Im Mai

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Melchior

Mitglied
Im Mai

Wer hier einen doppelten Boden vermutet [suche und du findest] ist weise. Die Personen sind frei erfunden. Das zum Geleit. Ein kleiner Junge steht am Fenster. Er zieht die Gardine zur Seite und schaut und sieht in den Hinterhof, vom Nachbarhaus. Mauern trennen schäbig da Katze auch Vögel sandig morscher Putz. [rote Ziegel mit grünem Gras darunter] Der Junge sieht jemanden ein Buch lesen und sieht und winkt nach einem Freund. Der kommt so schnell er kann ans Fenster. Nun schauen beide zu dem lesenden Fremden im Gras im Hinterhof. Nun schatten Vögel flüchtig Katze und Mauer roter Putzlöcher gegen blauen Himmel und Wolken. Und wohl haben sie nichts Besseres zu tun. [Kopfzustände] Das Fenster ist offen jetzt. Ein Junge: Hallo du Fremder! Hallo du lesender Mann! der andere. [Wer hier gesehen werden will ... sollte von sich hören lassen] Der fremde Mann ist Herr Meier. Meier reaktionslos und liest. Die Katze auf der Mauer zielt auf Vögel. Zweimeterfünfzig mit sandig löchrigem Putz nach unten. Was liest du da? Der fremde Meier sitzt und liest und sitzt und steckt sich eine Zigarette in den Mund. Was liest du da und rauchst? – Genau und was sitzt du da, du Mann? Sonne tötet Schatten überflutet Haus Hinterhof mit Katze Vögel Mann. Zu der Zeit nahezu mit dreißig Grad. Wohnst du hier? Meier schulterzuckt und raucht und liest und sitzt und raucht zuviel. [Dieses Objekt wird zur Vermeidung von Straftaten videoüberwacht] Das zu glauben steht jedem frei. Mann [Meier] Freiheit Mauer Katze will Vögel Zigarette Buch Schulterzucken. [Keine Ahnung] Bist du Schriftsteller, Mann? der eine Junge. Ja, oder Reporter? der andere. Gegenüber jetzt geht ein Fenster auf. Das ist die kleine Maria, die hat den Lärm gehört. [Weil ich die Schnauze gestrichen voll hatte ... habe ich mich einfach gemeldet.] Was macht ihr da Jungs?
Wir beobachten den Mann. Maria lehnt sich aus dem Fenster, ihrem. Hinterhof Mauern Meier brauner Stuhl. Katze vogelt unter Sonne. [Zweimeterfünfzig] Welchen Mann denn? Fragt das süße Kind. Die Jungen zeigen simultan: Der da unten sitzt mit dem Buch und raucht und schulterzuckt! Was macht der da? Meier drückt die Zigarette aus und Maria schaut ihn an: Eigentlich gefällt er mir ganz gut. He du Mann, wollen sie Nudeln essen? Maria. Ja, oder haben sie einen Bruder, der so aussieht wie sie? So die Jungen gegenüber. Schulterzucken. Katze liegt und frisst blau, den Vogel, Rot! Zweige Baum Gras grün mit Mauer. Maria: Hören sie gerne Musik? Was ist das für ein Buch? Die Jungen: Sind sie Fußballfan? Maria: Haben sie eine Frau, oder eine Freundin? und nun die Jungen: Sind sie Feuerwehrmann? Meier zuckt Schulter. [Mit Speck fängt man...] So werden die Jungen langsam böse. Warum redest du nicht? Du blöder Mann, du dummer Sitzemann, du alter Bücherwurm du! Die Jungen lachen Maria sagt: Dabei schien er so nett, als er damals das Eis bezahlt hat. Der will uns verdummen will uns locken. Sagen die beiden am Fenster erregt und haben vielleicht recht soweit. Aber Meier hat keine Bonbons oder Schokolade für die drei dabei. Die kleine süße Maria ist schier außer sich vor Freude über ihr Bild. Jungen zörnen unzufrieden Mann Meier Leser Raucher sitzt im Hinterhof. [So sei es!] Du altes dummes Schwein, du Aas kannst was erleben! und: Dem zeigen wir’s! Der wird sehen was er davon hat! schreien die Jungen und tragen Steine Spielsachen Müll auch Essensreste zusammen. Meier? Sitz Buch Schulter zuckt unentwegt Maria Lachen Applaus gegenüber. [Mutter sagt...] Wir sind bereit, willst du jetzt mit uns reden, du Affe? Doch Meier sitzt im gewohnten Licht. Die Jungen werfen alles Müll Steine ziegeln treffen Mann Blut über und über Sachen Schläfe Gras rot Abfall. Nach eine Weile dann ist die Gestallt des Mannes, Meiers, vollkommen von Geworfenem bedeckt mit viel Blut.
Plötzlich steht Meier auf! Den drei Zuschauern stockt der Atem. Augen glotzen große Erwartung Staunen Bauklötze. Nein! Nein! Nein! Schreit die Kreatur und schmeißt das Buch zur Seite ins rotbunte Gras. Meiers äußere Erscheinung was man sehen kann beginnt zu tanzen und zu singen. Super Klasse weiter so, du schöner Fremder! fordert Maria am Fenster und lässt jede Hemmung fahren. Die Jungen staunen noch über das ungewöhnliche Verhalten, aber stimmen mit ein, schließlich: Sing lauter wilder Tänzer! Sing lauter! Diese Reaktion scheint übertrieben bei diesem romantischem Lied vom völlig entstellten bluttriefenden Müllabfallmeier.
Mann Tanz Gesang Müll hinterm Hof begeistert Leute Kinder. Maria lehnt in ihrer Begeisterung zu weit überm Fensterbrett. Ich bin so glücklich, so verliebt! sind ihre letzten Worte bevor sie fällt. Sie hatte sich nicht in Meier getäuscht. Nur die satte Katze sieht den Sturz. Meier Jungen auch Vögel lassen sich nicht stören im Treiben. [Betreten verboten!] Der Hausmeister kommt. Auf die Müllhalde. Schuss mit diesen Kindereien, oder ich werde böse! Meier Jungen und die Vögel lassen sich nicht stören. Auch die Katze nagt weiter an Marias Leiche. Als der Sängertänzer im Tanzgesang über den Hausmeisterkehrbesen fällt und aufwacht. Wer glauben sie, Herr Meier, soll das wieder in Ordnung bringen? Das ist nicht meine Schuld! sagt Meier. Die Jungen müssen zum Abendessen. Meier weiter: Es war nur ein Spiel, ein harmloses Kinderspiel.

Nachwort:

Wer hier einen doppelten Boden vermutet ist weise. Wer hier einen Sinn entdeckt hat nichts verstanden, denn die Personen sind frei erfunden. Das ist der Schluss, doch nicht das Ende. [Sich regen bringt Segen] Auf bald!
 
D

Daktari

Gast
grübel grübel

Hi, Melchor!

Der hintergründige Sinn dieser Parabel ist leicht ersichtlich, aber es ist schwierig, den Weg zu Ende zu gehen. Die Geschichte ist wahnsinnig anstrengend, da der Blickwinkel dauernd springt - Mann - Jungen - Maria - Katze. Der Leser ist überanstrengt, hat vielleicht gar keine Lust, nach einer Weile weiter zu lesen.
Und ein wenig unlogisch auch. Stehen die Häuser so eng zusammen, daß man sich so ohne weiteres unterhalten kann? Und wo haben die Jungs in der Wohnung die Steine zum Werfen her? Und warum tanzt der Mann?

Der Hintergrund der Parabel ist brisant und für jeden begreifbar, der sich mit Zeitgeschichte befasst. Darum halte ich die Basis des Textes nicht nur für gut, sondern sogar wichtig. Mit etwas Feinarbeit gibt da ein erstklassiges Werk.

Ciao
Tim
 
P

Papyrus

Gast
Große Kunst

Endlich habe ich den Text gelesen Melchior.

Bin sehr entzückt,

anstrengend zu lesen finde ich ihn nicht,

"Hintergrund der Parabel"
"Zeitgeschichte" ?

Generationsprobleme?
Gedankenwelten/Traumwelten?

Mit den Konsequenzen der Neugier leben müssen?
'Zauberlehrling' ?

Melchior, du schwärmtest mal von dem Eigenleben/Konsistenz/Eigener Welt der Leselupe

Ich habe da akustisch verstanden, dass: Können die Häuser sich miteinander unterhalten, wenn sie so weit auseinander sind?

Nun scheint es, wie geschrieben, aber anders.
Im anderen Sinne konnte ich verstehen was du meintest, Melchior, aber die Häuser unterhalten sich ja nicht.

Eine famose Geschichte.
Erschließt sich mir aber nicht das in den eckigen Klammern;
eine zweite(weitere?) Ezählperspektive?,
das 'übere' Ich des (ohne-hin-schon-all-wissenden) Ezählers?

Kritisieren die Kinder, dass die Erwachsenen nicht mit Ihnen reden?

Absurdes Theater

Und werden sie zur Handlung gezwungen,
werden weitere Fragen aufgeworfen

"Zeitgeschichte"?


Herr Meier schreibt/liest über das Leben,
kriegt aber das Unmittelbare um ihn herum nicht mit?

'Das Leben pausieren wollen, damit man über das Leben erzählen kann' ?


Letztendlich 'sowieso' nur ein Traum des Herrn Meiers,
der noch schlaftrunken nach dem Aufwachen Realität und Traum vermischt............

bemerkt niemand Marias Fall?

absurdes Theater


ja


grandios

würde mich gern prägnanter ausdrücken können

egal


gute Arbeit noch



TRÖDel....!!!!!!!!
 

Jo Klexx

Mitglied
Koan

Hallo Papyrus,
ein Koan ist in der Zen-Meditation ein Spruch, Satz,e.t.c. als Aufgabe, die mit dem Verstand und dessen herkömmlicher Art zu denken nicht zu lösen ist. Ziel ist die Loslösung vom Denken als Schritt zum "Sartori" der Erleuchtung, die nach Aussagen Wissender durchaus auch beim Pinkeln stattfinden kann.
Neulinge in Zen-Klöstern durften sich, da auch niedrige Beschäftigungen wichtig sind, zur Vorbereitung auch jahrelang mit dem Fegen des Hofes beschäftigen.
Gruß
Jo
 
P

Papyrus

Gast
...............

dann weiß ich ja,

dass ich weiterhin,

sinnlose gedichte schreiben kann
von riesen und walen
 



 
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