Hass

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lokisskald

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Haß


Das Licht der Sonne, schien durch ein Gitter in die kleine, grobe und kalte Zelle aus Beton. Er hatte sich gegen das hintere Ende auf den Boden gelegt, so daß die Strahlen der Sonne ihn noch erreichten und wärmten, andererseits er von außen durch das Gitter nicht erreicht werden konnte. Um ihn herum erstreckten sich nach links und rechts die Zellen anderer Gefangener. Er konnte Sie nicht sehen, doch ihr Geruch und ihre Laute ließen Sie vor seinem inneren Auge so real erscheinen, als stünden Sie ihm gegenüber. Direkt links von ihm der kleine Nervöse. Man konnte hören, wie er hektisch immer und immer wieder in kurzen schnellen Schritten den Innenraum seiner Zelle durchmaß. Vor, zurück, vor, zurück, vor, zurück, nur manchmal unterbrochen wenn er mit einem mitleiderregenden winselnden Seufzen an der Tür stehen blieb, wohl um sehnsuchtsvoll nach außen zu starrte. Nach rechts kamen zuerst zwei oder drei leere Zellen, dann die des ?Dänen?. Ein Kraftpaket, das immer wieder in cholerische Anfälle ausbrach und mit lautem Brüllen seine Wut in die Welt schrie. Seine Aggression war so gewaltig, daß man ihn nicht nur durch das Gitter von den Wärtern trennte, sondern auch durch die leeren Zellen von den Mitgefangenen. Es war später Nachmittag und das feurige Rot der Herbstsonne auf dem ansonsten schmutzig grauen Himmel, vermengt mit dem wachsenden Creszendo des Geruches und der Stimmen der Gefangenen ergaben eine Klischee der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit wie es keine Regisseur besser hätte inszenieren können.

Nicht er! Er hatte richtig gehandelt und nichts gemein mit diesen bedauernswerten Kreaturen links und rechts um sich. Er hatte richtig gehandelt.

Er begann wieder zu dösen. Langsam richtete sich seine Erinnerung zurück, immer weiter zurück, bis er zu der Erinnerung gelangte die vielleicht seine Erste war. Eine Zelle aus Beton, so wie die in der er auch jetzt war. Morgenlicht viel durch das Gitter. Eine große, schwarze, stinkende Gestalt die durch die geöffnete Tür hereinkam und Ihn packte. Ihn packte und mit Gewalt nach oben riß, so heftig bis er glaubte gegen die harte Decke geschleudert zu werden. Dann in der Luft festgehalten kam die Faust. Immer und immer wieder schlug sie auf Ihn ein. Traf Ihn an den Beinen, in den Magen, an den Kopf. Solange bis die schreckliche Gestalt die Lust verlor und Ihn, das Kind, wie einen alten Lumpen auf den Boden zurückwarf. Dann noch ein Fußtritt, bis endlich das Schlagen der Tür zeigte, daß er wieder allein war. Allein in einer Hölle aus Schmerz.

Dann wieder das Geräusch der Tür. In Panik versucht er zu fliehen. Doch noch ist seine Sicht von roten Sternen überschattet. Wieder wird er hochgehoben. Doch diesmal sanft. Eine Stimme spricht leise zu Ihm, beruhigt Ihn. Drückt Ihn an sich und wiegt Ihn hin und her. Es ist ein anderer, fremder Duft und als er wieder etwas erkennen kann sieht er eine helle weiße Gestalt die mit einem liebevollen Lächeln auf Ihn herabblickt. Er bekommt zu Essen, sie verlassen die Zelle und laufen über eine blühende Frühlingswiese im Sonnenlicht. Dann muß er wieder in die Zelle. Und wieder kommt der schwarze Mann. Wieder Schmerz, wieder Angst, wieder Verzweiflung. Solange bis die weiße Gestalt wiederkehrt. So vergeht seine Kindheit zwischen Liebe und Schmerz, Freude und Angst. Keine Erklärung, keine Sinn. Tage um Tage, Wochen um Wochen, Monate um Monate.

Trotz der Qual wuchs er. Wurde größer, kräftig. Der Schmerz der Schläge wurde nicht geringer, doch die Verzweiflung schwand und wurde zu Haß. Dann schlug er zurück. Als der schwarze Mann kam griff er an. Krallte sich in ihn, schlug ihn, biß ihn, trat ihn. Und der schwarze Mann war nicht mehr schrecklich. Er spürte wie er Angst hatte, wie er zitterte, hörte seine Schreie, süß für seine Ohren und tötete ihn. Die weiße Gestalt kam angelaufen und als Sie den toten Körper des Schwarzen sah umarmte Sie Ihn und lachte.

Er hatte richtig gehandelt. Und sie waren glücklich.

Die Zeit verging. Endlich mußte er nicht mehr jede Nacht in die Zelle zurückkehren, sondern lebte im Haus. Endlich konnte er auch andere sehen und fand Freunde. Dann, vor wenigen Wochen, starb seine Ziehmutter und er mußte das Haus verlassen. Er ging mit Ihrer Tochter, die er sehr liebte und lebte mit Ihr in Ihrem Haus in der Stadt. Langsam ließ der Schmerz über den Verlust nach und mit der Zeit gewöhnte er sich an seine neue Umgebung. Auch neue Freunde hatte er bald gefunden.

Dann, gestern, sah er ihn wieder, den schwarzen Mann. Er hatte sich verändert. Er war kleiner geworden, geschrumpft. Auch seine Züge hatten sich verändert, waren weicher, zarter. Doch er war es, unverkennbar. Aber niemand außer ihm schien es zu bemerken. Er mußte sich damals geirrt haben. Er hatte ihn nicht getötet und der Schwarze konnte fliehen. Er rief zu seinen Freunden ?Kommt, seht nur dort den schwarzen Mann, helft mir, wir müssen Ihn töten !? . Doch keiner reagierte. So griff er alleine an. Der schwarze Mann war schwach und sein Fleisch war weich. Ohne große Mühe riß er ihm einen Arm aus der Schulter. Sein erster Tod mußte Ihm viel seiner Macht geraubt haben. Gut so, denn diesmal würde er tot bleiben. In hellem Strahl schoß das Blut aus dem Hals und mit ihm wurde das Schreien zum Gurgeln und verebbte endlich ganz.

Nicht so die Geräusche um Ihn. Lautes Kreischen und Wimmern, Lachen, Raunzen, Brüllen und Jaulen. Eine Kakophonie aus Krach. Er wurde hin und her gerissen, schließlich gebunden und hierher in die Zelle gebracht.

Er hatte richtig gehandelt. Und so wie das erste mal würde nun wieder alles gut werden.

Plötzlich sprang seine Aufmerksamkeit zurück ins Jetzt. Der Geruch. Mit einem mal erschien er wieder an der Tür zur Zelle, ein Alptraum zurückgekehrt aus seiner Kindheit. Der schwarze Mann, wieder groß und stark, so wie in seiner Erinnerung. ?Wie oft muß ich Dich noch töten ??. Mit seinem ganzen Haß warf er sich seinem Peiniger entgegen.


Mit einem schnellen Schritt wich der junge Polizist vom Zwinger zurück. Der Hund hatte sich in wilder Raserei gegen den Maschendraht geworfen, sobald er ihn erblickt hatte. Mit mordgierigem Knurren versuchte er den jungen Schwarzen zu erreichen.

?Ich habe Dir doch gesagt, daß Du besser nicht da hin gehen sollst !? sagte der Sheriff an seinen Deputy gewandt. ?Das ist ein weißer Hund, darauf dressiert Schwarze anzugreifen. Schau nur, wie er versucht den Draht durchzubeißen um Dir an die Kehle gehen zu können !?

? Und wie bringt man ein Tier dazu, so zu werden, uns Schwarze so zu hassen ?? Fragte der Deputy während er sich außer Sichtweite des rasenden Hundes begab. ? Du nimmst einen Hundewelpen und sperrst Ihn ein. Dann holst Du Dir von der Straße einen Schwarzen, der so verzweifelt ist, daß er für ein paar Dollar alles macht. Der muß den Hund dann jeden Tag verprügeln, immer und immer wieder. Solange bis der Hund genug Haß und Kraft gesammelt hat und sich wehrt. Danach hast Du eine Bestie, die jeden Schwarzen auf Sicht angreift, so wie das kleine Mädchen, daß er Gestern zerfleischt hat.? Nach einer Pause fuhr der Sheriff fort, ?Solche Hunde sind in einigen ländlichen Gegenden noch zu finden. Von dort hat ihn die Besitzerin anscheinend auch vererbt bekommen. Hatte keine Ahnung, daß Ihr Kindheitsspielgefährte ein abgerichteter Killer war um Ihren kleinen weißen Arsch vor dem bösen schwarzen Mann zu schützen.?

?Ich werde Ihn jetzt erschießen. Er kann nichts dafür, aber er hat den Haß eines Menschen und ein solches Tier kann man nicht am Leben lassen.? Mit diesen Worten zog er seine Pistole und trat vor die Betonbox.


Der schwarze Mann war verschwunden. Er hatte ihn zwar nicht erwischt, ihm aber anscheinend genug Angst gemacht, so daß er wieder geflohen war. Dann trat eine weiße Gestalt vor Ihn. Er hatte seine Sache gut gemacht. Er begriff nun, daß der schwarze Mann nie ganz getötet werden konnte. Doch jedes mal, wenn er ihn vertrieb oder verletzte schützte er die Weißen. Das war seine Aufgabe und dafür würde er jetzt belohnt werden.

Der Weiße hob einen Arm und richtete ihn ihm entgegen. In der Hand das matte Schimmern eines Gegenstandes. Er spürte ein Bedrohung. Doch das war unmöglich, die Gestalt war weiß.

Er hatte richtig gehandelt.
 
Prächtig gemacht, vor allem der Aufbau der Geschichte hat mir gut gefallen.
Abgesehen davon, dass es wohl eher eine Kurzgeschichte ist, finde ich den Titel nicht so prickelnd, passt auch nicht direkt zu dem was du schreibst, ist aber eigentlich nicht so wichtig.

Gruß,
Michael
 

lokisskald

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Danke für das Feedback

Hallo Michael,

Lob freut :). Ich habe leider zu spät gemerkt, dass in der Formatierung alle meine " durch ? ersetzt worden sind. Besonders zum Schluss hin ist das leider ärgerlich. Abgesehen davon, dass ich natürlich inzwischen wieder Stellen gefunden habe, an denen man sprachlich noch Feilen kann hatte ich besondere Sorge um den Mittelteil, als seine Besitzerin stirbt und er in die Stadt kommt. Einerseits finde ich, dass es dort etwas aprupt wird, andererseits wollte ich es (wortmässig) nicht länger machen. Ich bin nicht ganz sicher, wie es beim Lesen ankommt, bin aber über Vorschläge dankbar.

Der Titel hat eigentlich schon vor der Geschichte existiert. Ich hatte mit einer Freundin verabredet, dass jeder von uns eine Geschichte schreibt, die einen Zusammenhang zu der These hat (bestätigt, wiederlegt, was auch immer) "Der Mensch unterscheidet sich vom Tier durch die Fähigkeit zu hassen."
Damit war Hass für mich der Ausgangspunkt.

Gruß
lokisskald
 

K.T. Mallory

Mitglied
Das hier ist mein erster Kommentar in diesem Forum. Vorausschicken möchte ich, dass ich schon in einem anderen Forum war, in dem die Qualität der Geschichten doch etwas höher lag als hier. Vielleicht fällt deshalb meine Kritik ein bisschen heftig aus.

Wer gut schreiben will darf sich einfach nicht so viele Fehler leisten. Bei dir hat es doch sehr viele Kommafehler und auch Rechtschreibefehler. Sehr irritierend auch dein Grossschreiben von Sie/Ihn. Du magst das mit künstlerischer Freiheit begründen, für mich als Leserin ist das einfach nur irritierend.

Du beschreibst die Gedanken eines Hundes. Das verrätst du aber erst gegen Ende des Textes. Man merkt zwar allmählich, worauf du hinaus gehst, aber am Anfang stolpert man doch über den einen oder anderen Satz. Dann, die leise Ahnung: ach, ich bin nicht in einem unmenschlichen Gefangenenlager in Vietnam, ich bin woanders, aha, das ist ein Hund. Ich fühle mich veräppelt.

Der Grundgedanke und die Grundaussage deines Textes gefällt mir. Aber gerade weil du mich so lange im Dunkeln tappen lässt, verschenkst du die gute Idee. Dein Schreibstil ist an und für sich nicht schlecht, aber liess den Text vor dem Veröffentlichen nochmals wirklich gut durch und siebe die Fehler aus. Wenn dir das Mühe macht, gib ihn einer anderen Person zum Probelesen.

Liebe Grüsse

K.T. Mallory
 

lokisskald

Mitglied
Halb und Halb

Hallo Mallory,

im Bezug auf Rechtschreibung und Kommasetzung gebe ich Dir vollkommen recht, das sind Sachen die ich ausbügeln sollte bevor ich eine Geschichte ins Forum stelle.

Ansonsten soll der Leser ja gerade erst über die Zeit langsam herausfinden, dass es sich nicht um einen Menschen handelt. Er wird aber nicht gänzlich im Dunkeln gelassen, sondern erhält Hinweise die ihn (hoffentlich) stutzig machen. Zum Schluss die Auflösung und die Möglichkeit, die Geschichte mit dem Wissen, dass es sich um einen Hund handelt unter diesem neuen Blickwinkel nochmals zu betrachten.

In ziemlicher Perfektion kann man das Konzept in "The sixth sense" mit Bruce Willis sehen. Den Ganzen Fim über fallen einem kleine Ungereimtheiten auf und erst in den letzten fünf bis zehn Minuten des Filmes erhält man die Information die man benötigt um sie zu verstehen. Hätte man diese schon von Anfang an währe der Film nicht mehr interessant ... aber das ist auch Geschmackssache.

Nur noch zu Deiner Vorbemerkung:
Kritik darf heftig sein. Deshalb stelle ich eine Geschichte ja ins Forum damit sie gelesen und auch diskutiert wird. In jedem Fall ist mir eine harsche Kritik - und so heftig fand ich sie nicht - in jedem Fall lieber als Schweigen ohne Aussage. Ohne Kritik kann ich nicht an mir arbeiten. Deshalb Danke für Deinen Kommentar.

Liebe Grüsse

lokisskald
 



 
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