Inne Boutique

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Inne Boutique

Ich hatte mir mit dem Überredungsjoker en dicket Eigentor geschossen! Ich Idiot hätte doch wissen müssen, dat Berta mein Angebot für neue Klamotten nich bescheiden ablehnen würde, wie dat andere brave Ehefrauen tun würden.
Ich wollte mich am nächsten Morgen eilig verdrücken und aufe Maloche flüchten, da hatte mich Berta schon beim Wickel und erinnerte mich ungewöhnlich höflich an mein Versprechen:
„Komm, mein Willi“, trällerte se, „hasse denn schon vergessen, dass du gestern die Trachten-Boutique angerufen hast? Du hass für heute 9.30 Uhr en Termin gemacht. Du muss auf jeden Fall mit dabei sein, mein Liebling, denn heute kleide ich mich nur für mein Böcklein ein. Meine äußere Erscheinung soll ja in erster Linie meinem genetischen Jäger und Sammler schmeicheln. Willilein, du hass ja völlig Recht, dat geht ja nun wirklich nich. Du als Jäger hass die neueste Jagdmode am Leib und ich lauf rum wie en Putzlumpen. Schließlich kommen demnächst große gesellschaftliche Verpflichtungen auf uns zu. Jägerbälle, Versammlungen, Jagdmessen und wer weiß wat sonst noch allet. Ich versteh gut, dass du dich in Jagdkreisen nich mit mir blamieren willz, mein lieber, angehender Jägersmann, mein stolzer Platzhirsch.“
Ich hörte wohl nich richtig. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dat in ihrem Tonfall ne Verarschung lag. Ich konnte und wollte dat jetz nich deuten. Bloß jetz keinen Zoff mehr!

Also stiefelte ich mit ihr zu dem Nobelschuppen. Schon von außen sah der Laden klotzig teuer aus. En riesiger ausgestoppter Elch stand vor dem Eingang. Zig Edelmarken lagen einladend dekoriert hinter zehn großen Schaufensterscheiben.
Zwei aufgedonnerte Weibsbilder empfingen uns überschwänglich mit sonne ekelhaft aufgesetzten Höflichkeit.
Die eine Olle hatte ne Einstangenbrille auf ihrem Zinken, da baumelte ne dicke Goldkette dran. Et entging auch nich meinem scharfen Blick, dat beide Empfangsdrachen son lauerndet, geldgieriget Grinsen inne Visage hatten.
Ich wurde mit meiner blauen Klempnerlatzhose erst ma von oben bis unten gemustert. Die Weiber peilten mich derart verächtlich an, als täten se denken: „Kann dat arme Schwein die Schale für seine Frau überhaupt berappen?“ Wo war ich denn hier gelandet?
Dat war genau dat Richtige für mich! Dieset blöde, abschätzende und affige Getue. Wer sind die denn, dat se so wat denken dürfen? Dat war richtige Diskriminalisierung!
In dem Laden kaufte wohl nur die Heifidelleti, also die oberen vonne Zehntausend hier im Revier.
Damit ich den Weibern nich int Handwerk pfuschen konnte, manövrierten die mich mit ner Tasse lauwarmem Kaffee und son halbpornografischet Magazin in sonne dunkle Ecke und setzten mich an son kleinen Glastisch. Ich war kaltgestellt!
Bäh, wat waren dat listige Verkaufsbiester! Die kannten uns Kerle aussem Eff Eff!
Die andere Verkaufsxanthippe war en richtigen steilen Zahn, son Vamp oder Vampir. Die wusste genau, wie se aufe Kerle wirken tat. Die hatte en kollossal klebrigen Blick und lenkte mich äußerst geschickt ab. Die schlich wie sonne Raubkatze an mir vorbei und streifte mich jedetmal. Dat tat dat Aas extra! Dann bückte die sich derart provoziös vor dem untersten Wandregal, dat ich zwangsläufig in die ewige Verdammnis peilen musste. Dat Frauenzimmer hätte dat auch bestimmt gerne gehabt, wenn ich ihr ma auf den einladenden Hintern gekloppt hätte. Da war ich mir fast sicher. Aber eben nur fast – vielleicht war dat aber auch sonne Abgebrühte, die dann womöglich wie son waidwundet Tier geschrieen, und dich vor alle Leute als Lustmörder beschimpfte hätte.
Den Gefallen hab ich ihr natürlich nich getan, so wat lief nich mit Willi Püttmann! Die beiden Verkaufsdrachen nahmen meine Berta voll inne Mangel. Ab und zu hörte ich einige Wortfetzen:
„Gnädige Frau, ganz entzückend, wie maßgeschneidert. Der letzte Schrei. Das Jagdgrün ist klassisch, trotzdem ganz moderner Chic. Ein Trend-Hilight für ihre Figur. Hier die knielange Variante in handschuhweichem Lammnappa und edlem Glanzfinish.“
Ich dachte mir: „Wenn ich mir bei C&A wat kaufen tu, machen die Ladenschwengel nich son Brimborium mit dir. Mir wurde sofort klar: „Willi, dieset Schmeichelgetue kostet dich richtig Kohle, da kannze Gift drauf nehmen.“
Berta kam schon dat vierte Mal auße Umkleidekabine. „Willi, kuck ma, steht mir dat Dirndl? Iss dat nich zu gewagt? Iss dat nich etwat zu kurz, und hier oben, schau ma, da kommen ja schon die Mollis raus.“
So ging dat genau sechszehn Mal! Ich hab dat gezählt, weil mir dat Sitzen inne Abschiebecke stinklangweilig wurde. Die hatten nich ma ne vernünftige Jagdzeitung in der Trachtenbude ausliegen.
Ich trommelte voller Ungeduld mit die Finger aufm Glastisch rum, hab ganz verzweifelt die Augen verdreht und son paar Mal nervös gehüstelt. Zum Schluss bin ich wie son Raubtier in dem Laden auf und ab getigert.
Meine aufkommende Unruhe hatte die eine Tussi bemerkt und mir die fünfte Tasse Kaffee so geschickt eingeschenkt, dat se mein Gesicht dabei berührte und ne Ladung von ihrem Verführparfüm voll in meine Riechkolben strömen ließ. So ein verdammtet Luder! Dat Zeug beflügelte für ne Viertelstunde meine empfindlichsten Sinne.
Et war mittlerweile 12.00 Uhr. Die ausgewählten Trachtensachen türmten sich auf der Verkaufstheke. Ich kriegte fast die Motten.
„Maul halten“, dachte ich, „du Blödmann hass dir dat mit dem idiotischen Joker selbst eingebrockt. Jetz hasse den Salat. Du muss im Moment kuschen und vor allem, ruhig bleiben. Ich wurde immer kribbeliger. Ich hätte am liebsten vor lauter Wut alle Kleiderständer umgeschmissen.
Also, für mich iss die Warterei aufe eigene Ehefrau dat Schlimmste, wat et überhaupt gibt! Offensichtlich kapieren dat manche Frauen nie! Die können sich einfach nich in die Seele von einem wartenden Mann versetzen, dat schaffen die Weiber nich! Da iss eine wie die andere.

Immer noch waren die schrappigen Aasgeier mit Berta zugange: „Gnädige Frau hier und gnädige Frau da.“ Wat dachten die blöden Ziegen denn, wen se da bedienten? Berta iss doch keine Millionärin oder so wat, und gnädig isse schon ma überhaupt nich! Ich kenn se ja schließlich lange genug. Dann hörte ich wieder dat dösige Verkaufsgesülze:
„Nein, Frau Püttmann, dieses Exclusivmodell steht Ihnen ja wirklich wie angegossen. Diese edle, warme Outdoorjacke für lange, kalte Winterabende auf dem Hochsitz. Supersoft, anspruchsvoll verarbeitet und sehr feminin.“
Ich wurde bald bekloppt. Ich wartete bereits dreieinhalb Stunden in diesem Muffladen.
Mit größter Beherrschung und einstudierter Zurückhaltung fragte ich ma leise an: „Berta, bisse gut zurecht gekommen, dauert et noch lange?“ Dann fragte ich noch lauernd, ob dat wirklich schon allet sei, sie könne doch unmöglich schon mit dem Einkauf fertig sein.

Sie flötete zurück: „Aber ja doch, mein Liebling. Alle achtzehn Teile sind ganz entzückend, wir sind gleich fertig. Ich danke dir auch für deine Geduld. Dat iss ja ein ganz neuer, wirklich süßer Charakterzug von dir. Du überrascht mich immer wieder, mein Willilein.“
Wenn die wüsste! Ich hätt se abmurksen können!
Achtzehn Teile? Die Worte klangen in meinen aufgeschreckten Lauschern nach. Die gemeinste Überredungskünstlerin von der Modebude schwirrte auf mich zu. „Herr Püttmann, Sie zahlen doch sicher bargeldlos?“ Dat unterstellte mir die Hippe mit der arroganten Schnauze einfach!
„Bitte unterschreiben Sie hier unten. Ihre Frau Gemahlin hat einen erlesenen Geschmack, Sie können stolz auf Ihre Gattin sein, bitte beehren Sie uns recht bald wieder“. – So wat wagte dieser katzenfreundliche Besen in meinem Zustand noch tatsächlich zu sagen!
Fassungslos stammelte ich: „Ja, jawohl, ja, wie wahr, meine Frau Gattingemahlin hat einen umwerfend verlesenen Geschmack.“
Meine Augen klebten an dem Rechnungsbetrag. Ich sah wohl nich richtig? Ich peilte extra noch ma auf die Rechnung. Ich war fertig. So eine Unverschämtheit.
Meine Pupillen verengten sich, die Hände zitterten, Blutleere im Kopp! Dann schoss mir dat Blut wieder in die Birne rein. Ich stand kurz vor ner Ohnmacht oder nem Tobsuchtsanfall.

Berta stand die ganze Zeit mit verschränkten Armen vor der Ladenkasse. Genüsslich beobachtete sie mein Minenspiel. Schadenfroh grinste se mich an. Sie sah, wie ich nach Luft und Beherrschung ringen tat. Dat war weiblicher Sadismus pur! Wat in mir vorging, können Se sich überhaupt nich vorstellen!
Zweitausendzweihundertzweiundachtzig Euro! Dat waren bis auf 2,43 € genau der Betrag, den ich bisher für die Treibergrundausstattung und die Lehrbücher bezahlt hatte.
Den Angriff hatte Berta genau geplant! Wahrscheinlich sogar mit den Verkaufsweibern abgestimmt.
„Wilhelm, mein Liebling, ich danke dir für deine Großzügigkeit und Geduld, du liebster Schatz. Wolltest du dir nich auch noch etwas kaufen?“
„Ich? Nee, ich hab die Schnauze voll! Ich kauf meine Brocken morgen bei der Raiffeisengenossenschaft. Mahlzeit!“
Entnervt rannte ich aus dem Modeschuppen, knallte die Ladentür zu und lief direkt zu ner kleinen Imbissbude. Hier standen völlig normale Menschen. Arbeiter, die Currywurst und Pommes verputzten und normal quatschten. Hier haute ich mir genüsslich zwei Flattermänner und drei Flaschen Bier rein. Danach ging et mir etwat besser, aber innerlich kochte ich noch.
Dat linke Dingen, wat Berta heute mit mir abgezogen hatte, dat würde ich ihr heimzahlen. Dat schwor ich mir.
 
I

Inky

Gast
Mein lieben Wolfgang, ich sitze hier inne Fankurve un bin sowas von am Tröten, Du!
Wenn Dich die Berta mal wegen die "rote Arbeit" nich mehr am Lieben is, bewerbe ich mich schonmal... mit so einen wie Dir willich auch mal im Trachtenladen shoppen gehen!


Lieben Gruß, Inky;))
 



 
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