Hobby Dichter

3,70 Stern(e) 10 Bewertungen

Curd Belesos

Mitglied
Nie hätte ich gedacht, noch mir erträumen können, dass meine im Berufsleben so geschätzte klare Art, präzise Anweisungen erteilen zu können, mir bei meinem neuen Zeitvertreib als Rentner, dem Verseschreiben, so viele Steine in den Weg legen würde.

Aller Welt hatte ich von meiner Liebe zu romantischen Liebesgedichten erzählt. Waren sie doch schön anzuhören, auch für die Ohren der Damen in meinem Alterstreff. Klangvolle melodische Sonette oder wohlgereimte, Verse erbaulich vorgetragen beim gemeinsamen Senioren Nachmittag.
Allein, dann die Seufzer über Herrn Eichendorff, mit seinem zerbrochenen Ringlein, oder über andere Dichter der Vergangenheit waren nicht das, was ich mir durch meinen Vortrag erhofft hatte.
Also nutzte ich die Möglichkeit, mich durch eine persönliche Interpretation der Lyrik besser ins Licht zu setzen. Ah, das ist ihnen aber sehr gut gelungen, freuten sich die Damen vom Kaffee-Kränzchen. Danach erging man sich in Diskussionen über Dichter, das Leben im Allgemeinen, sowie das Fühlen und Sehnen der Frauen im Speziellen, jedenfalls bei Gedichten. Des Öfteren forderte mich die Runde auf, doch eigene Gedichte zu verfassen; wenn sie doch auch so schön deklamieren können.
Diese schmeichelnden Worte der Anerkennung blieben nicht ohne Folgen für mein Ego. Ich wollte dichten, schob Worte hin und her, sortierte Silben, sogar Buchstaben für den Versfuß. Zufrieden mit dem Ergebnis, präsentierte ich mein Erstlingswerk einer kritischen Schar Gleichgesinnter. Ein Liebessonett, geschrieben mit Herzblut und aus tiefem Seelenschmerz geboren.
Ihre Reaktion hatte nichts von dem Wohlwollen meiner Damen aus der Kaffee-runde. Kommentare wie – evtl. eine Annäherung an ein Sonett, aber nicht wirklich eins – waren nicht die erhoffte Reaktion.
Doch Äußerungen wie - unabhängig davon merkt man Ihrer Sprache an, wie schwer es ihnen fällt, sie in der Form eines Gedichtes fließen zu lassen – waren mein KO Schlag.
Ein Leben lang hatte man mir beigebracht mich unmissverständlich und klar auszudrücken. Jetzt, wo ich mit schönen Worten umschriebene Gefühle schildern wollte, war das Erlernte hinderlich und ich stand mir selber im Wege.
Meine Frau erzählte mir etwas vom Schuster und seinen Leisten. Ich verdrängte es. Meine Einlassung, dass ich nicht für Dichter schreibe, sondern für Menschen wie du und ich, ließ meine Frau nicht gelten.
Gut, dann werde ich meine Gefühle in Geschichten verpacken und als Kurz-Prosa vortragen, mit präzisen Angaben der Ereignisabfolge. Meine Damen von der Mittwochnachmittag Kaffeestunde sind auch schon ganz neugierig auf die Vorträge, die sie dann von einem Jung - Schriftsteller hören können und wollen gerne das Zusammensein bei Bedarf verlängern.
Renate……ich habe doch mal eine Bedienungsanleitung für eine hydraulischen Ankerwinde geschrieben, weißt du wo die geblieben ist?……
 

Hagen

Mitglied
Hallo Curd!

Das hast Du prima gemacht!
Als ehemaliger Techniker kann ich das sehr gut nachvollziehen; - besonders das Ding mit er Ankerwinde.
Was die Lyrik betrifft, da bin ich auch kläglich gescheitert; - oder hatte ich nur Ignoranten im Publikum?
Ich weiß es nicht, aber ich bin dann bei kleinen Geschichten hängen geblieben. Ich glaube, das liegt dem 'Homo Technikus' mehr.

Viele Grüße und alles Gute für Deine Gesundheit,
yours Hagen

__________
nichts endet wie geplant!
 
K

KaGeb

Gast
Danke für das eloquente Schriftwerk. Hab ich sehr gern gelesen - und ich kann mich Hagen nur anschließen. Paar fehlende - oder - Kommafehler fielen mir auf, und das eine oder andere Wort oder den einen oder anderen Satz könnte man ..., aber manchmal ist ein Text einfach so, dass man ihn nicht zerwurschteln will :)

Liebe Grüße
 

Ironbiber

Foren-Redakteur
Das Leben ist eines der Schwersten

Ja die Kritiker, Notengeber, Gönner und Besserwisser sind ein gnadenloses Völkchen. Nicht nur hier, sondern überall im Berufs- und Privatleben. Wer sich auf einen Catwalk begibt und seine Gedankenwelt nach außen kehrt, wird gnadenlos liebkost oder attackiert.

Gerade im Lyrikbereich ist Gut und Böse reine Geschmacksache. So manches Werk, das ich nicht mal über einer Latrine lesen möchte, wurde schon umjubelt angenommen und viele tiefsinnige, fantasievolle und fein ziselierte Texte mit Tiefgang ohne Ende wurden in den Staub getreten und gnadenlos abgestraft.

Aber genau das ist ja die Herausforderung, der sich ein Literat stellt. Dünnhäutigkeit führt hier nur zu Depressionen und leitet einem vorzeitigen Alterungsprozess ein.

Mir fällt dazu immer der dumme Spruch ein:

„Was kümmert es eine Deutsche Eiche, wenn sich eine Wildsau an ihr schabt!“

Nimm alles, wie es kommt - aber nimm es.

Gruß Ironbiber
 

Curd Belesos

Mitglied
Das Leben ist eines der Schwersten

....ja, danke, vor allem hier im Land zwischen den Meeren, muss man sich auch schon warm angezogen haben, da der Wind stürmisch von Westen und eisig von Osten kommt. Es freut mich, dass mein Werk Wohlwollen gefunden hat. Im Lyrik- Forum habe ich mir mit einem Akrostichon auch bereits selber den Weg gezeigt.
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Moin Curd,

man sieht: Für das Schreiben im Allgemeinen und die Lyrik im Besonderen kann Lebenserfahrung und langjährige Berufspraxis eher hinderlich sein. Ich fühle mit Dir! Du hast dieses Dilemma sehr gut beschrieben.

Über zwei Punkte bin ich ein wenig gestolpert:
Klangvolle melodische Sonette oder wohlgereimte, Verse erbaulich vorgetragen
Hier sollte das Komma wohl eher hinter „Verse“ stehen.
wenn sie doch auch so schön deklamieren können
Dies verstehe ich als Zitat, also würde ich es in Anführungsstriche setzen und das „Sie“ groß schreiben.

Gruß Ciconia
 

Curd Belesos

Mitglied
Nie hätte ich gedacht, noch mir erträumen können, dass meine im Berufsleben so geschätzte klare Art, präzise Anweisungen erteilen zu können, mir bei meinem neuen Zeitvertreib als Rentner, dem Verseschreiben, so viele Steine in den Weg legen würde.

Aller Welt hatte ich von meiner Liebe zu romantischen Liebesgedichten erzählt. Waren sie doch schön anzuhören, auch für die Ohren der Damen in meinem Alterstreff. Klangvolle melodische Sonette oder wohlgereimte Verse, erbaulich vorgetragen beim gemeinsamen Senioren Nachmittag.
Allein, dann die Seufzer über Herrn Eichendorff, mit seinem zerbrochenen Ringlein, oder über andere Dichter der Vergangenheit waren nicht das, was ich mir durch meinen Vortrag erhofft hatte.
Also nutzte ich die Möglichkeit, mich durch eine persönliche Interpretation der Lyrik besser ins Licht zu setzen. Ah, das ist ihnen aber sehr gut gelungen, freuten sich die Damen vom Kaffee-Kränzchen. Danach erging man sich in Diskussionen über Dichter, das Leben im Allgemeinen, sowie das Fühlen und Sehnen der Frauen im Speziellen, jedenfalls bei Gedichten. Des Öfteren forderte mich die Runde auf, doch eigene Gedichte zu verfassen; "wenn Sie doch auch so schön deklamieren können".
Diese schmeichelnden Worte der Anerkennung blieben nicht ohne Folgen für mein Ego. Ich wollte dichten, schob Worte hin und her, sortierte Silben, sogar Buchstaben für den Versfuß. Zufrieden mit dem Ergebnis, präsentierte ich mein Erstlingswerk einer kritischen Schar Gleichgesinnter. Ein Liebessonett, geschrieben mit Herzblut und aus tiefem Seelenschmerz geboren.
Ihre Reaktion hatte nichts von dem Wohlwollen meiner Damen aus der Kaffee-runde. Kommentare wie – evtl. eine Annäherung an ein Sonett, aber nicht wirklich eins – waren nicht die erhoffte Reaktion.
Doch Äußerungen wie - unabhängig davon merkt man Ihrer Sprache an, wie schwer es ihnen fällt, sie in der Form eines Gedichtes fließen zu lassen – waren mein KO Schlag.
Ein Leben lang hatte man mir beigebracht mich unmissverständlich und klar auszudrücken. Jetzt, wo ich mit schönen Worten umschriebene Gefühle schildern wollte, war das Erlernte hinderlich und ich stand mir selber im Wege.
Meine Frau erzählte mir etwas vom Schuster und seinen Leisten. Ich verdrängte es. Meine Einlassung, dass ich nicht für Dichter schreibe, sondern für Menschen wie du und ich, ließ meine Frau nicht gelten.
Gut, dann werde ich meine Gefühle in Geschichten verpacken und als Kurz-Prosa vortragen, mit präzisen Angaben der Ereignisabfolge. Meine Damen von der Mittwochnachmittag Kaffeestunde sind auch schon ganz neugierig auf die Vorträge, die sie dann von einem Jung - Schriftsteller hören können und wollen gerne das Zusammensein bei Bedarf verlängern.
Renate……ich habe doch mal eine Bedienungsanleitung für eine hydraulischen Ankerwinde geschrieben, weißt du wo die geblieben ist?……
 

Curd Belesos

Mitglied
...danke Ciconia. Im Glauben endlich etwas Gutes, die eigene Seele stärkendes geschaffen zu haben, sind diese kleinen " , ´ " wie Vöglein in der Luft oder im Geäst, immer woanders. LG Curd
 

dicke Olga

Mitglied
Curd, tu es weil es dir Spaß macht und such dir das Publikum, das dir gut tut. Schließlich ist es ein Hobby, gearbeitet hast du lange genug!
-Soviel zum Inhalt deines Textes.

Tatsächlich fühlte ich mich beim Lesen an etwas wie
eine Bedienungsanleitung für eine hydraulischen Ankerwinde
erinnert. Verschachtelte Sätze kann nicht jeder flüssig schreiben, (du schon), und am Verstehen hapert es ebenso oft. Darum meine ich, dass deine Texte ein spezielles Publikum brauchen.

Die Vorstellung, dass in dieser Form Sonette, gehauchte Liebeserklärungen und feinfühlige Gedanken verfasst werden, stellt sich mir etwas absurd dar. Vielleicht hilft das Bewusstsein, dass Liebe und ähnliche Gefühle wenig sachlich sind, eher weich und verspielt.

Praktischer Vorschlag: setzte wörtliche Rede in Anführungszeichen oder kursiv, und schreibe Anreden (Sie und Ihnen) groß. Das verhindert Stolpern beim Lesen.
Der erste Ab- Satz ist perfekt! Er zeigt dem Leser sofort, was ihn erwartet.
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Curd,
danke für deinen Text, hab mich köstlich amüsiert beim Lesen! Du beweist Mut zur Selbstironie, gleichzeitig stellst du manches Gebaren in Frage, das uns aus der schönen neuen Forenwelt so anlächelt.
Sehr amüsant auch die Kommentare - - - ist mal angenehm zu lesen, dass es da auch andere gibt, denen es ähnlich geht: die grüne Wiese ist mitunter ein spiegelglattes Parkett, auf dem man sich schon mal 'ne blutige Nase holen kann!
In diesem Sinne: Tragen wir unsere Narben mit Stolz!

liebe Grüße wüstenrose
 

Curd Belesos

Mitglied
Das Leben ist eines der Schwersten

Lieber Foren-Redakteur Ironbiber,
deine Titelzeile mit der Erkenntnis „das Leben ist eines der Schwersten“ sowie der darauf folgende Kommentar, sollte allen neuen Mitgliedern als Ouvertüre beim ersten eingestellten Werk dargeboten werden.
Ich danke dir für diese Zeilen, zeigen sie doch die Erkenntnis auf, dass der Mensch, der sich in das Licht der Öffentlichkeit begibt, über ein starkes Selbstbewusstsein verfügen muß. Wer aktiv auf der Bühne des Lebens steht, wird die nicht sehen und hören können die da im Schatten verweilen, sollten sie auch noch so laut rufen.

Wer einen Avatar und Nickname benötigt und glaubt sein Handeln verteidigen zu müssen, hat diese zum Narzissmus tendierende innere Stärke noch nicht erreicht. Er wird es nicht, oder schwer verdauen, was du vorträgst „ gnadenlos liebkost oder attackiert, in den Staub getreten und abgestraft“ .
Ich liebe die Auseinandersetzung und werde auf meinem Weg zum Gipfel die Kritik an meinen Werken zur Stärkung meines Könnens verwenden. Wenn ich denn kann…………….
 

Ironbiber

Foren-Redakteur
Hallo Curd

Ich bin mir sicher, dass du die innere Stärke für diesen Weg hast, weil du an Dich, dein Können und deine Werke glaubst.

Noch ein kleines Zitat aus meinem Gedächtnis:

Ein Kritiker ist eine Henne, die gackert, während alle anderen Eier legen.
Aber trotzdem brauchen wir auch gackernde Hennen. Sie können uns durch Beobachtung darauf hinweisen, wie wir die Qualität der Eier verbessern können.

Liebe Grüße ... Ironbiber
 

Curd Belesos

Mitglied
gackernde Hennen

...........danke, für den Zuspruch, sie sind wichtiger als das tägliche Brot, denn sie sind unsere geistige Vollwertkost. LG Curd
 

Curd Belesos

Mitglied
Tragen wir unsere Narben mit Stolz!

Liebe Wüstenrose,
wer stolz den Kopf im Nacken trägt, sieht nicht die Steine auf seinem Weg. Für mich jedoch gilt - Ich bin mir keine Last, wenn ich mich auf den Arm nehme-© Curd Belesos
 

Hagen

Mitglied
Hallo Curd!

Irgendwie hat mich Dein Text nicht losgelassen!
Ich habe mal in meinen alten Texten gekramt; - ich glaube die 'Autorengesetze' treffen zu; - mehr oder weniger.
Ich habe sie Dir nochmal runtergeladen. Möglicherweise kannst Du damit was anfangen.

1. Die guten Ideen hatten schon die anderen.
2. Erzähle niemandem dass Du einen Roman/eine Geschichte/Gedichte/Deine Memoiren oder was auch immer schreibst. Innerhalb der nächsten 14 Tage wird ein Bestseller von Dir erwartet!
3. Sollte trotzdem etwas durchsickern, behaupte, Du seiest der Ghostwriter von Waiser, Adler-Olsen, Kinney, Landorff etc. (Wichtig ist über die Bestseller-Liste informiert zu sein.)
4. Die Geschichte oder der Roman, den Du selbst gut findest und für die oder den Du lange recherchiert, geschrieben und Herzblut eingebracht hast, wird von der Kritik verrissen werden. - Solltest Du allerdings mit besoffenem Kopf in der Kneipe einen Zweizeiler auf einem Bierdeckel verfassen, den Du selber nicht verstehst und diesen Text völlig verkatert am nächsten Morgen versehentlich veröffentlichst, wirst Du von der Kritik hochgelobt werden.
5. Alles, was Du zu Papier zu bringen versuchst, wird länger dauern und mehr Zeit und Nerven kosten, als Du dachtest.
6. Wenn Du für ein Projekt die Zeit x (eine Woche) annimmst, wirst Du nach der halben Zeit feststellen, dass Du die Zahl x mit 10 zu multiplizieren hast (10 Wochen). Nach der Zeit 5x wirst Du feststellen, dass Du nur die Wochen durch Monate ersetzen brauchst, um der Realität in Etwa gerecht zu werden. (Behaupte stets, das hättest Du schon immer so geplant)
7. Man hat niemals Zeit, es richtig zu machen, aber immer Zeit, es noch einmal zu schreiben.
8. Nichts ist so leicht wie es aussieht.
9. Alles Einfache ist schwierig, alles Schwierige unmöglich.
10. Früher oder später wird die schlimmstmögliche Verkettung von Umständen eintreten
11. "Früher" tritt in dem Fall meist sofort ein, so dass "später" fast auszuschließen ist.
12. Wenn alles auf einmal schiefgeht, und Du freust Dich, dass Du Dich nur einmal ärgern musst, wirst Du feststellen, dass es noch nicht alles war.
13. Droht ein Projekt auf mehrere Arten schief zu gehen, wird es auf die Art schief gehen, die bei Dir den größtmöglichen Schaden physischer und psychischer Natur anrichtet.
14. Jeder Fehler der sich beim Schreiben an einem größeren Projekt einschleichen kann, wird dies mit Sicherheit tun, und zwar immer genau so, dass man völlig von vorn beginnen muss.
15. Immer wenn etwas nicht mehr schlimmer werden kann, so wird es noch schlimmer.
16. Früher oder später wird sich das Schlimmste ereignen.
17. Wenn sich eine schlechte Lage verschlechtert hat, beginnt der Zyklus von vorne.
18. Keine Geschichte ist so schlecht, als dass sie sich nicht weiter verschlechtern könnte.
19. Alles, was gut beginnt, endet schlecht.
20. Alles was schlecht beginnt, endet furchtbar.
21. Wenn etwas einfach aussieht, ist es schwierig.
22. Wenn etwas schwierig aussieht, ist es unmöglich.
23. Wenn etwas unmöglich aussah, wird sich im Nachhinein rausstellen, dass es ganz einfach gewesen wäre.
24. Wenn Du des Nachts eine gute Idee hast und aufstehst, um diese zu notieren, wirst Du stattdessen versehentlich die Texte löschen, von denen keine Sicherheitskopien existieren.
25. Kippt eine Tasse Kaffee um, fließt ihr Inhalt stets dorthin, wo er den größtmöglichen Schaden anrichten kann, z.B. die Festplatte Deines Computers.

In diesem Sinne weitermachen mit Schreiben.

Gruß Hagen


PS.: Nichts endet wie geplant; -
Egal was schief geht, tue so als wäre es Absicht!
 

Curd Belesos

Mitglied
Autorengesetze

Hallo Hagen,
ach, es passt wunderbar was du mir zur Freude überlassen hast.

Unter Druck presst man Wurstbrät in den Darm. Wer jedoch unter äusserem Erwartungsdruck seine Gedanken, Gefühle in Lyrik oder wohlklingender Prosa zu Papier bringen will, muss von den Kritikern zu mehr Sorgfalt gerufen werden.
Niemand ist in der Phase des Schaffens unwichtiger als der Käufer des Werkes und niemand so wichtig wie der Kritiker.
Wer willensstark sein Werk zur Vollendung bringen will, erspürt in seinem Inneren den Schwätzer. Kritiker aber setzen sich mit dem Schaffenden und dessen Werk auseinander. M.E.

Nochmals danke, sehr erbaulich.
 

Curd Belesos

Mitglied
Nie hätte ich gedacht, noch mir erträumen können, dass meine im Berufsleben so geschätzte klare Art, präzise Anweisungen erteilen zu können, mir bei meinem neuen Zeitvertreib als Rentner, dem Verseschreiben, so viele Steine in den Weg legen würde.

Aller Welt hatte ich von meiner Liebe zu romantischen Liebesgedichten erzählt. Waren sie doch schön anzuhören, auch für die Ohren der Damen in meinem Alterstreff. Klangvolle melodische Sonette oder wohlgereimte Verse, erbaulich vorgetragen beim gemeinsamen Senioren Nachmittag.
Allein, dann die Seufzer über Herrn Eichendorff, mit seinem zerbrochenen Ringlein, oder über andere Dichter der Vergangenheit waren nicht das, was ich mir durch meinen Vortrag erhofft hatte.
Also nutzte ich die Möglichkeit, mich durch eine persönliche Interpretation der Lyrik besser ins Licht zu setzen. Ah, das ist ihnen aber sehr gut gelungen, freuten sich die Damen vom Kaffee-Kränzchen. Danach erging man sich in Diskussionen über Dichter, das Leben im Allgemeinen, sowie das Fühlen und Sehnen der Frauen im Speziellen, jedenfalls bei Gedichten. Des Öfteren forderte mich die Runde auf, doch eigene Gedichte zu verfassen; "wenn Sie doch auch so schön deklamieren können".
Diese schmeichelnden Worte der Anerkennung blieben nicht ohne Folgen für mein Ego. Ich wollte dichten, schob Worte hin und her, sortierte Silben, sogar Buchstaben für den Versfuß. Zufrieden mit dem Ergebnis, präsentierte ich mein Erstlingswerk einer kritischen Schar Gleichgesinnter. Ein Liebessonett, geschrieben mit Herzblut und aus tiefem Seelenschmerz geboren.
Ihre Reaktion hatte nichts von dem Wohlwollen meiner Damen aus der Kaffee-runde. Kommentare wie – evtl. eine Annäherung an ein Sonett, aber nicht wirklich eins – waren nicht die erhoffte Reaktion.
Doch Äußerungen wie - unabhängig davon merkt man Ihrer Sprache an, wie schwer es ihnen fällt, sie in der Form eines Gedichtes fließen zu lassen – waren mein KO Schlag.
Ein Leben lang hatte man mir beigebracht mich unmissverständlich und klar auszudrücken. Jetzt, wo ich mit schönen Worten umschriebene Gefühle schildern wollte, war das Erlernte hinderlich und ich stand mir selber im Wege.
Meine Frau erzählte mir etwas vom Schuster und seinen Leisten. Ich verdrängte es. Meine Einlassung, dass ich nicht für Dichter schreibe, sondern für Menschen wie du und ich, ließ meine Frau nicht gelten.
Gut, sagt ich, dann werde ich meine Gefühle in Geschichten verpacken und als Kurz-Prosa vortragen, mit präzisen Angaben der Ereignisabfolge. Meine Damen von der Mittwochnachmittag Kaffeestunde sind auch schon ganz neugierig auf die Vorträge, die sie dann von einem Jung - Schriftsteller hören können und wollen gerne das Zusammensein bei Bedarf verlängern.
Renate……ich habe doch mal eine Bedienungsanleitung für eine hydraulischen Ankerwinde geschrieben, weißt du wo die geblieben ist?……
 



 
Oben Unten