Ich bin die Fee /Jetzt bin ich Alt!

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Ich bin die Fee
Teil 2:
Jetzt bin ich Alt!

Im Juni war mein Geburtstag. Mami hatte viele Kuchen gebacken. Weil ich den nicht allein essen konnte, hat sie meine Freunde eingeladen. Toll diese Mami, nicht?"
Das allertollste ist, dass ich jetzt alt bin. Ganze zwei Jahre alt.
Vielleicht interessiert euch das überhaupt nicht. Mein Geburtstag ist ja schon viele hundert Jahre her. Ich muss nur noch schnell erzählen, dass ich seitdem ein Dreirad besitze. Wenn es mal ein Babyrennen „Dreirad Monte Erlersiedlung“ gibt, bin ich mit dabei. Bestimmt komme ich zu den ersten zehn.
Wenn ich mit meinem Dreirad komme, machen alle Platz. Manche Leute stöhnen sogar. Was das bedeuten soll, weiß ich auch nicht. Ich finde es spitze, auf meinem Renner zu fahren.
Seit einigen Wochen habe ich es mit meine Eltern sehr schwer. Sie wollen einfach nicht einsehen, dass ein Kind in meinem Alter selbst entscheiden will, wann es zu Bett geht. Meine Eltern machen sich die Sache ziemlich einfach. Mutti zieht mich aus, badet mich und legt mich ins Bett. Meistens sagt sie noch „Gute Nacht mein Schatz, mach schön heia“. Aber nichts da, so geht das nicht weiter. Da mache ich nicht mehr mit. Ich bin die Fee, will auch die Fee bleiben.
Also hüpfe ich wieder raus aus meinem Heiabett. Mein Heiakissen klemme ich unter den Arm und gehe jeden Abend meine Eltern besuchen. Gestern hat es leider nicht geklappt. Als ich es geschafft hatte, aus dem Kinderzimmer zu kommen, ging es nicht weiter. Alle Türen waren verschlossen. Oft und laut habe ich meine Mama gerufen. Sie ist nicht gekommen.
Mama war in der Küche und hat viel geredet. Weil sie nicht kam, habe ich immer lauter geweint. Manchmal zornig, manchmal ängstlich. Ich habe gedacht, sie hat mich nicht mehr lieb. Ach, hätte ich doch wenigstens meine liebe Flasche gehabt. Sie ist weg. Ich glaube, die haben sie mir geklaut. Denn Mami hat gesagt, dass der alte Flaschennuckel meinen Zähnen schadet. Ich fand ihn ganz in Ordnung. Geschmeckt hat mir mein Flaschennuckel zu jeder Zeit.
Naja, mein süßes kuscheliges Heiakissen ist mir geblieben. Das habe ich mir gestern abend auf meine Kinderstuhllehne gelegt. Als ich müde wurde, legte ich meinen Kopf darauf. Plötzlich waren meine Augendeckel so schwer, das sie manchmal zuklappten. Auf einmal war alles schwer an mir. Ich konnte nichts mehr denken. Darum weiß ich auch nichts mehr. Heute morgen bin ich in meinem Heiabett wach geworden. Meine Mami kam ganz schnell als ich sie rief. Hmmm, sie ist lieb. Ich habe sie ganz viel geküsst.
Beim Frühstück hat Mami meinem großen Bruder erzählt, dass ich gestern abend eine Stunde lang im Stehen geschlafen habe. Sie hat auch gesagt, das habe sehr witzig ausgesehen. Holger hat mit ihr darüber gelacht. Deshalb werde ich jetzt keinen Protest mehr machen.
Nach dem Frühstück dürfen mein Bruder und ich oft auf Mamis Schoß sitzen. Heute morgen auch. Jeder bekommt einen mollig weichen Mamischenkel zum sitzen. Ich finde das so schön, dass ich mich ganz an Mamilein rankuschel. Mein großer Bruder, der so viele Muskeln hat, mag das auch. Was gibt es wohl schöneres, als mit Mami zu kuscheln und dabei zu fühlen, dass sie ihr Kind lieb hat.

Erstmals in der Stadteilzeitung Fritz-Erlersiedlung im Dez.1983 veröffentlicht.
Es gibt zur story von mir gezeichnte karikaturen.
hkeuper-g
 



 
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