Herzensdinge

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Ein schöner Abend: lange nicht gesehen, es ist viel passiert, also reden wir und hören Musik, trinken Bier, viel Bier; als es alle ist, hole ich „Elephant“ von der Tankstelle.
Kurz nach Zwölf verabschieden wir uns. Draußen ist es kalt, ich setze mich aufs Rad, ein Tritt in die Pedale, und ramme schon einen vor meiner Nase parkenden Personenkraftwagen. Oh, ich muss vorsichtig sein.
Jetzt geht es bergab, Richtung Meerwiesertalweg, bald bin ich zuhause, da liegt ein Mensch auf der Straße, zu spät zum Bremsen, ausweichen kann ich nicht mehr, also reiße ich das Rad hoch und überfahre ihn nur mit dem Hinterreifen, stürze, nichts passiert.
Er regt sich nicht; sein Gesicht und die Hände sind aufgeschürft. Er mag 40 Jahre alt sein, hat viele graue Haare schon. Ich habe keinen Führerschein, aber erinnere mich noch an eine begonnene Ausbildung zum Krankenpfleger, Erste-Hilfe-Kurs: Zuerst ansprechen.
„Hallo? Alles in Ordnung?“
Alles sicher nicht, bedeutet mir sein Schweigen. Erste-Hilfe-Kurs: Stabile Seitenlage. Ich ziehe ihn ein bisschen hoch. Erste-Hilfe-Kurs: Wenn bei der Herzdruckmassage ein paar Rippen brechen, das macht nichts. Aber er atmet ja noch, sein Herz schlägt auch ohne mich. Erste-Hilfe-Kurs: Ich besitze noch immer den Füller, den ich damals Conny geklaut habe. Da kann man die Feder raus drehen.

Ich rufe einen Krankenwagen und schüttele den Mann an der Schulter. Unter seinem Mantel Sakko und Hemd, keine Krawatte. Er stöhnt. „Hallo? Alles in Ordnung?“
„Mein Herz!“ Scheiße, wo ist der Krankenwagen! „Ich habe einen Krankenwagen gerufen.“ – „Mein Herz!“ – „Alles in Ordnung?“
Da, Lichter, kein Tatü, der Krankenwagen. Lachende Männer steigen aus.
„Na, Fränkie, wieder zuviel getankt heute? Wir nehm‘ dich mal mit.“ Sie greifen beherzt unter seine Arme. „Mein Herz!“ – „Jaja, dein Herz, immer dein Herz“. Weg.
Ich fahre nach Hause, direkt neben dem Hauseingang ist ein Garagentor, das ramme ich auch noch. Im Bett liege ich dann sicher, nur mein Herz – das klopft.
 



 
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