Im Rauschen des Regens

coxew

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Ein Geschichte, die an Vergangenes erinnert, das nicht vergessen ist

Für Leser ab 7 Jahre

Im Rauschend des Regens

Gestern bin ich wieder zur Wiese am kleinen Berg gelaufen. Hier gefällt es mir sehr. Von März bis Oktober blühen viele Blumen. Still ist es und heute herrlich warm. Weit über mir tirilieren die Feldlerchen. Aber man kann sie nicht sehen, weil sie so klein sind. Der Wind wispert, wenn er durchs hohe Gras fährt. Und unzählige Zikaden zirpen. Nur von der Stadt her dröhnt es dumpf und ununterbrochen. Aber nach einer Zeit hört man es gar nicht mehr.

Ich rieche Sommerblumenduft. Maikäfer breiten ihre Flügel. Ameisen krabbeln halmab, halmauf. Dicht neben mir flattert ein hellbrauner Sperling aus dem Gras auf. Vereinzelt und dann immer öfter klatschen dicke Regentropfen auf meinen Kopf und die Schultern. Extra langsam laufe ich den Feldweg zur Stadt zurück. „So ein Sommerregen ist doch was herrliches“, sage ich mir. Dann packt mich wie üblich unerklärliche Angst und Panik. Ich meine, was kann mir ein Sommerregen anhaben? Ich werde nass. Vielleicht friere ich ein bischen. Das ist aber bei diesen Temperaturen eher unwahrscheinlich. Ich lache plötzlich los. Grell zackt ein Blitz aus dunkelgrauen Wolken zur Erde. Aus völlig anderer Richtung antwortet verhaltenes Donnergrollen. Hier draußen donnert es mächtiger als unten in der Stadt. Und schon sind gewinnen wieder Angst und Panik die Oberhand. Doch zu ihnen gesellt sich mein Lachen. Die Blumen am Wegrand leuchten stärker. Das Gras scheint grüner zu sein. Durch das Rauschen des Regens, der Erinnerung weckt, laufe ich und laufe ... Gierig saugen mein Haar und meine Haut, die Jeans und das Shirt den warmen Regen auf. Meine Schuhe glänzen vor Nässe.

Uroma sagt, die Angst hat mir Mama mitgegeben. Mama, ihre Mama, ihr Vater und die Uroma mussten damals zum Ende des Krieges ihre Heimat verlassen. Es war Februar und kalt. Und wie die anderen Dorfbewohner durften sie kaum etwas von Zuhause mitnehmen. Sie sind weite Strecken zu Fuß gegangen, Tag und Nacht. Sie fürchteten sich vor jeder Schneeflocke, jedem Regentropfen. Denn wenn sie nass wurden, konnten sie nicht ins Warme. Mama war damals sieben Jahre, genau soviel wie ich heute bin.

Als ich zuhause ankomme, hat der Regen aufgehört. In den Abertausenden Wassertropfen an Grashalmen und auf Blättern bricht sich regenbogenfarbig das Sonnenlicht.
 



 
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