Gib mir deine Hand 3

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Gib mir deine Hand

Ein fast achtzigjähriges Leben hat viel zu erzählen.


Wir bangten Monate, Wochen, Tage lang.
Luzifer hatte bereits seinen Dreizack gespitzt.

Du Schwache und Starke zugleich,
rutschtest ihm frech weg von der Schippe.
Nein, du wolltest noch nicht gehen,
hattest keine Zeit für Luzifers Ansinnen.

Du wolltest wieder lachen und Witze erzählen,
so wie du früher mit deinen Kindern lachtest.
Wolltest dich erinnern an die langen Nächte,
in denen sie dir schlaflose Stunden bescherten.

Wenn du Besuch bekommst, erwähnst du
bei jeder Gelegenheit voller Stolz
deine vielen Enkel und Urenkel.

Aber ich sehe die Sehnsucht in deinen Augen,
die mir wortlos von deinen Söhnen erzählt.
Es tut mir weh, dass sie deine Liebe
nicht erkennen und nur spärlich erwidern.

Dein Herz, durch das Umsorgen geschwächt
bindet dich an den Lehnsessel.

Ich weiß, du magst es immer noch ausgehen,
selbst wenn es nur wenige Schritte sind.
Dein junger Geist möchte Samba tanzen
Doch du hast nicht die Kraft, die zwei Stufen
zu deinem Lieblingscafe allein zu bewältigen.

Lass dir helfen, ich bin da,
kann nur eine Tochter sein,
nicht aber deine Lieblingstochter
oder dir deine Söhne ersetzen.

Ich weiß, ich bin nicht Alles für dich,
kann vielleicht niemals Alles für dich werden,
kann nur eines deiner Kinder sein,
welches dich mit Liebe umwirbt
und dich gern in Dankbarkeit stützt.
Schritt für Schritt.

Gib mir deine Hand,
ich möchte sie streicheln.

Lass uns einen Kaffee trinken
und im Gespräch herausfinden
warum kann eine Mutter 12 Kinder betreuen
aber 12 Kinder nicht eine Mutter?


Heike Keuper-Göbel /08.11.06
 
D

Denschie

Gast
hallo heike,
dein gedicht ist sehr berührend. da steckt so viel
geschichte zwischen den zeilen, dass du bestimmt noch
oft darüber schreiben wirst.
danke, dass du daran teilhaben lässt.
falls du magst, kann ich dir ein paar rechtschreibhinweise
geben, muss aber ja auch nicht sein. man/ich verstehts
auch so.
lg zur nacht,
denschie
 
ja gern denschie,

ich bin für deine rechtschreibhilfe dankbar.

ein fast achztigjähriges leben hat viel zu erzählen.

denschie ich bin stolz auf meine mum und ihre leistungen. selbst wenn es wie in jeder lebensgeschicht auch so manche trübe stunde gab.
gern teile was von ihr und unserer beziehung mit.
ich glaube das es nun meine epoche ist in der diese auseinandersetzung genau in dem vorliegenden stil dran ist.
unverblümt, geradlinig aber liebevoll.

herzliche grüsse
heike
 

namaqool

Mitglied
hallo heike,

ausserordentlicher text.
ausserordentlich schön/wahr/traurig...

"...warum kann eine Mutter 12 Kinder betreuen
aber 12 Kinder nicht eine Mutter..."

eine frage, die mich bereits seit tagen fasziniert und nachdenken lässt.
ich kenne die antwort nicht. du vielleicht?

grüsse, namaqool.
 
D

Denschie

Gast
Wir bangten Monate[strike]-,[/strike] Wochen[strike]-[/strike]Tage lang.
Luzifer hatte bereits seinen Dreizack gespitzt.

Du Schwache und Starke zugleich,
rutschtest ihm frech weg von der Schippe.
Nein, du wolltest noch nicht gehen,
hattest keine Zeit für Luzifers ansinnenn [blue]Ansinnen[/blue].

Du wolltest wieder lachen und Witze erzählen,
so wie du früher mit deinen Kindern lachtest.
Wolltest dich erinnern an die langen Nächte[blue](Komma)[/blue]
in denen sie dir schlaflose Nächte bescherten.
[blue]Das klingt so doppelt. Wie wäre es mit "die sie dich schlaflos sein ließen"?[/blue]
Ich sehe die Sehnsucht in deinen Augen [blue](Komma)[/blue] die mir
ohne Worte von deinen Söhnen erzähl. [blue](erzählt)[/blue]
Es tut mir weh, dass sie deine Liebe
nicht erkennen und nur spärlich erwidern.

Dein Herz, durch das Umsorgen, [blue](kein Komma)[/blue] geschwächt,
bindet dich an den Lehnsessel.
Und magst es immer noch ausgehen,
selbst wenn es nur wenige Schritte sind.
Dein junger Geist möchte Samba tanzen
Doch du hast nicht die Kraft [blue](Komma)[/blue] die zwei Stufen
zu deinem Lieblingscafe allein zu bewältigen.

Lass dir helfen, ich bin da,
kann nur eine Tochter sein,
nicht aber deine Lieblingstochter
oder dir deine Söhne ersetzen.

Ich weiß, ich bin nicht alles [blue](Alles)[/blue]für dich,
kann vielleicht niemals alles [blue](Alles)[/blue] für dich werden,
kann nur eines deiner Kinder sein,
welches dich mit Liebe umwirbt und dich gern
in Dankbarkeit stützt, Schritt für Schritt.

Gib mir deine Hand, ich möchte sie streicheln.
Lass uns einen Kaffee trinken
und im Gespräch herausfinden
warum kann eine Mutter 12 Kinder betreuen
aber 12 Kinder nicht eine Mutter?

wunderschön, heike, ich wiederhole mich.
deine art der auseinandersetzung halte ich für sehr gut
und wichtig.
lg, denschie
 
C

casy01

Gast
ich bin beeindruckt wie einfühlsam warm und klar Du es hier geschafft hast

all das so vollständig in einen Text unterzubringen


das Leben 80 Jahre

Gänsehaut verfolgte mich beim lesen und das passiert mir nicht oft
Menschlichkeit - Vergänglichkeit - Liebe - Mutterliebe


Wunder-bar und gehört in mehreren Foren veröffentlicht

Heike
 
herzlichen dank liebe casy,

ich hatte bedenken,das bei dem vielen was meingedicht aussagt, ich einige vewirrung bei leser stifte.
aber die worte und gedanken waren genau so in mir wie ich sie niederschrieb. das einzig schwierige war.. das sortieren der gedanken und das bemühen sie wirklich wie du es benennst in einen kontext zu fassen.
ich glaube, das es mir, nicht zuletzt, durch eure bestättigung, doch einiger massen gelungen ist. es ist auch wirklich so vieles was einen bewegt, wenn man sieht wie die starke mutter, schwach, hilfsbedürfig wird. wie sie leidet das sie ihre unabhängigkeit verliert und sich befürsorgen lassen muss obwohl sie selbst glaubt fürsorge für andere sei ihre aufgabe bis zum lebensende.
casy01,
nur wer selbst schon gebrochen wurde,
kann sich mit den gebrechen
anderer verbinden.
durch eine liebevoll gereichte hand
vielleicht auch die wunden lindern.

danke dir für deinen herzlichen,
anteil nehmenden kommentar.
heike
 
namaqool, hallo

ausserordentlicher text.
ausserordentlich schön/wahr/traurig...
was ist hier ausserordenlich nama?
meine empfindungen... die realität die uns das leben aufzwingt?
traurig finde ich das verhaltender söhne...

und auch traurig, das ich meiner mutter die meisten meiner texte nicht zeigen kann, denn sie würde traurig und ältere menschen wollen lachen...

"...warum kann eine Mutter 12 Kinder betreuen
aber 12 Kinder nicht eine Mutter..."
eine frage, die mich bereits seit tagen fasziniert und nachdenken lässt.
ich kenne die antwort nicht. du vielleicht?

grüsse, namaqool.
nama, genau das weiß ich auch nicht, ich bin zornig darüber, weil es mich privat betrifft.
aber zugleich ist es auch eine wahrhaft philosphische frage.
scheint im lebenslauf zu liegen, in den aufgaben die die natur einem zugedenkt.

aber der egoismus sollte auch grenzen haben. es ist oft die gedankenlosigkeit der kinder... die nicht daran gewöhnt sind fürsorge zurückzugeben.
aber gedankenlosigkeit entbindet weder von der moralischen noch von der praktischen verantwortung. es ist auch einfach nur beschämend weg zu schauen und sich
mit dem was mal als fehlleistung auf mutters minuskonto geschrieben wurde zu rechtfertigen.

vielen menschen fehlt die fähigkeit frieden zu schließen und nicht geglücktes im gestern stehen zu lassen.

heike

__________________
Phönix ist ein anderer.
 
oha,

du hast recht, als ich es schrieb und so tief empfand, war es mir zwar schwammig bewußt, aber ich hatte trotzdem das gefühl es so schreiben zusollen.

obwohl... im nach hinein ist es etwas peinlich einen so seelengläsernen text erarbeitet zu haben.
danke dir, nama, für deine geduld mir wiederholt zu antworten.
lieben gruß heike
heike
 



 
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