Holland in Not

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HerbertH

Mitglied
Tieflandfurcht

Nun stelle Dir die Riesenwelle vor,
Sie rast heran und türmt sich in den Himmel,
Und weiße Schäume kränzen Wellenschimmel,
Die galoppieren, wiehern laut im Chor

Und schrein herbei die Furcht, die Herzen lähmt
Der Menschen, die noch unterm Meeresspiegel
Sich halbwegs sicher hinterm Deichesriegel
Verstecken, hoffen, dass der's Wasser zähmt.

Meist blieb der Polder trocken hinterm Deich,
Nur selten riss der Wellen Macht ein Loch,
Denn höher türmten Menschen Erde reich-

Lich auf. Der Wasserdruck bedroht jedoch
Dank Gletscherschmelze jeden Menschendeich.
Bald stöhnen Polder unterm Wasserjoch.
 

nisavi

Mitglied
hallo herbert,

nur ganz kurz eine rückmeldung.

mir fällt auf, dass dein text merkwürdig inhomogen ist. du mischst ganz verschiedene stilmittel, die für mich nur schwer zusammengehen. die direkte anrede in der ersten strophe zum beispiel, die (für mich) einen widerspruch zu den technisch-naturwissenschaftlichen termini der letzten zeilen ("polder"-"wasserdruck"-"gletscherschmelze") darstellt.
oder auch dieser poetische ausdruck "wellenenschimmel"(schön übrigens. man assoziiert storm. schimmelreiter.). ebenso ein gegensatz zur neutralen sprache in der letzten strophe.

vielleicht magst du etwas zu deiner intention sagen?

ich war dieses jahr an den deltaworks in zeeland und glaube, dass die niederländer sich der gefahr sehr bewusst sind. nach der großen flut von 1953 haben sie viel getan, um ihr land vor dem meer zu schützen.

lg
n
 
H

Heidrun D.

Gast
Mir gefällt das Sonett super, insbesondere beide Übergänge zwischen Quartetten und Terzetten.

Ich verstehe die Furcht hier eher als etwas Diffuses (Urangst?), nicht unbedingt an eine reale Sturmflut geknüpft. Deshalb stört mich auch das Pathos nicht, empfinde es sogar als sehr passend.

Liebe Grüße
Heidrun
 

Vera-Lena

Mitglied
Ja, lieber Herbert,

so sieht es aus, und auf den Bergen muss man Furcht vor Erdrutschen haben, selbst im Binnenland treten die großen Flüsse über ihre Ufer wie niemals zuvor. Die Erde ist in Aufruhr versetzt und die großen Welt-Gremien verabschieden ein Beschlüsschen nach dem anderen. Wenn es keinen wirksamen Beschluss gibt, wird einmal Schluss sein.

Dein Text fängt so schön harmlos an mit den weißen Schaumkronen, die Du wiehernde Schimmel sein lässt.

Aber dann kommst Du zur Sache. Mir gefällt, dass Du diesen Einstieg gewählt hast, denn dadurch hast Du ein übermäßiges Pathos vermieden. Auch die äußere Form, das Sonett, passt gut zum Thema. Ungewöhnlich ist das zerteilte Wort zwischen dritter und vierter Strophe. Aber das Luftholen, das man deswegen beim Lesen machen muss, verzögert diesen Prozess des reichlichen Aufhäufens, so dass man diese Zertrennung "reich-lich" als Stilmittel gelten lassen kann.

Jedenfalls spürt man, dass Dir das Thema am Herzen liegt.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

HerbertH

Mitglied
Ihr Lieben,

vielen Dank für das Lesen, das Kommentieren und das Werten!

Ja, das Thema liegt mir am Herzen, liebe Vera-Lena. Interessant fand ich Deine Kommentare, Nisavi, über die ich sicher noch länger nachdenken werde. Und Dir, liebe Heidrun, danke ich ich für den Hinweis mit dem Pathos, das ich sosehr nicht gesehen hatte, was aber durch die Wortwahl doch entsteht.

Auf jeden Fall freut mich die Resonanz und dass es Euch gefallen hat.

Liebe Grüße

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Tieflandfurcht

Nun stelle Dir die Riesenwelle vor,
Sie rast heran und türmt sich in den Himmel,
Und weiße Schäume kränzen Wellenschimmel,
Die galoppieren, wiehern laut im Chor

Und schrein herbei die Furcht, die Herzen lähmt
Der Menschen, die noch unterm Meeresspiegel
Sich halbwegs sicher hinterm Deichesriegel
Verstecken, hoffen, dass der's Wasser zähmt.

Meist blieb der Polder trocken hinterm Deich,
Nur selten riss der Wellen Macht ein Loch,
Denn höher türmten Menschen Erdenreich

darauf. Der Wasserdruck bedroht jedoch
Dank Gletscherschmelze jeden Menschendeich.
Bald stöhnen Polder unterm Wasserjoch.
 

HerbertH

Mitglied
Eine kleine Änderung, um die Trennung am Zeilenende wegzubekommen.

Ich hoffe sehr, dass keine Sturmflut die Häuser an den Küsten unter eisiges Wasser setzt...
 



 
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