Hotel Freitod.

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pleistoneun

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"Aber beruhigen sie sich doch mein Herr" näselte der Rezeptionist höflich.
"Nein, nein und nochmals nein" tobte Sören an der Rezeption des Hotels. Er wollte nicht vor erbrachter Leistung bezahlen und das bei der Summe. Er war in diesem Etablissement abgestiegen, um sich legal selbst zu töten oder besser selbst töten zu lassen.
Jedoch war er mit den Zahlungsbedingungen überhaupt nicht einverstanden und das aus gutem Grund. Zu oft schon hat er es bei anderen Anbietern versucht und nur unnötig Geld ausgegeben.
Viele dieser legalen Selbsttötungszentren waren inzwischen entstanden, da die Lebenserwartung auf durchschnittlich unerträgliche 312 Jahre angestiegen war und das Pensionsalter trotzdem mit 94 festgelegt wurde. Wer möchte schon mehr als hundert Jahre als Pensionist dahinsiechen. Das Motto der Regierung war aber Lebenserhaltung um jeden Preis. Trotzdem wurden für die des Lebens überdrüssigen die angesprochenen Zentren eingerichtet.

Sören war vom Erschießungskommando bis auf drei Streifschüsse verfehlt worden, verlor bei der Vierteilung in zwei Teile nur einen Arm und eine Menge Geld, bekam beim Erhängen einen morschen Galgen und hatte deshalb von den schwarzen Schafen dieser legalen Selbstmordgilde die Nase voll.
Er scheute jedoch den illegalen Selbstmord, da die Strafen dafür bei Erfolg enorm hoch waren und versuchte es erneut bei Hotel Freitod.

Die Bestimmungen waren sehr streng. Man durfte keine lebensbedrohlichen Erkrankungen haben und musste eine Zurechnungsfähigkeitsbescheinigung vorlegen können. Bei den dafür zuständigen Ämtern war die Hölle los. Zahlreiche selbstmordgefährdete starben schon im Gedränge um den besten Platz im Amt- illegal versteht sich- und wurden hoch bestraft.

Plötzlich eilten andächtig vier Träger Gliedmaßen haltend mit einem aus dem Hals blutenden Körper über die Stiegen. Ein fünfter jonglierte würdevoll den Kopf dazu auf einem blutdurchtränkten Kissen.

"Das will ich auch" rief Sören laut mit heiserer Stimme und wedelte mit seiner Zurechnungsfähigkeitsbescheinigung und seinem Gesundheitspass vor der Nase des Rezeptionisten. "Geld oder weiter Leben mein Herr" erwiderte dieser etwas nasal.

Sören klatschte die nass geschwitzten Scheine auf die Theke und bestellte die Tagesspezialität "Doppelt hält besser" mit Ertränken als Aperitif einem Stromschlag als Garnierung auf der Draulaugenmaulwappengiftunkentorte und Köpfen mit Landung auf einem Kissen aus Wackelpeter.

Beim Gang zum Hinrichtungszimmer rutschte Sören auf der blutgetränkten Stiege aus, stolperte über die Stufen und schlug unglücklicher Weise mit dem Hinterkopf an der massiven Theke der Rezeption auf, um mit gebrochenem Genick davor zu liegen zu kommen. Alle Reanimationsversuche blieben unbelohnt.

Sörens Zurechnungsfähigkeitsbescheinigung wurde als Fälschung enttarnt, und er wurde für diesen offensichtlich illegalen Selbstmord, aufgrund mangelnder Geldmittel zum Tode durch Genickbruch verurteilt.
Die Vollstreckung erfolgte Tags darauf im Hotel Freitod.
 



 
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