Herbstgedanken

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Walther

Mitglied
Herbstgedanken


Am Grau des Tags erspüren, dass das fehlt,
Was hell und jung ist, dieses Blühen,
Das fort sich pflanzende Bemühen,
Das diese Welt erst wohnlich macht, beseelt!

Es sind die kalten Stunden, diese frühen
Momente, wenn der Morgen sich noch quält,
Sich aus der Nebelnächte Feuchte schält:
Dann zeigt sich, schwächlich, erstes Sonnenglühen.

Was ist dies Tages Schicksal und sein Enden?
Das Atmen fällt nicht mehr so sommerleicht.
Die Lockerheit will sich in Schwere wenden,

Weil jeder Horizont dem andern gleicht:
Man möchte Göttern Hilferufe senden,
Damit der Tod zur nächsten Türe schleicht!
 

Walther

Mitglied
Herbstgedanken


Am Grau des Tags erspüren, dass das fehlt,
Was hell und jung ist, dieses Wunderblühen,
Das strotzend fort sich pflanzende Bemühen,
Das diese Welt erst wohnlich macht, beseelt!

Es sind die kalten Stunden, diese frühen
Momente, wenn der Morgen sich noch quält,
Sich aus der Nebelnächte Feuchte schält:
Dann zeigt sich, schwächlich, erstes Sonnenglühen.

Was ist dies Tages Schicksal und sein Enden?
Das Atmen fällt nicht mehr so sommerleicht.
Die Lockerheit will sich in Schwere wenden,

Weil jeder Horizont dem andern gleicht:
Man möchte Göttern Hilferufe senden,
Damit der Tod zur nächsten Türe schleicht!
 
H

Heidrun D.

Gast
Sehr schön!

Ein (unerwartet ;)) zartes & sehr poetisches Werk. :) Vorschläge möchte ich folgende unterbreiten:

Am Grau des Tags erspüren, dass das fehlt,
Was hell und jung ist, dieses Wunderblühen,
Das strotzend fort sich pflanzende Bemühen,
[blue]was[/blue] diese Welt erst wohnlich macht, beseelt!

Es sind die kalten Stunden, diese frühen
[strike]Momente[/strike] Augenblicke, wenn der Morgen sich noch quält,
Sich aus [strike]der[/strike] Nebelnächten Feuchte schält:
Dann zeigt sich, schwächlich, erstes Sonnenglühen.

Was ist dies Tages Schicksal und sein Enden?
Das Atmen fällt nicht mehr so sommerleicht.
[strike]Die Lockerheit [/strike]und Lockeres will sich in Schwere wenden,

[strike]Weil[/strike] wenn jeder Horizont dem [strike]andern[/strike] andren gleicht:
Man möchte Göttern Hilferufe senden,
Damit der Tod zur nächsten Türe schleicht!
 

MarenS

Mitglied
Irgendwie komme ich mit den meisten deine Vorschläge nicht auf gleich, Heidrun.

Am Grau des Tags erspüren, dass das fehlt,
Was hell und jung ist, dieses Wunderblühen,
Das strotzend fort sich pflanzende Bemühen,
[blue]was[/blue] diese Welt erst wohnlich macht, beseelt!
da war Walthers "das" besser angebracht

Es sind die kalten Stunden, diese frühen
[blue]Augenblicke[/blue], wenn der Morgen sich noch quält,
hier gebe ich dem "Momente" den Vorzug, es klingt gut zu "Morgen" und passt vom Metrum her
Sich aus [blue]der[/blue] Nebelnächte[blue]n[/blue] Feuchte schält:
da gefiel mir Walthers genitiv besser, klang eleganter
Dann zeigt sich, schwächlich, erstes Sonnenglühen.

Was ist dies Tages Schicksal und sein Enden?
Das Atmen fällt nicht mehr so sommerleicht.
Die[blue] Lockeres[/blue] will sich in Schwere wenden,
es gefallen mir weder Lockerheit noch Lockeres
[red]
Weil wenn[/red] jeder Horizont dem andern [blue]andren[/blue] gleicht:
HIMMEL! Walther! Was hast du dir dabei gedacht? Das ist scheußlich.Das "andren" von Heidrun ist hier viel besser.
[red]Man möchte[/red] Göttern Hilferufe senden,
auch nicht prickelnd
Damit der Tod zur nächsten Türe schleicht!

Vorschlag zur Anregung:
Wenn jeder Ausblick schon dem andren gleicht
Mag man den Göttern Hilferufe senden
damit...



so, nun halt ich die Finger still.

es grüßt euch die Maren
 

Walther

Mitglied
Herbstgedanken


Am Grau des Tags erspüren, dass das fehlt,
Was hell und jung ist, dieses Wunderblühen,
Das strotzend fort sich pflanzende Bemühen,
Das diese Welt erst wohnlich macht, beseelt!

Es sind die kalten Stunden, diese frühen
Momente, wenn der Morgen sich noch quält,
Sich aus der Nebelnächte Feuchte schält:
Dann zeigt sich, schwächlich, erstes Sonnenglühen.

Was ist dies Tages Schicksal und sein Enden?
Das Atmen fällt nicht mehr so sommerleicht.
Die Lockerheit will sich in Schwere wenden,

Weil jeder Horizont dem andren gleicht:
Man möchte Göttern Hilferufe senden,
Damit der Tod zur nächsten Türe schleicht!
 

Walther

Mitglied
Liebe Heidrun,

danke für Deinen Eintrag.

Ich mach mal mein Silbenbild, damit die Anwort klar wird:
Deine Version:
Es sind die kalten Stunden, diese frühen
xXxXxXxXxXx
Augenblicke, wenn der Morgen sich noch quält,
[red]XxXxXxXxXxX => 6 Hebungen, trochäisch[/red]
Sich der Nebelnächten Feuchte schält:
[blue]XxXxXxXx => 4 Hebungen trochäisch[/blue]
Dann zeigt sich, schwächlich, erstes Sonnenglühen.
xXxXxXxXxXx
Und hier meine Version:
Es sind die kalten Stunden, diese frühen
xXxXxXxXxXx
Momente, wenn der Morgen sich noch quält,
xXxXxXxXxX
Sich aus der Nebelnächte Feuchte schält:
xXxXxXxXxX
Dann zeigt sich, schwächlich, erstes Sonnenglühen.
xXxXxXxXxXx
Mehr brauche ich nicht zu sagen, glaube ich.

Nun zu den grammatikalischen Verwirrungen: Es handelt sich um "Feuchte der Nebelnächte", damit wird klar, daß ein "n" da aber auch gar nichts zu suchen (brrschüttelbrr, GENITIV, kein Da- oder Akkusativ) hat.

Zum Wort "andern" oder "andren": Das ist Geschmacksache. Wenn man das eine schreibt, fluchen die einen, das andre kreischen die andern (oder andren). Beides ist korrekt (die Elision kann man so oder so machen, da gibt es keine feste Regel).

LG W.

Liebe Maren,

Auch Dir lieben Dank für Deinen Eintrag.

Du siehst mir nach, daß ich Deine Änderungen aus übrigens sehr guten Gründen nicht übernehme. Das Wort "Lockerheit" passt eins zu eins zu dem Begriff Sommer-Sonne-Süden. Hinter Lockerheit steckt eine ganze Lebenssicht, was man von "das Lockere" nicht sagen kann. Und genau dieser Aspekt war eben auch bewußt thematisiert.

Die Moral von der Geschicht ist bewusst flapsig gehalten. Sie ist ja bereits im S3Z3 angekündigt, weil hier der Diktus des Gedichts quasi erneut "umschlägt". Aus der Depression wird Ironie.

LG W.
 
H

Heidrun D.

Gast
Hast ja Recht Walther,

ich zähle bei fremden Werken oft nicht durch, weil ich zu faul bin :cool: und richte mich deshalb ausschließlich nach dem Klang. Bei einem Sonett ist das aber nicht genug. :D

Liebe Grüße
Heidrun
 

Walther

Mitglied
Lb Heidrun,

Du kennst mich doch. :) Ich habe in der Tat das Wort "Augenblicke" in Erwägung gezogen (da es mir besser gefiele). Dann aber paßt das Metrum nicht mehr. Da blieb nur "Momente", das auch die richtige Sprachmelodie xXx mitbringt. So entstand ganz nebenbei ein recht flüssiges Enjambement.

Das andere hatte die gleiche Nebenwirkung, auch hier ist die Änderung textlich nachvollziehbar, haut aber das Metrum weg (und das ist eben der 5-hebige Jambus, ich kann es nicht ändern [und will es auch nicht, da dieser Text wirklich bis ans Ende melodiös durchschwingt]). Zugleich stellt er von der Reimtonlage sich selbst auf den Kopf, so daß das ironische Ende sich auch von der Sprachefärbung her regelrecht "aufdrängt".

Ohne mich jetzt loben zu wollen: Das ist wirklich ein recht ordentlicher Versuch. Ich habe bei weitem Schlechteres geschrieben. :D

Danke und Gruß

W.

Lb. Maren,

bitte nicht krumm nehmen. Dieser Text ist sozusagen auf einmal aus der Feder gerutscht, der Schwung ist spürbar. Es mußte wirklich gute Gründe geben, ihn vom Textfluß und der ihn bildenden Formulierungen her zu verändern.

Danke für Dein großes Verständnis!

LG. W.
 

Walther

Mitglied
Lieber Herbert,

wenn ich den Vers ändere, muß die komplette erste Strophe neu gefaßt werden.
Am Grau des Tags erspüren, das, was fehlt,
Was hell und jung ist, dieses Wunderblühen,
Das strotzend fort sich pflanzende Bemühen,
Das diese Welt erst wohnlich macht, beseelt!
Wir haben zweimal "was", dreimal "das", alles in Relativsätzen. Ich finde da meine Lösung die bessere und auch stärkere, weil der Nebensatz mit den starken "dass" beginnt und aus ihm die Relativsätze entstehen.

Die einzige Variante, die ich für noch akzeptabel halte, wäre:
Am Grau des Tags erspüren: Etwas fehlt,
das hell und jung ist, dieses Wunderblühen,
Das strotzend fort sich pflanzende Bemühen,
Und diese Welt erst wohnlich macht, beseelt!
Wäre so Deinem Anliegen Rechnung getragen?

Danke und Gruß W.
 

HerbertH

Mitglied
Lieber Walther,

leider erst jetzt meine Antwort, da ich ziemlich eingespannt war.

Ja, "etwas fehlt" liest sich auch deutlich besser. Und so umgehst Du auch die Relativsätze in eleganter Weise.

Herzliche Grüße

Herbert
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Walther,

diesen Text hatte ich noch gar nicht gesehen bisher.

Du hast wunderbare Formulierungen da drin. Nun stoße ich mich an dem Inhalt der letzten Zeile.

Es gibt dieses Sprichwort:Glück ist, wenn der Pfeil den anderen trifft.

Das fällt mir hierzu ein.

Ich glaube aber nicht, dass Du es so gemeint hast, denn es würde zu dem Grundton Deines Textes nicht passen. Deine Sprache ist auf sehr angenehme Weise poetisch.

Man könnte die letzte Zeile, weil sie sich so plötzlich von allem Vorangegangenen abhebt sogar als "komisch" empfinden und das hast Du ganz sicher nicht bezweckt.

"Damit der Tod [blue]den Eingang nicht erreicht".
[/blue]
Wie wäre es damit?

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Walther

Mitglied
Herbstgedanken


Am Grau des Tags erspüren: Etwas fehlt,
das hell und jung ist, dieses Wunderblühen,
Das strotzend fort sich pflanzende Bemühen,
Und diese Welt erst wohnlich macht, beseelt!

Es sind die kalten Stunden, diese frühen
Momente, wenn der Morgen sich noch quält,
Sich aus der Nebelnächte Feuchte schält:
Dann zeigt sich, schwächlich, erstes Sonnenglühen.

Was ist dies Tages Schicksal und sein Enden?
Das Atmen fällt nicht mehr so sommerleicht.
Die Lockerheit will sich in Schwere wenden,

Weil jeder Horizont dem andren gleicht:
Man möchte Göttern Hilferufe senden,
Damit der Tod zur nächsten Türe schleicht!
 

Walther

Mitglied
Hallo Herbert,

danke für Deine Antwort. Ich habe das oben wie vorgeschlagen und angeregt, geändert.

Frohes Dichten und Werken!

Lieber Gruß W.


Lb. Vera-Lena,

danke für Deinen Vorschlag. Ich werde darauf in Kürze eingehen.

Lieber Gruß W.
 

Walther

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

das LyrIch suhlt sich in seiner Herbstdepression. Die letzten beiden Verse stehen im Kontrast zu diesem wohlgefälligen Suhlen, sind aber bereits in S3Z3
Die Lockerheit will sich in Schwere wenden,
angekündigt.

Ich habe die Moral von der Geschicht bewußt in Gegensatz zu restlichen Stimmung des Gedichts gesetzt, um hiermit der ironischen Selbstbespiegelung dieses Zustands der allumfassenden Trauer eine Facette zu geben. Diesen Kniff verwende ich gerne. Ich nenne das "vergiftetes" Sonett, weil nichts genauso ist, wie es scheint.

Es entspricht meiner grundsätzlichen Skepsis, wenn Gefühle quasi übermächtig und Wahrheiten erdrückend werden. Solchen Anwandlungen setzte ich die Ironie entgegen, um von ihnen nicht mitgerissen zu werden.

Ich hoffe, Du verstehst meine Motive und Gedanken, auch wenn Du sie evtl. nicht teilen kannst. Vielen herzlichen Dank für Deinen Eintrag und Deine Anmerkungen. Sie zeigen an, wie schwierig gute Ironie wirklich ist. Daran, dieses Stilmittel noch zu verbessern, werde ich wohl noch viel und hart arbeiten müssen. ;)

Lieber Gruß und frohes Dichten

W.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Walther,

danke für Deine Erklärung! Als Ironie konnte ich es tatsächlich nicht lesen, aber da ich die Einzige bin, die sich an dieser Zeile gestoßen hat, denke ich, es liegt eher an mir. Ich hatte immer schon Schwierigkeiten, Ironie zu verstehen.

Aber Du hast mir durch Deine Erklärung wieder eine ganze Menge mitgeteilt, worüber ich nichts wusste.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Walther

Mitglied
Lb. Vera-Lena,

es war nicht meine Absicht zu belehren. Ich habe nur meine Gedanken und Überlegungen dargelegt und bedauere sehr, daß es mir nicht gelungen ist, die Ironie verständlicher und besser darzustellen.

Lieben Dank für Deinen Eintrag und frohes Dichten.

Lieber Gruß W.
 



 
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