Grün

MarleneD

Mitglied
Die Flasche steht immer noch auf dem Tisch. Der Mann hat sie absichtlich auf jenen Tisch gestellt, den er einst von seiner Großmutter geerbt hatte. Er meint, dass würde es ihm leichter machen. Er hatte seine Großmutter geliebt, denn sie war immer für ihn da gewesen.
Zögernd bewegt er sich zwischen dem Tisch und dem Fenster hin und her.
Er streckt den Arm nach der Flasche aus, zuckt zusammen und kehrt zum Fenster zurück.
Die Flasche- fast unberührt, wirft einen großen Schatten an die gelblich – graue Wand. Es scheint als wolle der Schatten den Mann verschlingen.
Ruckartig dreht er sich herum. Blickt hinaus. Dort spielt sich nicht viel ab. Er war schon lange nicht mehr draußen gewesen. Es ist eine ruhige Gegend.
Das war nicht immer so. Dort wo der graue Parkplatz inmitten der betonierten Landschaft hervorragt, ertönte noch vor einiger Zeit fröhliches Kindergeschrei. Das ist nun vorbei. Der Spielplatz passte nicht ins Landschaftsbild.
Die Flasche steht noch an derselben Stelle. Warum kann sie mit ihrem Schatten nicht einfach verschwinden ?
Der Mann kann es nicht mehr ertragen. Der Spielplatz, die Kinder, der Lastwagen, das Ende.
Er schreitet auf die Flasche hinzu, berührt sie. Eigentlich fühlt sie sich schön an. Das Glas ist grün. Grün waren auch ihre Augen.
Vorsichtig- wie etwas sehr kostbares und zerbrechliches trägt er die bereits geöffnete Flasche zum Schaukelstuhl und setzt sich. Schon lange hat er nicht mehr hier gesessen. Das laute Quietschen des alten Holzes erinnerte ihn zu sehr an die grünen Augen, das lockige Haar.
Jetzt aber, war es an der Zeit die Erinnerung hervorzuholen. Ein letztes Mal.
Langsam führt er die Flasche an seinen Mund, bereit den Alkohol hinunterzuspülen. In einem Zug leert er die Flasche. Erst langsam, zögernd, dann gierig, so dass er etwas des wertvollen Gemischs vergießt.
Die Gier nach der Flüssigkeit wird schwächer.
Seine Finger haben keine Kraft mehr die Flasche zu halten. Seine Muskel entspannen sich, die Flasche gleitet ihm aus der Hand. Hinunter auf den Boden. Ein winziger Rest tropft auf den Teppich.
Der Mann lächelt mit letzter Kraft. Kann seine Augen kaum mehr offen halten. Sie schließen sich.
Sein Atem setzt aus- sofort.
Nicht wie damals, als die grünen Augen ihn anstarrten und der Atem immer schwerfälliger wurde, aber trotzdem nicht aufhörte, dafür aber zur schmerzhaften Qual wurde, zum Kampf, den die grünen Augen verloren haben.
 

Evchen13

Mitglied
Ein liebes Hallöchen Marlene,

deine Geschichte ist nicht schlecht, nur für mich an einigen Stellen unplausibel. Wie zum Beispiel: Warum stirbt er, wenn er eine Flasche Schnaps trinkt? Warum ist er traurig über den Verlust der Großmutter und das Verschwinden der Kinder ...? Na ja es ist für mich zu oberflächlich geschrieben. Manche Szene hast du aber auch gut hervorgehoben.


Liebe Grüße

Evchen13
 

MarleneD

Mitglied
Ich will mal drauf antworten, eigentlich soll ja jeder selbst interpretieren. aber scheinbar ist es doch zu schwer zu entdecken was die geschichte hergibt.

1. Es ist kein reiner Alkohol. ein Gemisch mit tödlicher Folge. daher das zögern, der mann ist kein alki

2. er will sich umbringen, wegen den grünen augen.
der lastwagen, die kinder, er fuhr den lastwagen, das mädchen starb vor ihm qualvoll.

3. er kann mit der schuld nciht mehr leben.

4. seine oma ist tot. er hofft sie werde ihn ihm jenseits begleiten.

Spo das war aber das erste und letzte mal, dass ihr so ne interpretation erhaltet.
8)
Meine Geschichten sind nicht oberflächlich. Im gegenteil, sehr tiefgründig. Man muss sich mit ihnen beschäftigen um zu verstehne, was da passiert. Bei manchen mehr bei manchen weniger. Trotzdem DANKE für deine Antwort Evchen13
 

Evchen13

Mitglied
Hallöchen an dich und danke für die Antwort.

Nur - ich lese sehr gerne und viel - hätte aber nie das aus deiner Geschichte erlesen können, was du aussagen wolltest. Ich bin nur ein Leser, und kann das lesen was da steht. Wie kann ich erahnen, dass in der Flasche nicht nur Alkohol enthalten ist? Dieses Verhalten kann auch ein Alkoholiker haben. Dann beschreibst du den Spielplatz, der weg ist, weil er nicht mehr heinpaßt. Du erzählst von grünen Augen und deiner Großmutter. Wie kann ich denn erahnen, dass die Augen nicht zur Großmutter gehören, sondern zu einem Mädchen, was er überfahren hat? Für mich ist das nicht schlüssig.
 
K

kaffeehausintellektuelle

Gast
liebe marlene

vergiss bitte nicht, dass du für leser schreibst, nicht nur fürs stille kämmerchen. es kommt mir ein bisschen wütend vor, deine reaktion, nur weil manche leser deine interpretation nicht nachvollziehen können. das liegt aber nicht daran, dass die kritiker so oberflächlich sind, sondern vielleicht auch daran, dass du das wesentliche nicht so transportierst, dass es verständlich ist.
mir kommt immer ein bisschen die galle hoch, wenn jemand sagt: du bist zu oberflächlich oder zu blöd, das zu verstehen.
ich meine jetzt nicht, dass du alles detailliert ausführen musst, es ist schon gut, dass man nachdenken muss. aber im ganzen text gibt es keinen kleinen hinweis auf gift.
es sollte so sein, dass der leser am schluss sagt: ah ja. jetzt ist es klar. das hieß das also.
wenn du uns vollends im dunkeln lässt, wirds langweilig. die meisten leser mögen keine geschichten, wo sie am schluss nicht wissen, was passiert ist.

ein paar anmerkungen mögen mir noch erlaubt sein.

Dort wo der graue Parkplatz inmitten der betonierten Landschaft hervorragt, ....
(Ein Parkplatz ragt nicht wirklich hervor, finde ich)

Jetzt aber, war es an der Zeit die Erinnerung hervorzuholen. Ein letztes Mal. (vielleicht bin ich tatsächlich zu blöd, aber ich verstehe nicht, wie man nach seinem tod noch erinnerungen zurückholen kann)

er schreitet auf die Flasche hinzu. (hinzu passt hier nicht, find ich)

die großmutter würd ich überhaupt rauslassen. bei so kurzen geschichten verwirren alle zusätzlichen figuren.

liebe grüße
die kaffeehausintellektuelle
 

Andrea

Mitglied
Erst einmal zur Geschichte. Sie hakt an vielen kleinen Stellen, hinterläßt einige Lücken beim Lesen, ist aber m.E. auch in der von der Autorin beabsichtigten Lesart möglich – aber auch dann ist sie nicht einheitlich. V.a. vermisse ich eine einheitliche Perspektive und ein paar „Eindrücke“ des Mannes.

Die Flasche steht immer noch auf dem Tisch. [blue]Er[/blue] (Daß hier nicht der Tisch gemeint ist, sondern eine Person, wird ja im Verlauf klar. „Der Mann“ ist immer sehr distanziert und unpersönlich..) hat sie absichtlich auf jenen Tisch gestellt, den er einst von seiner Großmutter geerbt hatte. Er meint, [red]das[/red] würde es ihm leichter machen. Er [red]hat[/red] (Plusquamperfekt ist hier schlicht falsch, da du ja eigentlich im Präsens schreibst. Deshalb: Perfekt) seine Großmutter geliebt, denn sie [red]ist[/red] (NIE „war gewesen“ – das ist nur in ganz seltenen Fällen richtig, hier klingt es grauenvoll) immer für ihn da gewesen.
Zögernd bewegt [blue]tigert?[/blue] er ([strike]sich[/strike]) zwischen ([strike]dem[/strike]) Tisch und ([strike]dem[/strike]) Fenster hin und her.
Er streckt den Arm nach der Flasche aus, zuckt zusammen und kehrt zum Fenster zurück.
Die Flasche- fast unberührt, (seltsame Satzkonstruktion, v.a. der Bindestrich hinter Flasche stört) wirft einen großen Schatten an die [red]gelblich-graue[/red] Wand. Es scheint [red],[/red] als wolle der Schatten den Mann verschlingen. (Moment. Der Mann ist am Fenster, der Schatten an der Wand. Wie bitte soll der Schatten denn jetzt auch nur so wirken, als ob er den Mann verschlingt? Außerdem ist die Geschichte doch in erster Linie aus seiner Perspektive erzählt. Wenn du jetzt in die Außenansicht abschweifst, verschenkst du eine Menge.)
Ruckartig dreht er sich herum. Blickt hinaus. ([strike]Dort spielt sich nicht viel ab.[/strike]) (Vielleicht hier besser eine Beschreibung der Gegend, ruhig nur in zwei, drei Sätzen.) Er [red]ist[/red] schon lange nicht mehr draußen gewesen. Es ist eine ruhige Gegend [blue]geworden?[/blue].
Das war nicht immer so. Dort wo der graue Parkplatz inmitten der betonierten Landschaft hervorragt (Ein grauer Parkplatz, der aus Beton hervorragt? Besser: verschmolz o.ä.), ertönte noch vor einiger Zeit fröhliches Kindergeschrei. Das ist nun vorbei. Der Spielplatz passte nicht ins Landschaftsbild. (Offensichtlich war er aber mal da und wurde dann entfernt; womöglich wegen des Unfalls? Wäre es nicht eindrucksvoller, wenn der Spielplatz statt verschwunden ausgestorben wäre?)
Die Flasche steht noch an derselben Stelle. Warum kann sie mit ihrem Schatten nicht einfach verschwinden ? (Zwei Möglichkeiten: es ist dunkel geworden, und der Schatten ist verschwunden. Dann hätte er aber vorher den Parkplatz nicht erkennen können. Oder: die Flasche soll IN ihrem Schatten verschwinden. Beides ergibt aber nicht so recht einen Sinn.)
[blue]Er[/blue] [s.o.] kann es nicht mehr ertragen. Der Spielplatz, die Kinder, der Lastwagen, das Ende. (Wenn du hier noch ein oder zwei mehr Details preisgibst, Eindrücke des Mannes und seiner Hilflosigkeit wird die Geschichte klarer.)
Er schreitet auf die Flasche hinzu, berührt sie. (Was ist das Bild, das du erzeugen möchtest? Daß er die Flasche anstarrt wie das Kaninchen die Schlange? Daß er sie fast zärtlich berührt? Daß er sowohl Angst vor ihr hat wie auch Sehnsucht nach ihr? Die Bilder sind hier einfach zu schwammig.) Eigentlich fühlt sie sich schön an. Das Glas ist grün. Grün waren auch ihre Augen.
Vorsichtig- wie etwas sehr kostbares und zerbrechliches ( Dasselbe Problem wie vorhin mit „Die Flasche- fast unberührt“; die Syntax stimmt irgendwie nicht!) trägt er die bereits geöffnete Flasche zum Schaukelstuhl und setzt sich. Schon lange hat er nicht mehr hier gesessen. Das laute Quietschen (Hättest du das Quietschen z.B. als Eindruck bereits geschildert, würde der Leser es wiedererkennen...) des alten Holzes erinnerte ihn zu sehr an die grünen Augen, das lockige Haar.
Jetzt aber [red]kein Komma[/red] war es an der Zeit die Erinnerung hervorzuholen. Ein letztes Mal. (Warum tut er es dann nicht? Verrate dem Leser etwas von der Erinnerung, gib ihm zumindest ein paar Hinweise! Etwa mit dem, was du im letzten Absatz beschreibst. Oder, vielleicht besser: Verschiebe diese letzte Erinnerung komplett ans Ende der Geschichte!)
Langsam führt er die Flasche an seinen Mund, bereit den [blue]Inhalt?[/blue] hinunterzuspülen. In einem Zug leert er die Flasche („führt er die Flasche“...„leert er die Flasche“ – sehr parallele Satzkonstruktion; vielleicht könntest du einen der Sätze umformen?). Erst langsam, zögernd, dann gierig, so dass ([strike]er[/strike]) etwas des wertvollen Gemischs [blue]sein Kinn herabläuft?[/blue] ([strike]vergießt[/strike]).
Die Gier nach der Flüssigkeit wird schwächer.
Seine Finger haben keine Kraft mehr ([strike]die Flasche zu halten. Seine Muskel entspannen sich[/strike]), die Flasche gleitet ihm aus der Hand. ([strike]Hinunter auf den Boden.[/strike]) Ein winziger Rest (Der Flasche? Vielleicht hier eine Formulierung mit Gift, um dem unentschlossenen Leser auf die Sprünge zu helfen und den Aha-Effekt in Gang zu setzen?) tropft auf den Teppich.
[blue]Er[/blue] [s.o.] lächelt mit letzter Kraft. Kann seine Augen kaum mehr offen halten. ([strike]Sie schließen sich.[/strike])
Sein Atem setzt aus- sofort. (Das „sofort“ steht im Kontrast zum langsamen Erschlaffen seiner Kräfte. Es ist ja eher das Friedvolle im Gegensatz zum Gequälten des Mädchens, was hier hervorsticht. Außerdem schon wieder die Bindestrich-Konstruktion. Entweder muß vor den Strich ein Leerzeichen oder du solltest eine andere Art suchen, den Akzent auf einzelne Wörter zu legen. Und besser wäre die Übernahme des Elliptischen, etwa: Hört auf zu atmen. Ganz friedlich.)
Nicht wie damals, als die grünen Augen ihn anstarrten und der Atem immer schwerfälliger wurde, aber trotzdem nicht aufhörte, dafür aber zur schmerzhaften Qual wurde, zum Kampf, den die grünen Augen verloren [red]hatten[/red]. (Das Bild ist schlecht. Zum einen, weil die Augen ja nicht selbst kämpfen, sondern nur anzeigen, wie es um den Kampf steht. Zum anderen, weil du von den Augen zum Atem, denn wieder vom Atem zu den Augen kommst. Ersetze das erste „und“ durch eine „während“-Konstruktion und laß die Qual in den Augen sichtbar sein, bis sie schließlich erlöscht und der Kampf vergebens war.)

Und jetzt noch etwas zu Diskussion: Ich interpretiere meine eigenen Geschichten auch immer sehr ungern. Aber jeder hat doch eine bestimmte Aussage im Auge, wenn er die Geschichte schreibt, und als Autorin ist es Pflicht, den Lesenden die Chance zu geben, diese Aussage zu erkennen. Wenn du nicht die „verzweifelter Mann trinkt Giftcocktail“-Interpretation beabsichtigt hättest, hätte dir Evchens Deutung hinsichtlich des Alkoholikers ja reichen können.
Wenn Geschichten anders gedeutet werden, als man es beabsichtigt hat, gibt es immer drei mögliche Ansätze:
1) Der Lesende ist einfach strohdumm und kapiert mal wieder rein gar nichts. (Das KANN mal passieren; es sollte aber NIE die erste Deutung sein! Es ist eher ein selbstgerechter Ansatz.)
2) Die Geschichte ist für einen anderen nicht in der Hinsicht zu verstehen, wie sie gemeint war; offensichtlich fehlt ihr etwas. (Das ist der eher selbstkritische Ansatz.)
3) LeserIn und AutorIn haben unterschiedliche Geschmäcker. Dann läßt man die Kritik bzw. die Interpretation als eigenständige Meinung von der „anderen“ Fraktion stehen, nimmt die unterschiedliche Sicht als gegeben hin und hofft auf die „Gleichgesinnten“.
Alles in allem: Kritik nicht persönlich, sondern erst einmal als berechtigt sehen. Wenn man dann versucht, mit dem Blick der Lesenden an den Text zu gehen und dabei erfreut feststellt, daß der Text keine Schwächen hat, kann man die Kritik immer noch als unberechtigt ansehen.
 



 
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