Gute Frage.

milan

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\"Ich gehe also bin ich.\" sprach der Schuh. Die Sandale macht luftig auf sich aufmerksam.
Die alte Kommode gähnt lediglich gelangweilt denn sie weiß, da draußen ist sovieles und das wenigste davon funktioniert.
Das ist der Schwalbe ziemlich Schnuppe, sie segelt geschickt und zielorientiert zur...naja dort wo sie eben hin möchte.
\"Jaja, Schwalbe müsste man sein.\" denkt sich der Mensch und hat dabei noch nicht einmal zu laufen gelernt.
Schon komisch das alles, was tun?
Erst einmal die Sinne befreien. Ergo, eigentlich ist alles Sinnfrei.
Also eine Art Schwerelosigkeit in der vermeintlichen Reife und Vernunft. Die Gesellschaft verschwimmt und hinter den ewigen Tapeten offenbart
sich neuer Raum. Hey viel Platz für Allerlei, lasst uns erstmal tanzen und das Feiern feiern.
Danach wird alles Anders, ab morgen ist ein neuer Tag und ich kann alles tun.
Die alte Kommode zuckt schmerzerfüllt zusammen. Dieser Satz ist ihr Fluch denn sie ist unfähig diesen Weg bis zum Ziel zu erreichen.
Jedes mal wenn sie diesen Satz denkt oder von außen hört, erscheint ein neuer Stern im Weltraum. Nun hätten wir auch geklärt woher die
Sterne kommen.
\"Ich gehe also bin ich.\" betonte der Schuh abermals. Etwas lauter als vorher. Die Sandale nickt ernst und zustimmend. Sie mag es nicht wenn
jemand überhört wird der sich gerade öffnet. Ganz besonders nicht wenn Schuh das tut. Sie fühlt sich nämlich immer sehr angesprochen und bestätigt
bei Schuh, viel mehr als bei Kommode und den ganzen Anderen. Warum das so ist, daß weiß sie nicht. Besonders unglücklich ist sie deswegen aber
nicht.
\"Ich stehe also bin ich.\" grunzt die Kommode.
\"Richtig!\" freut sich Schuh und Sandale ist von Schuh gleich angesteckt, so das sie einen kleinen unkontrollierten Luftsprung macht. Was ihr
etwas unangenehm ist. Warum sie das tut, daß weiß sie nicht.
\"Also du gehst?\" fragt Kommode schmunzelnd.
\"Nein, Nein.\" zelebriert Schuh das erhoffte Wortspiel. In seinem Kopf bereitet er sich darauf vor der verständlichste, freundlichste und
geduldigste Erklärbär zu werden, den er aufbringen kann. So als würde er sich bei einem Bankett, feierlich die Serviette umbinden und das
Gelage beginnen.
Kommode ärgert sich das sie wieder einmal auf eine Fangfrage reingefallen ist und seufzt des Lebens müde.
\"Ich gehe nicht von hier weg...Nein, Nein. Ha! Ha! Ich meinte meinen tieferen Sinn und meine Bestimmung.\"
Sandale hält die Luft an und lauscht angestrengt. Schuh weiß das natürlich, manchmal kontrolliert er heimlich aus dem Augenwinkel,
ob ihr Interesse denn immer noch das Gleiche ist.
\"Ich bin ein Schuh und der ist zum gehen gedacht, daß ist logisch.\" lacht Schuh und klatscht in die Hände.
Sandale erschrickt kurz von dem klatschen und drückt dabei die Augen zu, danach lächelt sie erleichtert. \"Es war nur ein klatschen.\" denkt sie
sich.
\"Du bist ein Schuh und wirst benutzt, damit Jemand gehen kann.\" zischt Kommode schneidend.
Der Raum erstarrt, sogar Schwalbe kommt angeflogen weil sie die Stille hören konnte. Schwalbe ist ein seltener Gast da sie meißt unterwegs ist.
Totenstille.
Schuh\'s heiterkeit wurde soeben mit einem LKW überfahren. Seine Augen sind weit aufgerissen und starr. Er versucht noch die Unwahrheit zu finden.
Nach einigen Minuten der Starre sackt er zusammen.
Er scheitert an der Wahrheit.
Schuh führt in Gedanken hunderte Selbstgespräche.
\"Er hat recht! Ich bin ein Nichts. Wohin sollte ich auch gehen, ich kenne doch garnichts. Wie geht man eigentlich? Was denkt Sandale jetzt von mir?\"
Kommode klopft sich die aufgebürdeten Schuldgefühle von der Schulter und brummt: \"Den Sinn, kann einer Alleine niemals finden. Dafür ist sein
Leben zu kurz. Und wenn es so wäre und ich meinen Sinn tatsächlich erfahren würde, würden keine neuen Sterne mehr geboren werden.\"
Sandale bricht bitterlich in Tränen zusammen. Sie hat nicht viel verstanden aber ihr zartes Gemüt hat es gespürt und sie ist unter dieser Last
zusammengebrochen. Wie eine Himbeere unter einem Amboss.
Schuh zieht Fratzen und sein Verstand ist gleich einer Hüpfburg.
\"Seine Form scheint sich zu verändern.\" beobachtet die Schwalbe bedacht kinnhaltend.
Die alte Kommode zuckt mit den Achseln und stöbert wie gewöhnlich in ihren Schubladen. \"Soll mir recht sein.\"
Schuh zieht und zerrt. Springt und kriecht. Lacht und weint. Stirbt und lebt.
Schwalbe schaut fasziniert zu. Sie versteht nicht das viele nicht dort hingehen oder fliegen, wo sie eben hin wollen. Schließlich kann
sie es ja auch.
Kommode hält ein Nickerchen und knarzt eichig, als sie sich umdreht.
Sandale ist in einer Dunstglocke von mentaler Stille und inneren emotionalen Ausbrüchen. Nach wie vor unverändert also.
Schuh fällt in sich zusammen, scheint in sich zu zerfliessen und sich wieder zusammenzufügen.
Plötzlich springt Schuh auf, mit einem lauten Knall, viel Rauch und ruft laut: \"Ich bin jetzt ein Gummistiefel!\"
Die alte Kommode zuckt wachend auf und blinzelt gen Schuh.
Schwalbe versucht etwas mehr zu erkennen als Schatten und Rauch.
\"Seht her, ich bin ein Gummistiefel\" proklamiert Schuh kühn.
Und in der Tat, Kommode und Schwalbe nicken sich zu, Schuh ist länger als vorher und seine Haut besteht nun aus Gummi. Schnürsenkel sind auch nicht mehr zu sehen.
Ein Gummistiefel, ja richtig. Den tieferen Sinn allerdings, sehen die Beiden nicht.
Stolz watschelt Gummistiefel einige Schritte umher, dabei tätschelt er Sandale väterlich den Kopf.
\"Faszinierend.\" flüstert die Schwalbe leise. Dabei merkt sie das sie es ausgesprochen hat und hält sich ertappt den Flügel vor den Mund.
\"Wie kann Schuh seine Formen verändern?\" denkt sie sich. \"Ist es nicht viel einfacher dort hinzufliegen wo die gewünschte Form schon vorhanden ist?\"
Sandale schluchzt noch leise vor sich hin und schnieft traurig. Das war alles ganz schön viel für sie.
Schuh...oder Gummistiefel verkündet mit neuem Tatendrang: \"Ich werde jetzt nicht nur gegangen, sondern kann auch nun noch die Füsse trocken halten, Ha! Ha!\"
Schwalbe versteht den ganzen Aufruhr wegen dieser Kleinigkeit nicht und segelt davon, in eine sonnige Richtung.
Sandale lacht wieder mit verheulten Augen und streichelt die Gummihaut von Stiefel.
Die alte Kommode aber dreht sich leise mit dem Gesicht zur Wand, damit man ihre Träne nicht sieht, jene die im Ozean landet.
Jetzt wissen wir auch woher der Ozean kommt.
 



 
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