte. Alles verschwamm vor seinen Augen. Er sackte in die Knie. Musste sich mit den Händen abstützen. Was passierte mit ihm? Wurde der Wald grösser? Nein, Jack wurde kleiner. Er begann zu schrumpfen. An Händen und Armen bildeten sich kleine Warzen. Etwas zog an seiner Nase. Als er sie mit den dicken Wurstfingern berührte, fühlte er anstatt der kleinen Kindernase eine dicke Knolle. Rund und gross wie eine Kartoffel. Die Verwandlung war so intensiv gewesen, dass Jack an den Wegesrand stürzte und sich übergeben musste. Jetzt war er ein Gnom. Im Gegensatz zu Jack schien Klacks die Veränderung überhaupt nicht zu beeindrucken. Der Waldgeist pfiff munter die fremde Melodie. Ohne ihn weiter zu beachten, drehte Jack sich zum Himmel. Aber die Bäume liessen nur wenig Licht durch. So konnte der kleine Junge nicht ahnen, dass der Tag bereits nahte.

Nach einem kurzen Fussmarsch blieb Jack stehen. Hier musste doch irgendwo die Stelle mit dem Kraut sein. Mit seiner neuen Körpergrösse wirkte der Wald ganz anders. Jack spürte, dass er sein Ziel bald erreicht haben musste. Seine Kartoffelnase nahm einen seltsamen Geruch war. Blumig. Würzig. Kräuter, dachte Jack und rannte los. Vor einem alten verschrumpelten Baum blieb er stehen. Der Junge wagte es nicht seinen Augen zu trauen. Am Fusse des alten Baumes wucherte das Kraut. Dunkelgrüne Blätter und lila Blüten. Das musste es sein. Er konnte es riechen. Schliesslich war er jetzt ein Gnom. Schnell riss er die Pflanzen aus der Erde und verstaute sie in seinem Beutel. Genau in dem Moment als er die Kräuter berührte, hörte er auf einmal ein Geraschel. Überall um ihn herum fingen Stimmen an zu flüstern. Erst ganz leise, so dass man sie kaum wahrnehmen konnte. Dann wurden sie immer lauter bis sie in ein ohrenbetäubendes Schreien übergingen. Plötzlich standen sie hinter ihm. Jack wandte sich langsam um. Sie hockten in den Bäumen und kamen aus Löchern im Boden gekrabbelt. Mehrere Dutzend hässliche Gnome drängten sich vor ihm zusammen und hielten ihre kleinen spitzen Speere kampfbereit. Einer, der für seine Art sehr gross gewachsen war, löste sich aus der Menge und kam auf ihn zu. Kurz sah er sich Jack an.
„Mitnehmen.“,sagte der Gnom dann und zwei andere positionierten sich rechts und links neben Jack. Das letzte was er spürte, war ein harter Schlag auf den Hinterkopf. Dann wurde alles schwarz.
Als Jack wieder zu sich kam, roch es nach Erde. Nach verfaultem Fleisch und Kräutern. Jack öffnete seine schweren Augenlieder. Sein Gnomkörper war an einen Baumstumpf gefesselt. Die kleine Höhle musste unterirdisch angelegt sein. Überall ragten Baumwurzeln aus den unregelmässigen feuchten Wänden. Krabbeltiere versteckten sich überall dort, wo der Schein eines Feuers, das in der Mitte der Höhle leise knisterte, Schatten warf. Jack sah ruckartig an sich hinunter. Er hatte Glück. Sein Beutel mit dem Proviant und den Kräutern hatte die Gnome ihm nicht abgenommen.
„Du! Was bist du?“
Der Gnom klang wie ein Schwein. Zwischen den einzelnen Wörtern kam ein lautes Grunzen aus seiner Kehle. Jack hatte ihn erst gar nicht bemerkt. Ausser ihm zählte Jack noch zehn weitere seiner Art, die im Raum standen.
„Jack.“, stotterte der Junge. Etwas besseres als sein Name war ihm unter den schweren Kopfschmerzen nicht in den Sinn gekommen. Der Gnom kam näher und zog die Luft tief durch seine Nase.
„Du siehst zwar aus wie einer von uns, aber du riechst nicht so. Du STINKST!“
Die Stimme des Wesens verfinsterte sich.
„Und zwar...nach Mensch. Das haben wir sofort gemerkt. Und du hast noch einen Fehler gemacht. Wir Gnome ernten unser Kraut nur bei Mitternacht. Jaja. Es gibt Regeln in diesen Wäldern. Sogar die Hexen, die den Menschen so ähnlich sehen, wissen das. Jedes Wesen dieses Waldes muss die Regeln befolgen. Wenn du sie also nicht kennst, dann bist du ein fremdes Wesen aus einem anderen Wald, oder ein Mensch.“
Das letzte Wort hatte der Gnom mehr gespuckt als gesprochen. Klebriger Speichel war Jack ins Gesicht geflogen. Seine Artgenossen gackerten, schrien und sprangen dabei wild umher. Jack musste sich irgendetwas einfallen lassen, wenn er nicht als Gnomfutter enden wollte.
„Ich...ich habe eben einen Menschen getötet. Ja eben gerade. Deswegen stinke ich so nach ihnen.“
Er wusste, dass seine Lüge hinten und vorne hinkte. Aber die Gnome nickten sich lächelnd zu. Nur der Gnom der bei Jack stand, verzog argwöhnisch das Gesicht.
„Beachtlich! Ich wusste gar nicht, dass die Menschen so tief in unseren Wald kommen. Wenn du die Wahrheit sprichst, dann kannst du uns den Menschen doch bestimmt zeigen.“
„Klar. Es war...draussen bei einem grossen Stein. Ich führe euch hin.“
Jack wusste selbst nicht genau was er tat, aber er musste aus dieser Höhle raus.
„Nun gut.“, sagte der grosse Gnom.
„Du bekommst deine Chance. Sollte sich allerdings herausstellen, dass du lügst, dann müssen wir uns keine Gedanken mehr über unser morgiges Abendmal machen.“
Mit finsterer Miene gab er den anderen das Zeichen Jack loszuschneiden. Jack folgte dem Gnom. Sie gelangten durch viele unterirdische Gänge, in denen Jack sich ohne Zweifel verlaufen hätte, wäre er hier alleine unterwegs gewesen. Er spürte einen frischen Lufthauch. Sie verliessen die Höhlen. Erst jetzt bemerkte Jack wie Nahe der Eingang am Kraut lag.
„Zeig uns den toten Menschen.“,befahl der grosse Gnom.
Jack schritt voran und die Gnome folgten ihm. Nachdem sie eine Weile gegangen waren, wurde der Gnom, der mit Jack gesprochen hatte, ungeduldig.
„Ich sehe immer noch keinen Menschen. Bist du etwa ein Verräter?“
Die Gnome flüsterten spöttisch Verräter. Verräter. Der grosse Gnom schien so etwas wie ein Anführer zu sein.
„Wir sind gleich da.“, erwiderte Jack. Er hatte nur eine Hoffnung. Klacks. Vielleicht konnte der Waldgeist mit seiner Schnelligkeit etwas gegen die Gnome ausrichten.
Schon von weitem sah Jack den weissen Schein des Geistes. Direkt vor dem Stein, auf dem Klacks sass, kam die Gruppe zum Stehen. Der Anführer der Gnome trat vor.
„Ein Waldgeist? WO IST DER MENSCH?“, schrie er.
Jack ignorierte den Gnom und beugte sich zu Klacks vor. Er flüsterte ihm etwas zu.
„Waldgeist. Hör mir jetzt ganz genau zu. Du bekommst von mir so viel Essen wie du willst, wenn du für mich diese Gnome vertreibst.“
Langsam erhob der Geist sich vom Stein. Klacks knackte rhythmisch in gleichmässigen Abständen und sein Körper schwang dabei immer wieder bedrohlich von der einen zur anderen Seite. Demonstrativ plusterte der Geist sich vor den Gnomen auf. Er nahm seinen Zweig und klopfte damit viermal auf den Waldboden. Dort wo das Holz den Boden berührt hatte, bildete sich eine weisse Kugel. Die Luft fing plötzlich an zu flimmern. Dann geschah es. Mit einer unnatürlichen Wucht erbrach sich eine gigantische Lichtwelle aus der Kugel, die auf die überraschten Gnome schwappte. Das letzte was der Anführer sah, war Jack, der wieder wuchs und sich langsam in einen Menschen zurück verwandelte. Danach ging alles ganz schnell. Auch der Rest der Gnome verlor die Übersicht. Alle sprangen panisch durcheinander. Manche ergriffen die Flucht. Viele rannten ohne ihre Sehkraft gegen Bäume und Steine. Der Waldgeist wandte sich um und gab Jack mit einer Geste zu verstehen die Flucht zu ergreifen. Jack hatte nur einen Teil des Geschehens mitbekommen. Blindlinks gehorchte er dem Geist und floh mit ihm ins Dickicht. Während Klacks mit unmenschlicher Leichtigkeit Felsen und Sträuchern auswich, war es für Jack fast unmöglich mit dem Geist Schritt zu halten. Hinter einem Busch blieb der Junge keuchend stehen.
„Pause!“, mehr brachte Jack nicht heraus, als sein Gesicht gerade dabei war sich wieder vollständig zurück zu verwandeln. Der Geist schien die Strecke ohne Mühe zurück gelegt zu haben. Er knackte ein paar Mal zufrieden und pfiff seine Melodie.
Die Verwandlung war fast ganz abgeschlossen. Nur der rechte Arm fehlte noch. Aber er veränderte sich nicht. Noch immer ragte aus Jacks Schulter eine hässliche mit Warzen übersäte Klaue. Da bemerkte Jack etwas weiter oben in den Bäumen. Als dem Jungen klar wurde, was er da sah, verlor er seinen Mut. Gerade so gross wie eine Fingerspitze schien ein Sonnenstrahl durch die dichten Blätter der Bäume. Der Tag war angebrochen. Er sah hektisch zu Klacks. Der Waldgeist erkannte ebenfalls das Licht, blickte zu Jack, pfiff ein letztes Mal und begann sich dann aufzulösen. Er war verschwunden.
Jack dachte nicht länger nach und rannte los. Er hatte keine Ahnung wohin, aber das war ihm egal. Er rannte und rannte. Als er endlich völlig erschöpft den Hügel der Hexe gefunden hatte, verlor er alle Hoffnung. Dort war kein Eingang mehr. Kein Fassdeckel. Keine Höhle. Auch die Hexe und ihr Heim waren dem Licht des Tages gewichen. Hatte der Gnom das mit den Regeln des Waldes gemeint? Jack schluckte die nahenden Tränen hinunter. So weit war er gekommen. Und was hatte er davon? Einen falschen Arm und eine Medizin für seine Mutter, von der er nicht einmal sicher war, ob sie überhaupt wirkte ohne die Hilfe der Hexe.
Nur die Gedanken an seine Eltern trieben den Jungen noch voran. Mühsam zwang er sich immer wieder weiter zu gehen. Die Sonne stand schon hoch am Himmel als Jack am Waldrand ankam. Vor dem Haus sass sein Vater auf einer Bank. Den Kopf hatte er in die Hände gestützt. Neben ihm lag das Buch „Die Gesetze der Wälder“ aufgeschlagen auf dem Gras. Einige Seiten waren mit Gewalt herausgerissen worden. Sein Vater musste ihn den ganzen Tag gesucht haben. Jack schritt langsam auf ihn zu. Er versuchte gar nicht erst seinen Arm zu verstecken. Als er näher kam, hörte er seinen Vater zum ersten Mal in seinem Leben weinen.
„Vater. Ich habe das Kraut. Ich bin wieder da. Mutter wird gesund!“

Der Mann sah müde auf. Er verzog keine Miene als ein kleiner Waldgeist mit einem Warzen übersäten Arm vor ihm stand.
„Was will ein Geist des Waldes am helllichten Tag von mir? Meine Frau ist krank. Mein Sohn ist im Wald verschwunden. Ich habe alles verloren was mir lieb und teuer war. Geh! Ich habe deinesgleichen satt.“
Doch der kleine Waldgeist schien ganz friedlich. Das Gesicht des Mannes hellte sich auf, als der Geist das Kraut der Gnome zu seinen Füssen legte. Und was war das? Von der Wange des Geistes rollte eine Träne. Der Mann hatte gar nicht gewusst, dass auch Waldgeister weinen konnten.
„Was möchtest du für die Kräuter?“
Der Geist machte zwei Knacklaute, wandte sich um und ging in den Wald zurück. Dabei pfiff er eine fremde Melodie, die der Mann zuvor noch nie gehört hatte. Als er sich erhob schmerzte sein Rücken und seine Glieder fühlten sich alt und matt an. Hin und her gerissen zwischen dem Gefühl seinen Sohn für immer verloren zu habe und seine Frau retten zu können ging der Mann ins Haus. Schnell wollte er seiner Frau das Kraut zeigen. Auf dem Weg zur Treppe kam er an dem Spiegel vorbei. Verdutzt blieb er stehen. Aber es war wahrscheinlich nur Einbildung, dachte er sich und stieg die Stufen hinauf. Der Mann hatte keine Ahnung, dass sein Gesicht um zwei Jahre gealtert war. Auf der Wiese vor dem Haus lies der Wind die losen Seiten des Buches tanzen. Da verfing sich eine Seite in einem Baum auf der Folgendes geschrieben stand:
Die Gesetzte des Waldes
Waldgeister
Waldwesen erwachen in der Nacht, bis sie am Tage wieder ein Teil des Waldes werden. Waldgeister jedoch sind nicht an dieses Gesetzt gebunden. Sie schlafen nur dann, wenn sie genug gefressen haben. So kann man einem ausgehungerten Waldgeist auch an Tagen begegnen. Und was fressen Waldgeister? Leser nimm dich in acht.
Fängt er an zu pfeifen,
wird er gleich zugreifen,
hält er nur als Fressen,
ein Stück deines Lebens
für angemessen.
Gehst du einen Handel mit einem Geist ein, so nimmt er als Bezahlung deine Lebensjahre. Manchmal sogar alle.
 

flammarion

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Jack lebte mit seinen Eltern am Rande eines riesigen Waldes. Es war Spätsommer und die Sonne war seit einer Stunde dem Mond gewichen. Das kleine Haus lag etwas abseits der Stadt. Nur deswegen hatte sein Vater es sich leisten können. Als Schu(h)macher verdiente er sehr wenig und sein Lohn reichte für Unterkunft und Nahrung, nicht aber für Medizin, welche Jacks kranke Mutter dringend benötigte. Sie war eines Tages frohen Gemüts in den Wald gegangen und am Abend blass und krank wieder gekommen. Jack konnte sich nicht erklären(Komma) warum seine Mutter auf einmal krank war und jedes Mal(Komma) wenn er sich bei ihr erkundigen wollte, wechselte sie das Thema. Sollte man den Worten des Vaters Glauben schenken, so würde seine Frau den nächsten Winter nicht überleben.
Der 10-Jährige Jack sass(saß), gekleidet in ein Nachthemd, in seinem Zimmer auf einem alten Holzhocker und starrte nachdenklich aus dem Fenster. Schon seit Tagen überlegte er(Komma) wie er seiner Mutter helfen ko(ö)nnte. Jack brauchte die Medizin, das war ihm bewusst, denn er war zwar noch ein Knabe, jedoch nicht dumm.
Der Wald lag dicht, wenige Meter entfernt, vor dem Haus. Lange Nebelschwaden zogen sich um das grüne Dickicht und das Mondlicht gab das seine zu dem düsteren Bild. Sein Vater hatte ihm verboten(Komma) in der Nähe der Bäume zu spielen. Oft musste Jack sich seine Geschichten über böse Hexen, giftige Gnome und zornige Waldgeister anhören. Sein Vater hatte nach dem Erkranken seiner Mutter ein Buch über Waldwesen erworben. Es trug den Titel: „Die Gesetze der Wälder“. Jeden Abend las er Jack daraus vor und ermahnte ihn(Komma) niemals in den Wald zu gehen. Doch anders als sein Vater glaubte Jack nicht an diese Wesen. Dienten die Geschichten eigentlich zur Abschreckung(Komma) so fand Jack sie spannend, weshalb er schon oft im Wald spazieren gewesen war.
Die Treppe knarrte. Jack erhob sich, öffnete die Tür seiner kleinen Kammer und steckte den Kopf hinaus. Sein Vater ging über den alten Holzboden und verschwand im gegenüberliegenden Zimmer, wo die Mutter seid(seid) mehreren Wochen das Bett gehütet hatte. Die beiden unterhielten sich, doch an Jacks Ohren drang nur ein leises Gemurmel. Langsam schlich er aus seinem Zimmer an die Tür des Schlafzimmers seiner Eltern, darauf bedacht(Komma) die vielen Bretter zu meiden, die bei Belastung anfangen würden zu knarren. Vorsichtig legte er das linke Ohr an die Tür und lauschte.
„Liebling. Es tut mir so schrecklich Leid. Ich schaffe es einfach nicht. Für die Kräuter(Komma) die du benötigst, müsste ich 20 Paar Schuhe an einem Tag verkaufen.“
„Mein Liebster. Mach dir keine Sorgen. Wenn der Herr mich holen will, so bin ich bereit.“
„Damit gebe ich mich nicht zufrieden. Vorher gehe ich in den Wald und sammle die Kräuter selbst.“
Jacks Mutter stiess(stieß) einen erregten Seufzer aus.
„Nie wieder darfst du daran denken! Versprich es mir! Du und Jack(Komma) ihr dürft niemals in den Wald gehen. Du weisst(weißt) genau, dass das Kraut der Gnome streng bewacht wird.“
Jack schöpfte Hoffnung. Das also war die Medizin, die seine Mutter brauchte. Die Geschichte mit den Gnomen und ihren wertvollen Kräutern, die sie wie ihre Augäpfel schützen(hüteten), hielt Jack natürlich für frei erfunden, als sein Vater sie ihm vorgelesen hatte. Einmal war er an eine Stelle im Wald gegangen, wo er dieses Kraut mit dunkelgrünen Blättern und lila Blüten gesehen hatte. Zwar würde Jack(Komma) um das Kraut zu holen(Komma) abermals tief in den Wald gehen müssen, aber das hielt ihn nicht davon ab(Komma) seine Mutter zu retten.
„Nun gut. Ich gehe nochmal nach dem Jungen sehen.“, sagte sein Vater.
Jack hörte(Komma) wie er sich erhob. Er drehte sich abrupt um(Komma) machte einen geschickten Satz auf seine Kammer zu, schloss die Tür, warf sich auf sein Bett und kniff die Augen zusammen. Sein Vater kam nur wenige Augenblicke später herein und setzte sich zu seinem Sohn. Mit einem traurigen Lächeln küsste er den scheinbar schlafenden Knaben auf die Stirn und verliess(verließ) die Kammer.
Eine Stunde später setzte Jack sich auf. Die Zeit war sehr langsam vergangen. Er warf die Decke zur Seite. Schnell packte er Kleidung in einen alten Lederbeutel, zog sich an und schlich, so leise seine Füsse(Füße) es vermochten, aus der Kammer und die Treppe hinunter. Unten angekommen sah er sich um. Rechts von ihm lag die kleine Nische mit der Vorratskammer. Dort angelangt öffnete er die Tür. Ein deftiger Duft von Wurst drang ihm entgegen. Sein Vater hatte erst vor drei Tagen zwei Paar seiner besten Schuhe beim Metzger gegen die Würste getauscht. Jack nahm sich zwei von einer langen Stange, an der sie in einer Reihe hingen. Darunter lag ein Leib(Laib) Brot, den er in der Mitte brach und die Hälfte ebenfalls in seinem Sack verstaute. Dann schloss er die Tür der Speisekammer und ging hinaus. Wenige Meter vor dem Wald blieb er stehen. Angst hatte Jack keine. Vielleicht war er einfach nur ein bisschen vorsichtig. Er drehte sich noch einmal zum Haus um und verschwand dann mit einem langen Seufzer zwischen den Bäumen.
Durch die majestätischen Baumkronen viel(fiel) kein Licht. Trotzdem konnte Jack sich sehr gut orientieren. Bis jetzt war der Junge nur tagsüber hier gewesen. Aber die Dunkelheit schreckte ihn nicht ab und bereits nach einer kurzen Zeit erkannte Jack eine weite Lichtung, die er schon oft passiert hatte. Hier(Komma) wo die Bäume lichter wurden, konnte der Mond den Weg erhellen. Es sah aus, als hätte jemand ein riesiges Loch in den Wald gestanzt. Jack schritt voran, voller Zuversicht(Komma) das Kraut der Gnome zu finden. Als er die Mitte der Lichtung erreicht hatte, hörte er ein Knacken im Wald. Er sah sich um. Sicherlich war es nur ein Wildschwein, das sich den Weg durch das Unterholz kämpfte. Jack ging unbeirrt weiter, als es links von ihm erneut knackte. Vielleicht ein Reh, das im Schutz der Dunkelheit nach Nahrung suchte. Der Junge bewegte sich nun langsamer und erwischte sich immer wieder dabei(Komma) wie er nach dem Geräusch horchte. Da knackte es zum dritten Mal. Jack duckte sich hinter einem(einen) gestürzten Baumstamm. Er kniff die Augen zusammen, versuchte krampfhaft etwas zu erkennen. Ein Schatten. Jemand oder etwas hockte am Rande der Lichtung. Vielleicht ein Mensch? Jack überlegte, ob er sich bemerkbar machen sollte. Wenn es ein wildes Tier war, würde es ohnehin flüchten.
„He. Wer schleicht da?“
Die Gestalt hielt in ihrer Bewegung inne und sah zu Jack. Sie schritt langsam auf die Lichtung.
„He. Wer seid ihr?“
Wieder keine Antwort. Jack meinte eine Frau zu erkennen. Vielleicht hatte sie Angst. Er fasste seinen Mut und machte ein paar langsame Schritte auf sie zu. Die Frau ging ihrerseits auf die Lichtung und jetzt erstrahlte(beleuchtete) der Mond ihre ganze Gestalt. Ihr Rücken war gekrümmt, um Kopf und Schulter hatte sie ein Tuch gebunden und in der Hand hielt sie einen alten Stock(Komma) auf den sie sich stütze(stützte).
„Ah. Ein Junge.“, sagte sie mit brüchiger Stimme. Jack lächelte sie an.
„Mütterchen, was macht ihr(Ihr) hier in der dunklen Nacht?“
„Nun, mein kleiner(Kleiner), das könnte ich dich auch fragen, nicht? Wieso schleicht so ein Frischling hier herum?“, geiferte sie und kam näher.
„Ich suche etwas. Und ihr(Ihr)?“
„Ich? Ich bin nur eine alte Frau, die jedem neugierigen Knaben, dem sie begegnet, einen Stoss(Stoß) mit dem Stock verpasst, wenn er zu viele Fragen stellt.“
Die Alte stand nun direkt vor Jack. Er hatte noch nie gehört, das(dass) alte Frauen während der Nacht im Wald spazierten.
„Was sucht denn der kleine Knabe?“
„Meine Kette. Habe sie wohl irgendwo hinter der Lichtung verloren.“
Warum Jack log, wusste er selbst nicht genau.
„Nun, Mütterchen. Ich muss weiter. Meine Kette suchen. Habt noch eine gute Nacht.“
Jack drehte sich um und wollte gerade weiter gehen, als die Alte etwas erwiderte.
„Eine Kette sagst du, Knabe? Ich habe eine Kette gesehen. Dort, hinter der Lichtung.“, sagte sie und wies mit einem langen knochigen Finger in eine Richtung.
„Komm. Ich zeige dir(Komma) wo.“
Obwohl sich in Jack alles gegen die Entscheidung wehrte mit der Alten zu gehen, nickte er mit dem Kopf(womit kann man sonst noch nicken?). Hätte er es nicht besser gewusst, würde er die Frau für eine Hexe halten. Aber schliesslich(schließlich) gab es keine Hexen, da war er sich sicher. Gemeinsam verliessen(verließen) sie die Lichtung.
Nachdem sie eine ganze Weile gelaufen waren, kamen sie zu einem riesigen Baum, der auf einem Hügel stand. Jack war noch nie in diesem Teil des Waldes gewesen. In dem Hügel erkannte Jack einen kleinen Höhleneingang. Davor war provisorisch eine Tür, bestehend aus einem grossen(großen) Fassdeckel, geschoben. In dem Kopf des Jungen spielte sich schon jetzt das reine Chaos ab. Es war alles klar. Die Frau war eine Hexe. Sie versuchte ihn in ihre Höhle zu locken, ihn einzusperren und entweder zu verspeisen oder als Sklave zu halten. Genau das würde zumindest sein Vater jetzt behaupten. Aber es gab ja keine Hexen.
Vor dem Fassdeckel blieb die Frau stehen und blickte zu Jack.
„Das ist meine Höhle. Die Kette liegt noch ein ganzes Stück weiter im Wald. Hier können wir ruhen und später weiter gehen.“
Dann schob sie den Deckel zur Seite und deutete Jack hinein zu treten. Kaum war er in den von Kerzen erhellten Raum getreten, verschloss die Alte die Tür hinter sich und kicherte. Jack fuhr herum und starrte zum Fassdeckel. In einer gekrümmten Haltung murmelte die Frau etwas in sich hinein.
„So dumm. So dumm. Der kleine Knabe.“
Auf einmal wurde sie lauter und spie aus.
„SO DUMM. Du kleiner dummer Junge. Ich weiss(weiß Komma) wieso du hier bist. Ich habe auf dich gewartet.“
„Du...du bist....eine....eine....“, stammelte Jack.
„Sag es. Du kleiner dummer Junge. SAG ES!“
„Du bist eine Hexe.“
Jack konnte selbst kaum glauben, was er gerade gesagt hatte. Das Gesicht der Hexe begann sich zu verändern. Kleine Hautstücke bröckelten ab und brachten eine widerliche Fratze zum Vorschein. Jack traute seinen Augen nicht. Die Hexe lächelte ihn schief an.
„Du suchst das Kraut der Gnome(Komma) um deine dreckige Mutter zu retten.“
„Mein Mutter ist nicht...“
„HALTS MAUL! Normalerweise wärst du schon tot. Aber ich habe gerade gegessen. Dein Glück! Setzt(Setz) dich!“
In der Mitte des Raumes stand ein kleiner Holztisch mit drei Stühlen. Jack setzte sich. Überall erhellten Kerzen in allen möglichen Farben den Raum. Die meisten aber waren schwarz. Zu seiner linken(Linken) hing ein Regal an der schiefen Höhlenwand. Darauf stapelten sich Bücher und viele unterschiedlich grosse(große) Flaschen, alle mit farbigen Flüssigkeiten gefüllt. Die Hexe setzte sich gegenüber von Jack.
„Willst du einen Keks?“
Sie reichte ihm einen Teller mit matschigen Keksen. Ein Käfer krabbelte unbeholfen über das Gebäck. Jack schluckte. Er hatte seine Stimme wieder gefunden.
„Ist ja widerlich! Nein Danke.“
„Keinen Geschmack(Komma) der Junge.“, kicherte die Hexe, nahm sich den Käfer und liess(ließ) seinen Panzer mit einem lauten Knacken zwischen den Zähnen zerbrechen. Jack musste sich konzentrieren(Komma) um sein Mageninneres bei sich zu halten.
„So(Komma) so(Komma) kleiner(Kleiner). Du willst also das Kraut der Gnome. Wie edel von dir(Komma) dafür in den Wald zu kommen. Und mindestens genauso dämlich! Wenn sie dich erwischen, schlagen sie dir, bevor sie auch nur daran denken können mit der Wimper zu zucken, den Kopf ab! Woher ich das alles weiss(weiß)? Ich bin eine Hexe(Komma) Grünschnabel. Hast du ein Schwein, dass ich dich gefunden habe. Was hältst du von einem Handel.(besser Fragezeichen)“
„Was für einen Handel?“
„So gefällst du mir schon besser. Die Gnome haben ihr Kraut mit einem Zauber geschützt. Ich kann es nicht erreichen. Aber du bist ein Mensch. Du könntest es schaffen. Oder du gehst dabei drauf. Genau weiss(weiß) ich das auch nicht. Unsere Abmachung sieht wie folgt aus. Du bringst mir etwas von dem Kraut. Am besten so viel du tragen kannst. Und ich gebe dir einen Trank, der deine Mutter gesund macht. Weil ich heute ganz besonders gute Laune habe, bekommst du auch noch etwas anderes.“
Die Hexe stand auf und ging zu dem Regal. Nachdenklich schob sie einige Flaschen beiseite und holte eine kleine Ampulle, die hinter die Bücher gerutscht sein musste, hervor. Sie legte sie zu Jack auf den Tisch. In dem kleinen Glasgefäss(Glasgefäß) befand sich eine grünliche Flüssigkeit. Verdutzt sah der Junge die Hexe an.
„Wie soll mir das Zeug weiterhelfen.(besser Fragezeichen)“
„DU UNWISSENDER.(besser Ausrufezeichen)“, brüllte die Alte.
„Darin befindet sich ein Trank. Sehr selten und sehr schwierig herzustellen. War für mich natürlich kein Problem.“
Sie grinste stolz und hob die lange Nase.
„Der Gnomenzauber wird dich zwar nicht töten, dafür aber die Gnome selbst(Komma) wenn sie dich erwischen. Wenn du das Elixier trinkst, wirst du für eine kurze Zeit einer von ihnen.“
„So einfach ist das?“
„Mein Junge. Wir reden hier von Zauberei. Und nun hör\' genau zu! Wenn dir des Krautes Fund geglückt(Komma) dann bring es zurück, bevor der Sonne Licht den Tag anbricht.“
„Was soll das denn heissen(heißen)?“
„Das wirst du schon noch heraus finden. Jetzt geh! Und sei wieder hier(Komma) bevor der Tag beginnt!“
Ohne ein weiteres Wort schob sie Jack zur Tür hinaus und knallte sie hinter ihm zu.
Was für eine Begegnung. Jack wusste nicht(Komma) was er von der Alten halten sollte. Er versuchte seine Gedanken zu ordnen. Sie war eine Hexe, daran konnte seine Logik auch nichts ändern. Zwar hatte sie ihm mit dem Tod gedroht, trotzdem wirkte sie auf ihn gleichzeitig eklig und amüsant. Was hatte sie noch gesagt? Wenn dir des Krautes Fund geglückt(Komma) dann bring es zurück, bevor der Sonne Licht den Tag anbricht. Aber wieso? Das Kraut konnte er doch genau so gut tagsüber pflücken. Voll ungeklärter Fragen setzte Jack seinen Weg fort und ging weiter in den dunklen Wald.

Nach einer gefühlten Ewigkeit blieb er stehen und setzte sich auf einen kleinen Fels. Die Stelle mit dem Kraut kannte er zwar, aber von der Höhle der Hexe aus hatte er die Orientierung verloren und einen falschen Pfad genommen. Frustriert öffnete er seinen Ledersack und machte sich an seinem Proviant zu schaffen. Gerade biss er hungrig in ein Würstchen, als er ein Licht auf dem Weg sah. Ungläubig blinzelte er, aber ohne Zweifel kam ihm ein weisses(weißes) Licht entgegen. Es schien zuerst eine Armlänge über dem Boden zu schweben, aber bei genauerem Hinsehen,(kein Komma) konnte er eine gangartige Bewegung ausmachen. Ein kleines Männchen. Ganz in weiss(Weiß). Und was war das für eine Musik? Das Männchen pfiff. Eine fröhliche Melodie, die er nicht kannte. Wirklich komisch wirkte die Szenerie allerdings erst, als Jack bemerkte, dass das Männchen ihn gar nicht beachtete. Ohne den Kopf zu heben oder gar stehen zu bleiben, ging es an ihm vorüber. Jack räusperte sich.
„He. Kleines Männchen. Wer bist du?“
Das Männchen blieb stehen und sah zu Jack auf. Jetzt erst konnte der Junge das Gesicht erkennen. Es bestand lediglich aus drei schwarzen Punkten. Zwei lagen weiter oben, die als Augen dienten und einer weiter unten, der sich als Mund entpuppte. Der untere Punkt zuckte leicht. Anscheinend wollte das Männchen etwas sagen, aber aus dem schwarzen Loch kamen nur ungewöhnliche Knacklaute. Plötzlich hüpfte der kleine Mann aufgeregt hin und her und die Knacklaute überschlugen sich dabei. Dann beruhigte er sich wieder, ging ohne einen weiteren Knacker weiter und pfiff sein fröhliches Lied.
„Du. Warte doch mal.“
Jack stopfte den restlichen Proviant zurück in den Sack und lief dem Männchen hinterher.
„Ich spreche deine Sprache nicht. Kannst du mir vielleicht helfen?“
Das Männchen blieb stehen. Zwei laute Knacker hallten durch die Luft. War es jetzt wütend? Jack irritierte die fremde Sprache. Dazu kam, dass dem Männchen mit dem komischen Gesicht keine Mimik abzulesen war.
„Es tut mir leid, falls ich dich verärgert habe. Ich habe mich verlaufen und brauche jemanden, der sich hier im Wald auskennt.“
Das Männchen schien zu lachen. Jedenfalls glaubte Jack, dass es ein Lachen sein sollte. Mit einem Sprung gelangte der kleine Mann zum Wegesrand und brach von einem nahe stehenden Baum einen dünnen aber stabil wirkenden Zweig ab. Den nahm er nun in beide Hände und kritzelte schwermütig etwas in den Waldboden.
Mensch. Junge. Name.
Jack zeigte verdutzt mit dem Finger auf sich.
„Mein Name ist Jack.“
Das Männchen nickte hektisch mit dem Kopf.
Ich. Waldgeist. Klacks.
Jacks Augen weiteten sich. Noch nie hatte er einen Waldgeist in einem Buch, geschweige denn an diese Wesen geglaubt.
„Ich hatte mir Waldgeister immer viel grösser vorgestellt.“
Plötzlich riss der Geist den Zweig hoch und hielt ihn wie einen Degen. Bedrohlich stiess(stieß) er mehrere Male nach Jack, der zurück stolperte und rücklings auf den Weg plumpste. Jack hatte den Angriff noch nicht mal erahnen können, so schnell hatte der Geist sich bewegt.
„Schon gut. Schon gut. Tut mir leid.“, sagte Jack und rappelte sich wieder auf.
„Also(Komma) mein Herr Klacks(Komma) kannst du mir den Weg zu den Kräutern der Gnome zeigen.(besser Fragezeichen)“
Klacks drehte sich um und schrieb abermals etwas in den Boden.
Ich. Kenne. Wald.
„Ja, aber weisst(weißt) du auch(Komma) wo die Gnome wohnen?“
Wieso. Gnome. Finden.
„Weil meine Mutter sehr krank ist. Und wenn ich das Kraut nicht finde, vielleicht wird sie dann sterben. Kannst du mir helfen oder nicht?“
Klacks. Hilft. Jack.
Jack konnte sein Glück kaum fassen. Endlich hatte er eine Chance(Komma) das Kraut doch noch vor Sonnenaufgang zu finden.
„Ok, wo leben die Gnome?“
Was. Klacks. Bekommen.
„Ich habe nichts(Komma) was ich dir geben könnte.“
Klacks. Will. Essen.
„Essen? Hör\' mal Klacks. Ich habe nur noch Zeit bis Sonnenaufgang. Kannst du nicht mehr schreiben als drei Wörter?“
Klacks wackelte ruckartig mit dem Kopf und hüpfte wütend hin und her. Jack streckte schlichtend die Hände aus.
„Beruhige dich. Gut. Was willst du essen?“
Klacks. Will. Essen.
Jack zog aus seinem Beutel eine halbe Wurst, aber der Geist schlug sie aus seiner Hand.
„Nun gut. Du bekommst dein Essen. Dafür zeigst du mir den Weg.“
Hand. Drauf. Jack.
Auch wenn Jack nicht die geringste Ahnung hatte(Komma) was Waldgeister aßen, willigte er in den Tausch ein. Ihm blieb keine Zeit(Komma) sich mit Klacks zu streiten. Über die Bezahlung konnte er sich auch später noch Gedanken machen.
Klacks führte den Jungen noch tiefer in den Wald. Tatsächlich dauerte es nicht lange und Jack meinte(Komma) einzelne Plätze wieder zu erkennen. Wie zum Beispiel eine kleine Quelle, die sie passierten, an der er bei früheren Spaziergängen gerastet hatte. Jetzt konnte es nicht mehr weit sein. Und schon nach wenigen Schritten blieb der Waldgeist stehen. Er drehte sich um, schrieb erneut etwas in den Boden.
Hier. Wald. Gnome.
Jack sah sich um. Der Wald hatte sich nicht verändert, noch wies irgendetwas anderes darauf hin, dass hier die Gnome lebten.
„Bist du dir sicher, dass wir hier richtig sind?“
Klacks hob langsam den Zweig in Richtung Jack.
„He. Kein Grund(Komma) gleich wieder wütend zu werden. Ich glaube dir ja.“, sagte der Junge noch schnell(Komma) bevor Klacks ihn mit dem Zweig attackieren konnte.
Klacks. Will. Bezahlung.
„Es war aber ausgemacht, dass du mich bis zu dem Kraut begleitest.“
Klacks. Kann. Nicht.
„Wieso nicht?“
Gnome. Wald. Geschützt.
Jack erinnerte sich. Etwas ähnliches hatte die Hexe gesagt. Auch sie kann das Kraut nicht selbst holen, weil der Wald der Gnome mit einem Zauber geschützt ist, überlegte Jack. Nur bei Menschen war der Bannzauber angeblich wirkungslos. Klacks konnte ihn nicht mehr weiter bringen. Den restlichen Weg musste Jack alleine gehen.
„Gut. Du bekommst deine Bezahlung aber erst, wenn ich das Kraut habe.“
Klacks sah nicht überzeugt aus. Trotzdem nickte der kleine Geist. Er deutete mit dem Zweig in die Richtung, wo er das Gnomenkraut vermutete. Jack hatte gerade den ersten Schritt gemacht, als ihm die Ampulle der Hexe einfiel. Er kramte in seinem Lederbeutel und holte den Trank heraus. Klacks hatte sich währenddessen auf einen Stein gesetzt und stocherte mit dem Zweig ungeduldig im Boden herum. Kritisch sah sich Jack die grüne Flüssigkeit noch einmal genauer an. Er konnte kleine Stückchen erkennen, die am Glas klebten. Der Junge würgte. Mit einem Ruck schluckte er die Flüssigkeit hinunter. Der bittere Geschmack war so extrem, dass Jacks Wahrnehmung sich veränderte. Alles verschwamm vor seinen Augen. Er sackte in die Knie. Musste sich mit den Händen abstützen. Was passierte mit ihm? Wurde der Wald grösser? Nein, Jack wurde kleiner. Er begann zu schrumpfen. An Händen und Armen bildeten sich kleine Warzen. Etwas zog an seiner Nase. Als er sie mit den dicken Wurstfingern berührte, fühlte er anstatt der kleinen Kindernase eine dicke Knolle. Rund und gross(groß) wie eine Kartoffel. Die Verwandlung war so intensiv gewesen, dass Jack an den Wegesrand stürzte und sich übergeben musste. Jetzt war er ein Gnom. Im Gegensatz zu Jack schien Klacks die Veränderung überhaupt nicht zu beeindrucken. Der Waldgeist pfiff munter die fremde Melodie. Ohne ihn weiter zu beachten, drehte Jack sich zum Himmel. Aber die Bäume liessen(ließen) nur wenig Licht durch. So konnte der kleine Junge nicht ahnen, dass der Tag bereits nahte.

Nach einem kurzen Fussmarsch(Fuß . . .) blieb Jack stehen. Hier musste doch irgendwo die Stelle mit dem Kraut sein. Mit seiner neuen Körpergrösse(größe) wirkte der Wald ganz anders. Jack spürte, dass er sein Ziel bald erreicht haben musste. Seine Kartoffelnase nahm einen seltsamen Geruch war(wahr). Blumig. Würzig. Kräuter, dachte Jack und rannte los. Vor einem alten verschrumpelten Baum blieb er stehen. Der Junge wagte es nicht seinen Augen zu trauen. Am Fusse(Fuße) des alten Baumes wucherte das Kraut. Dunkelgrüne Blätter und lila Blüten. Das musste es sein. Er konnte es riechen. Schliesslich(Schließlich) war er jetzt ein Gnom. Schnell riss er die Pflanzen aus der Erde und verstaute sie in seinem Beutel. Genau in dem Moment(Komma) als er die Kräuter berührte, hörte er auf einmal ein Geraschel.
Das geht nicht. Wenn er bereits bei Berühren der Pflanzen gestört wird, kann er sie nicht in seinen Beutel stecken.
Überall um ihn herum fingen Stimmen an zu flüstern. Erst ganz leise, so dass man sie kaum wahrnehmen konnte. Dann wurden sie immer lauter(Komma) bis sie in ein ohrenbetäubendes Schreien übergingen. Plötzlich standen sie hinter ihm. Jack wandte sich langsam um. Sie hockten in den Bäumen und kamen aus Löchern im Boden gekrabbelt. Mehrere Dutzend hässliche Gnome drängten sich vor ihm zusammen und hielten ihre kleinen spitzen Speere kampfbereit. Einer, der für seine Art sehr gross(groß) gewachsen war, löste sich aus der Menge und kam auf ihn zu. Kurz sah er sich Jack an.
„Mitnehmen.“,(Leerfeld)sagte der Gnom dann und zwei andere positionierten sich rechts und links neben Jack. Das letzte(Komma) was er spürte, war ein harter Schlag auf den Hinterkopf. Dann wurde alles schwarz.
Als Jack wieder zu sich kam, roch es nach Erde. Nach verfaultem Fleisch und Kräutern. Jack öffnete seine schweren Augenlieder(lider). Sein Gnomkörper war an einen Baumstumpf gefesselt. Die kleine Höhle musste unterirdisch angelegt sein. Überall ragten Baumwurzeln aus den unregelmässigen(unregelmäßigen) feuchten Wänden. Krabbeltiere versteckten sich überall dort, wo der Schein eines Feuers, das in der Mitte der Höhle leise knisterte, Schatten warf. Jack sah ruckartig an sich hinunter. Er hatte Glück. Sein(Seinen) Beutel mit dem Proviant und den Kräutern hatte(hatten) die Gnome ihm nicht abgenommen.
„Du! Was bist du?“
Der Gnom klang wie ein Schwein. Zwischen den einzelnen Wörtern kam ein lautes Grunzen aus seiner Kehle. Jack hatte ihn erst gar nicht bemerkt. Ausser(Außer) ihm zählte Jack noch zehn weitere seiner Art, die im Raum standen.
„Jack.“, stotterte der Junge. Etwas besseres(Besseres) als sein Name war ihm unter den schweren Kopfschmerzen nicht in den Sinn gekommen. Der Gnom kam näher und zog die Luft tief durch seine Nase.
„Du siehst zwar aus wie einer von uns, aber du riechst nicht so. Du STINKST!“
Die Stimme des Wesens verfinsterte sich.
„Und zwar...nach Mensch. Das haben wir sofort gemerkt. Und du hast noch einen Fehler gemacht. Wir Gnome ernten unser Kraut nur bei Mitternacht. Jaja. Es gibt Regeln in diesen Wäldern. Sogar die Hexen, die den Menschen so ähnlich sehen, wissen das. Jedes Wesen dieses Waldes muss die Regeln befolgen. Wenn du sie also nicht kennst, dann bist du ein fremdes Wesen aus einem anderen Wald, oder ein Mensch.“
Das letzte Wort hatte der Gnom mehr gespuckt als gesprochen. Klebriger Speichel war Jack ins Gesicht geflogen. Seine Artgenossen gackerten, schrien und sprangen dabei wild umher. Jack musste sich irgendetwas einfallen lassen, wenn er nicht als Gnomfutter enden wollte.
„Ich...ich habe eben einen Menschen getötet. Ja(Komma) eben gerade. Deswegen stinke ich so nach ihnen.“
Er wusste, dass seine Lüge hinten und vorne hinkte. Aber die Gnome nickten sich lächelnd zu. Nur der Gnom(Komma) der bei Jack stand, verzog argwöhnisch das Gesicht.
„Beachtlich! Ich wusste gar nicht, dass die Menschen so tief in unseren Wald kommen. Wenn du die Wahrheit sprichst, dann kannst du uns den Menschen doch bestimmt zeigen.“
„Klar. Es war...draussen(draußen) bei einem grossen(großen) Stein. Ich führe euch hin.“
Jack wusste selbst nicht genau was er tat, aber er musste aus dieser Höhle raus.
„Nun gut.“, sagte der grosse(große) Gnom.
„Du bekommst deine Chance. Sollte sich allerdings herausstellen, dass du lügst, dann müssen wir uns keine Gedanken mehr über unser morgiges Abendmal(Abendmahl) machen.“
Mit finsterer Miene gab er den anderen das Zeichen(Komma) Jack loszuschneiden. Jack folgte dem Gnom. Sie gelangten durch viele unterirdische Gänge, in denen Jack sich ohne Zweifel verlaufen hätte, wäre er hier alleine unterwegs gewesen. Er spürte einen frischen Lufthauch. Sie verliessen(verließen) die Höhlen. Erst jetzt bemerkte Jack(Komma) wie Nahe der Eingang am Kraut lag.
„Zeig uns den toten Menschen.“,(Leerfeld)befahl der grosse(große) Gnom.
Jack schritt voran und die Gnome folgten ihm. Nachdem sie eine Weile gegangen waren, wurde der Gnom, der mit Jack gesprochen hatte, ungeduldig.
„Ich sehe immer noch keinen Menschen. Bist du etwa ein Verräter?“
Die Gnome flüsterten spöttisch Verräter. Verräter. Der grosse(große) Gnom schien so etwas wie ein Anführer zu sein.
„Wir sind gleich da.“, erwiderte Jack. Er hatte nur eine Hoffnung. Klacks. Vielleicht konnte der Waldgeist mit seiner Schnelligkeit etwas gegen die Gnome ausrichten.
Schon von weitem sah Jack den weissen(weißen) Schein des Geistes. Direkt vor dem Stein, auf dem Klacks sass(saß), kam die Gruppe zum Stehen. Der Anführer der Gnome trat vor.
„Ein Waldgeist? WO IST DER MENSCH?“, schrie er.
Jack ignorierte den Gnom und beugte sich zu Klacks vor. Er flüsterte ihm etwas zu.
„Waldgeist. Hör mir jetzt ganz genau zu. Du bekommst von mir so viel Essen(Komma) wie du willst, wenn du für mich diese Gnome vertreibst.“
Langsam erhob der Geist sich vom Stein. Klacks knackte rhythmisch in gleichmässigen(gleichmäßigen) Abständen und sein Körper schwang dabei immer wieder bedrohlich von der einen zur anderen Seite. Demonstrativ plusterte der Geist sich vor den Gnomen auf. Er nahm seinen Zweig und klopfte damit viermal auf den Waldboden. Dort(Komma) wo das Holz den Boden berührt hatte, bildete sich eine weisse(weiße) Kugel. Die Luft fing plötzlich an zu flimmern. Dann geschah es. Mit einer unnatürlichen Wucht erbrach sich eine gigantische Lichtwelle aus der Kugel, die auf die überraschten Gnome schwappte. Das letzte was der Anführer sah, war Jack, der wieder wuchs und sich langsam in einen Menschen zurück verwandelte. Danach ging alles ganz schnell. Auch der Rest der Gnome verlor die Übersicht. Alle sprangen panisch durcheinander. Manche ergriffen die Flucht. Viele rannten ohne ihre Sehkraft gegen Bäume und Steine. Der Waldgeist wandte sich um und gab Jack mit einer Geste zu verstehen die Flucht zu ergreifen. Jack hatte nur einen Teil des Geschehens mitbekommen. Blindlinks(Blindlings) gehorchte er dem Geist und floh mit ihm ins Dickicht. Während Klacks mit unmenschlicher Leichtigkeit Felsen und Sträuchern auswich, war es für Jack fast unmöglich(Komma) mit dem Geist Schritt zu halten. Hinter einem Busch blieb der Junge keuchend stehen.
„Pause!“, mehr brachte Jack nicht heraus, als sein Gesicht gerade dabei war(Komma) sich wieder vollständig zurück zu verwandeln. Der Geist schien die Strecke ohne Mühe zurück gelegt zu haben. Er knackte ein paar Mal zufrieden und pfiff seine Melodie.
Die Verwandlung war fast ganz abgeschlossen. Nur der rechte Arm fehlte noch. Aber er veränderte sich nicht. Noch immer ragte aus Jacks Schulter eine hässliche(Komma) mit Warzen übersäte Klaue. Da bemerkte Jack etwas weiter oben in den Bäumen. Als dem Jungen klar wurde, was er da sah, verlor er seinen Mut. Gerade so gross(groß) wie eine Fingerspitze schien ein Sonnenstrahl durch die dichten Blätter der Bäume. Der Tag war angebrochen. Er sah hektisch zu Klacks. Der Waldgeist erkannte ebenfalls das Licht, blickte zu Jack, pfiff ein letztes Mal und begann sich dann aufzulösen. Er war verschwunden.
Jack dachte nicht länger nach und rannte los. Er hatte keine Ahnung wohin, aber das war ihm egal. Er rannte und rannte. Als er endlich völlig erschöpft den Hügel der Hexe gefunden hatte, verlor er alle Hoffnung. Dort war kein Eingang mehr. Kein Fassdeckel. Keine Höhle. Auch die Hexe und ihr Heim waren dem Licht des Tages gewichen. Hatte der Gnom das mit den Regeln des Waldes gemeint? Jack schluckte die nahenden Tränen hinunter. So weit war er gekommen. Und was hatte er davon? Einen falschen Arm und eine Medizin für seine Mutter, von der er nicht einmal sicher war, ob sie überhaupt wirkte ohne die Hilfe der Hexe.
Nur die Gedanken an seine Eltern trieben den Jungen noch voran. Mühsam zwang er sich immer wieder weiter zu gehen. Die Sonne stand schon hoch am Himmel als Jack am Waldrand ankam. Vor dem Haus sass(saß) sein Vater auf einer Bank. Den Kopf hatte er in die Hände gestützt. Neben ihm lag das Buch „Die Gesetze der Wälder“ aufgeschlagen auf dem Gras. Einige Seiten waren mit Gewalt herausgerissen worden. Sein Vater musste ihn den ganzen Tag gesucht haben.(was haben die ausgerissenen Seiten damit zu tun, dass sein Vater ihn gesucht hatte? Jack schritt langsam auf ihn zu. Er versuchte gar nicht erst(Komma) seinen Arm zu verstecken. Als er näher kam, hörte er seinen Vater zum ersten Mal in seinem Leben weinen.
„Vater. Ich habe das Kraut. Ich bin wieder da. Mutter wird gesund!“

Der Mann sah müde auf. Er verzog keine Miene(Komma) als ein kleiner Waldgeist mit einem Warzen übersäten Arm vor ihm stand.
„Was will ein Geist des Waldes am helllichten Tag von mir? Meine Frau ist krank. Mein Sohn ist im Wald verschwunden. Ich habe alles verloren(Komma) was mir lieb und teuer war. Geh! Ich habe deinesgleichen satt.“
Doch der kleine Waldgeist schien ganz friedlich. Das Gesicht des Mannes hellte sich auf, als der Geist das Kraut der Gnome zu seinen Füssen(Füßen) legte. Und was war das? Von der Wange des Geistes rollte eine Träne. Der Mann hatte gar nicht gewusst, dass auch Waldgeister weinen konnten.
„Was möchtest du für die Kräuter?“
Der Geist machte zwei Knacklaute, wandte sich um und ging in den Wald zurück. Dabei pfiff er eine fremde Melodie, die der Mann zuvor noch nie gehört hatte. Als er sich erhob(Komma) schmerzte sein Rücken und seine Glieder fühlten sich alt und matt an. Hin und her gerissen zwischen dem Gefühl(Komma) seinen Sohn für immer verloren zu habe(haben) und seine Frau retten zu können(Komma) ging der Mann ins Haus. Schnell wollte er seiner Frau das Kraut zeigen. Auf dem Weg zur Treppe kam er an dem Spiegel vorbei. Verdutzt blieb er stehen. Aber es war wahrscheinlich nur Einbildung, dachte er sich und stieg die Stufen hinauf. Der Mann hatte keine Ahnung, dass sein Gesicht um zwei Jahre gealtert war. Auf der Wiese vor dem Haus lies(ließ) der Wind die losen Seiten des Buches tanzen. Da verfing sich eine Seite in einem Baum(Komma) auf der Folgendes geschrieben stand:
Die Gesetzte(Gesetze) des Waldes
Waldgeister
Waldwesen erwachen in der Nacht, bis sie am Tage wieder ein Teil des Waldes werden. Waldgeister jedoch sind nicht an dieses Gesetzt(Gesetz) gebunden. Sie schlafen nur dann, wenn sie genug gefressen haben. So kann man einem ausgehungerten Waldgeist auch an Tagen begegnen. Und was fressen Waldgeister? Leser(Komma) nimm dich in acht.
Fängt er an zu pfeifen,
wird er gleich zugreifen,
hält er nur als Fressen,
ein Stück deines Lebens
für angemessen.
Gehst du einen Handel mit einem Geist ein, so nimmt er als Bezahlung deine Lebensjahre. Manchmal sogar alle.
__________________
BCZ

lg
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
es

war mir ein vergnügen. bin nur nicht sicher, ob ich alle fehler gefunden hatte. einiges könnte man noch besser formulieren . . .
lg
 



 
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