Heile Welt

Elfi

Mitglied
Heile Welt
Auf dem kleinen Tisch stand eine Tasse mit dampfendem Kaffee, daneben lag das aufgeschlagene Buch für den Lehrgang seiner Weiterbildung. In einem Monat stand die Prüfung an, doch Heiko saß zusammengesunken mit dem Handy in der Hand auf dem Sofa und las zum x ten mal die SMS, die vor fünf Minuten zugestellt wurde.
`Welchen Engel? Huren lügen, Engel lügen nicht. Sieht deine Freundin Anke nicht die Lüge in deinem Gesicht? Dein Engel wird fallen und erkennen, vom Wolf im Schafspelz sollte man sich besser trennen. ´
Gruß- und Namenlos. Absender: eine 0160 er Nummer.
Heiko trank von seinem Kaffee, und begann damit, eine Antwort einzutippen.
` Ich glaube, Sie sind im falschen Film…´
„An wen schreibst du gerade?“
Bei den harten Worten seiner Freundin zuckte Heiko zusammen und wandte seinen Blick vom Handy ab. Anke stand vor dem Tisch und visierte ihn mit verengten Augen.
„Ich schreibe an niemand.“
„Höre doch auf, mich anzulügen!“ Ankes Stimme war scharf wie eine Rasierklinge, und in ihren Augen blitzte der Zorn.
„Ich habe dich nicht belogen!“, rechtfertigte er sich, doch Anke wandte sich ab und verließ mit einem kalten Gesichtsausdruck das Zimmer.
Er atmete tief durch und vervollständigte seine Antwort- SMS:
`…Ich habe niemand betrogen! Sie wissen doch, dass die Polizei eingeschaltet ist! ´
Heiko drückte die Sendetaste und legte das Handy auf dem Tisch ab, ehe er sein Lehrbuch zur Hand nahm.
An Konzentration war nicht zu denken. Seit drei Tagen beherrschte die Frage, wer hinter der mysteriösen Handynummer stecken könnte, seine Gedanken, und die am Vortag empfangene Antwort- SMS `Ich bin niemand und will deinen Engel fallen sehen. ´ warf nur eine neue Frage auf: Welchen Engel?
Heiko konzentrierte sich erneut auf den Text seines Lehrbuchs, ohne den Inhalt verinnerlichen zu können, bis die Vibrationsgeräusche seines Handys ertönten.
Für einen Moment stockte seine Atmung.
Eine Reaktion von der 0160er Nummer?
Heiko griff zum Handy. Auf dem Display stand Uwes Handynummer, und Heiko nahm das Gespräch seines Freundes entgegen.
„Du, Heiko, die unbekannte 0160 hat sich bei mir per SMS gemeldet. Es wurde gefragt, weshalb ich mich telefonisch bei ihr gemeldet habe.“
Heikos Gesicht verlor die Farbe.
„Du hast hoffentlich nicht die Wahrheit gesagt!“
„Wo denkst du hin? Ich fragte per SMS nach, mit wem ich es zu tun hätte.“
„Und? Schon eine Antwort bekommen?“
„Bis jetzt noch nicht, aber ich halte dich auf dem Laufenden.“
„Ja, danke, Uwe.“
Heiko legte sein Handy beiseite, und konzentrierte sich aufs Lehrbuch.

Eine halbe Stunde war inzwischen vergangen, und Heikos Unruhe wuchs mit
jeder verstrichenen Minute, denn sein Handy gab keinen einzigen Ton von sich.
Heiko nahm es zur Hand, suchte in seinen Kontakten Uwes Handynummer und rief an.
„Ja?“
„Hast du schon eine Antwort bekommen?“
„Nein, bisher noch nicht, Heiko.“
„Verdammter Mist!“
„Wir müssen abwarten, Heiko. Ohne Namen kannst du keine Strafanzeige wegen Verleumdung schalten…“
Heiko atmete schwer.
„Anke ist auf 180, seitdem sie übers Festnetz informiert wurde, dass ich eine Affäre hätte. Es ist kaum zum Aushalten! Können wir uns treffen?“
„Ich wollte jetzt sowieso zu `Joe ´s Inn´.“
„Okay, ich komme dahin. Bis gleich!“
Heiko steckte sein Handy in die Gürteltasche.
„Jetzt hast du dich wieder mit ihr verabredet?“
Ankes schnippische Stimme verströmte Verachtung, und Heiko ließ seinen Unmut heraus:
„Ich habe mit Uwe telefoniert!“
„Ich bin schon zu alt für solche Spielchen! Seitdem die Unbekannte hier angerufen hat sehe ich dich mit anderen Augen! Ich war ja so naiv!“
„Man, Anke…“ Heiko stand vom Sofa auf. „Jemand will mir was anhängen!“
Ein resignierter Ausdruck stand in seinem Gesicht, doch Anke wich seinem Blick aus und schwieg.
„Ich fahre zu Joe ´s Inn und treffe mich mit Uwe.“
„Du willst nur nicht zugeben, dass du dich mit der anderen triffst!“
„Verdammt! Nein!“
Heiko konnte nur noch sehen, dass Anke aus dem Zimmer gestürmt war. Er lief in den Flur, griff nach seinem Schlüsselbund und warf die Wohnungstür hinter sich krachend ins Schloss.

Joe ´s Inn, die Dorfkneipe im Stil eines englischen Pubs, war an diesem Sonntagnachmittag gut besucht. Heiko hatte sich von der Theke ein Glas Cola geholt und ließ seinen Blick durch die Gaststube schweifen. Er entdeckte Uwe an einem kleinen Seitentisch und lief darauf zu.
„Kam noch keine Antwort…“, erklärte Uwe zur Begrüßung, wobei er die Musik übertönen musste.
Heiko setzte sich, während Uwe sein Handy aus der Gürteltasche zog.
„…war eine gute Idee, mit meinem Handy die 0160 anzurufen. Dass es eine Frau ist, ist jetzt klar…“
„Woher willst du das wissen?“
„Frauen sind von Natur aus neugierig. Das hätte ich dir jetzt auch ohne polizeilichem Sachverstand erklären können…“
Ein leichtes Lächeln huschte Heiko übers Gesicht, und Uwe betätigte einige Tasten seines Handys.
„Les´ mal! Das ist die SMS von der 0160.“
Uwe überreichte Heiko sein Handy.
`Ich weiß nicht, wer Sie sind, und würde gerne erfahren, weshalb Sie versucht haben, mich telefonisch zu erreichen. ´
Heiko gab seinem Freund das Handy zurück.
„Das war eine äußerst geschickte Vorgehensweise von der Frau.“
„Aber wer ist es? Warum ortest du es nicht dienstlich?“
„Mensch Heiko! Solange keine Gefahr für Leib und Leben vorliegt, mache ich mich dadurch strafbar und verliere meinen Job!“
Heiko zog sein Handy aus der Gürteltasche und öffnete das Nachrichtenprogramm.
„Hier, les du auch mal, was die 0160 mir heute mitgeteilt hat!“
Uwe nahm Heikos Handy und las.
„Ist doch fast eine Drohung!“, meinte Heiko, nachdem Uwe ihm das Handy zurück gab.
„Tut mir Leid, Heiko. Es handelt sich um keine Drohung, und eine Erpressung liegt auch nicht vor. Ich darf das Handy nicht dienstlich orten!“
„Verdammt! Meine Beziehung zu Anke hängt nur noch an einem seidenen Faden! Wenn sich die Sache nicht bald aufklärt, sind vier Jahre Beziehung vernichtet!“
„Die Aufregung nützt dir nichts, Heiko…“
„Du hast gut reden! Da zerstört jemand mein Leben, und ich kann nur zuschauen?? Meine heile Welt wird von einer Unbekannten zerstört, und ich weiß nicht, warum…“
Heiko trank nachdenklich von seiner Cola.
„Wir müssen uns ans Motiv herantasten, um den Kreis der Verdächtigen einzugrenzen…“
„Du als Dorfpolizist musst es ja wissen…“
„Gib mir mal dein Handy...“
Heiko gab Uwe erneut das Handy, und dieser las sich die eingetroffenen Nachrichten von der 0160 ein weiteres Mal durch.
„Ich vermute, die Unbekannte will deine Beziehung zerstören, damit du für sie frei bist…“
Heiko gab nur ein „Mm“ von sich und starrte die Tischplatte an.
„Ja!“ Uwe richtete sich auf, „…und mir fällt wieder ein, was du uns beim letzten Stammtisch erzählt hast!“
Heiko sah seinen Freund an. „Was denn?“
„Na, du hast uns erzählt, dass dich so eine kleine Kröte von der Jugendfeuerwehr so angegraben hätte…“
Heiko zog seine Stirn kraus. „Stimmt… die Jessica… aber die Kleine ist siebzehn oder achtzehn, und ich bin über vierzig!“
„Ja und!? Man, die Kleine ist scharf auf dich, und will Anke mit einer Lüge aus deinem Leben vertreiben!“
„Man, ich bin doch nur ein Durchschnittsmann!“
„Du bist mehr als ein Durchschnittsmann! Du bist groß und stark, zudem trägst du in deiner Freizeit eine Feuerwehruniform! Frauen stehen auf so was; besonders junge Frauen!“
„Das könnte möglich sein! Durch die Feuerwehr kennt die Kleine schließlich auch meine Festnetznummer…“
„Weißt du was? Ich schreibe noch eine SMS an die 0160, und dann sehen wir weiter.“
Uwe nahm sein Handy und tippte, ehe er Heiko den Textentwurf zu lesen gab.
` Ich weiß nicht, wer Sie sind, doch ich weiß, was Sie sind: - feige – schade. ´
„Okay?“
Heiko nickte, und nachdem Uwe die Nachricht gesendete hatte, legte er sein Handy auf der Tischplatte ab.
„Und wenn sich herausstellt, dass die Kleine das war… würdest du sie anzeigen?“
Heiko verzog sein Gesicht und rieb sich im Nacken.
„Schwierige Frage… Nein, ich glaube nicht. Aber ich würde von ihr verlangen dass sie Anke die Wahrheit sagt, und keine Annäherungsversuche mehr startet.“
„Im Grunde genommen hast du Recht!“, pflichtete Uwe ihm bei.
Im Grunde genommen hast du Recht… alles andere würde zu viel zerstören…
„Du starrst die Tischplatte so an… was geht dir durch den Kopf? Wie lange es wohl dauert, bis es vorbei ist?“
Heiko seufzte.
„Das auch… Ach, in einer SMS, die ich gestern von einer Bekannten erhielt, stand der gleiche Spruch…“
Briiieeep…
„He, eine Nachricht!“, frohlockte Uwe und nahm sein Handy in die Hand, „Von der 0160!“
Heiko knetete unruhig seine Finger und atmete schwer, ehe er mit Uwe zusammen die Nachricht las:
` Verzeihen Sie meine Feigheit, aber aus Angst vor Repressalien möchte ich meine wahre Identität erst zu einem späteren Zeitpunkt preisgeben. Sie können mich Bernadette nennen. ´
Uwe und Heiko tauschten fragende Blicke aus.
„Bernadette??“
„Keine Ahnung, wer sich dahinter verbirgt…“
„Aber eines ist klar erkennbar, Heiko: Die Unbekannte besitzt eine gehobene Bildung…“
Heiko seufzte abermals.
„Die kleine Jessica besucht das Gymnasium… Sie könnte dahinter stecken…“
Brieeep
„Nanu… noch eine Nachricht von der 0160…“
Heiko und Uwe steckten die Köpfe zusammen, um die neue Nachricht zu lesen:
` Ich handelte im guten Glauben, als ich Sie (?) über die Affäre in Kenntnis setzte. Weitere Informationen durch mich/ über mich werden nicht erfolgen, solange mir Ihre Identität nicht bekannt ist. MfG Bernadette ´
„…im guten Glauben… Sag mal: ist an der Geschichte mit der Affäre doch was Wahres dran?“
„Nein! Fängst du jetzt auch noch an? Ich müsste doch am besten wissen, ob ich eine Affäre habe oder nicht!“
Uwe blickte Heiko ratlos an. „Ist ja schon gut!“
Heiko starrte vor sich hin.
„Du, Uwe, die Unbekannte hält dich für Anke…und nur ihr würde die Unbekannte weitere Informationen geben…“
„Meinetwegen, dann bin ich eben jetzt Anke. Sag mal: was würde deine Freundin auf so eine SMS antworten?“
„Puh…“ Heiko fuhr mit seiner Hand übers raspelkurze Haar.
„Anke hat zu mir gesagt, dass sie keine Lust auf Spielchen hätte…“
„Das ist doch schon was!“
Uwe nahm sein Handy und tippte einen Text ein.
„Hier, les mal!“
Heiko griff zum Handy und ließ seine Augen über den geschriebenen Text wandern.
` Ich bin eine erwachsene Frau und habe keine Lust auf Spielchen. Treffen wir uns im Joan ´s Inn? MfG Anke ´
„Ganz gut, der Text, aber wo soll das Joan ´s Inn sein? Oder hast du dich vertippt?“
„Heiko, das ist Taktik! Falls es diese Jessica ist, wird sie den angeblichen Schreibfehler ignorieren und uns mitteilen, dass sie zu Joe ´s Inn kommen wird, und falls es nicht Jessica ist, wird die Unbekannte fragen, wo das Lokal ist!“
„Genial, deine Idee!“ Heiko grinste, und Uwe schickte die SMS ab.
Die Anspannung war Heiko anzusehen; er griff zu seinem Handy und vergewisserte sich, ob eine neue Nachricht auf seinem Handy angekommen war.
Briieeep
Beide Freunde schreckten zusammen, ehe sie sich die neuste Nachricht durch lasen:
`Ich muss passen, das Joan ´s Inn kenne ich nicht, zudem bin ich heute Abend beruflich eingespannt. MfG Bernadette ´
„So ein Mist!“, entfuhr es Uwe, „Jetzt wissen wir nicht, ob die Unbekannte das Lokal kennt, oder nicht…“
„Ja… und Jessica scheidet als Verdächtige aus…“
Brieeep
` Ich bin nicht im Rettungsdienst tätig. MfG Bernadette ´
„Hier…“ Uwe hielt Heiko das Handy hin. „Und das heißt: sie ist keine deine Arbeitskolleginnen von der Rettungswache…“
„Nein, Uwe… Die Unbekannte muss gemerkt haben, dass sie keine SMS an Anke geschrieben hat…“
„Aber woran??“
„Was weiß ich! Ich weiß nur: sie hat nicht vor, meine Beziehung zu retten…“
Nun war es Uwe, der nachdenklich über seinen Haaransatz strich.
„Nein. ich glaube nicht, dass Sie was gemerkt hat!“
Uwe gab einen neuen Nachrichtentext ein.
` Gegen Sie liegt eine Strafanzeige wegen Verleumdung vor. Die Polizei konnte ihre Telefonnummer schon am Freitag zuordnen. Wie gesagt: für Spielchen bin ich schon zu alt. ´
Uwe drückte den Sendebutton und sah zu seinem Freund. Heiko starrte angestrengt zum Display seines Handys, während die Finger über die kleinen Tasten huschten.
„An wen schreibst du jetzt?“
Heiko schwieg und setzte mit verkniffenem Mund seine Tätigkeit fort, obwohl Uwe mehrmals versuchte, ihm das Handy aus der Hand zu nehmen.
Brieeep
„Bei mir ist noch eine Nachricht eingetroffen“, sagte Uwe, und las.
`Ach, echt? Für Spielchen bin ich auch schon zu alt! ´“
„Hier. Les!“
„Du auch!“
Während Heiko die Antwort- SMS auf Uwes Handy las, las Uwe das, was Heiko der Unbekannten geschrieben hatte.
` Ich rate Ihnen dingend, mit den Anrufen und den SMS aufzuhören!!! Ich werde Ihren Namen schon herausfinden; ich habe gute Kontakte!!! Ich schwöre Ihnen: sie werden keine ruhige Minute mehr bekommen!!! Verlassen sie sich darauf: ich werde zu ihrem persönlichen Albtraum!!! ´
Uwe sah Heiko mit strengem Blick an.
„Sag mal: spinnst du?“
„Warum?? Ich kann der Unbekannten doch meine Meinung sagen!“
„Meinung sagen… Du spinnst! Du hast Drohungen geschrieben!“
„Ja und??“
„Mensch Heiko! Du weißt zwar nicht, wer sie ist, aber sie weiß sehr wohl, wer du bist! Willst du dir eine Anzeige einhandeln?“
„Nein, natürlich nicht!“
„Komm, ich stecke dein Handy zu deiner Sicherheit in meine Jackentasche…“
Heiko verzog die Lippen, ehe er auch Uwes Handy zurück gab.
„Lass uns überlegen, wer sonst dahinter stecken könnte…“
„Okay… heute beruflich eingespannt…“
„Krankenschwestern arbeiten sonntags…“
„Ich wüsste aber keine, die sich an mich heran geschmissen hat…“
„Moment mal… vor zwei Wochen saßen wir hier mit den Kumpels, und da kamen die beiden Studentinnen zu uns an den Tisch…“
Heiko starrte zur Tischplatte.
„Ja, stimmt! Jetzt fällt es mir wieder ein. Die Dunkelhaarige…“
„Genau! Die Dunkelhaarige rückte dir ziemlich dicht auf die Pelle, obwohl du ihr erzählt hattest, dass du in festen Händen wärest, und nebenbei mit irgendwem SMS ausgetauscht hattest…“
„Ja… Und sie sagte, dass sie hin und wieder in einer Szenenkneipe jobben würde… Aber wie könnte sie an meine Festnetznummer gekommen sein?“
„Internet, Auskunft… da gibt es doch viele Möglichkeiten…“
„Leider…“
„Das sagte die Dunkelhaarige auch, nachdem du gegangen warst… Wohin musstest du da?“
„Ach, war ein Notfall…“
“Notfall? Hey man, du hattest dienstfrei!“
„Ich weiß… Nee, eine Bekannte von mir hatte den Notfall. Sie war mit ihrem Auto liegen geblieben…“
Ein Lächeln umspielte Heikos Mundwinkel.
„Eine gute Bekannte?“
„Ja… kann man so sagen…“
„Komm, erzähl!“
Heiko verschränkte seine Hände vor der Brust und versank in seinen Gedanken.
In zwanzig Minuten bin ich da
„Da gibt es nichts zu erzählen. Ich habe ihr Auto überbrückt, und das war ´s.“
„Könnte sie es sein, die dir deine Beziehung abspenstig machen will?“
„Nein.“
„War auch nur eine Frage…“
Heiko lehnte sich hinten am Stuhl an.
Hast du soeben bei mir zu Haus angerufen und gesagt, dass ich eine Affäre hätte?
Hallo
Hi Heiko. Sorry, fahre gerade. Was soll die Anschuldigung?

„Nein. Hatte ich zuerst auch vermutet, aber Elena war ´s nicht. Ich hatte sie sogar mehrmals gefragt.“
Besten Dank, dass du mich immer noch verdächtigst…
Nein, das hast du falsch verstanden. Ich meine: wenn einer aus deinem Bekanntenkreis hinter dem Anruf steckt, werde ich alles leugnen, und das solltest du auch tun.
Im Grunde genommen hast du Recht; alles andere würde zu viel zerstören…

„Die würde alles für mich tun.“
Heiko löste seine Hände vor der Brust und nahm einen Schluck aus seinem Glas.
„Triffst du dich öfter mit ihr?“
„Was soll die Fragerei?“
„Ich meine nur… hat dich vielleicht irgendjemand mit ihr gesehen, und dichtet dir deshalb ein Verhältnis mit ihr an?“
„Vielleicht… gib mir mal mein Handy, damit ich die 0160 anrufen kann…“
„Das lass mich lieber machen!“, bestimmte Uwe, holte Heikos Handy aus der Jackentasche und wählte die unbekannte Handynummer.
„Geht keiner ran…“, sagte er, nachdem schon die Mailbox ansprang. Er beendete das Telefonat und verstaute Heikos Handy abermals in seiner Jackentasche.
„Und? Irgendwas auf deinem Handy rein gekommen?“
Uwe kramte sein Handy hervor.
„Nein. Nichts mehr.“
„Na dann… Sollen wir noch etwas trinken?“
„Meinetwegen.“
Heiko winkte die Bedienung heran und bestellte neue Getränke, die kurz darauf zum Tisch gebracht wurden.
„Porst Uwe!“
„Ja, Prost!“, erwiderte Uwe und stieß sein Glas Apfelschorle mit einem Klirren an Heikos Colaglas.
„Finde ich gut von dir, dass du mich in der jetzigen Situation unterstützt…“
„Ist doch selbstverständlich!“
Heiko starrte wieder zur Tischplatte.
„Anke ist seit dem Anruf total misstrauisch geworden… Sie wollte mir nicht glauben, dass ich mich mit dir verabredet hatte! Und du weißt ja, wie sehr ich es liebe, mich bei irgendjemandem zu rechtfertigen…“
„Und sonst?“
„Weiß nicht… Wenn ich diese Verleumdung nicht aus der Welt bekomme, wird sie wohl mit ihrem Sohn ausziehen… und das war ´s dann…“
„Das ist heftig…“
„Ja. So eine wie Anke finde ich bestimmt nicht so schnell wieder…“
„Und deine gute Bekannte?“
„Ach… Sie ist ziemlich naiv, aber sie kann ganz schön kompliziert sein…“
…ich glaube dir nicht, dass du gestern Nacht gearbeitet hast
Ich musste gestern für eine kranke Kollegin einspringen!
Ich glaube es dir trotzdem nicht! So wie es deine Sache ist, wem du was erzählst, ist es meine Sache, wem ich was glaube

„Sollen wir nicht noch einmal anrufen?“, fragte Heiko nach einer kleinen Pause.
Uwe blickte auf seine Armbanduhr.
„Der letzte Anruf liegt nicht einmal eine halbe Stunde zurück!“
„Ja und? Ich hätte gerne heute noch gewusst, wer hinter dem blöden Verleumdungsanruf steckt…“
„Na gut…“, lenkte Uwe ein, zog abermals Heikos Handy aus seiner Jackentasche, und drückte die Wahlwiederholung.
„Oh man!“
„Was ist? Hat die Unbekannte abgenommen?“
„Nein, ganz im Gegenteil! Habe die Bandansage laufen: the person you are calling is not available at present… Sie hat ihr Handy abgeschaltet!”
“Großes Übel! Dann erreichen wir heute da gar nichts mehr!”
„So sieht es leider aus…“
Heiko verzog seine Mundwinkel, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Er nahm sein Handy von Uwe entgegen und steckte es in die Gürteltasche.

Aus dem Wohnzimmer erklang der Jingle vom Tatort, als Heiko die Wohnungstür aufschloss. Er setzte ein Lächeln auf und betrat den Raum, aus dem das blaue Flimmerlicht den Flur erhellte. Anke saß mit versteinerter Mine auf dem Sofa und vermied es, Heiko anzusehen.
„Hallo Schatz!“
Heiko näherte sich dem Sofa, um seiner Freundin zur Begrüßung einen Kuss zu geben, doch sie wendete ihren Kopf ab.
…soll ich dir sagen, was ich ihm gesagt hatte?
Was hast du ihm gesagt?
Ich habe im lachhaften Ton geantwortet: Ja klar, ich habe mich mit meinem Lover getroffen.
Oh je…
Er hat es nicht geglaubt! Es stimmt eben: Die beste Tarnung ist die Wahrheit: die glaubt niemand…

„Du hast dich mit ihr getroffen! Gebe es doch zu!“
„Nein! ich habe mich mit Uwe getroffen! Kannst ihn ja anrufen!“
„Anrufen…“, schnaubte Anke verdächtig. „Ich habe vor einer Dreiviertelstunde die 0160 angerufen. Nahm niemand ab. Anschließend habe ich deine Handynummer gewählt, und du bist auch nicht ans Telefon gegangen! Komischer Zufall, meinst du nicht?“
Mit fassungslosem Gesichtsausdruck angelte Heiko sein Handy aus der Gürteltasche und sah nach. Tatsächlich, ein verpasster Anruf von Anke…
„Man, Anke! Ich konnte nichts von deinem Anruf mitkriegen, weil Uwe mein Handy in seiner Jackentasche hatte!“
„Und das soll ich dir glauben?“
„Es ist die Wahrheit!“, schnaufte er, „Meinetwegen: glaub, was du willst!“, fügte er an.
„Ich glaube, die 0160 ist deine Affäre…“
„So ein Blödsinn! Das ist nicht Elenas Handynummer!“
Heiko lief rot an und warf sein Handy im hohen Bogen aufs Sofa.
„Also stimmt das mit der Affäre…“ Ankes Stimme war tonlos. „Einfach die Beziehung aufs Spiel setzen…“
Heiko starrte Anke an und schwieg.
Damit setzt du deine Beziehung nicht aufs Spiel! Du stellst sie dadurch in Frage!
Anke erhob sich vom Sofa und eilte in den Flur.
„Anke! Das mit der Affäre ist schon lange vorbei!“, rief er ihr hinterher, doch seine Freundin antwortete darauf nichts.
Wir müssen den Kontakt abbrechen, Elena!
Nur wegen der blöden Frau, die vorgestern bei dir angerufen hat??
Es muss sein! Vergiss mich besser
Was du von mir verlangst, ist unmöglich!

Er bekam mit, dass Anke an der Zimmertüre ihres Sohnes klopfte, und vernahm gedämpft ihre Stimme:
„Patty, pack deine Sachen zusammen. Wir fahren nach Oma!“
Heiko ließ sich kraftlos ins Sofa fallen. Er hörte nach einer Weile, wie Anke mit Patrick zur Wohnungstür lief, meinte noch, Ankes Worte zu hören, die in etwa:
„ …Heiko weiß wohl nicht, wie sehr er mich verletzt hat!“ geäußert hatte. Dann fiel hinter den beiden die Wohnungstür laut zu.

Heiko saß an diesem Dienstagnachmittag schon seit einer knappen Stunde fast allein im Gastraum von Joe ´s Inn an einem der Tische und wartete bei der dritten Tasse Kaffee auf Uwe.
„Wartest du schon lange?“
Heiko sah auf; er hatte vor lauter Grübeln das pünktliche Eintreffen von Uwe nicht mitbekommen.
„Mm“, gab Heiko nur von sich, und Uwe setzte sich zu ihm an den Tisch.
„Ich habe es in der Wohnung nicht ausgehalten…“
„Kann ich mir vorstellen… alles ruhig…“
„Nicht nur das… am Samstag hat Anke die letzten Sachen und ihre Möbel abgeholt. Ich hatte noch versucht, mit ihr zu reden… mich tausendmal Entschuldigt… zwecklos.“
„Und alles nur wegen einer Unbekannten…“, pflichtete Uwe ihm bei.
Heiko sah Uwe an.
„Ich weiß inzwischen, wer es war…“, erklärte Heiko ziemlich leise.
„Davon hast du ja noch nichts erzählt…Wer war es denn?“
„Meine Bekannte, mit der ich die Affäre hatte… Anke hat mich darauf gebracht, und dann zählte ich eins und eins zusammen, wo Elena scharf auf mich war …“
Uwes Kinnlade hing fast auf seiner Brust und er starrte Heiko mit riesigen Augen an.
„Ist eben passiert… und Elena hat mich verpfiffen… Ich war stinksauer, wie du dir vorstellen kannst! Sie hatte mich so dreist angelogen… war nicht schön…“
„Hast du bei Anke doch auch getan…“
Heiko seufzte und trank von seinem Kaffee.
„Ich weiß… Und so wie Anke mich mied, mied ich Elena. Ich ignorierte alle SMS von ihr…“
“Hätte ich auch getan…“
Heiko seufzte abermals.
„Gestern nicht mehr… es kam eine SMS an. Ganz kurz gehalten: `Joe ´s Inn. Falls du mir die Meinung geigen willst ´“
„Und? Hast du sie zur Schnecke gemacht?“
„Nee, hatte doch Dienst… wir simsten noch. Ich wollte wissen, weshalb sie diese Aktion gemacht hatte…“
„Sie wollte dich, war scharf auf dich…“
„Nee, ganz anders… Sie wollte, dass ich mich mit meiner Freundin auseinandersetze, und Elena für die Aktion hasse. Hatte ihr geantwortet, dass ich sie hassen würde, und Elena fand es sogar gut, weil sie so nie wieder zwischen mir und meiner Freundin stünde… nach einer ganz langen Pause fragte sie, ob ich eine Entschuldigung annehmen würde, oder mich rächen möchte… “
„Und, wie hast du dich entschieden?“
 

Elfi

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Heile Welt
Auf dem kleinen Tisch stand eine Tasse mit dampfendem Kaffee, daneben lag das aufgeschlagene Buch für den Lehrgang seiner Weiterbildung. In einem Monat stand die Prüfung an, doch Heiko saß zusammengesunken mit dem Handy in der Hand auf dem Sofa und las zum x ten mal die SMS, die vor fünf Minuten zugestellt wurde.
`Welchen Engel? Huren lügen, Engel lügen nicht. Sieht deine Freundin Anke nicht die Lüge in deinem Gesicht? Dein Engel wird fallen und erkennen, vom Wolf im Schafspelz sollte man sich besser trennen. ´
Gruß- und Namenlos. Absender: eine 0160 er Nummer.
Heiko trank von seinem Kaffee, und begann damit, eine Antwort einzutippen.
` Ich glaube, Sie sind im falschen Film…´
„An wen schreibst du gerade?“
Bei den harten Worten seiner Freundin zuckte Heiko zusammen und wandte seinen Blick vom Handy ab. Anke stand vor dem Tisch und visierte ihn mit verengten Augen.
„Ich schreibe an niemand.“
„Höre doch auf, mich anzulügen!“ Ankes Stimme war scharf wie eine Rasierklinge, und in ihren Augen blitzte der Zorn.
„Ich habe dich nicht belogen!“, rechtfertigte er sich, doch Anke wandte sich ab und verließ mit einem kalten Gesichtsausdruck das Zimmer.
Er atmete tief durch und vervollständigte seine Antwort- SMS:
`…Ich habe niemand betrogen! Sie wissen doch, dass die Polizei eingeschaltet ist! ´
Heiko drückte die Sendetaste und legte das Handy auf dem Tisch ab, ehe er sein Lehrbuch zur Hand nahm.
An Konzentration war nicht zu denken. Seit drei Tagen beherrschte die Frage, wer hinter der mysteriösen Handynummer stecken könnte, seine Gedanken, und die am Vortag empfangene Antwort- SMS `Ich bin niemand und will deinen Engel fallen sehen. ´ warf nur eine neue Frage auf: Welchen Engel?
Heiko konzentrierte sich erneut auf den Text seines Lehrbuchs, ohne den Inhalt verinnerlichen zu können, bis die Vibrationsgeräusche seines Handys ertönten.
Für einen Moment stockte seine Atmung.
Eine Reaktion von der 0160er Nummer?
Heiko griff zum Handy. Auf dem Display stand Uwes Handynummer, und Heiko nahm das Gespräch seines Freundes entgegen.
„Du, Heiko, die unbekannte 0160 hat sich bei mir per SMS gemeldet. Es wurde gefragt, weshalb ich mich telefonisch bei ihr gemeldet habe.“
Heikos Gesicht verlor die Farbe.
„Du hast hoffentlich nicht die Wahrheit gesagt!“
„Wo denkst du hin? Ich fragte per SMS nach, mit wem ich es zu tun hätte.“
„Und? Schon eine Antwort bekommen?“
„Bis jetzt noch nicht, aber ich halte dich auf dem Laufenden.“
„Ja, danke, Uwe.“
Heiko legte sein Handy beiseite, und konzentrierte sich aufs Lehrbuch.

Eine halbe Stunde war inzwischen vergangen, und Heikos Unruhe wuchs mit
jeder verstrichenen Minute, denn sein Handy gab keinen einzigen Ton von sich.
Heiko nahm es zur Hand, suchte in seinen Kontakten Uwes Handynummer und rief an.
„Ja?“
„Hast du schon eine Antwort bekommen?“
„Nein, bisher noch nicht, Heiko.“
„Verdammter Mist!“
„Wir müssen abwarten, Heiko. Ohne Namen kannst du keine Strafanzeige wegen Verleumdung schalten…“
Heiko atmete schwer.
„Anke ist auf 180, seitdem sie übers Festnetz informiert wurde, dass ich eine Affäre hätte. Es ist kaum zum Aushalten! Können wir uns treffen?“
„Ich wollte jetzt sowieso zu `Joe ´s Inn´.“
„Okay, ich komme dahin. Bis gleich!“
Heiko steckte sein Handy in die Gürteltasche.
„Jetzt hast du dich wieder mit ihr verabredet?“
Ankes schnippische Stimme verströmte Verachtung, und Heiko ließ seinen Unmut heraus:
„Ich habe mit Uwe telefoniert!“
„Ich bin schon zu alt für solche Spielchen! Seitdem die Unbekannte hier angerufen hat sehe ich dich mit anderen Augen! Ich war ja so naiv!“
„Man, Anke…“ Heiko stand vom Sofa auf. „Jemand will mir was anhängen!“
Ein resignierter Ausdruck stand in seinem Gesicht, doch Anke wich seinem Blick aus und schwieg.
„Ich fahre zu Joe ´s Inn und treffe mich mit Uwe.“
„Du willst nur nicht zugeben, dass du dich mit der anderen triffst!“
„Verdammt! Nein!“
Heiko konnte nur noch sehen, dass Anke aus dem Zimmer gestürmt war. Er lief in den Flur, griff nach seinem Schlüsselbund und warf die Wohnungstür hinter sich krachend ins Schloss.

Joe ´s Inn, die Dorfkneipe im Stil eines englischen Pubs, war an diesem Sonntagnachmittag gut besucht. Heiko hatte sich von der Theke ein Glas Cola geholt und ließ seinen Blick durch die Gaststube schweifen. Er entdeckte Uwe an einem kleinen Seitentisch und lief darauf zu.
„Kam noch keine Antwort…“, erklärte Uwe zur Begrüßung, wobei er die Musik übertönen musste.
Heiko setzte sich, während Uwe sein Handy aus der Gürteltasche zog.
„…war eine gute Idee, mit meinem Handy die 0160 anzurufen. Dass es eine Frau ist, ist jetzt klar…“
„Woher willst du das wissen?“
„Frauen sind von Natur aus neugierig. Das hätte ich dir jetzt auch ohne polizeilichem Sachverstand erklären können…“
Ein leichtes Lächeln huschte Heiko übers Gesicht, und Uwe betätigte einige Tasten seines Handys.
„Les´ mal! Das ist die SMS von der 0160.“
Uwe überreichte Heiko sein Handy.
`Ich weiß nicht, wer Sie sind, und würde gerne erfahren, weshalb Sie versucht haben, mich telefonisch zu erreichen. ´
Heiko gab seinem Freund das Handy zurück.
„Das war eine äußerst geschickte Vorgehensweise von der Frau.“
„Aber wer ist es? Warum ortest du es nicht dienstlich?“
„Mensch Heiko! Solange keine Gefahr für Leib und Leben vorliegt, mache ich mich dadurch strafbar und verliere meinen Job!“
Heiko zog sein Handy aus der Gürteltasche und öffnete das Nachrichtenprogramm.
„Hier, les du auch mal, was die 0160 mir heute mitgeteilt hat!“
Uwe nahm Heikos Handy und las.
„Ist doch fast eine Drohung!“, meinte Heiko, nachdem Uwe ihm das Handy zurück gab.
„Tut mir Leid, Heiko. Es handelt sich um keine Drohung, und eine Erpressung liegt auch nicht vor. Ich darf das Handy nicht dienstlich orten!“
„Verdammt! Meine Beziehung zu Anke hängt nur noch an einem seidenen Faden! Wenn sich die Sache nicht bald aufklärt, sind vier Jahre Beziehung vernichtet!“
„Die Aufregung nützt dir nichts, Heiko…“
„Du hast gut reden! Da zerstört jemand mein Leben, und ich kann nur zuschauen?? Meine heile Welt wird von einer Unbekannten zerstört, und ich weiß nicht, warum…“
Heiko trank nachdenklich von seiner Cola.
„Wir müssen uns ans Motiv herantasten, um den Kreis der Verdächtigen einzugrenzen…“
„Du als Dorfpolizist musst es ja wissen…“
„Gib mir mal dein Handy...“
Heiko gab Uwe erneut das Handy, und dieser las sich die eingetroffenen Nachrichten von der 0160 ein weiteres Mal durch.
„Ich vermute, die Unbekannte will deine Beziehung zerstören, damit du für sie frei bist…“
Heiko gab nur ein „Mm“ von sich und starrte die Tischplatte an.
„Ja!“ Uwe richtete sich auf, „…und mir fällt wieder ein, was du uns beim letzten Stammtisch erzählt hast!“
Heiko sah seinen Freund an. „Was denn?“
„Na, du hast uns erzählt, dass dich so eine kleine Kröte von der Jugendfeuerwehr so angegraben hätte…“
Heiko zog seine Stirn kraus. „Stimmt… die Jessica… aber die Kleine ist siebzehn oder achtzehn, und ich bin über vierzig!“
„Ja und!? Man, die Kleine ist scharf auf dich, und will Anke mit einer Lüge aus deinem Leben vertreiben!“
„Man, ich bin doch nur ein Durchschnittsmann!“
„Du bist mehr als ein Durchschnittsmann! Du bist groß und stark, zudem trägst du in deiner Freizeit eine Feuerwehruniform! Frauen stehen auf so was; besonders junge Frauen!“
„Das könnte möglich sein! Durch die Feuerwehr kennt die Kleine schließlich auch meine Festnetznummer…“
„Weißt du was? Ich schreibe noch eine SMS an die 0160, und dann sehen wir weiter.“
Uwe nahm sein Handy und tippte, ehe er Heiko den Textentwurf zu lesen gab.
` Ich weiß nicht, wer Sie sind, doch ich weiß, was Sie sind:
- feige – schade. ´
„Okay?“
Heiko nickte, und nachdem Uwe die Nachricht gesendete hatte, legte er sein Handy auf der Tischplatte ab.
„Und wenn sich herausstellt, dass die Kleine das war… würdest du sie anzeigen?“
Heiko verzog sein Gesicht und rieb sich im Nacken.
„Schwierige Frage… Nein, ich glaube nicht. Aber ich würde von ihr verlangen dass sie Anke die Wahrheit sagt, und keine Annäherungsversuche mehr startet.“
„Im Grunde genommen hast du Recht!“, pflichtete Uwe ihm bei.
Im Grunde genommen hast du Recht… alles andere würde zu viel zerstören…
„Du starrst die Tischplatte so an… was geht dir durch den Kopf? Wie lange es wohl dauert, bis es vorbei ist?“
Heiko seufzte.
„Das auch… Ach, in einer SMS, die ich gestern von einer Bekannten erhielt, stand der gleiche Spruch…“
Briiieeep…
„He, eine Nachricht!“, frohlockte Uwe und nahm sein Handy in die Hand, „Von der 0160!“
Heiko knetete unruhig seine Finger und atmete schwer, ehe er mit Uwe zusammen die Nachricht las:
` Verzeihen Sie meine Feigheit, aber aus Angst vor Repressalien möchte ich meine wahre Identität erst zu einem späteren Zeitpunkt preisgeben. Sie können mich Bernadette nennen. ´
Uwe und Heiko tauschten fragende Blicke aus.
„Bernadette??“
„Keine Ahnung, wer sich dahinter verbirgt…“
„Aber eines ist klar erkennbar, Heiko: Die Unbekannte besitzt eine gehobene Bildung…“
Heiko seufzte abermals.
„Die kleine Jessica besucht das Gymnasium… Sie könnte dahinter stecken…“
Brieeep
„Nanu… noch eine Nachricht von der 0160…“
Heiko und Uwe steckten die Köpfe zusammen, um die neue Nachricht zu lesen:
` Ich handelte im guten Glauben, als ich Sie (?) über die Affäre in Kenntnis setzte. Weitere Informationen durch mich/ über mich werden nicht erfolgen, solange mir Ihre Identität nicht bekannt ist. MfG Bernadette ´
„…im guten Glauben… Sag mal: ist an der Geschichte mit der Affäre doch was Wahres dran?“
„Nein! Fängst du jetzt auch noch an? Ich müsste doch am besten wissen, ob ich eine Affäre habe oder nicht!“
Uwe blickte Heiko ratlos an. „Ist ja schon gut!“
Heiko starrte vor sich hin.
„Du, Uwe, die Unbekannte hält dich für Anke…und nur ihr würde die Unbekannte weitere Informationen geben…“
„Meinetwegen, dann bin ich eben jetzt Anke. Sag mal: was würde deine Freundin auf so eine SMS antworten?“
„Puh…“ Heiko fuhr mit seiner Hand übers raspelkurze Haar.
„Anke hat zu mir gesagt, dass sie keine Lust auf Spielchen hätte…“
„Das ist doch schon was!“
Uwe nahm sein Handy und tippte einen Text ein.
„Hier, les mal!“
Heiko griff zum Handy und ließ seine Augen über den geschriebenen Text wandern.
` Ich bin eine erwachsene Frau und habe keine Lust auf Spielchen. Treffen wir uns im Joan ´s Inn? MfG Anke ´
„Ganz gut, der Text, aber wo soll das Joan ´s Inn sein? Oder hast du dich vertippt?“
„Heiko, das ist Taktik! Falls es diese Jessica ist, wird sie den angeblichen Schreibfehler ignorieren und uns mitteilen, dass sie zu Joe ´s Inn kommen wird, und falls es nicht Jessica ist, wird die Unbekannte fragen, wo das Lokal ist!“
„Genial, deine Idee!“ Heiko grinste, und Uwe schickte die SMS ab.
Die Anspannung war Heiko anzusehen; er griff zu seinem Handy und vergewisserte sich, ob eine neue Nachricht auf seinem Handy angekommen war.
Briieeep
Beide Freunde schreckten zusammen, ehe sie sich die neuste Nachricht durch lasen:
`Ich muss passen, das Joan ´s Inn kenne ich nicht, zudem bin ich heute Abend beruflich eingespannt. MfG Bernadette ´
„So ein Mist!“, entfuhr es Uwe, „Jetzt wissen wir nicht, ob die Unbekannte das Lokal kennt, oder nicht…“
„Ja… und Jessica scheidet als Verdächtige aus…“
Brieeep
` Ich bin nicht im Rettungsdienst tätig. MfG Bernadette ´
„Hier…“ Uwe hielt Heiko das Handy hin. „Und das heißt: sie ist keine deine Arbeitskolleginnen von der Rettungswache…“
„Nein, Uwe… Die Unbekannte muss gemerkt haben, dass sie keine SMS an Anke geschrieben hat…“
„Aber woran??“
„Was weiß ich! Ich weiß nur: sie hat nicht vor, meine Beziehung zu retten…“
Nun war es Uwe, der nachdenklich über seinen Haaransatz strich.
„Nein. ich glaube nicht, dass Sie was gemerkt hat!“
Uwe gab einen neuen Nachrichtentext ein.
` Gegen Sie liegt eine Strafanzeige wegen Verleumdung vor. Die Polizei konnte ihre Telefonnummer schon am Freitag zuordnen. Wie gesagt: für Spielchen bin ich schon zu alt. ´
Uwe drückte den Sendebutton und sah zu seinem Freund. Heiko starrte angestrengt zum Display seines Handys, während die Finger über die kleinen Tasten huschten.
„An wen schreibst du jetzt?“
Heiko schwieg und setzte mit verkniffenem Mund seine Tätigkeit fort, obwohl Uwe mehrmals versuchte, ihm das Handy aus der Hand zu nehmen.
Brieeep
„Bei mir ist noch eine Nachricht eingetroffen“, sagte Uwe, und las.
`Ach, echt? Für Spielchen bin ich auch schon zu alt! ´
„Hier. Les!“
„Du auch!“
Während Heiko die Antwort- SMS auf Uwes Handy las, las Uwe das, was Heiko der Unbekannten geschrieben hatte.
` Ich rate Ihnen dingend, mit den Anrufen und den SMS aufzuhören!!! Ich werde Ihren Namen schon herausfinden; ich habe gute Kontakte!!! Ich schwöre Ihnen: sie werden keine ruhige Minute mehr bekommen!!! Verlassen sie sich darauf: ich werde zu ihrem persönlichen Albtraum!!! ´
Uwe sah Heiko mit strengem Blick an.
„Sag mal: spinnst du?“
„Warum?? Ich kann der Unbekannten doch meine Meinung sagen!“
„Meinung sagen… Du spinnst! Du hast Drohungen geschrieben!“
„Ja und??“
„Mensch Heiko! Du weißt zwar nicht, wer sie ist, aber sie weiß sehr wohl, wer du bist! Willst du dir eine Anzeige einhandeln?“
„Nein, natürlich nicht!“
„Komm, ich stecke dein Handy zu deiner Sicherheit in meine Jackentasche…“
Heiko verzog die Lippen, ehe er auch Uwes Handy zurück gab.
„Lass uns überlegen, wer sonst dahinter stecken könnte…“
„Okay… heute beruflich eingespannt…“
„Krankenschwestern arbeiten sonntags…“
„Ich wüsste aber keine, die sich an mich heran geschmissen hat…“
„Moment mal… vor zwei Wochen saßen wir hier mit den Kumpels, und da kamen die beiden Studentinnen zu uns an den Tisch…“
Heiko starrte zur Tischplatte.
„Ja, stimmt! Jetzt fällt es mir wieder ein. Die Dunkelhaarige…“
„Genau! Die Dunkelhaarige rückte dir ziemlich dicht auf die Pelle, obwohl du ihr erzählt hattest, dass du in festen Händen wärest, und nebenbei mit irgendwem SMS ausgetauscht hattest…“
„Ja… Und sie sagte, dass sie hin und wieder in einer Szenenkneipe jobben würde… Aber wie könnte sie an meine Festnetznummer gekommen sein?“
„Internet, Auskunft… da gibt es doch viele Möglichkeiten…“
„Leider…“
„Das sagte die Dunkelhaarige auch, nachdem du gegangen warst… Wohin musstest du da?“
„Ach, war ein Notfall…“
“Notfall? Hey man, du hattest dienstfrei!“
„Ich weiß… Nee, eine Bekannte von mir hatte den Notfall. Sie war mit ihrem Auto liegen geblieben…“
Ein Lächeln umspielte Heikos Mundwinkel.
„Eine gute Bekannte?“
„Ja… kann man so sagen…“
„Komm, erzähl!“
Heiko verschränkte seine Hände vor der Brust und versank in seinen Gedanken.
In zwanzig Minuten bin ich da
„Da gibt es nichts zu erzählen. Ich habe ihr Auto überbrückt, und das war ´s.“
„Könnte sie es sein, die dir deine Beziehung abspenstig machen will?“
„Nein.“
„War auch nur eine Frage…“
Heiko lehnte sich hinten am Stuhl an.
Hast du soeben bei mir zu Haus angerufen und gesagt, dass ich eine Affäre hätte?
Hallo
Hi Heiko. Sorry, fahre gerade. Was soll die Anschuldigung?

„Nein. Hatte ich zuerst auch vermutet, aber Elena war ´s nicht. Ich hatte sie sogar mehrmals gefragt.“
Besten Dank, dass du mich immer noch verdächtigst…
Nein, das hast du falsch verstanden. Ich meine: wenn einer aus deinem Bekanntenkreis hinter dem Anruf steckt, werde ich alles leugnen, und das solltest du auch tun.
Im Grunde genommen hast du Recht... alles andere würde zu viel zerstören…

„Die würde alles für mich tun.“
Heiko löste seine Hände vor der Brust und nahm einen Schluck aus seinem Glas.
„Triffst du dich öfter mit ihr?“
„Was soll die Fragerei?“
„Ich meine nur… hat dich vielleicht irgendjemand mit ihr gesehen, und dichtet dir deshalb ein Verhältnis mit ihr an?“
„Vielleicht… gib mir mal mein Handy, damit ich die 0160 anrufen kann…“
„Das lass mich lieber machen!“, bestimmte Uwe, holte Heikos Handy aus der Jackentasche und wählte die unbekannte Handynummer.
„Geht keiner ran…“, sagte er, nachdem schon die Mailbox ansprang. Er beendete das Telefonat und verstaute Heikos Handy abermals in seiner Jackentasche.
„Und? Irgendwas auf deinem Handy rein gekommen?“
Uwe kramte sein Handy hervor.
„Nein. Nichts mehr.“
„Na dann… Sollen wir noch etwas trinken?“
„Meinetwegen.“
Heiko winkte die Bedienung heran und bestellte neue Getränke, die kurz darauf zum Tisch gebracht wurden.
„Porst Uwe!“
„Ja, Prost!“, erwiderte Uwe und stieß sein Glas Apfelschorle mit einem Klirren an Heikos Colaglas.
„Finde ich gut von dir, dass du mich in der jetzigen Situation unterstützt…“
„Ist doch selbstverständlich!“
Heiko starrte wieder zur Tischplatte.
„Anke ist seit dem Anruf total misstrauisch geworden… Sie wollte mir nicht glauben, dass ich mich mit dir verabredet hatte! Und du weißt ja, wie sehr ich es liebe, mich bei irgendjemandem zu rechtfertigen…“
„Und sonst?“
„Weiß nicht… Wenn ich diese Verleumdung nicht aus der Welt bekomme, wird sie wohl mit ihrem Sohn ausziehen… und das war ´s dann…“
„Das ist heftig…“
„Ja. So eine wie Anke finde ich bestimmt nicht so schnell wieder…“
„Und deine gute Bekannte?“
„Ach… Sie ist ziemlich naiv, aber sie kann ganz schön kompliziert sein…“
…ich glaube dir nicht, dass du gestern Nacht gearbeitet hast
Ich musste gestern für eine kranke Kollegin einspringen!
Ich glaube es dir trotzdem nicht! So wie es deine Sache ist, wem du was erzählst, ist es meine Sache, wem ich was glaube

„Sollen wir nicht noch einmal anrufen?“, fragte Heiko nach einer kleinen Pause.
Uwe blickte auf seine Armbanduhr.
„Der letzte Anruf liegt nicht einmal eine halbe Stunde zurück!“
„Ja und? Ich hätte gerne heute noch gewusst, wer hinter dem blöden Verleumdungsanruf steckt…“
„Na gut…“, lenkte Uwe ein, zog abermals Heikos Handy aus seiner Jackentasche, und drückte die Wahlwiederholung.
„Oh man!“
„Was ist? Hat die Unbekannte abgenommen?“
„Nein, ganz im Gegenteil! Habe die Bandansage laufen: the person you are calling is not available at present… Sie hat ihr Handy abgeschaltet!”
“Großes Übel! Dann erreichen wir heute da gar nichts mehr!”
„So sieht es leider aus…“
Heiko verzog seine Mundwinkel, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Er nahm sein Handy von Uwe entgegen und steckte es in die Gürteltasche.

Aus dem Wohnzimmer erklang der Jingle vom Tatort, als Heiko die Wohnungstür aufschloss. Er setzte ein Lächeln auf und betrat den Raum, aus dem das blaue Flimmerlicht den Flur erhellte. Anke saß mit versteinerter Mine auf dem Sofa und vermied es, Heiko anzusehen.
„Hallo Schatz!“
Heiko näherte sich dem Sofa, um seiner Freundin zur Begrüßung einen Kuss zu geben, doch sie wendete ihren Kopf ab.
…soll ich dir sagen, was ich ihm gesagt hatte?
Was hast du ihm gesagt?
Ich habe im lachhaften Ton geantwortet: Ja klar, ich habe mich mit meinem Lover getroffen.
Oh je…
Er hat es nicht geglaubt! Es stimmt eben: Die beste Tarnung ist die Wahrheit: die glaubt niemand…

„Du hast dich mit ihr getroffen! Gebe es doch zu!“
„Nein! ich habe mich mit Uwe getroffen! Kannst ihn ja anrufen!“
„Anrufen…“, schnaubte Anke verdächtig. „Ich habe vor einer Dreiviertelstunde die 0160 angerufen. Nahm niemand ab. Anschließend habe ich deine Handynummer gewählt, und du bist auch nicht ans Telefon gegangen! Komischer Zufall, meinst du nicht?“
Mit fassungslosem Gesichtsausdruck angelte Heiko sein Handy aus der Gürteltasche und sah nach. Tatsächlich, ein verpasster Anruf von Anke…
„Man, Anke! Ich konnte nichts von deinem Anruf mitkriegen, weil Uwe mein Handy in seiner Jackentasche hatte!“
„Und das soll ich dir glauben?“
„Es ist die Wahrheit!“, schnaufte er, „Meinetwegen: glaub, was du willst!“, fügte er an.
„Ich glaube, die 0160 ist deine Affäre…“
„So ein Blödsinn! Das ist nicht Elenas Handynummer!“
Heiko lief rot an und warf sein Handy im hohen Bogen aufs Sofa.
„Also stimmt das mit der Affäre…“ Ankes Stimme war tonlos. „Einfach die Beziehung aufs Spiel setzen…“
Heiko starrte Anke an und schwieg.
Damit setzt du deine Beziehung nicht aufs Spiel! Du stellst sie dadurch in Frage!
Anke erhob sich vom Sofa und eilte in den Flur.
„Anke! Das mit der Affäre ist schon lange vorbei!“, rief er ihr hinterher, doch seine Freundin antwortete darauf nichts.
Wir müssen den Kontakt abbrechen, Elena!
Nur wegen der blöden Frau, die vorgestern bei dir angerufen hat??
Es muss sein! Vergiss mich besser
Was du von mir verlangst, ist unmöglich!

Er bekam mit, dass Anke an der Zimmertüre ihres Sohnes klopfte, und vernahm gedämpft ihre Stimme:
„Patty, pack deine Sachen zusammen. Wir fahren nach Oma!“
Heiko ließ sich kraftlos ins Sofa fallen. Er hörte nach einer Weile, wie Anke mit Patrick zur Wohnungstür lief, meinte noch, Ankes Worte zu hören, die in etwa:
„ …Heiko weiß wohl nicht, wie sehr er mich verletzt hat!“ geäußert hatte. Dann fiel hinter den beiden die Wohnungstür laut zu.

Heiko saß an diesem Dienstagnachmittag schon seit einer knappen Stunde fast allein im Gastraum von Joe ´s Inn an einem der Tische und wartete bei der dritten Tasse Kaffee auf Uwe.
„Wartest du schon lange?“
Heiko sah auf; er hatte vor lauter Grübeln das pünktliche Eintreffen von Uwe nicht mitbekommen.
„Mm“, gab Heiko nur von sich, und Uwe setzte sich zu ihm an den Tisch.
„Ich habe es in der Wohnung nicht ausgehalten…“
„Kann ich mir vorstellen… alles ruhig…“
„Nicht nur das… am Samstag hat Anke die letzten Sachen und ihre Möbel abgeholt. Ich hatte noch versucht, mit ihr zu reden… mich tausendmal Entschuldigt… zwecklos.“
„Und alles nur wegen einer Unbekannten…“, pflichtete Uwe ihm bei.
Heiko sah Uwe an.
„Ich weiß inzwischen, wer es war…“, erklärte Heiko ziemlich leise.
„Davon hast du ja noch nichts erzählt…Wer war es denn?“
„Meine Bekannte, mit der ich die Affäre hatte… Anke hat mich darauf gebracht, und dann zählte ich eins und eins zusammen, wo Elena scharf auf mich war …“
Uwes Kinnlade hing fast auf seiner Brust und er starrte Heiko mit riesigen Augen an.
„Ist eben passiert… und Elena hat mich verpfiffen… Ich war stinksauer, wie du dir vorstellen kannst! Sie hatte mich so dreist angelogen… war nicht schön…“
„Hast du bei Anke doch auch getan…“
Heiko seufzte und trank von seinem Kaffee.
„Ich weiß… Und so wie Anke mich mied, mied ich Elena. Ich ignorierte alle SMS von ihr…“
“Hätte ich auch getan…“
Heiko seufzte abermals.
„Gestern nicht mehr… es kam eine SMS an. Ganz kurz gehalten: `Joe ´s Inn. Falls du mir die Meinung geigen willst ´“
„Und? Hast du sie zur Schnecke gemacht?“
„Nee, hatte doch Dienst… wir simsten noch. Ich wollte wissen, weshalb sie diese Aktion gemacht hatte…“
„Sie wollte dich, war scharf auf dich…“
„Nee, ganz anders… Sie wollte, dass ich mich mit meiner Freundin auseinandersetze, und Elena für die Aktion hasse. Hatte ihr geantwortet, dass ich sie hassen würde, und Elena fand es sogar gut, weil sie so nie wieder zwischen mir und meiner Freundin stünde… nach einer ganz langen Pause fragte sie, ob ich eine Entschuldigung annehmen würde, oder mich rächen möchte… “
„Und, wie hast du dich entschieden?“
 

Haremsdame

Mitglied
Hallo Elfi,

bist Du sicher, dass Du diese Geschichte im Tagebuch-Forum einstellen wolltest? Meiner Meinung nach gehört sie eher zu den Kurzgeschichten...

Leider enthält sie noch ein paar Tippfehler. Die Idee an sich ist nicht schlecht, wenn der Text auch an manchen Stellen für mich schwer nachvollziehbar daherkommt.

Viele Grüße von der Haremsdame
 

Elfi

Mitglied
Heile Welt
Auf dem kleinen Tisch stand eine Tasse mit dampfendem Kaffee, daneben lag das aufgeschlagene Buch für den Lehrgang seiner Weiterbildung. In einem Monat stand die Prüfung an, doch Heiko saß zusammengesunken mit dem Handy in der Hand auf dem Sofa und las zum x ten mal die SMS, die vor fünf Minuten zugestellt wurde.
`Welchen Engel? Huren lügen, Engel lügen nicht. Sieht deine Freundin Anke nicht die Lüge in deinem Gesicht? Dein Engel wird fallen und erkennen, vom Wolf im Schafspelz sollte man sich besser trennen. ´
Gruß- und Namenlos. Absender: eine 0160 er Nummer.
Heiko trank von seinem Kaffee, und begann damit, eine Antwort einzutippen.
` Ich glaube, Sie sind im falschen Film…´
„An wen schreibst du gerade?“
Bei den harten Worten seiner Freundin zuckte Heiko zusammen und wandte seinen Blick vom Handy ab. Anke stand vor dem Tisch und visierte ihn mit verengten Augen.
„Ich schreibe an niemand.“
„Höre doch auf, mich anzulügen!“ Ankes Stimme war scharf wie eine Rasierklinge, und in ihren Augen blitzte der Zorn.
„Ich habe dich nicht belogen!“, rechtfertigte er sich, doch Anke wandte sich ab und verließ mit einem kalten Gesichtsausdruck das Zimmer.
Er atmete tief durch und vervollständigte seine Antwort- SMS:
`…Ich habe niemand betrogen! Sie wissen doch, dass die Polizei eingeschaltet ist! ´
Heiko drückte die Sendetaste und legte das Handy auf dem Tisch ab, ehe er sein Lehrbuch zur Hand nahm.
An Konzentration war nicht zu denken. Seit drei Tagen beherrschte die Frage, wer hinter der mysteriösen Handynummer stecken könnte, seine Gedanken, und die am Vortag empfangene Antwort- SMS `Ich bin niemand und will deinen Engel fallen sehen. ´ warf nur eine neue Frage auf: Welchen Engel?
Heiko konzentrierte sich erneut auf den Text seines Lehrbuchs, ohne den Inhalt verinnerlichen zu können, bis die Vibrationsgeräusche seines Handys ertönten.
Für einen Moment stockte seine Atmung.
Eine Reaktion von der 0160er Nummer?
Heiko griff zum Handy. Auf dem Display stand Uwes Handynummer, und Heiko nahm das Gespräch seines Freundes entgegen.
„Du, Heiko, die unbekannte 0160 hat sich bei mir per SMS gemeldet. Es wurde gefragt, weshalb ich mich telefonisch bei ihr gemeldet habe.“
Heikos Gesicht verlor die Farbe.
„Du hast hoffentlich nicht die Wahrheit gesagt!“
„Wo denkst du hin? Ich fragte per SMS nach, mit wem ich es zu tun hätte.“
„Und? Schon eine Antwort bekommen?“
„Bis jetzt noch nicht, aber ich halte dich auf dem Laufenden.“
„Ja, danke, Uwe.“
Heiko legte sein Handy beiseite, und konzentrierte sich aufs Lehrbuch.

Eine halbe Stunde war inzwischen vergangen, und Heikos Unruhe wuchs mit
jeder verstrichenen Minute, denn sein Handy gab keinen einzigen Ton von sich.
Heiko nahm es zur Hand, suchte in seinen Kontakten Uwes Handynummer und rief an.
„Ja?“
„Hast du schon eine Antwort bekommen?“
„Nein, bisher noch nicht, Heiko.“
„Verdammter Mist!“
„Wir müssen abwarten, Heiko. Ohne Namen kannst du keine Strafanzeige wegen Verleumdung schalten…“
Heiko atmete schwer.
„Anke ist auf 180, seitdem sie übers Festnetz informiert wurde, dass ich eine Affäre hätte. Es ist kaum zum Aushalten! Können wir uns treffen?“
„Ich wollte jetzt sowieso zu `Joe ´s Inn´.“
„Okay, ich komme dahin. Bis gleich!“
Heiko steckte sein Handy in die Gürteltasche.
„Jetzt hast du dich wieder mit ihr verabredet?“
Ankes schnippische Stimme verströmte Verachtung, und Heiko ließ seinen Unmut heraus:
„Ich habe mit Uwe telefoniert!“
„Ich bin schon zu alt für solche Spielchen! Seitdem die Unbekannte hier angerufen hat sehe ich dich mit anderen Augen! Ich war ja so naiv!“
„Man, Anke…“ Heiko stand vom Sofa auf. „Jemand will mir was anhängen!“
Ein resignierter Ausdruck stand in seinem Gesicht, doch Anke wich seinem Blick aus und schwieg.
„Ich fahre zu Joe ´s Inn und treffe mich mit Uwe.“
„Du willst nur nicht zugeben, dass du dich mit der anderen triffst!“
„Verdammt! Nein!“
Heiko konnte nur noch sehen, dass Anke aus dem Zimmer gestürmt war. Er lief in den Flur, griff nach seinem Schlüsselbund und warf die Wohnungstür hinter sich krachend ins Schloss.

Joe ´s Inn, die Dorfkneipe im Stil eines englischen Pubs, war an diesem Sonntagnachmittag gut besucht. Heiko hatte sich von der Theke ein Glas Cola geholt und ließ seinen Blick durch die Gaststube schweifen. Er entdeckte Uwe an einem kleinen Seitentisch und lief darauf zu.
„Kam noch keine Antwort…“, erklärte Uwe zur Begrüßung, wobei er die Musik übertönen musste.
Heiko setzte sich, während Uwe sein Handy aus der Gürteltasche zog.
„…war eine gute Idee, mit meinem Handy die 0160 anzurufen. Dass es eine Frau ist, ist jetzt klar…“
„Woher willst du das wissen?“
„Frauen sind von Natur aus neugierig. Das hätte ich dir jetzt auch ohne polizeilichem Sachverstand erklären können…“
Ein leichtes Lächeln huschte Heiko übers Gesicht, und Uwe betätigte einige Tasten seines Handys.
„Lies´ mal! Das ist die SMS von der 0160.“
Uwe überreichte Heiko sein Handy.
`Ich weiß nicht, wer Sie sind, und würde gerne erfahren, weshalb Sie versucht haben, mich telefonisch zu erreichen. ´
Heiko gab seinem Freund das Handy zurück.
„Das war eine äußerst geschickte Vorgehensweise von der Frau.“
„Aber wer ist es? Warum ortest du es nicht dienstlich?“
„Mensch Heiko! Solange keine Gefahr für Leib und Leben vorliegt, mache ich mich dadurch strafbar und verliere meinen Job!“
Heiko zog sein Handy aus der Gürteltasche und öffnete das Nachrichtenprogramm.
„Hier, lies du auch mal, was die 0160 mir heute mitgeteilt hat!“
Uwe nahm Heikos Handy und las.
„Ist doch fast eine Drohung!“, meinte Heiko, nachdem Uwe ihm das Handy zurück gab.
„Tut mir Leid, Heiko. Es handelt sich um keine Drohung, und eine Erpressung liegt auch nicht vor. Ich darf das Handy nicht dienstlich orten!“
„Verdammt! Meine Beziehung zu Anke hängt nur noch an einem seidenen Faden! Wenn sich die Sache nicht bald aufklärt, sind vier Jahre Beziehung vernichtet!“
„Die Aufregung nützt dir nichts, Heiko…“
„Du hast gut reden! Da zerstört jemand mein Leben, und ich kann nur zuschauen?? Meine heile Welt wird von einer Unbekannten zerstört, und ich weiß nicht, warum…“
Heiko trank nachdenklich von seiner Cola.
„Wir müssen uns ans Motiv herantasten, um den Kreis der Verdächtigen einzugrenzen…“
„Du als Dorfpolizist musst es ja wissen…“
„Gib mir mal dein Handy...“
Heiko gab Uwe erneut das Handy, und dieser las sich die eingetroffenen Nachrichten von der 0160 ein weiteres Mal durch.
„Ich vermute, die Unbekannte will deine Beziehung zerstören, damit du für sie frei bist…“
Heiko gab nur ein „Mm“ von sich und starrte die Tischplatte an.
„Ja!“ Uwe richtete sich auf, „…und mir fällt wieder ein, was du uns beim letzten Stammtisch erzählt hast!“
Heiko sah seinen Freund an. „Was denn?“
„Na, du hast uns erzählt, dass dich eine kleine Kröte von der Jugendfeuerwehr so angegraben hätte…“
Heiko zog seine Stirn kraus. „Stimmt… die Jessica… aber die Kleine ist siebzehn oder achtzehn, und ich bin über vierzig!“
„Ja und!? Man, die Kleine ist scharf auf dich, und will Anke mit einer Lüge aus deinem Leben vertreiben!“
„Man, ich bin doch nur ein Durchschnittsmann!“
„Du bist mehr als ein Durchschnittsmann! Du bist groß und stark, zudem trägst du in deiner Freizeit eine Feuerwehruniform! Frauen stehen auf so was; besonders junge Frauen!“
„Das könnte möglich sein! Durch die Feuerwehr kennt die Kleine schließlich auch meine Festnetznummer…“
„Weißt du was? Ich schreibe noch eine SMS an die 0160, und dann sehen wir weiter.“
Uwe nahm sein Handy und tippte, ehe er Heiko den Textentwurf zu lesen gab.
` Ich weiß nicht, wer Sie sind, doch ich weiß, was Sie sind:
- feige – schade. ´
„Okay?“
Heiko nickte, und nachdem Uwe die Nachricht gesendete hatte, legte er sein Handy auf die Tischplatte.
„Und wenn sich herausstellt, dass die Kleine das war… würdest du sie anzeigen?“
Heiko verzog sein Gesicht und rieb sich im Nacken.
„Schwierige Frage… Nein, ich glaube nicht. Aber ich würde von ihr verlangen dass sie Anke die Wahrheit sagt, und keine Annäherungsversuche mehr startet.“
„Im Grunde genommen hast du Recht!“, pflichtete Uwe ihm bei.
Im Grunde genommen hast du Recht… alles andere würde zu viel zerstören…
„Du starrst die Tischplatte so an… was geht dir durch den Kopf? Wie lange es wohl dauert, bis es vorbei ist?“
Heiko seufzte.
„Das auch… Ach, in einer SMS, die ich gestern von einer Bekannten erhielt, stand der gleiche Spruch…“
Briiieeep…
„He, eine Nachricht!“, frohlockte Uwe und nahm sein Handy in die Hand, „Von der 0160!“
Heiko knetete unruhig seine Finger und atmete schwer, ehe er mit Uwe zusammen die Nachricht las:
` Verzeihen Sie meine Feigheit, aber aus Angst vor Repressalien möchte ich meine wahre Identität erst zu einem späteren Zeitpunkt preisgeben. Sie können mich Bernadette nennen. ´
Uwe und Heiko tauschten fragende Blicke aus.
„Bernadette??“
„Keine Ahnung, wer sich dahinter verbirgt…“
„Aber eines ist klar erkennbar, Heiko: Die Unbekannte besitzt eine gehobene Bildung…“
Heiko seufzte abermals.
„Die kleine Jessica besucht das Gymnasium… Sie könnte dahinter stecken…“
Brieeep
„Nanu… noch eine Nachricht von der 0160…“
Heiko und Uwe steckten die Köpfe zusammen, um die neue Nachricht zu lesen:
` Ich handelte im guten Glauben, als ich Sie (?) über die Affäre in Kenntnis setzte. Weitere Informationen durch mich/ über mich werden nicht erfolgen, solange mir Ihre Identität nicht bekannt ist. MfG Bernadette ´
„…im guten Glauben… Sag mal: ist an der Geschichte mit der Affäre doch was Wahres dran?“
„Nein! Fängst du jetzt auch noch an? Ich müsste doch am besten wissen, ob ich eine Affäre habe oder nicht!“
Uwe blickte Heiko ratlos an. „Ist ja schon gut!“
Heiko starrte vor sich hin.
„Du, Uwe, die Unbekannte hält dich für Anke…und nur ihr würde die Unbekannte weitere Informationen geben…“
„Meinetwegen, dann bin ich eben jetzt Anke. Sag mal: was würde deine Freundin auf so eine SMS antworten?“
„Puh…“ Heiko fuhr mit seiner Hand übers raspelkurze Haar.
„Anke hat zu mir gesagt, dass sie keine Lust auf Spielchen hätte…“
„Das ist doch schon was!“
Uwe nahm sein Handy und tippte einen Text ein.
„Hier, lies mal!“
Heiko griff zum Handy und ließ seine Augen über den geschriebenen Text wandern.
` Ich bin eine erwachsene Frau und habe keine Lust auf Spielchen. Treffen wir uns im Joan ´s Inn? MfG Anke ´
„Ganz gut, der Text, aber wo soll das Joan ´s Inn sein? Oder hast du dich vertippt?“
„Heiko, das ist Taktik! Falls es diese Jessica ist, wird sie den angeblichen Schreibfehler ignorieren und uns mitteilen, dass sie zu Joe ´s Inn kommen wird, und falls es nicht Jessica ist, wird die Unbekannte fragen, wo das Lokal ist!“
„Genial, deine Idee!“ Heiko grinste, und Uwe schickte die SMS ab.
Die Anspannung war Heiko anzusehen; er griff zu seinem Handy und vergewisserte sich, ob eine neue Nachricht auf seinem Handy angekommen war.
Briieeep
Beide Freunde schreckten zusammen, ehe sie die neuste Nachricht lasen:
`Ich muss passen. Das Joan ´s Inn kenne ich nicht, zudem bin ich heute Abend beruflich eingespannt. MfG Bernadette ´
„So ein Mist!“, entfuhr es Uwe, „Jetzt wissen wir nicht, ob die Unbekannte das Lokal kennt, oder nicht…“
„Ja… und Jessica scheidet als Verdächtige aus…“
Brieeep
` Ich bin nicht im Rettungsdienst tätig. MfG Bernadette ´
„Hier…“ Uwe hielt Heiko das Handy hin. „Und das heißt: sie ist keine deine Arbeitskolleginnen von der Rettungswache…“
„Nein, Uwe… Die Unbekannte muss gemerkt haben, dass sie keine SMS an Anke geschrieben hat…“
„Aber woran??“
„Was weiß ich! Ich weiß nur: sie hat nicht vor, meine Beziehung zu retten…“
Nun war es Uwe, der nachdenklich über seinen Haaransatz strich.
„Nein. ich glaube nicht, dass Sie was gemerkt hat!“
Uwe gab einen neuen Nachrichtentext ein.
` Gegen Sie liegt eine Strafanzeige wegen Verleumdung vor. Die Polizei konnte ihre Telefonnummer schon am Freitag zuordnen. Wie gesagt: für Spielchen bin ich schon zu alt. ´
Uwe drückte den Sendebutton und sah zu seinem Freund. Heiko starrte angestrengt zum Display seines Handys, während die Finger über die kleinen Tasten huschten.
„An wen schreibst du jetzt?“
Heiko schwieg und setzte mit verkniffenem Mund seine Tätigkeit fort, obwohl Uwe mehrmals versuchte, ihm das Handy aus der Hand zu nehmen.
Brieeep
„Bei mir ist noch eine Nachricht eingetroffen“, sagte Uwe, und las.
`Ach, echt? Für Spielchen bin ich auch schon zu alt! ´
„Hier. Lies!“
„Du auch!“
Während Heiko die Antwort- SMS auf Uwes Handy las, las Uwe das, was Heiko der Unbekannten geschrieben hatte.
` Ich rate Ihnen dingend, mit den Anrufen und den SMS aufzuhören!!! Ich werde Ihren Namen schon herausfinden; ich habe gute Kontakte!!! Ich schwöre Ihnen: sie werden keine ruhige Minute mehr bekommen!!! Verlassen sie sich darauf: ich werde zu ihrem persönlichen Albtraum!!! ´
Uwe sah Heiko mit strengem Blick an.
„Sag mal: spinnst du?“
„Warum?? Ich kann der Unbekannten doch meine Meinung sagen!“
„Meinung sagen… Du spinnst! Du hast Drohungen geschrieben!“
„Ja und??“
„Mensch Heiko! Du weißt zwar nicht, wer sie ist, aber sie weiß sehr wohl, wer du bist! Willst du dir eine Anzeige einhandeln?“
„Nein, natürlich nicht!“
„Komm, ich stecke dein Handy zu deiner Sicherheit in meine Jackentasche…“
Heiko verzog die Lippen, ehe er auch Uwes Handy zurück gab.
„Lass uns überlegen, wer sonst dahinter stecken könnte…“
„Okay… heute beruflich eingespannt…“
„Krankenschwestern arbeiten sonntags…“
„Ich wüsste aber keine, die sich an mich heran geschmissen hat…“
„Moment mal… vor zwei Wochen saßen wir mit unserer Männerrunde hier, und da kamen die beiden Studentinnen zu uns an den Tisch…“
Heiko starrte zur Tischplatte.
„Ja, stimmt! Jetzt fällt es mir wieder ein. Die Dunkelhaarige…“
„Genau! Die Dunkelhaarige rückte dir ziemlich dicht auf die Pelle, obwohl du ihr erzählt hattest, dass du in festen Händen wärest, und nebenbei mit irgendwem SMS ausgetauscht hattest…“
„Ja… Und sie sagte, dass sie hin und wieder in einer Szenenkneipe jobben würde… Aber wie könnte sie an meine Festnetznummer gekommen sein?“
„Internet, Auskunft… da gibt es doch viele Möglichkeiten…“
„Leider…“
„Das sagte die Dunkelhaarige auch, nachdem du gegangen warst… Wohin musstest du da?“
„Ach, war ein Notfall…“
“Notfall? Hey man, du hattest dienstfrei!“
„Ich weiß… Nee, eine Bekannte von mir hatte den Notfall. Sie war mit ihrem Auto liegen geblieben…“
Ein Lächeln umspielte Heikos Mundwinkel.
„Eine gute Bekannte?“
„Ja… kann man so sagen…“
„Komm, erzähl!“
Heiko verschränkte seine Hände vor der Brust und versank in seinen Gedanken.
In zwanzig Minuten bin ich da
„Da gibt es nichts zu erzählen. Ich habe ihr Auto überbrückt, und das war ´s.“
„Könnte sie es sein, die dir deine Beziehung abspenstig machen will?“
„Nein.“
„War auch nur eine Frage…“
Heiko lehnte sich hinten am Stuhl an.
Hast du soeben bei mir zu Haus angerufen und gesagt, dass ich eine Affäre hätte?
Hallo
Hi Heiko. Sorry, fahre gerade. Was soll die Anschuldigung?

„Nein. Hatte ich zuerst auch vermutet, aber Elena war ´s nicht. Ich hatte sie sogar mehrmals gefragt.“
Besten Dank, dass du mich immer noch verdächtigst…
Nein, das hast du falsch verstanden. Ich meine: wenn einer aus deinem Bekanntenkreis hinter dem Anruf steckt, werde ich alles leugnen, und das solltest du auch tun.
Im Grunde genommen hast du Recht... alles andere würde zu viel zerstören…

„Die würde alles für mich tun.“
Heiko löste seine Hände vor der Brust und nahm einen Schluck aus seinem Glas.
„Triffst du dich öfter mit ihr?“
„Was soll die Fragerei?“
„Ich meine nur… hat dich vielleicht irgendjemand mit ihr gesehen, und dichtet dir deshalb ein Verhältnis mit ihr an?“
„Vielleicht… gib mir mal mein Handy, damit ich die 0160 anrufen kann…“
„Das lass mich lieber machen!“, bestimmte Uwe, holte Heikos Handy aus der Jackentasche und wählte die unbekannte Handynummer.
„Geht keiner ran…“, sagte er, nachdem schon die Mailbox ansprang. Er beendete das Telefonat und verstaute Heikos Handy abermals in seiner Jackentasche.
„Und? Irgendwas auf deinem Handy angekommen?“
Uwe kramte sein Handy hervor.
„Nein. Nichts mehr.“
„Na dann… Sollen wir noch etwas trinken?“
„Meinetwegen.“
Heiko winkte die Bedienung heran und bestellte neue Getränke, die kurz darauf zum Tisch gebracht wurden.
„Porst Uwe!“
„Ja, Prost!“, erwiderte Uwe und stieß sein Glas Apfelschorle mit einem Klirren an Heikos Colaglas.
„Finde ich gut von dir, dass du mich in der jetzigen Situation unterstützt…“
„Ist doch selbstverständlich!“
Heiko starrte wieder zur Tischplatte.
„Anke ist seit dem Anruf total misstrauisch geworden… Sie wollte mir nicht glauben, dass ich mich mit dir verabredet hatte! Und du weißt ja, wie sehr ich es liebe, mich bei irgendjemandem zu rechtfertigen…“
„Und sonst?“
„Weiß nicht… Wenn ich diese Verleumdung nicht aus der Welt bekomme, wird sie wohl mit ihrem Sohn ausziehen… und das war ´s dann…“
„Das ist heftig…“
„Ja. So eine wie Anke finde ich bestimmt nicht so schnell wieder…“
„Und deine gute Bekannte?“
„Ach… Sie ist ziemlich naiv, aber sie kann ganz schön kompliziert sein…“
…ich glaube dir nicht, dass du gestern Nacht gearbeitet hast
Ich musste gestern für eine kranke Kollegin einspringen!
Ich glaube es dir trotzdem nicht! So wie es deine Sache ist, wem du was erzählst, ist es meine Sache, wem ich was glaube

„Sollen wir nicht noch einmal anrufen?“, fragte Heiko nach einer kleinen Pause.
Uwe blickte auf seine Armbanduhr.
„Der letzte Anruf liegt nicht einmal eine halbe Stunde zurück!“
„Ja und? Ich hätte gerne heute noch gewusst, wer hinter dem blöden Verleumdungsanruf steckt…“
„Na gut…“, lenkte Uwe ein, zog abermals Heikos Handy aus seiner Jackentasche, und drückte die Wahlwiederholung.
„Oh man!“
„Was ist? Hat die Unbekannte abgenommen?“
„Nein, ganz im Gegenteil! Es läuft die Bandansage: the person you are calling is not available at present… Sie hat ihr Handy abgeschaltet!”
“Großes Übel! Dann erreichen wir heute da gar nichts mehr!”
„So sieht es leider aus…“
Heiko verzog seine Mundwinkel, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Er nahm sein Handy von Uwe entgegen und steckte es in die Gürteltasche.

Aus dem Wohnzimmer erklang der Jingle vom Tatort, als Heiko die Wohnungstür aufschloss. Er setzte ein Lächeln auf und betrat den Raum, aus dem das blaue Flimmerlicht den Flur erhellte. Anke saß mit versteinerter Mine auf dem Sofa und vermied es, Heiko anzusehen.
„Hallo Schatz!“
Heiko näherte sich dem Sofa, um seiner Freundin zur Begrüßung einen Kuss zu geben, doch sie wendete ihren Kopf ab.
…soll ich dir sagen, was ich ihm gesagt hatte?
Was hast du ihm gesagt?
Ich habe im lachhaften Ton geantwortet: Ja klar, ich habe mich mit meinem Lover getroffen.
Oh je…
Er hat es nicht geglaubt! Es stimmt eben: Die beste Tarnung ist die Wahrheit: die glaubt niemand…

„Du hast dich mit ihr getroffen! Gebe es doch zu!“
„Nein! ich habe mich mit Uwe getroffen! Kannst ihn ja anrufen!“
„Anrufen…“, schnaubte Anke verdächtig. „Ich habe vor einer Dreiviertelstunde die 0160 angerufen. Nahm niemand ab. Anschließend habe ich deine Handynummer gewählt, und du bist auch nicht ans Telefon gegangen! Komischer Zufall, meinst du nicht?“
Mit fassungslosem Gesichtsausdruck angelte Heiko sein Handy aus der Gürteltasche und sah nach. Tatsächlich, ein verpasster Anruf von Anke…
„Man, Anke! Ich konnte nichts von deinem Anruf mitkriegen, weil Uwe mein Handy in seiner Jackentasche hatte!“
„Und das soll ich dir glauben?“
„Es ist die Wahrheit!“, schnaufte er, „Meinetwegen: glaub, was du willst!“, fügte er an.
„Ich glaube, die 0160 ist deine Affäre…“
„So ein Blödsinn! Das ist nicht Elenas Handynummer!“
Heiko lief rot an und warf sein Handy im hohen Bogen aufs Sofa.
„Also stimmt das mit der Affäre…“ Ankes Stimme war tonlos. „Einfach die Beziehung aufs Spiel setzen…“
Heiko starrte Anke an und schwieg.
Damit setzt du deine Beziehung nicht aufs Spiel! Du stellst sie dadurch in Frage!
Anke erhob sich vom Sofa und eilte in den Flur.
„Anke! Das mit der Affäre ist schon lange vorbei!“, rief er ihr hinterher, doch seine Freundin antwortete darauf nichts.
Wir müssen den Kontakt abbrechen, Elena!
Nur wegen der blöden Frau, die vorgestern bei dir angerufen hat??
Es muss sein! Vergiss mich besser.
Was du von mir verlangst, ist unmöglich!

Er bekam mit, dass Anke an der Zimmertüre ihres Sohnes klopfte, und vernahm gedämpft ihre Stimme:
„Patty, pack deine Sachen zusammen. Wir fahren nach Oma!“
Heiko ließ sich kraftlos ins Sofa fallen. Er hörte nach einer Weile, wie Anke mit Patrick zur Wohnungstür lief, meinte noch, Ankes Worte zu hören, die in etwa:
„ …Heiko weiß wohl nicht, wie sehr er mich verletzt hat!“ geäußert hatte. Dann fiel hinter den beiden die Wohnungstür laut zu.

Heiko saß an diesem Dienstagnachmittag schon seit einer knappen Stunde fast allein im Gastraum von Joe ´s Inn an einem der Tische und wartete bei der dritten Tasse Kaffee auf Uwe.
„Wartest du schon lange?“
Heiko sah auf; er hatte vor lauter Grübeln das pünktliche Eintreffen von Uwe nicht mitbekommen.
„Mm“, gab Heiko nur von sich, und Uwe setzte sich zu ihm an den Tisch.
„Ich habe es in der Wohnung nicht ausgehalten…“
„Kann ich mir vorstellen… alles ruhig…“
„Nicht nur das… am Samstag hat Anke die letzten Sachen und ihre Möbel abgeholt. Ich hatte noch versucht, mit ihr zu reden… mich tausendmal entschuldigt… zwecklos.“
„Und alles nur wegen einer Unbekannten…“, pflichtete Uwe ihm bei.
Heiko sah Uwe an.
„Ich weiß inzwischen, wer es war…“, erklärte Heiko ziemlich leise.
„Davon hast du ja noch nichts erzählt…Wer war es denn?“
„Meine Bekannte, mit der ich die Affäre hatte… Anke hat mich darauf gebracht, und dann zählte ich eins und eins zusammen, wo Elena scharf auf mich war …“
Uwes Kinnlade hing fast auf seiner Brust und er starrte Heiko mit riesigen Augen an.
„Ist eben passiert… und Elena hat mich verpfiffen… Ich war stinksauer, wie du dir vorstellen kannst! Sie hatte mich so dreist angelogen… war nicht schön…“
„Hast du bei Anke doch auch getan…“
Heiko seufzte und trank von seinem Kaffee.
„Ich weiß… Und so wie Anke mich mied, mied ich Elena. Ich ignorierte alle SMS von ihr…“
“Hätte ich auch getan…“
Heiko seufzte abermals.
„Gestern nicht mehr… es kam eine SMS an. Ganz kurz gehalten: `Joe ´s Inn. Falls du mir die Meinung geigen willst ´“
„Und? Hast du sie zur Schnecke gemacht?“
„Nee, hatte doch Dienst… wir simsten noch. Ich wollte wissen, weshalb sie diese Aktion gemacht hatte…“
„Sie wollte dich, war scharf auf dich…“
„Nee, ganz anders… Sie wollte, dass ich mich mit meiner Freundin auseinandersetze, und Elena für die Aktion hasse. Hatte ihr geantwortet, dass ich sie hassen würde, und Elena fand es sogar gut, weil sie so nie wieder zwischen mir und meiner Freundin stünde… nach einer ganz langen Pause fragte sie, ob ich eine Entschuldigung annehmen würde, oder mich rächen möchte… “
„Und, wie hast du dich entschieden?“
 

Elfi

Mitglied
Hallo Haremsdame,
vielen Dank für die Hinweise auf Tippfehler (ich denke, ich habe alle korrigiert).
Zur Anmerkung der Forenwahl möchte ich anfügen, dass der Text durchaus als Kurzgeschichte taugt. Meine Wahl fiel dennoch auf `Tagebuch´, da Texte, die persönliche Erfahrungen beschreiben, zu diesem Forum gehören.
MfG Elfi
 



 
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