Gründonnersgeburtstag

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Natürlich freuen sich alle auf die Osterferien. Ich freue mich ja auch, endlich frei zu haben. Zwei Wochen lang die Schule ein Gebäude sein zu lassen, dass höchstens mal von außen zu betrachten ist. Aus­schlafen, Faulenzen, Spielen, Lesen. Die Zeit ander­weitig nutzen, so wie ich es eben will. Ich kenne keinen Schüler, dem Unterricht lieber wäre, egal ob Deutsch, Mathe oder Englisch.
Die Osterferien verbringe ich wie jedes Jahr bei Papa. Das ist so, seit er und Mama sich haben scheiden lassen. Und die Ferien bei ihm finde ich richtig toll: Papa hat eine kleine Wohnung am Waldrand. So werde ich jeden Morgen von den unzähligen zwitschernden Vögeln geweckt, die im erwachenden Frühjahr so aktiv sind, wie sonst im ganzen Jahr nicht. An den Bäumen springen die ersten Knospen auf, zeigen ihr zartes Grün an den Zweigen. Selbst der Regen hat etwas angenehmes, und sei es nur das plätschernde Ge­räusch der Tropfen, wenn sie in die Pfützen fallen. Ich mag das gerne.
Ostern ist dieses Jahr besonders früh. Nur deswegen habe ich in den Ferien Geburts­tag. Dreizehn Jahre werde ich. Fast schon Jugendlicher, auf jeden Fall kein Kind mehr. Außer Papa ist aber niemand da, mit dem ich feiern könnte. Meine Freunde sind weg gefahren, mit ihren Eltern in Urlaub, oder auf Verwandtenbesuch. Selbst Moni, die dieses Schuljahr in der Klasse neben mir sitzt, ist bei ihren Großeltern. Moni, ein Mädchen! Eine Zicke, wie es auch die anderen Mädchen eben sind. Dachte ich jedenfalls. Doch in den vergangenen Monaten habe ich sie näher kennen gelernt. Das ist nun mal so, wenn man nebeneinander sitzt. Und Moni ist richtig nett. Sie ist gut in Englisch, ich bin gut in Mathe, so können wir uns gegenseitig bei den Aufgaben helfen. Monis Eltern sind auch geschie­den, der Gesprächsstoff kann uns also nie ausgehen. Nachmittags treffen wir uns auch mal, wie es eben Freunde tun. Trotzdem sage ich nicht, dass Moni meine Freundin ist. Die anderen Jungs würden das missver­stehen wollen, und so eine Freundin ist Moni nicht. Jedenfalls noch nicht.
Morgen ist Karfreitag. Und heute ist also mein Geburtstag. Ausgerechnet am Grün­donnerstag! Gleich gibt es das traditionelle Spiegelei mit Spinat zum Mittagessen. Das soll also mein Festessen sein, na danke! Und am Nachmittag will Papa mit mir Oma Ticktack im Altersheim besuchen.
Oma Ticktack ist eigentlich Papas Oma. Ich müsste also Uroma sagen, aber das mache ich nicht. Uroma, das klingt nach alt. Natürlich ist sie schon vierundneunzig und ziemlich tüttelig, sonst wäre sie ja nicht im Altersheim. Manchmal nervt sie mich auch mit ihrem Getue, doch ich mag sie sehr. Sie freut sich immer, mich zu sehen. Dann erzählt sie von früher, wie es war, als sie so alt war wie ich. Doch müssen wir ausgerechnet an meinem Geburtstag zu ihr? Unter Feiern verstehe ich etwas anderes als ins Altersheim zu gehen. Und nur weil meine Großeltern diese Woche nicht hier sind. Am letzten Samstag sind sie für einige Tage nach Italien gefahren. In die Toscana, dort wo der Frühling schon weiter ist als hier. Ostern wollen sie wieder hier sein, aber dann habe ich schon Geburts­tag gehabt. Wenigstens haben sie heute morgen angerufen und mir gratuliert.
Papa hat mir das spannende Buch geschenkt, dass ich mir gewünscht habe. Moni hat davon geschwärmt, und es sei auch ein Buch für Jungs. Tatsächlich, es fesselt es mich sofort. Die ersten Seiten verschlinge ich bereits, während Papa das Mittagessen zubereitet.
Danach fahren wir also in die Stadt zum Altersheim, zu Oma Ticktack. Mit dem ersten Schritt durch die gläserne Eingangstür habe ich wieder den eigentümlichen Geruch alter Menschen in der Nase, der solchen Heimen wie schlechtes Parfum anhaftet. Doch als wir durch das Haus gelaufen sind und vor Omas Zimmer stehen, nehme ich ihn schon nicht mehr wahr.
\"Geh du vor\", sagt Papa. Ich klopfe also an und öffne die Zimmertür. Kaum traue ich meinen Augen: Oma Ticktack sitzt in ihrem Bett, daneben stehen Oma und Opa, die also doch nicht mehr in Italien sind. Und auch Moni ist mit ihren Großeltern da und strahlt mich an. Meine Verblüffung wurde nur übertroffen durch meine Freude, sie alle zu sehen.
Jetzt können wir feiern.
 

hera

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Lieblingschemiker,

das ist ja wirklich eine tolle Geburtstagsüberraschung! Schade, dass man nicht erfährt, wie nun gefeiert wird.

Ein paar kleine Fehlerchen habe ich noch entdeckt.

Viele Grüße, hera


Natürlich freuen sich alle auf die Osterferien. Ich freue mich ja auch, endlich frei zu haben. Zwei Wochen lang die Schule ein Gebäude sein zu lassen, [strike]dass[/strike][blue] das[/blue] höchstens mal von außen zu betrachten ist. Aus­schlafen, [strike]Faulenzen, Spielen, Lesen[/strike][blue] faulenzen, spielen, lesen[/blue]. Die Zeit ander­weitig nutzen, so wie ich es eben will. Ich kenne keinen Schüler, dem Unterricht lieber wäre, egal ob Deutsch, Mathe oder Englisch.
Die Osterferien verbringe ich wie jedes Jahr bei Papa. Das ist so, seit er und Mama sich haben scheiden lassen. Und die Ferien bei ihm finde ich richtig toll: Papa hat eine kleine Wohnung am Waldrand. So werde ich jeden Morgen von den unzähligen zwitschernden Vögeln geweckt, die im erwachenden Frühjahr so aktiv sind, wie sonst im ganzen Jahr nicht. An den Bäumen springen die ersten Knospen auf, zeigen ihr zartes Grün an den Zweigen. Selbst der Regen hat etwas angenehmes, und sei es nur das plätschernde Ge­räusch der Tropfen, wenn sie in die Pfützen fallen. Ich mag das gerne.
Ostern ist dieses Jahr besonders früh. Nur deswegen habe ich in den Ferien Geburts­tag. Dreizehn Jahre werde ich. Fast schon Jugendlicher, auf jeden Fall kein Kind mehr. Außer Papa ist aber niemand da, mit dem ich feiern könnte. Meine Freunde sind [strike]weg gefahren[/strike][blue] weggefahren[/blue], mit ihren Eltern in Urlaub, oder auf Verwandtenbesuch. Selbst Moni, die dieses Schuljahr in der Klasse neben mir sitzt, ist bei ihren Großeltern. Moni, ein Mädchen! Eine Zicke, wie es auch die anderen Mädchen eben sind. Dachte ich jedenfalls. Doch in den vergangenen Monaten habe ich sie näher kennen gelernt. Das ist nun mal so, wenn man nebeneinander sitzt. Und Moni ist richtig nett. Sie ist gut in Englisch, ich bin gut in Mathe, so können wir uns gegenseitig bei den Aufgaben helfen. Monis Eltern sind auch geschie­den, der Gesprächsstoff kann uns also nie ausgehen. Nachmittags treffen wir uns auch mal, wie es eben Freunde tun. Trotzdem sage ich nicht, dass Moni meine Freundin ist. Die anderen Jungs würden das missver­stehen wollen, und so eine Freundin ist Moni nicht. Jedenfalls noch nicht.
Morgen ist Karfreitag. Und heute ist also mein Geburtstag. Ausgerechnet am Grün­donnerstag! Gleich gibt es das traditionelle Spiegelei mit Spinat zum Mittagessen. Das soll also mein Festessen sein, na danke! Und am Nachmittag will Papa mit mir Oma Ticktack im Altersheim besuchen.
Oma Ticktack ist eigentlich Papas Oma. Ich müsste also Uroma sagen, aber das mache ich nicht. Uroma, das klingt nach alt. Natürlich ist sie schon vierundneunzig und ziemlich tüttelig, sonst wäre sie ja nicht im Altersheim. Manchmal nervt sie mich auch mit ihrem Getue, doch ich mag sie sehr. Sie freut sich immer, mich zu sehen. Dann erzählt sie von früher, wie es war, als sie so alt war wie ich. Doch müssen wir ausgerechnet an meinem Geburtstag zu ihr? Unter Feiern verstehe ich etwas anderes als ins Altersheim zu gehen. Und nur weil meine Großeltern diese Woche nicht hier sind. Am letzten Samstag sind sie für einige Tage nach Italien gefahren. In die Toscana, dort wo der Frühling schon weiter ist als hier. Ostern wollen sie wieder hier sein, aber dann habe ich schon Geburts­tag gehabt. Wenigstens haben sie heute morgen angerufen und mir gratuliert.
Papa hat mir das spannende Buch geschenkt, [strike]dass[/strike][blue] das[/blue] ich mir gewünscht habe. Moni hat davon geschwärmt, und es sei auch ein Buch für Jungs. Tatsächlich, es fesselt [strike]es[/strike] mich sofort. Die ersten Seiten verschlinge ich bereits, während Papa das Mittagessen zubereitet.
Danach fahren wir also in die Stadt zum Altersheim, zu Oma Ticktack. Mit dem ersten Schritt durch die gläserne Eingangstür habe ich wieder den eigentümlichen Geruch alter Menschen in der Nase, der solchen Heimen wie schlechtes Parfum anhaftet. Doch als wir durch das Haus gelaufen sind und vor Omas Zimmer stehen, nehme ich ihn schon nicht mehr wahr.
\"Geh du vor\", sagt Papa. Ich klopfe also an und öffne die Zimmertür. Kaum traue ich meinen Augen: Oma Ticktack sitzt in ihrem Bett, daneben stehen Oma und Opa, die also doch nicht mehr in Italien sind. Und auch Moni ist mit ihren Großeltern da und strahlt mich an. Meine Verblüffung wurde nur übertroffen durch meine Freude, sie alle zu sehen.
Jetzt können wir feiern.
 



 
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