High School Life

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Asgar

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Mit einem Krachen flog die Tür herum und die beiden Jungen stürmten die Kantine. Der Direktor stand abrupt von seinem Tisch auf und brachte noch ein „Was…!“ heraus, bevor Johnny die Maschinenpistole hob und dem alten Sack eine Salve durch den Brustkorb jagte.
Johnny und Bill trugen Bomberjacken, Springerstiefel und jeweils ein rotes und schwarzes Tuch vor dem Mund. Bevor sie irgendeine Erklärung zu ihrer Tat abgeben konnten, brach die Hölle los. Verängstigte Teenager brüllten sich die Seele aus dem Leib, die meisten warfen sich zu Boden, einige rannten planlos durch die Gegend. Nicht einem kam auch nur Gedanke, die Polizei zu rufen.
Ein entweder besonders mutiger oder besonders törichter, ziemlich schmächtiger Junge warf sich todesmutig auf die beiden Amokläufer. Johnny hob reflexartig seine Waffe und schoss sie leer.
Ein wenig grinsen musste ich schon, als die Kugeln den schwachen Körper des Jungen durchschlugen. So jung, und bereits mit dem Leben abgeschlossen? Ich bitte dich, Junge. Du hast wohl einfach zu viele Comics gelesen.
Ein Mädchen wurde panisch, fing an hysterisch zu kreischen und rannte in Richtung des anderen Ausgangs. Bill hob seine Pistole, wieder reflexartig, und schoss ihr zweimal in den Rücken, so dass sie zu Boden stürzte.
Johnny hustete, ihm war sichtlich unwohl. Er gab Bill ein Handzeichen und die beiden rannten ohne ein Wort wieder hinaus.
Ich folgte ihnen.
Draußen im Gang sah ich Lucifer, er lächelte mir zu und fragte:
„Welchen willst du, Michael?“
„Ich nehm’ Billy.“
„Okay, wir seh’n uns dann draußen.“
Lucifer entfernte sich und ging in Richtung der Toiletten, wo Johnny wohl gerade am Kotzen war. Typisch.
Ich lief ein wenig durch die Schule und zündete mir eine Zigarette an. Kein Grund zur Eile, weglaufen wird er mir nicht. Schließlich sah ich ihn mit gesenktem Kopf an einem Spind lehnen.
Als er mich bemerkte erschrak er, blitzschnell hob er die Waffe und schoss mir in den Brustkorb. Ein unangenehmes Gefühl, ich musste einen Moment das Gesicht verziehen. Durch das Loch in meiner Lunge stieg der Rauch nach draußen und wurde von einem leichten Luftzug davon geweht.
Ich hustete die Kugel heraus, bevor sich die Wunde wieder schloss und selbst mein Anzug wieder seine ursprüngliche Form annahm. Die Kugel würde ein nettes Souvenir abgeben.
Ich nahm noch einen tiefen Zug und warf die Zigarette dann in einen Mülleimer. Ordnung muss sein. Bill zitterte am ganzen Körper, langsam schlich er Rückwärts, die Pistole noch immer auf mich gerichtet. Warum die Menschen selbst dann an ihren Waffen festhalten, wenn sie genau wissen, dass diese ihnen nichts bringen. Wie erbärmlich. Bill sollte sich darüber im Klaren werden, dass er selbst sein einziger Feind hier ist.
Ich sah ihm tief in die Augen und dann.
Dann wurde es Dunkel.

Wie standen auf einer Ebene. Die Ebene war Pechschwarz. Rundherum waren seltsame steinerne Gebilde, die sich stetig zu verformen und zu verändern schienen. Der Boden war glatt wie Glas. Über uns schwammen unzählige Bilder, Klänge, Ereignisse, Gedanken, Gefühle, Erinnerungen. Nichts, was für mich von Interesse gewesen wäre. Auch für Bill nicht. Für ihn sollten eher die Dinge zählen, die sich unter uns befanden.
Bill sah sich erschrocken um.
„Wo… wo sind wir? Und wer bist du?“, fragte er ängstlich, er hatte Ähnlichkeit mit einem kleinen Kind. Seine Stimme hallte enorm und wurde von tausenden Echos erwidert.
Ich antwortete ihm wahrheitsgemäß:
„Wir sind in deinem Geist. Und ich bin ein Engel.“
„Aber… warum sind wir hier?“, er wagte es nicht, mir in die Augen zu sehen.
„Ich möchte dir etwas zeigen, komm mit.“
Einige Meter weiter stand ein Brunnen, das Innere war pechschwarz, er schien unendlich tief zu sein. Bill ging vorsichtig an den Rand des Brunnens.
„Sieh hinein.“, befahl ich.
„Was ist dort drin?“
„Nur ein Spiegelbild deiner Seele.“
Oder eher der Abgrund deiner verdorbenen Seele. Aber das sagte ich natürlich nicht.
Bill sah hinein. Seine Augen wurden glasig, seine Mundwinkel zuckten, er zitterte am ganzen Körper. Dann…


… wich er langsam zurück, verlor das Gleichgewicht und viel auf die Knie. Stille Tränen rannen an seinem Gesicht hinab, in seinen Augen waren und Unglauben und Schrecken. Und Leere.
Zitternd hob er seine Pistole ans Kinn und schloss die Augen. Die tränen rollten noch immer unaufhörlich. Er murmelte leise, vielleicht sprach er ein Gebet.
Ich drehte mich um und ging langsam in Richtung Ausgang, Lucifer würde wohl auch schon fertig sein.
Der Schuss hallte durch die leeren Gänge der Schule, sogar das dumpfe aufschlagen des toten Körpers hörte ich. „Amen“, flüsterte ich leise, als ich bereits die Sirenen der Polizei hören konnte, die wohl doch jemand in einem manischen Anfall von Vernunft gerufen hatte.

Am selben Abend wurde in den Nachrichten über ein Massaker zweier Amokläufer an der Masonry High School berichtet. Wie immer wurde lauthals gegen das Waffengesetz geschimpft, gegen gewaltverherrlichende Medien, gegen das Schulsystem und gegen ganz andere Dinge, die mit der Sache überhaupt nichts zu tun hatten. Am Ende eines Interviews erzählte der Polizeichef nebenbei, dass eine der Kugeln aus Bills Waffe nicht gefunden wurde…
 
N

no-name

Gast
Hallo Asgar,

erst einmal vorab, Deine Kurzgeschichte hat mir gut gefallen. Ich selbst "hab'" es ja ganz gern mal "blutig"... (nicht beim Rindfleisch, aber in der Literatur/Film schon...;-)). Dein Text liest sich flüssig, stilistisch habe ich ein paar unwesentliche Vorschläge, die Du Dir ja mal ansehen kannst:

So jung, und bereits mit dem Leben abgeschlossen [red](abgeschossen)[/red]?
Ist nur so eine Idee? Fand ich ganz amüsant... ;-)

Ein Mädchen wurde panisch, fing an hysterisch zu kreischen und rannte [red]auf den anderen Ausgang zu[/red]. Bill hob [red]reflexartig [/red]seine Pistole und schoss ihr zweimal in den Rücken[red]. Sie stürzte zu Boden.[/red]
Ich lief [strike]ein wenig[/strike] durch die Schule und zündete mir eine Zigarette an. Das "ein wenig" finde ich in diesem Satz überflüssig, mich stört es sogar beim Lesen - ist aber sicher Geschmacksache.

,[red]...ich verzog für[/red] einen Moment das Gesicht.
[red]Seltsam, dass[/red] die Menschen selbst dann an ihren Waffen festhalten,
Ich sah ihm tief in die Augen und dann[red],… d[/red]ann wurde es Dunkel.
...er hatte [red]jetzt [/red]Ähnlichkeit mit einem kleinen Kind.
[red]Stille[/red] Tränen rannen an seinem Gesicht hinab, in seinen Augen waren [red]und [/red]Unglaube[strike]n[/strike] und Schrecken. Und Leere.
Zitternd hob er seine Pistole ans Kinn und schloss die Augen. Die [red]T[/red]ränen rollten noch immer unaufhörlich.
Ich drehte mich um und ging langsam [red]zum [/red]Ausgang[red].[/red]
...sogar das dumpfe [red]A[/red]ufschlagen des toten Körpers hörte ich.
...die wohl doch jemand in einem [strike]manischen [/strike]Anfall von Vernunft gerufen hatte.
Was soll denn an einem "Anfall von Vernunft" manisch sein? Das verstehe ich nicht...

So, das war's - alles nur Kleinigkeiten, die Deiner Geschichte nicht schaden. Ich hoffe, Du kannst mit meinen Vorschlägen etwas anfangen.

Freundliche Grüße von no-name.
 

Asgar

Mitglied
Danke für den Kommentar, Noname

Ichh abe leider momentan nicht viel Zeit, weshalb ichs wohl erst später überarbeiten kann ,aber ich werde den großteil deiner Anmerkungen sicherlich übernehmen.

und zum manischen Anfall der Vernunft -> sollte ein Paradoxon darstellen xD
ach ka, es hörte sich einfach toll an ^^

nunja, Liebe Grüße,
Asgar
 

Ohrenschützer

Mitglied
Hallo asgar.

Schauschau, die Fortsetzung von Gambling. Gefällt mir ganz gut, auch wenn manches wie ein erzählter Kinofilm wirkt: zB die Passage "würde ein nettes Souvenir geben" finde ich unglaubwürdig, denn Michael hätte dann schon Tonnen an Souvenirs (dan denen er überhaupt wohl kaum interessiert wäre, nach meinem Verständnis). Oder die Tatsache, dass er einen Anzug trägt, könnte durchaus wegfallen und der Phantasie des Lesers überlassen werden. Aber diese Einwände sind eher als Stilfrage zu verstehen.

Außer no-names Einwände ist mir noch aufgefallen, dass man "pechschwarz" klein schreiben sollte.

Beste Grüße,
 



 
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