In den Städten der Nacht

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I

Ivor Joseph

Gast
Das ist ein schönes Beispiel für Metaphern, die man mit dem Kopf
versteht (meistens dann, wenn man zweimal lesen muss) - mit anderen
Worten, die nicht funktionieren.

Darüber hinaus sind sie Selbstzweck.

LG, Ivor
 

HerbertH

Mitglied
Lieber Ivor,

wie Du sicher verstehst, kann ich mich Deiner Meinung nicht anschliessen :).

Auf jeden Fall aber hab Dank für den Kommentar.

lG

Herbert
 
I

Ivor Joseph

Gast
Natürlich; und ich würde auch nicht Texte oder Autoren
kommentieren, an denen mir nichts liegt, sondern nur die, die ich für prinzipiell gut halte.

Und natürlich irre ich mich oft. Es kommt aber vor, dass man selbst etwas im eigenen Text sieht, das bei anderen - in diesem Falle bei mir - so nicht "ankommt".

Mal sehen was andere Leser dabei empfinden, wobei ...
Es ist etwas anderes sich zu freuen, dass man es verstanden, enträtselt hat (führt meistens zum Wohlwollen dem Autor gegenüber), und etwas ganz anderes, ob es lyrisch, unmittelbar und aus der Tiefe wirkt.

LG, Ivor
 

Rhea_Gift

Mitglied
Ein Rätselei - jaa - das ist wahr. Das Starren - da muss ich an Tod denken... der zumindest dieses mal noch - aber langsam - vorbeireitet... aber ist das gemeint? Könnte auch was ganz anderes sein... ziemlich kryptisch - fängt mich emotional nicht so recht - was fängt, ist das Rätsel... also, wie Ivor richtig sagt, hier eher der Kopf angesprochen... der zumindest bei mir etwas ratlos bleibt... :(

LG, Rhea
 

meradis

Mitglied
Hallo Herbert,

ich bin auch noch am sinieren, aber
das rieselnde Glas
hat es mir echt angetan.
Rieselndes Glas - Geschmolzene Zeit.

Liebe Grüße
Conny
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Ihr Lieben,

nur ganz kurz, leider.

Es geht um Zeit, klar, und es sind paradoxe Bilder, das ist gewollt.
Es geht um Nacht-, genauer Traumzeit und -bilder.

Es ist eine verkehrte Welt: Glas rieselt statt Sand, dafür sind es Hütten aus Sand.

Zeit wird zur Person ("Minuten hausen"), wie auch Handlungen ("Das Starren reitet").

Viel Spass bei weiterem Rätseln.

Das Bild der geschmolzenen Zeit ist eine tolle Assoziation.

lG

Herbert
 
H

Heidrun D.

Gast
Lieber Herbert,

mir gefällt dieses Gedicht super - der Gedanke an die apokalyptischen Reiter drängt sich mir sofort auf.

Im Tod ist Anfang und Ende und -
Umkehr.

Glückwunsch!

Einen kleinen klanglichen Patzer könntest du noch ausbügeln:

In den Städten der Nacht
hausen Minuten in Hütten aus Sand

Durch die Dächer
rieselt Glas aus [strike]den[/strike] Stundenuhren

Das Starren
reitet langsam vorbei
und m. E. die Zeichen rausnehmen.

Noch lebendige Grüße
Heidrun
:)
 

meradis

Mitglied
Lieber Herbert,

hier meine Textassoziation:

In den Städten der Nacht
(In Träumen)

hausen Minuten in Hütten aus Sand
(Minuten = Sandkörner.
in Hütten aus Sand = Glas ist geschmolzener Sand = Sand in Stundengläsern)

Durch die Dächer ???

Rieselt Glas aus den Stundenuhren
(Rieselt Glas = rinnt geschmolzener Sand = geschmolzene Zeit)
aus den Stundenuhren (stundengläsern, die auch aus geschmolzener Zeit bestehen. Habe versucht darüber zu sinieren: Aua.)

Das Starren reitet langsam vorbei
(die Apokalypse wirft einen laaangen Blick darauf)



In Traumstätten

Sand in Stundenglashäusern

Geschmolzene Zeit fließt in Paradoxes

starrende Apokalypse


Die "Dächer" passten nicht in meine Assoziationen.
Deinen Hinweisen nach, wolltest Du auf etwas anderes hinaus.


Liebe Grüße
Conny
 
H

Heidrun D.

Gast
Das stimmt aber nicht, Meradis,
uns` Herbert bleibt trefflich im Bild:

- Stadt
- Hütte
- Dach

Bei der Gelegenheit ist mir aufgefallen, lieber Herbert, dass du "Hütten" gut durch "Häuser" ersetzen könntest ...

Grüßle
Heidrun
 
G

Gelöschtes Mitglied 8146

Gast
Dieses Gedicht ist nichts für das ungeübte lyrische Auge. Es ist aber ein Leckerbissen für alle Lyrikfans. Wenn ich Punkte vergeben könnte, dann würde ich eine glatte 10 geben.

Es handelt sich hier um deutsche Städte im zweiten Weltkrieg nach einem Bombenangriff. Deshalb sind es auch Hütten und nicht Häuser. Deshalb kommt die geschmolzene Zeit von oben durch die Dächer. Sand schmilzt bei Hitze zu Glas; da denk ich an Hamburg und Dresten.
 

meradis

Mitglied
Liebe Heidrun,

ich weiß, daß Herbert etwas Anderes meinte.
Aber der Text ließ so viele Assoziationsmöglichkeiten...

für mich ein sehr interessantes und anregendes Bild.

Ich finde, Herbert´s Text ist abstrakte Kunst.

L.G.
Conny
 

Ralf Langer

Mitglied
Ein Stück wie Hölderlins

„Uns ist gegeben keine Stätte zu ruhen“
Meine Meinun:
Dies Stück darf länger sein,
darf mit mehr Zeiten, Uhren spielen
Wäre gerne länger in ihm verweilt


Ich ersetzte Dächer möglicherweise durch Schindeln.das
Das Dach ist für mich eher geschlossen.
Die Schindeln sind nur aufeinander gelegt
da kann es in den Zwischenräumen rieseln
M.E. Pass die Schndel auch besser zur Hütte.


Idee zur letzten Strophe


„Erstarrtes
schreitet langsam

vorbei“

tolles Stück!

ralf
 

ENachtigall

Mitglied
In den Städten der Nacht
hausen Minuten in Hütten aus Sand.

Durch die Dächer
rieselt Glas aus den Stundenuhren.

Das Starren
reitet langsam vorbei.

In den Städten der Nacht
hausen Minuten in Hütten aus Glas

Durch die Stundenuhren
rieseln Dächer aus Sand

Das Starren
reitet langsam vorbei

Hallo Herbert,

das Gedicht läd dazu ein, mit den Worten zu spielen; sie zurückzuordnen zu Formationen, aus denen sie entstanden sein mögen. Das habe ich in meinem Gefüge versucht durch wenige Umstellungen. So komme ich dazu, es als Zeugnis einer Auflösung von genormten Bezugssystemen zu verstehen. Die Metaphern führen sich selbst ad absurdum, wie Ivor zu recht bemerkt. Ich denke, das ist von Dir beabsichtigt.

Gern gelesen und zu rekonstruieren versucht.

Grüße von Elke
 

HerbertH

Mitglied
Hallo miteinander,

von der Resonanz bin ich jetzt geradezu überwältigt. Ich muss die vielen guten Vorschläge in Ruhe Revue passieren lassen, wozu mir leider gerade die Muße fehlt :(.

Ich werde auf jeden Fall noch mal über den Text gehen, voraussichtlich kommende Woche.

Danke nochmal und auf bald

lG

Herbert
 
B

Beba

Gast
Bei dieser Art Lyrik ist doch gar nicht entscheidend, was der Autor sagen will. Er will auch gar nichts sagen, sondern wartet ab, was der Leser liest und sagt erst dann aus. ;)

LG
BeBa
 

HerbertH

Mitglied
Lieber Bernd,

ein bisschen habe ich mich schon gewundert, so indirekt als "Autor dieser Art Lyrik" von Dir angeredet zu werden, mit Intentionen, die ich für mich nicht nachvollziehen konnte.

Also ich wollte schon etwas sagen mit diesem Text, sonst hätte ich ihn nicht geschrieben. Du hast recht, dass ich diese Bilder nicht im einzelnen deuten werde.

Denn dass nicht jeder meine Bilder im Kopf haben kann, ist wohl auch klar. Dass der Text anscheinend so vielfältige Assoziationen wecken kann, sehe ich persönlich nicht als Makel, im Gegenteil.

Ich schlage vor, dies ausserhalb dieses Threads weiter zu diskutieren.

lG

Herbert
 



 
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