Geschichten, die das Leben schreibt

vague

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partir en voyage


Wir schreiben den 27. Tag des Monats Januar im Jahre 2003 – es ist ein Montag. Fast alles arbeitet wieder – nur unsereiner schlägt sich mit einer hinterhältigen und nicht mehr zu verhindernden Erkältungskrankheit, im Volksmund auch Infekt, im Ärztevolksmund grippaler Infekt, genannt, herum... wer gewinnt? Nach einigem Hin und Her das grausame Spielchen der Atemwege, gekoppelt mit den Extravaganzen der Schleimhäute – Husten und Schnupfen genannt. Und gut – ich werde nicht arbeiten gehen; werde zuhause einen Tee nach dem anderen trinken, um ständig die Toilette zu beehren – wer hat die Übelkeit erfunden? ... Doch nein, aaaaaaahhhhh, da kommt es mir in den Sinn.... grübel, grübel – war da nicht noch was?
Das Rad der Zeit wird um wenige Stunden zurück gedreht; der Samstag erscheint – ideal, um einen Umzug in Gange zu bringen, und ideal, um sich im Telekom-Laden darüber zu ärgern, daß DSL und Flatrate eben doch auch Geld kosten..... aber die Frau, Beraterin an Ort und Stelle war sowas von nett – Himmel – haben die was dazu gelernt? Nun, und auch ideal, um die letzten Einkäufe in letzter Minute zu starten und zu vollenden – und da man es ja auch überhaupt nicht eilig hat (hetz, keuch.... Blick auf die Uhr.... oh, Sch...), sich dennoch guter Dinge und Laune ins Auto schwingt, langsam anfährt... krach, fatz – was bitte war das denn? Das Lenkrad steht schief, irgendwas klingt gar nicht gut – aber ich muß doch noch zum Baumarkt!!! Und so wird verkehrsgefährdend, ohne daß das die anderen, absolut vorbildlichen (höhö), Autofahrer/innen wissen, geschweige denn ahnen, so wird also noch zum Baumarkt gegurkt... einmal unters Auto geschaut – sieht das da drüben auch so aus? Naserümpfen und die mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit wird zur unmittelbaren und alles entscheidenden Wahrheit, Realität, sonstwas. Behalten wir im Auge, Watson: dieses Auto ist kaputt.
Auf dem Weg nach Hause liegt ja ´ne Werkstatt – und bloß nicht daran denken, daß die letzte Reparatur Geld kostete... ja, das schmerzt immer noch... ‚Ähm, ja hallo, ja, also... mir ist da gerade was gerissen (nein, und ich meine jetzt nicht meinen Geduldsfaden) – kannste mal nachgucken?‘ Der nächste legt sich also unter mein Auto, auch „die Süße“ genannt – alles in allem eine ehrenwerte Dame, die ihre immerhin 14 Jahre auf dem Buckel hat und gnadenlos charmant damit spielt (immer diese Flirtereien meines Autos auf Reisen...tz..tz..tz..). ‚Jo, das bleibt dann wohl mal hier, nich?‘ Was? Habe ich mich verhört? Warum sagt der Typ jetzt nicht, daß man da nur wieder was anschrauben muß? Voller Entsetzen weise ich auf meine Einkäufe hin – darunter sich auch ein Farbeimer befindet, gefüllt versteht sich – naja, und überhaupt – wie komme ich dann nach Hause. Sind nur ein paar Meter, aber für ein Mädel wie mich, in meinem „Zustand“ – nee, beim besten Willen nicht. Doch wie war das? Es gibt nette Menschen? Ja, doch – selten, aber doch ab und an haben sie ihren Auftritt – und ich war Nutznießer dessen. Wenigstens was. Wurde also nach Hause kutschiert, samt der Einkäufe – ja, und am Montag melden wir uns dann...
Trauer um mein Auto – da fehlt mir echt was, wenn ich es nicht vor meiner Türe weiß...
Und nun haben wir Montag – und pünktlich zu Beginn meines Körperkampfes, klingelt das Telefon: ‚ja, also, das und das, und dies und jenes, und überhaupt – macht dann 500 Euro.‘ Wie bitte? Hätte der nicht sagen können, daß ich mich erst einmal hinsetzen soll? Nicht nur mein Kiefer klappt runter, nein – hatte ich mal eine Stimme? Geräusper meinerseits – ‚ähm, ja, und das geht nicht billiger?‘ ‚Nein.‘ ‚Okay – ja, dann laß ich es aber trotzdem woanders machen‘ – und mit einem leicht komischen Gefühl denke ich an den genauso leicht komischen Fritzen, der sich mit Autos wie meinem verdammt gut auskennt... wie war nochmal die Nummer? Branchenbücher sind übrigens recht interessant – was man da so alles geboten bekommt... Nun denn, während der Abschleppdienst auf sich warten ließ, erklärte man mir, was daran so teuer wäre usw... und man gab mir einen Kostenvoranschlag mit – sicherheitshalber kann man den ja als Druckmittel verwenden, sollte der andere das teurer machen wollen... Gedanken einer jungen Frau, die ihre „Süße“ einfach liebt – und jetzt sowas... nee, geheult wird nicht – ab in die andere Werkstatt.
Und werde vom leidensvollen Herren erwartet – also wirklich – dessen Frau will ich nicht sein... Himmel, was dieser Mensch immer zu leiden hat. Noch dazu ist er eine Mischung aus Psychopath und Riesenbaby – groß mit verdammt hoher Stimme, fängt er an, sich über das Leben auszulassen. Und während er mich in die Werkstatt fuchtelt – ja, dirigieren konnte man das wahrlich nicht nennen – und unverständliche Geräusche von sich gibt, naja, und ich unter Fieber und Übelkeit leidend – was will er? Achso, ich soll noch mehr darüber fahren... rums – und eine Beule mehr... Sch...aber auch – das gibt es doch nicht. Und während ich aussteige, völlig verdattert, steht er da und guckt mit entsetztem Hundeblick (gibt es sowas?) erst mich, dann das Auto, und dann wieder mich an. ‚Jetzt haben sie da noch eine Beule rein gefahren...‘ Ach nee? Hätte ich jetzt nicht gedacht. Himmel... ‚Ja, das kommt davon, wenn man mich unter Druck setzt‘ – klang da Vorwurf in meiner Stimme mit? Ich glaube ja – es wirkte zumindest, er war still. Welch göttliches Verschnaufen. ‚Ja, und wann brauchen sie denn das Auto wieder?‘ ‚Na, so schnell wie möglich.‘ Hallo? (Fragen, die die Welt nicht braucht). ‚Aber sie können mich doch nicht so unter Druck setzen!!!‘ Jammer.... was? Ich setze ihn unter Druck – hat der Mann keine anderen Sorgen? Doch, hat er – da erzählt er dann von seinem Zahnarzt und.... ich höre einfach nicht mehr hin – der Plan, wie ich hier am schnellsten und unauffällig weg komme, rast durch meinen Kopf.... ‚ja, dann Donnerstag früh.‘ ‚Was? Ja, ist okay...‘ das Naserümpfen verschiebe ich auf später... ‚Und was wird es kosten?‘ ‚Sag ich ihnen am Telefon‘. Gut – dieser mögliche Schock sollte mir wohl erst noch erspart werden.
Am nächsten Tag schlepppte ich mich zur Musikschule – und während meine Schüler verdammt gut spielten (was Fieber so alles ausmacht), klingelte das Handy. ‚Ja, der Wagen ist fertig.‘ Was? Will der mich verarschen? Oder ist heute doch nicht Dienstag, sondern schon Donnerstag? Nee, mein Schüler sah eindeutig nach Dienstag aus... ‚Ja, ähm... nun, ich kann ihn aber nicht vor 20 Uhr heute abholen.‘ ‚Na, solange bin ich nicht da – dann eben morgen vormittag.‘ Ja, morgen früh, so gegen halb neun?‘ ‚Ja, das ist in Ordnung – ach ja, und es kostet 250 Euro.‘ Waaaaaaaas? Habe ich mich schon wieder verhört? ‚Nur 250 Euro? – Hat ihnen schonmal jemand gesagt, daß sie ein Schatz sind?‘ (Gott, ich kann so charmant sein...). Jetzt blieb ihm die Spucke weg...

Und so düse ich wieder mit meiner „Süßen“ durch die Gegend – frisch wirkt sie.... bis zur nächsten Reparatur...? Und irgendwie schien dieser Autopsychopath glücklicher – liegt das jetzt an meiner Aussage? Oder übersah ich nur eine gewisse Häme, und sein Lächeln war eher ein verkapptes Grinsen? Schnell mal die Bremsen testen... ;-)

vague
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