Gott sei Dank

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Gerd Geiser

Mitglied
Ringsherum sieht man zuhauf
Kreuze mit Herrn Jesu drauf.
In den Kirchen dieser Welt
ist Er derart ausgestellt.
Mittig und in Seitengängen
sieht man Ihn am Holze hängen.
Selbst auf dem Mount Everest
steht ein Kreuz und hält Ihn fest.

Was das soll, das weiß der Christ:
Jesus ihm so Hoffnung ist.
Zuversicht und Trost Er spendet
durch die Art, wie Er geendet.
Rom, es dachte, Du mich auch,
und nach altem Römerbrauch
schlug man Ihn höchst ungehalten
an ein Kreuz aus Hartholzbalken.

Angenommen, Hochverräter
wären nun, wie Täter später,
nicht am Kreuz zu Tod gekommen
und, nur einmal angenommen,
Jesus wär am Strick geendet,
hätt am Seil uns Heil gespendet,
würden wir nicht hilflos taumeln,
sähen wir am Tau Ihn baumeln?

Wären wir nicht tief betroffen,
könnten wir noch heiter hoffen?
Pilger pilgern und sie sehen
Jesus sich im Winde drehen?
Stell dir vor den Exorzist,
instabil sein Werkzeug ist.
Würden unterm Heil´gen Galgen
Schüler in der Klasse balgen?

Wie beweg ich meine Hände,
wenn ich mir den Segen spende?
Und die Sache mit dem Blut
käme so wohl auch nicht gut.
Nicht der Strick, nicht das Schafott
wurd gewählt, drum Dank sei Gott.
Nicht gevierteilt, unverbrannt
hängt Er aus im ganzen Land.
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Aber schade ist es schon
dass nicht starb er unter Strom
würd' er uns doch so begleiten
ins Büro, bei Hausarbeiten
überall gäb er uns Licht
ohne ihn, da ging es nicht

Auch beim Essen, in der Schule
Kurz: Beim sitzen auf dem Stuhle
Müsst' man seiner stehts gedenken
und mit harten Kirchenbänken
diesem unbequemen Stuss
wäre damit gründlich Schluss

Man nähm' zum weih'n, mir sei's verziehen
statt Weihwasser nur Batterien
Der Peterdom, der wär ein Zwerg
gleich neben 'nem Atomkraftwerk
und wechen relijöse Gründe:
Wär der Dildo jröste Sünde

S' hiess "Heiligstrom" statt Heiligblut
Na vielleicht wärs auch nicht so gut....

Hallo Gerd

Ein echter Kracher. Wie kann man auch bloss so unsensibel auf religiösen Gefühlen herumtrampeln....tststs :rolleyes:

LG

Jürgen
 

ENachtigall

Mitglied
Gebaumelt

Unter diesem Gesichtspunkt hab ich das noch nie betrachtet, lieber Gerd - einwandfrei und oberamüsant!

Grüße von Elke
 
N

nachtlichter

Gast
Gerd Geiser,

Du Lästermaul,

Dein ketzerisches Gedicht hat was. Ich überlege gerade, ob so etwas erlaubt ist, denn ich gehe zwar schon lange nicht mehr in die Kirche, habe dem Glauben aber trotzdem nicht abgeschworen. Andererseits sind Deine Betrachtungen zum einen sehr phantasievoll, zum anderen logisch und witzig sowieso. Vor allem imponiert mir der Blickwinkel Deiner Sichtweise - darauf muss man erst mal kommen. (Das gilt übrigens für viele Deiner Werke, Respekt).

Ich kann mir gut vorstellen, dass Derdaoben sehr breit über Deine Seilvariante grinst.

Es lebe der freie, unverblümte und kritische Geist mit Humor!

In diesem Sinne,

nachtlichter
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Und jetzt noch ein paar faule Witze
Was wär' im Fall der Todesspritze?
Da würd' beim Worte Kruzifix
Der Süchtige gleich fromm wie nix
Wie sollt man dann im Todesleiden
Den Arzt vom Pfarrer unterscheiden?

Doch wär gestorben er am Beil
Dann fänden das die Förster geil
Und auch die liebe Feuerwehr
Die wüsste das zu schätzen sehr
Dann zeigte auch der Exorzist
Dem Teufel was 'ne Harke ist

Als Dichter denk ich ganz geheim
An Beil und Heil - ein guter Reim
Selbst die Bekehrung von Barbaren
ging besser mit dem Beil-Verfahren
Drum sag ich jetzt, ich hab den Mut:
Beilchen besser - Kreuz nur gut!
 

Aragorn

Mitglied
Ich möchte den geschätzten Vorrednern noch etwas hinzufügen.

In meinen Augen ist hier die "Story" (die mir nicht unbeknant vorkommt) exzellent dazu geeignet, verreimt zu werden:

Für einen Prosa-Witz reicht die Pointe nicht ganz bzw. ist zu wenig pointiert, während die Verse einzeln als reine Spaßreimerei noch nicht schenkelklopferisch genug wären.

Hier aber stimmt die Kombination!

Was mir besonders gefällt:

>>Rom, es dachte, Du mich auch,<<


Was mich indes im Detail etwas stört, ist die folgende Betonung:

>>Nicht der Strick, nicht [red]das[/red] Schafott<<

Trotzdem sehr gelungen - nicht zuletzt auch das Thema an sich ...
 
Das interessante an der ganzen Sache ist das in den Urschriften der Bibel, so auch in der Septuaginta (geschrieben in griechisch) das Wort stauros verwendet das soviel wie Stamm oder Pfahl bedeutet, und in Wahrheit weißt nichts darauf hin das er an einem Kreuz starb, wurde aber so von der Kirche eingeführt. Das Kreuz als Symbol kommt eigendlich aus dem Heidentum.
 
H

HFleiss

Gast
Ich bin ja nun seit Jahrzehnten eine elende Heidin und empfinde das Gedichtchen als Späßchen, nicht als mehr. Naja, und so neu ist der Gedanke nicht, dass, wäre Christus nicht am Kreuz, sondern am Strick gestorben, man jetzt zum Strick beten dürfte. Hab das schon mehrfach gelesen. Trotzdem, ich kann mich für diese Art Lyrik einfach nicht erwärmen, obwohl man im Zeitalter der Rechristianisierung dem natürlich etwas entgegensetzen muss. Fraglich für mich: ob es auf diese Weise geschehen sollte. Natürlich, als ich die hysterischen Massen beim Papstempfang am Fernseher sah, konnte ich nur noch den Kopf schütteln. Aber es gibt eben Menschen, die nur diesen christlichen Halt noch im Leben haben in unserem Beliebigkeitszeitalter, und ich kenne einige, vor denen ich wegen ihres humanistischen Weltbildes sehr viel Hochachtung habe. Denke ich an sie, dann weiß ich, solch Spottgedicht haben sie eben nicht verdient. Naja, jedes Ding hat eben zwei Seiten.

Liebe Grüße
Hanna
 

maerchenhexe

Mitglied
schmunzel,

grins, lach, darf man das bei solch ketzerischem Text? Ganz sicher jaaa! Ansonsten sagt Ottos Kommentar alles.

Lieber Gruß

maerchenhexe

N.S. Ist möglicherweise lebensrettend für dich, dass die Kirche der reinigenden Kraft des Feuers abgeschworen hat.
 

Gerd Geiser

Mitglied
Hallo Hanna,
natürlich stimmt es, was du sagst. Und jeder soll nach seiner Fasson seelig werden, und der Galgen bringt uns auch nicht weiter.
Ich komme aus NRW, und fast an jeder Wald- und Wiesenweg Kreuzung steht ein Kreuz mit Jesus drauf. Es ist schon 20 Jahre her, da fragte mich ein Freund (zuhause in Norddeutschland), ob denn nicht der ein oder andere darauf schießen würde. So provokativ empfand er diese Zurschaustellung unseres christlichen Symbols. Was sagt es aus und was wäre und was hätte es bewirkt, wenn Jesus durchgängig in anderer Pose ins kollektive Bewusstsein eingegangen wäre. Es gab ja kurze Epochen, in denen er nicht so oft als Gekreuzigter gemalt und geschnitzt wurde. Das hat sich aber nicht durchgesetzt, und die Kirche selbst hat da wohl an ihrem eigenen Süppchen mit gekocht.

Lieben Gruß
Gerd
 



 
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