Geständnis

Anamida

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Geständnis


Mein liebster Schatz,

du wolltest etwas über meine diversen Liebhaber hören. Da wäre zunächst einmal Nummer 1: der Malerlehrling aus Dessau, der am Hauptbahnhof zu mir stößt und bis Wolfen (Bitterfeld) mit mir fährt. Auf diesem Abschnitt verschanzen wir uns im Gepäckwagen zwischen Türmen von Koffern und kleinen Ansammlungen von Fahrrädern, im monotonen Takt der Räder, die uns lustvoll davontragen.
Danach kommt der Medizinstudent aus Leipzig, mit dem ich mich vor McClean auf dem Bahnhof treffe und wir uns für eine Halbestunde in eine der kostenpflichtigen Duschkabinen zurückziehen. Dort läßt er mich mit seinen geschulten Händen vor Lust erzittern.
Nummer 3 ist ein Plauener, mittelloser Poet, der dort die Ungerechtigkeiten der Welt anprangert. Mit seinen lyrischen Extensionen schafft er es mich verbal von einem Höhepunkt zum Nächsten zu tragen.
Nummer 4: der smarte Sunnyboy aus Hof, der mich mit seinen Improvisationskünsten stets zu überraschen weiß.
Nummer 5 ist der langmähnige Gitarrist in Regensburg mit der unkonventionellen Lebensführung, der mich in vernebelten Regionen des Bewußtseins führt.
Und den Schluß bildet ein junger Bauersohn aus Plattling, der riesige, rauhe Hände und starke Arme hat. Und mich mit seiner Kraft und Ausdauer an die vorbeirasenden Bullen auf den endlosen Wiesen neben den Gleisen erinnert.
Wenn ich dann endlich in Vilshofen ankomme, so mußt du verstehen, daß meine Kraft für den heutigen Tag erschöpft ist und ich erst in den Morgenstunden für deine liebevollen Zärtlichkeiten empfänglich bin.

Mit innigen Küssen
deine Liebste
 



 
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