Glasklar

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malashon

Mitglied
Mit einem Schlaganfall kann man nicht
hausieren gehen. Das ist, wie mit einem
Schlagabtausch Seelen retten.

Unter zwei Bildern saß mein Großvater im
schweren Ledersessel.
"Klaßka!" - hört sich an wie ein russischer
Frauenname, der in der blauen Stunde
über alle leibeigenen Hügel weht.
"Klaßka!" - hört sich an wie das Schnalzen
einer Wiener Soziologin, die über einem
bestimmten Sonnenkniff weiß, daß sie keinen
Mann mehr lieben muß, weil sie weniger
Attitüden hat als Schopenhauer.
"Klaßka!" - hört sich an wie Kafka mit
Zöpfen und Blumen im Haar, nur den
rehbraunen Ausdruck hält er verstört
auf jeder dunklen Treppenstiege.

Unter zwei Bildern liege ich jetzt im Bett
und ich schicke manchmal Frauen weg,
weil sie nicht auf seinem Schoß waren
und ich doch einfach nicht dafür kann,
daß sie damals noch nicht gelebt haben,
als man sich ihrer in Gemälden annahm.

"Zwei Sachen will ein Mensch,
daß man ihm zuhört und ihn anfaßt. -
Glasklar!"



p.m.
 

ENachtigall

Mitglied
klaßkaesk

Hallo malashon.

Gefällt mir gut, diese prosalyrische Miniatur. Sie bedient sich einer Sprache für Gedankenschleifennischen und erzählt so die Geschichte eines "intimen" Wortes, das wie ein neu entdeckter Planet Lichtspuren durch die Aufmerksamkeit und den Spiegelblick in die Vergangenheit des lyrischen Protagonisten zieht. Fast stört mich die letztwörtlich aufklärende Direktheit.

Grüße von Elke
 

malashon

Mitglied
Dankeschön

Elke, ich danke Dir für die lyrische Auslegung.

Vielleicht ist das Ende die Pointe der Geschichte, weil die Herkunft des "intimen" Wortes eine Krankheit ist, die niemals positiv sinnstiftend zu sein vermag, aber etwas derartiges immerhin veranlassen kann.

Ich weiß es selbst nicht mehr recht.
 

malashon

Mitglied
Dankeschön

Ralf, ich danke Dir. Ich war länger nicht hier, das Gedicht selbst ist schon älter und unter dieser neuen Kategorie "Eindruck oder Assoziation" verbirgt sich oft eine Ermunterung.

Viele Grüße.
 



 
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