Im Dorf f ckt jeder jeden

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nachtsicht

Mitglied
"Warum ich eine halbe Stunde nackt auf dem Fußboden lag und nicht ans Telefon gegangen bin? Woher weisst du davon, ich bin allein, das Licht war aus. Nein, ich habe mich nicht "unsittlich berührt", den Ausdruck hast du doch vom Michael Jackson Prozess. Musik gehört, mehr nicht. Ja ich weiss, das hört sich ungewöhnlich an, aber das ist ja wohl meine Sache, so wie es deine Sache ist, ob du mit deinem Bruder fickst. Überrascht? Sowas spricht sich halt schnell rum hier. Im Dorf dreht sich eben alles um Schwänze und so. Was sagen denn deine Eltern dazu, oder machen die mit? Ahja, sie wissen es nicht .. Du meinst wohl NOCH nicht, ich fühle mich doch immer so verpflichtet, der Wahrheit gegenüber ... Oh, und schon wird der Junge aggressiv ... Na, wer wird denn da drohen, in so einer Position? Aber ich hätte eine Idee, du könntest mir helfen, und ich könnte meine Mitteilungspflicht vergessen. Was hast du für eine Wahl, willst du dich wieder von deinem versoffenen Nazivater mit der Peitsche erziehen lassen, von mir aus gerne. Stimmt, ich bin ein Schwein, und deswegen kommst du jetzt bei mir vorbei, dusch dich vorher."

Fly legt auf, er freut sich auf das Treffen, wedelt sogar schon mit dem Schwanz. Das wird geil. Einen Sklaven hatte er lang nicht. Kühlschrank auf, Flasche Wodka raus. Großer Schluck. Noch einer. Nein, er muss sich keinen Mut antrinken, das ist nur die Gewohnheit. Yeah, da kommt er. Tür auf. Hi. "Wir haben viel vor heute Abend." Fly drückt ihm die Flasche in die Hand, ihn, das ist er, nennt man Jess im Dorf, weil das besser klingt als Ingo. Fly und Jess reichen die Flasche hin und her. "Jess, du ziehst dich jetzt aus, ich will deinen Arsch sehen." Den Befehlston hat er wirklich gut drauf, der kleine Goebbels. "Hör mal, können wir das nicht anders regeln?". Nein. Klamotten weg, der Kopf wird rot, der Penis bleibt klein. "Und jetzt: Hundestellung, los." Fly stellt sich hinter ihn, geht auf die Knie, Hose runter, rein damit und raus und am Ende Erleichterung seines Sacks und Jess` beklemmten Gemüts. Flys Freundin steht nicht so auf von hinten. Ansonsten ist sie ein nettes Mädchen, er liebt sie sogar manchmal.

Beide sind wieder angezogen. Der Wodka steht auf dem Tisch, der Deckel ist weg. Jess will gehen. "Was hast du vor? Ich hab doch gesagt, dass ich deine Hilfe brauche, heut Abend. Komm her, nimm noch einen Schluck." Widerstand bringt nichts, am Ende ist man gearscht, erinnert sich Jess an Sophie Scholl. "Wir gehen dann los, dunkel ists schon, das ist gut, das wird gut." Fly glaubt, alles im Leben ausprobieren zu müssen. Freiheit heisst für ihn, Grenzen zu töten. Alles langweilt. Über seinem Bett wacht "TU ES! " in schwarzer Farbe. Daneben hängen große Fotos von Frauen, die er niemals vögeln wird. "Also, es geht darum: du kennst doch den Bauer, der seine Tiere nachts besucht. Heute bekommt er mal selbst einen Besuch." "Und dann?" "Nichts und dann, wir gehen jetzt los." Unterwegs raucht Jess seine gesamten französischen Zigaretten, er zittert leicht. Kühl draussen. Felder und Wälder, Fly will die Straße meiden und pfeift nun "Spiel mir das Lied vom Tod", das findet er irgendwie passend. Alles im Leben ausprobieren, Fly hat ein Messer dabei.
 
B

bonanza

Gast
gut geschrieben. aber ziemlich irre. die charaktere
wirken irreal. das dürfen sie, aber in der kürze bleiben
sie in der luft hängen. deine "kurzgeschichte" bleibt
ein fragment - als ob ich durch die fernsehprogramme
zappe. irgendwie unbefriedigend. unfertig.
laß doch deine figuren noch ein paar seiten rumficken.
dann läßt sich vielleicht mehr dazu sagen.

bon.
 

Inu

Mitglied
Hallo nachtsicht

Keine sympathische Geschichte, aber brilliant geschrieben, finde ich. Und mit 'Aha'Effekt.

LG
Inu
 

Inu

Mitglied
Hallo nachtsicht

Du hast mich in einer PM gefragt, warum ich Dir eine 8 gegeben habe. Denn Du hast, wie Du sagst, erst ganz wenig geschrieben ( gepostet) und bist bei diesem Text sehr unsicher.

Also mir gefällt Dein Stil, schreiben kannst Du! Ich hab jetzt nicht nach Rechtschreibfehlern gesucht oder so.

Mir gefällt der kalte Monolog, das Telefongespräch, am Anfang. Der Schluss, der ja angedeutet wird, ist auch durchaus glaubwürdig. In dieser kurzen Geschichte hast Du eine ganze Lebenswahrheit beschrieben. Die negative Umgebung, der junge Typ in seiner Gemeinheit ist knapp und zügig geschildert und so drastisch, als sei man hautnah dabei. Du verlangst für Deine(n) Darsteller keine Sympathien, lässt den Leser eher zu einem angewiderten aber doch irgendwie auch faszinierten Zuschauer werden.

Na ja, der Titel mit dem ausgelassenen 'i', ist reißerisch, der schrie nach Aufmerksamkeit, kann aber auch gleich schon gegen den Text einnehmen. Mich hat er zum Lesen animiert.


LG
Inu
 

Nicolas

Mitglied
Der Text erinnert mich an "Clockwork Orange" (ich kenne leider nur den Film), ich weiß aber nicht, wo ich das konkret belegen sollte.
Der stärkste Augenblick ist für mich die Stelle wo das "Tu es" über dem Bett prangt. Auch das "Spiel mir das Lied vom Tod" hat mir sehr gut gefallen.
Der Titel gefällt mir zwar überhaupt nicht, aber das liegt vermutlich daran, dass ich vom Lande komme.

Nicholas
 

Stern

Mitglied
Hallo nachtsicht,

ich finde das hier sehr gelungen, auch wenn der Inhalt mal wieder widerwärtig ist. Es ist gut gemacht, nach meiner Einschätzung. Diesmal ist auch nichts Moralisierendes dabei, ganz ohne offene oder verdeckte Wertungen beschreibst du die Situation. Beinahe bleibe ich unberührt, gleichzeitig doch irgendwie gefesselt. Empfinde die Szene zwar als widerwärtig, sehe die handelnden Personen dabei aber erstaunlich wertungsfrei. Weder tut mir Jesse tatsächlich leid, noch bin ich versucht, Fly zu verurteilen. Sonderbar.

Herzliche Grüße,

Stern *
 



 
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