Gewitter-Lilly

Helmut D.

Mitglied



Gewitter-Lilly

Blitz und Donner, über alles,
liebte einst 'ne Frau in Dallas.
Weit und breit, man diese Tante,
nur Gewitter-Lilly nannte.
Immerzu sah sie nach oben,
ob nicht ein paar Stürme toben.
Lauschte jeder Wettermeldung,
folgte selbst der Nachtbewölkung.
Kam dann aber eine Schwüle,
wachten auf die Lustgefühle.
Jetzt wurd' Lilly richtig munter,
lief die Straße rauf und runter.
Und noch vor dem ersten Blitze,
nahm am Dachstuhl sie den Sitze.
Nahe, dicht am Blitzableiter,
saß die Lilly und war heiter.
"Hui! Wie ich das Blitzlein liebe!
Hui! Wenn's immer bei mir bliebe!"
"Hui!" saß sie am Dachstuhl schreiend.
"Hui!" die Blitze um sie speiend!
Griff dann ohne Furcht und Bange,
nach des Blitzes Einschlagstange.
Faßte an den Stromableiter,
ließ ihn los und immer weiter.
Alle Welt sah es mit Grausen:
"Lilly, laß doch diese Flausen!"
Lange Zeit ging gut die Sache:
kerngesund, stieg sie vom Dache.
Doch an einem finst'ren Tage,
übertrieb sie ihr Gelage.
Ließ nicht los den Blitzableiter,
schrie vergnügt und irre, heiter,
war vor Freude fast besoffen
- da hat sie der Blitz getroffen!
Schwarz verkrustet war das Weibe,
schaurig starr, der ganze Leibe!
Gewitter gibt's, wie Sand am Meer,
Gewitter-Lilly nimmermehr!



Mai 1985
 



 
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