Intensives Leben

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Duisburger

Mitglied
Ich mochte diese Räume nicht. Kahl, steril, technisiert. Warum musste eine Intensivstation immer aussehen wie die Schaltzentrale eines Kernkraftwerks mit Feldbetten?
Die Schwester deutete mit ernstem Gesicht auf ein Bett in der Ecke. Warum schauten die eigentlich immer so, als würde gleich der jüngste Tag anbrechen? Zögerlich trottete ich los und blieb dann unschlüssig stehen. Die Meisterin der knappen Gesten deutete auf einen kleinen Schemel an der Wand. Ich tat es ihr gleich und nickte mit ernstem Gesicht. Das Ding hatte Rollen und so glitt ich den letzten halben Meter in Bürostuhlmanier an das Bett heran, was mir einen missbilligenden Blick einbrachte. Ich schaute schuldbewusst, was sie mit einem Zusammenziehen ihrer Brauen quittierte.
„Na ,wie geht’s dir, Michael?“
„Grmmpf“
„Ach so, der Beamtmungsschlauch, entschuldige“
„Haaach, pfffft“ Pause. „Haaach, pfffft“ .
Unwillkürlich musste ich an Darth Vader denken.
„Luke, ich bin dein Vater. Haaach, pfffft“.
Ich musste mich beherrschen, um nicht laut zu lachen, aber ein breites Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Nun, Michael konnte man schwerlich mit Vader vergleichen, eher wohl mit Yoda oder ET, der Größe wegen und seinem Knautschgesicht.
Das Michael nun hier lag und seit zwei Wochen eine innige Freundschaft mit einer rostfreien Edelstahlbettpfanne hatte, lag an meiner nicht unmaßgeblichen Mitarbeit. Irgendwie hatte ich auch den Eindruck, dass er mich doch eine wenig verärgert anschaute. Aber da kann ich mich auch täuschen. Wer will das schon mit Sicherheit sagen, bei den vielen Schläuchen und Pflastern. Ich lächelte ihn daher zuversichtlich und unbefangen an.
„Wird schon“, sagte ich.
Dabei fing alles so harmlos an …




Ich mochte diese Räume nicht. Kahl, steril, technisiert. Sicherlich aber zweckmäßig. Unschlüssig blieb ich in im Türrahmen stehen und wartete. Eigentlich war mir danach, sofort wieder kehrt zu machen. Raus aus dieser gekachelten Gruft. Eine Krankenschwester kam auf mich zu.
„Sie wollen zu Herrn Milbrandt?“ Ich schrecke auf und außer einem knappen „Ja“ vermochte ich nichts zu sagen.
„Kommen Sie“ Sie ging vor mir her und bleib vor einem Bett stehen.
„Er liegt in Koma und muss beatmet werden, allein schafft er es nicht mehr.“ Sie deutete auf einen weißen Balg, der der sich beständig hob und senkte.
Ein-Aus. Leben pumpen.
„Kann er mich hören?“
„Das weiß keiner, versuchen Sie es ruhig. Schaden kann es nicht“. Sie wandte sich ab und ging zu einem anderen Bett.
Ein-Aus.
Ich Moment wusste ich nicht, was ich sagen sollte und so blieb es schließlich bei einem knappen „Hallo“. Ich kam mir hilflos vor und merkte, wie dumm das war. So wie er da lag, machte er einen Eindruck, der hilfloser nicht sein konnte.
Ein-Aus.
Ich setze mich auf den Hocker, den die Schwester für mich hingestellt hatte und nahm die unwirkliche Szene wahr, die diesen bewegungslosen Körper am Leben erhielt.
Zwei Tropfflaschen hingen an einer Art Galgen und farblose Flüssigkeiten verschwanden in Schläuchen unter der Bettdecke irgendwo in seinem Körper. Fast gleichzeitig tropfte es aus den beiden Flaschen und unwillkürlich beobachtete ich den Balg des Beatmungsgerätes um zu sehen, ob sich dieser dazu synchron hob und senkte.
Ein-Aus.
Auf dem Monitor über dem Bett konnte man den Blutdruck ablesen, daneben blinkte ein roter Punkt. Das Blut pulsierte noch. Der steile Zacken daneben der Schlag seines Herzens, die Pausen dazwischen kamen mir unendlich lang vor.
Eine unwirkliche Symphonie der Technik, die einen Körper daran hinderte, aufzuhören zu funktionieren, das Leben in ihm hatte keine Stimme mehr.
Ein-Aus. Tropen für Tropfen, Schlag für Schlag.
Ich wartete darauf, dass diese Maschinerie aufhörte zu arbeiten, der Balg verstummte, die grüne Linie eine solche blieb, der Monitor eine Null zeigte. Ruhe.
Ein-Aus. Immer noch.
Eigentlich sollte ich mit ihm sprechen, ihm sagen, was noch gesagt werden musste. Ich fragte mich, ob ich das für mich tun sollte oder für ihn. So etwas wie Absolution, wofür auch immer.
Ich nahm seine Hand, die seltsam warm und weich war. Unwillkürlich hatte ich eine kalte, steife Hand erwartet, wie die eines Toten. Überrascht drücke ich sie leicht und beobachtet sein Gesicht, erwartete eine Reaktion, das Zucken des Mundwinkels oder einen Bewegung der Augenlieder. Doch da war nichts. Vorsichtig löste ich meine Hand aus der seinen, wie bei einem Kind, das man nicht aufwecken will, weil es gerade eingeschlafen ist.
Ich schaute mir sein Gesicht an, nahm es zum ersten mal richtig wahr. Ich hatte ihn als alten Mann mit einem alten Gesicht in Erinnerung. Nichts spezifisches, nur erwartungsgemäß. Da war nichts besonders, nur die Spuren eines langen Lebens, welches seine Haut gegerbt hatte, die Falten und die Krähenfüße an seine Augen. Ob er viel gelacht hat?
Ein-Aus.
Etwas änderte sich, ich schaute hoch. Der kleine Punkt blinkte hektisch, die Zackenlinie wurde zu einem Gemälde eines wahnsinnigen Künstlers. Die Schwester wurde aufmerksam, kam schnell heran und starrte auf die Anzeigen.
„Was haben Sie gemacht?“ Es klang ganz ruhig, nicht vorwurfsvoll.
„Nur seine Hand gehalten, ganz kurz nur“. Sie nickte.
Ein-Aus.
„Wollen sie keinen Arzt holen?“ Ich war mittlerweile aufgestanden und starrte sie verwirrt an.
„Nicht nötig, damit war zu rechnen, nur eine Frage der Zeit. Warum ihn quälen?“ Sie sah mich an und lächelte.
„Er wollte es so. Das müssen wir respektieren“ Ich nickte nur.
„Tut mir leid. Stand er ihnen nahe?“ Sie kontrollierte noch einmal alle Anzeigen, versuchte an seinem Hals einen Puls zu ertasten. Da war nichts mehr.
„Ich kannte ihn nicht, fand ihn nur auf einer Bank im Park.“ Als wenn das wichtig wäre.
Die Zacken waren verschwunden, die Linie blieb. Kein Blinken mehr. Die Schwester schaltete das Beatmungsgerät ab.
Aus.
 

Duisburger

Mitglied
Ich mochte diese Räume nicht. Kahl, steril, technisiert. Warum musste eine Intensivstation immer aussehen wie die Schaltzentrale eines Kernkraftwerks mit Feldbetten?
Die Schwester deutete mit ernstem Gesicht auf ein Bett in der Ecke. Warum schauten die eigentlich immer so, als würde gleich der jüngste Tag anbrechen? Zögerlich trottete ich los und blieb dann unschlüssig stehen. Die Meisterin der knappen Gesten deutete auf einen kleinen Schemel an der Wand. Ich tat es ihr gleich und nickte mit ernstem Gesicht. Das Ding hatte Rollen und so glitt ich den letzten halben Meter in Bürostuhlmanier an das Bett heran, was mir einen missbilligenden Blick einbrachte. Ich schaute schuldbewusst, was sie mit einem Zusammenziehen ihrer Brauen quittierte.
„Na ,wie geht’s dir, Michael?“
„Grmmpf“
„Ach so, der Beamtmungsschlauch, entschuldige“
„Haaach, pfffft“ Pause. „Haaach, pfffft“ .
Unwillkürlich musste ich an Darth Vader denken.
„Luke, ich bin dein Vater. Haaach, pfffft“.
Ich musste mich beherrschen, um nicht laut zu lachen, aber ein breites Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Nun, Michael konnte man schwerlich mit Vader vergleichen, eher wohl mit Yoda oder ET, der Größe wegen und seinem Knautschgesicht.
Das Michael nun hier lag und seit zwei Wochen eine innige Freundschaft mit einer rostfreien Edelstahlbettpfanne hatte, lag an meiner nicht unmaßgeblichen Mitarbeit. Irgendwie hatte ich auch den Eindruck, dass er mich doch eine wenig verärgert anschaute. Aber da kann ich mich auch täuschen. Wer will das schon mit Sicherheit sagen, bei den vielen Schläuchen und Pflastern. Ich lächelte ihn daher zuversichtlich und unbefangen an.
„Wird schon“, sagte ich.
Dabei fing alles so harmlos an …




Ich mochte diese Räume nicht. Kahl, steril, technisiert. Sicherlich aber zweckmäßig. Unschlüssig blieb ich in im Türrahmen stehen und wartete. Eigentlich war mir danach, sofort wieder kehrt zu machen. Raus aus dieser gekachelten Gruft. Eine Krankenschwester kam auf mich zu.
„Sie wollen zu Herrn Milbrandt?“ Ich schrecke auf und außer einem knappen „Ja“ vermochte ich nichts zu sagen.
„Kommen Sie“ Sie ging vor mir her und bleib vor einem Bett stehen.
„Er liegt in Koma und muss beatmet werden, allein schafft er es nicht mehr.“ Sie deutete auf einen weißen Balg, der der sich beständig hob und senkte.
Ein-Aus. Leben pumpen.
„Kann er mich hören?“
„Das weiß keiner, versuchen Sie es ruhig. Schaden kann es nicht“. Sie wandte sich ab und ging zu einem anderen Bett.
Ein-Aus.
Ich Moment wusste ich nicht, was ich sagen sollte und so blieb es schließlich bei einem knappen „Hallo“. Ich kam mir hilflos vor und merkte, wie dumm das war. So wie er da lag, machte er einen Eindruck, der hilfloser nicht sein konnte.
Ein-Aus.
Ich setze mich auf den Hocker, den die Schwester für mich hingestellt hatte und nahm die unwirkliche Szene wahr, die diesen bewegungslosen Körper am Leben erhielt.
Zwei Tropfflaschen hingen an einer Art Galgen und farblose Flüssigkeiten verschwanden in Schläuchen unter der Bettdecke irgendwo in seinem Körper, nährten ihn. Fast gleichzeitig tropfte es aus den beiden Flaschen und unwillkürlich beobachtete ich den Balg des Beatmungsgerätes um zu sehen, ob sich dieser dazu synchron hob und senkte.
Ein-Aus.
Auf dem Monitor über dem Bett konnte man den Blutdruck ablesen, daneben blinkte ein roter Punkt. Das Blut pulsierte noch. Der steile Zacken daneben der Schlag seines Herzens, die Pausen dazwischen kamen mir unendlich lang vor.
Eine unwirkliche Symphonie der Technik, die einen Körper daran hinderte, aufzuhören zu funktionieren, das Leben in ihm hatte keine Stimme mehr.
Ein-Aus. Tropen für Tropfen, Schlag für Schlag.
Ich wartete darauf, dass diese Maschinerie aufhörte zu arbeiten, der Balg verstummte, die grüne Linie eine solche blieb, der Monitor eine Null zeigte. Ruhe.
Ein-Aus. Immer noch.
Eigentlich sollte ich mit ihm sprechen, ihm sagen, was noch gesagt werden musste. Ich fragte mich, ob ich das für mich tun sollte oder für ihn. So etwas wie Absolution, wofür auch immer.
Ich nahm seine Hand, die seltsam warm und weich war. Unwillkürlich hatte ich eine kalte, steife Hand erwartet, wie die eines Toten. Überrascht drücke ich sie leicht und beobachtet sein Gesicht, erwartete eine Reaktion, das Zucken des Mundwinkels oder einen Bewegung der Augenlieder. Doch da war nichts. Vorsichtig löste ich meine Hand aus der seinen, wie bei einem Kind, das man nicht aufwecken will, weil es gerade eingeschlafen ist.
Ich schaute mir sein Gesicht an, nahm es zum ersten mal richtig wahr. Ich hatte ihn als alten Mann mit einem alten Gesicht in Erinnerung. Nichts spezifisches, nur erwartungsgemäß. Da war nichts besonders, nur die Spuren eines langen Lebens, welches seine Haut gegerbt hatte, die Falten und die Krähenfüße an seine Augen. Ob er viel gelacht hat?
Ein-Aus.
Etwas änderte sich, ich schaute hoch. Der kleine Punkt blinkte hektisch, die Zackenlinie wurde zum Gemälde eines wahnsinnigen Künstlers. Die Schwester wurde aufmerksam, kam schnell heran und starrte auf die Anzeigen.
„Was haben Sie gemacht?“ Es klang ganz ruhig, nicht vorwurfsvoll.
„Nur seine Hand gehalten, ganz kurz nur“. Sie nickte.
Ein-Aus.
„Wollen sie keinen Arzt holen?“ Ich war mittlerweile aufgestanden und starrte sie verwirrt an.
„Nicht nötig, damit war zu rechnen, nur eine Frage der Zeit. Warum ihn quälen?“ Sie sah mich an und lächelte.
„Er wollte es so. Das müssen wir respektieren“ Ich nickte nur.
„Tut mir leid. Stand er ihnen nahe?“ Sie kontrollierte noch einmal alle Anzeigen, versuchte an seinem Hals einen Puls zu ertasten. Da war nichts mehr.
„Ich kannte ihn nicht, fand ihn nur auf einer Bank im Park.“ Als wenn das wichtig wäre.
Die Zacken waren verschwunden, die Linie blieb. Kein Blinken mehr. Die Schwester schaltete das Beatmungsgerät ab.
Aus.
 

Duisburger

Mitglied
Ich mochte diese Räume nicht. Kahl, steril, technisiert. Warum musste eine In-tensivstation immer aussehen wie die Schaltzentrale eines Kernkraftwerks mit Feldbetten?
Die Schwester deutete mit ernstem Gesicht auf ein Bett in der Ecke. Warum schauten die eigentlich immer so, als würde gleich der jüngste Tag anbrechen? Zögerlich trottete ich los und blieb dann unschlüssig stehen. Die Meisterin der knappen Gesten deutete auf einen kleinen Schemel an der Wand. Ich tat es ihr gleich und nickte mit ernstem Gesicht. Das Ding hatte Rollen und so glitt ich den letzten halben Meter in Bürostuhlmanier an das Bett heran, was mir einen miss-billigenden Blick einbrachte. Ich schaute schuldbewusst, was sie mit einem Zu-sammenziehen ihrer Brauen quittierte.
„Na ,wie geht’s dir, Michael?“
„Grmmpf“
„Ach so, der Beamtmungsschlauch, entschuldige“
„Haaach, pfffft“ Pause. „Haaach, pfffft“ .
Unwillkürlich musste ich an Darth Vader denken.
„Luke, ich bin dein Vater. Haaach, pfffft“.
Ich musste mich beherrschen, um nicht laut zu lachen, aber ein breites Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Nun, Michael konnte man schwerlich mit Vader vergleichen, eher wohl mit Yoda oder ET, der Größe wegen und seinem Knautschgesicht.
Das Michael nun hier lag und seit zwei Wochen eine innige Freundschaft mit einer rostfreien Edelstahlbettpfanne hatte, lag an meiner nicht unmaßgeblichen Mitar-beit. Irgendwie hatte ich auch den Eindruck, dass er mich doch eine wenig verär-gert anschaute. Aber da kann ich mich auch täuschen. Wer will das schon mit Sicherheit sagen, bei den vielen Schläuchen und Pflastern. Ich lächelte ihn daher zuversichtlich und unbefangen an.
„Wird schon“, sagte ich.
Dabei fing alles so harmlos an …

Ich mochte diese Räume nicht. Kahl, steril, technisiert. Sicherlich aber zweckmä-ßig. Unschlüssig blieb ich in im Türrahmen stehen und wartete. Eigentlich war mir danach, sofort wieder kehrt zu machen. Raus aus dieser gekachelten Gruft. Eine Krankenschwester kam auf mich zu.
„Sie wollen zu Herrn Milbrandt?“ Ich schrecke auf und außer einem knappen „Ja“ vermochte ich nichts zu sagen.
„Kommen Sie“ Sie ging vor mir her und bleib vor einem Bett stehen.
„Er liegt in Koma und muss beatmet werden, allein schafft er es nicht mehr.“ Sie deutete auf einen weißen Balg, der der sich beständig hob und senkte.
Ein-Aus. Leben pumpen.
„Kann er mich hören?“
„Das weiß keiner, versuchen Sie es ruhig. Schaden kann es nicht“. Sie wandte sich ab und ging zu einem anderen Bett.
Ein-Aus.
Ich Moment wusste ich nicht, was ich sagen sollte und so blieb es schließlich bei einem knappen „Hallo“. Ich kam mir hilflos vor und merkte, wie dumm das war. So wie er da lag, machte er einen Eindruck, der hilfloser nicht sein konnte.
Ich setze mich auf den Hocker, den die Schwester für mich hingestellt hatte und nahm die unwirkliche Szene wahr, die diesen bewegungslosen Körper am Leben erhielt.
Zwei Tropfflaschen hingen an einer Art Galgen und farblose Flüssigkeiten ver-schwanden in Schläuchen unter der Bettdecke irgendwo in seinem Körper, nähr-ten ihn. Fast gleichzeitig tropfte es aus den beiden Flaschen und unwillkürlich beobachtete ich den Balg des Beatmungsgerätes um zu sehen, ob sich dieser dazu synchron hob und senkte.
Ein-Aus.
Auf dem Monitor über dem Bett konnte man den Blutdruck ablesen, daneben blinkte ein roter Punkt. Das Blut pulsierte noch. Der steile Zacken daneben der Schlag seines Herzens, die Pausen dazwischen kamen mir unendlich lang vor.
Eine unwirkliche Symphonie der Technik, die einen Körper daran hinderte, aufzu-hören zu funktionieren, das Leben in ihm hatte keine Stimme mehr.
Ein-Aus. Tropfen für Tropfen, Schlag für Schlag.
Ich wartete darauf, dass diese Maschinerie aufhörte zu arbeiten, der Balg ver-stummte, die grüne Linie eine solche blieb, der Monitor eine Null zeigte. Ruhe.
Ein-Aus. Immer noch.
Eigentlich sollte ich mit ihm sprechen, ihm sagen, was noch gesagt werden musste. Ich fragte mich, ob ich das für mich tun sollte oder für ihn. So etwas wie Absolution, wofür auch immer.
Ich nahm seine Hand, die seltsam warm und weich war. Unwillkürlich hatte ich eine kalte, steife Hand erwartet, wie die eines Toten. Überrascht drücke ich sie leicht und beobachtet sein Gesicht, erwartete eine Reaktion, das Zucken des Mundwinkels oder einen Bewegung der Augenlieder. Doch da war nichts. Vorsich-tig löste ich meine Hand aus der seinen, wie bei einem Kind, das man nicht auf-wecken will, weil es gerade eingeschlafen ist.
Ich schaute mir sein Gesicht an, nahm es zum ersten mal richtig wahr. Ich hatte ihn als alten Mann mit einem alten Gesicht in Erinnerung. Nichts spezifisches, nur erwartungsgemäß. Da war nichts besonders, nur die Spuren eines langen Le-bens, welches seine Haut gegerbt hatte, die Falten und die Krähenfüße an seine Augen. Ob er viel gelacht hat?
Etwas änderte sich, ich schaute hoch. Der kleine Punkt blinkte hektisch, die Za-ckenlinie wurde zum Gemälde eines wahnsinnigen Künstlers. Die Schwester wur-de aufmerksam, kam schnell heran und starrte auf die Anzeigen.
„Was haben Sie gemacht?“ Es klang ganz ruhig, nicht vorwurfsvoll.
„Nur seine Hand gehalten, ganz kurz nur“. Sie nickte.
Ein-Aus.
„Wollen sie keinen Arzt holen?“ Ich war mittlerweile aufgestanden und starrte sie verwirrt an.
„Nicht nötig, damit war zu rechnen, nur eine Frage der Zeit. Warum ihn quälen?“
Sie sah mich an und lächelte.
„Er wollte es so. Das müssen wir respektieren“ Ich nickte nur.
„Tut mir leid. Stand er ihnen nahe?“ Sie kontrollierte noch einmal alle Anzeigen, versuchte an seinem Hals einen Puls zu ertasten. Da war nichts mehr.
„Ich kannte ihn nicht, fand ihn nur auf einer Bank im Park.“ Als wenn das wichtig wäre.
Ein-
Die Zacken waren verschwunden, die Linie blieb. Kein Blinken mehr. Die Schwes-ter schaltete das Beatmungsgerät ab.
Aus.
 

Duisburger

Mitglied
Ich mochte diese Räume nicht. Kahl, steril, technisiert. Warum musste eine In-tensivstation immer aussehen wie die Schaltzentrale eines Kernkraftwerks mit Feldbetten?
Die Schwester deutete mit ernstem Gesicht auf ein Bett in der Ecke. Warum schauten die eigentlich immer so, als würde gleich der jüngste Tag anbrechen? Zögerlich trottete ich los und blieb dann unschlüssig stehen. Die Meisterin der knappen Gesten deutete auf einen kleinen Schemel an der Wand. Ich tat es ihr gleich und nickte mit ernstem Gesicht. Das Ding hatte Rollen und so glitt ich den letzten halben Meter in Bürostuhlmanier an das Bett heran, was mir einen miss-billigenden Blick einbrachte. Ich schaute schuldbewusst, was sie mit einem Zu-sammenziehen ihrer Brauen quittierte.
„Na ,wie geht’s dir, Michael?“
„Grmmpf“
„Ach so, der Beamtmungsschlauch, entschuldige“
„Haaach, pfffft“ Pause. „Haaach, pfffft“ .
Unwillkürlich musste ich an Darth Vader denken.
„Luke, ich bin dein Vater. Haaach, pfffft“.
Ich musste mich beherrschen, um nicht laut zu lachen, aber ein breites Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Nun, Michael konnte man schwerlich mit Vader vergleichen, eher wohl mit Yoda oder ET, der Größe wegen und seinem Knautschgesicht.
Das Michael nun hier lag und seit zwei Wochen eine innige Freundschaft mit einer rostfreien Edelstahlbettpfanne hatte, lag an meiner nicht unmaßgeblichen Mitar-beit. Irgendwie hatte ich auch den Eindruck, dass er mich doch eine wenig verär-gert anschaute. Aber da kann ich mich auch täuschen. Wer will das schon mit Sicherheit sagen, bei den vielen Schläuchen und Pflastern. Ich lächelte ihn daher zuversichtlich und unbefangen an.
„Wird schon“, sagte ich.
Dabei fing alles so harmlos an …

Ich mochte diese Räume nicht. Kahl, steril, technisiert. Sicherlich aber zweckmä-ßig. Unschlüssig blieb ich in im Türrahmen stehen und wartete. Eigentlich war mir danach, sofort wieder kehrt zu machen. Raus aus dieser gekachelten Gruft. Eine Krankenschwester kam auf mich zu.
„Sie wollen zu Herrn Milbrandt?“ Ich schrecke auf und außer einem knappen „Ja“ vermochte ich nichts zu sagen.
„Kommen Sie“ Sie ging vor mir her und blieb vor einem Bett stehen.
„Er liegt in Koma und muss beatmet werden, allein schafft er es nicht mehr.“ Sie deutete auf einen weißen Balg, der der sich beständig hob und senkte.
Ein-Aus. Leben pumpen.
„Kann er mich hören?“
„Das weiß keiner, versuchen Sie es ruhig. Schaden kann es nicht“. Sie wandte sich ab und ging zu einem anderen Bett.
Ein-Aus.
Im Moment wusste ich nicht, was ich sagen sollte und so blieb es schließlich bei einem knappen „Hallo“. Ich kam mir hilflos vor und merkte, wie dumm das war. So wie er da lag, machte er einen Eindruck, der hilfloser nicht sein konnte.
Ich setze mich auf den Hocker, den die Schwester für mich hingestellt hatte und nahm die unwirkliche Szene wahr, die diesen bewegungslosen Körper am Leben erhielt.
Zwei Tropfflaschen hingen an einer Art Galgen und farblose Flüssigkeiten ver-schwanden in Schläuchen unter der Bettdecke irgendwo in seinem Körper, nähr-ten ihn. Fast gleichzeitig tropfte es aus den beiden Flaschen und unwillkürlich beobachtete ich den Balg des Beatmungsgerätes um zu sehen, ob sich dieser dazu synchron hob und senkte.
Ein-Aus.
Auf dem Monitor über dem Bett konnte man den Blutdruck ablesen, daneben blinkte ein roter Punkt. Das Blut pulsierte noch. Der steile Zacken daneben der Schlag seines Herzens, die Pausen dazwischen kamen mir unendlich lang vor.
Eine unwirkliche Symphonie der Technik, die einen Körper daran hinderte, aufzu-hören zu funktionieren, das Leben in ihm hatte keine Stimme mehr.
Ein-Aus. Tropfen für Tropfen, Schlag für Schlag.
Ich wartete darauf, dass diese Maschinerie aufhörte zu arbeiten, der Balg ver-stummte, die grüne Linie eine solche blieb, der Monitor eine Null zeigte. Ruhe.
Ein-Aus. Immer noch.
Eigentlich sollte ich mit ihm sprechen, ihm sagen, was noch gesagt werden musste. Ich fragte mich, ob ich das für mich tun sollte oder für ihn. So etwas wie Absolution, wofür auch immer.
Ich nahm seine Hand, die seltsam warm und weich war. Unwillkürlich hatte ich eine kalte, steife Hand erwartet, wie die eines Toten. Überrascht drücke ich sie leicht und beobachtet sein Gesicht, erwartete eine Reaktion, das Zucken des Mundwinkels oder einen Bewegung der Augenlieder. Doch da war nichts. Vorsich-tig löste ich meine Hand aus der seinen, wie bei einem Kind, das man nicht auf-wecken will, weil es gerade eingeschlafen ist.
Ich schaute mir sein Gesicht an, nahm es zum ersten mal richtig wahr. Ich hatte ihn als alten Mann mit einem alten Gesicht in Erinnerung. Nichts spezifisches, nur erwartungsgemäß. Da war nichts besonders, nur die Spuren eines langen Le-bens, welches seine Haut gegerbt hatte, die Falten und die Krähenfüße an seine Augen. Ob er viel gelacht hat?
Etwas änderte sich, ich schaute hoch. Der kleine Punkt blinkte hektisch, die Za-ckenlinie wurde zum Gemälde eines wahnsinnigen Künstlers. Die Schwester wur-de aufmerksam, kam schnell heran und starrte auf die Anzeigen.
„Was haben Sie gemacht?“ Es klang ganz ruhig, nicht vorwurfsvoll.
„Nur seine Hand gehalten, ganz kurz nur“. Sie nickte.
Ein-Aus.
„Wollen sie keinen Arzt holen?“ Ich war mittlerweile aufgestanden und starrte sie verwirrt an.
„Nicht nötig, damit war zu rechnen, nur eine Frage der Zeit. Warum ihn quälen?“
Sie sah mich an und lächelte.
„Er wollte es so. Das müssen wir respektieren“ Ich nickte nur.
„Tut mir leid. Stand er ihnen nahe?“ Sie kontrollierte noch einmal alle Anzeigen, versuchte an seinem Hals einen Puls zu ertasten. Da war nichts mehr.
„Ich kannte ihn nicht, fand ihn nur auf einer Bank im Park.“ Als wenn das wichtig wäre.
Ein-
Die Zacken waren verschwunden, die Linie blieb. Kein Blinken mehr. Die Schwes-ter schaltete das Beatmungsgerät ab.
Aus.
 

MarenS

Mitglied
Kleiner Flüchtigkeitsfehler:
„Er liegt i[red]n[/red] Koma und muss beatmet werden, allein schafft er es nicht mehr.“

Kann er mich hören?
Das ist eine Frage, die man sich stellt, wenn man vor einem Komapatienten steht. Ich fand, dass ich gehört wurde und habe jeden Tag erzählt, was sich daheim abspielt, habe versucht den Kontakt aufrecht zu halten an das Leben.

Es ist etwas ganz eigenwilliges dort zu stehen und zu erzählen, es fällt nicht leicht.

Grüße von Maren
 

Duisburger

Mitglied
Ich mochte diese Räume nicht. Kahl, steril, technisiert. Sicherlich aber zweckmäßig. Unschlüssig blieb ich in im Türrahmen stehen und wartete. Eigentlich war mir danach, sofort wieder kehrt zu machen. Raus aus dieser gekachelten Gruft. Eine Krankenschwester kam auf mich zu.
„Sie wollen zu Herrn Milbrandt?“ Ich schrecke auf und außer einem knappen „Ja“ vermochte ich nichts zu sagen.
„Kommen Sie“ Sie ging vor mir her und blieb vor einem Bett stehen.
„Er liegt in Koma und muss beatmet werden, allein schafft er es nicht mehr.“ Sie deutete auf einen weißen Balg, der der sich beständig hob und senkte.
Ein-Aus. Leben pumpen.
„Kann er mich hören?“
„Das weiß keiner, versuchen Sie es ruhig. Schaden kann es nicht“. Sie wandte sich ab und ging zu einem anderen Bett.
Ein-Aus.
Im Moment wusste ich nicht, was ich sagen sollte und so blieb es schließlich bei einem knappen „Hallo“. Ich kam mir hilflos vor und merkte, wie dumm das war. So wie er da lag, machte er einen Eindruck, der hilfloser nicht sein konnte.
Ich setze mich auf den Hocker, den die Schwester für mich hingestellt hatte und nahm die unwirkliche Szene wahr, die diesen bewegungslosen Körper am Leben erhielt.
Zwei Tropfflaschen hingen an einer Art Galgen und farblose Flüssigkeiten ver-schwanden in Schläuchen unter der Bettdecke irgendwo in seinem Körper, nähr-ten ihn. Fast gleichzeitig tropfte es aus den beiden Flaschen und unwillkürlich beobachtete ich den Balg des Beatmungsgerätes um zu sehen, ob sich dieser dazu synchron hob und senkte.
Ein-Aus.
Auf dem Monitor über dem Bett konnte man den Blutdruck ablesen, daneben blinkte ein roter Punkt. Das Blut pulsierte noch. Der steile Zacken daneben der Schlag seines Herzens, die Pausen dazwischen kamen mir unendlich lang vor.
Eine unwirkliche Symphonie der Technik, die einen Körper daran hinderte, aufzu-hören zu funktionieren, das Leben in ihm hatte keine Stimme mehr.
Ein-Aus. Tropfen für Tropfen, Schlag für Schlag.
Ich wartete darauf, dass diese Maschinerie aufhörte zu arbeiten, der Balg ver-stummte, die grüne Linie eine solche blieb, der Monitor eine Null zeigte. Ruhe.
Ein-Aus. Immer noch.
Eigentlich sollte ich mit ihm sprechen, ihm sagen, was noch gesagt werden musste. Ich fragte mich, ob ich das für mich tun sollte oder für ihn. So etwas wie Absolution, wofür auch immer.
Ich nahm seine Hand, die seltsam warm und weich war. Unwillkürlich hatte ich eine kalte, steife Hand erwartet, wie die eines Toten. Überrascht drücke ich sie leicht und beobachtet sein Gesicht, erwartete eine Reaktion, das Zucken des Mundwinkels oder einen Bewegung der Augenlieder. Doch da war nichts. Vorsich-tig löste ich meine Hand aus der seinen, wie bei einem Kind, das man nicht auf-wecken will, weil es gerade eingeschlafen ist.
Ich schaute mir sein Gesicht an, nahm es zum ersten mal richtig wahr. Ich hatte ihn als alten Mann mit einem alten Gesicht in Erinnerung. Nichts spezifisches, nur erwartungsgemäß. Da war nichts besonders, nur die Spuren eines langen Le-bens, welches seine Haut gegerbt hatte, die Falten und die Krähenfüße an seine Augen. Ob er viel gelacht hat?
Etwas änderte sich, ich schaute hoch. Der kleine Punkt blinkte hektisch, die Za-ckenlinie wurde zum Gemälde eines wahnsinnigen Künstlers. Die Schwester wur-de aufmerksam, kam schnell heran und starrte auf die Anzeigen.
„Was haben Sie gemacht?“ Es klang ganz ruhig, nicht vorwurfsvoll.
„Nur seine Hand gehalten, ganz kurz nur“. Sie nickte.
Ein-Aus.
„Wollen sie keinen Arzt holen?“ Ich war mittlerweile aufgestanden und starrte sie verwirrt an.
„Nicht nötig, damit war zu rechnen, nur eine Frage der Zeit. Warum ihn quälen?“
Sie sah mich an und lächelte.
„Er wollte es so. Das müssen wir respektieren“ Ich nickte nur.
„Tut mir leid. Stand er ihnen nahe?“ Sie kontrollierte noch einmal alle Anzeigen, versuchte an seinem Hals einen Puls zu ertasten. Da war nichts mehr.
„Ich kannte ihn nicht, fand ihn nur auf einer Bank im Park.“ Als wenn das wichtig wäre.
Ein-
Die Zacken waren verschwunden, die Linie blieb. Kein Blinken mehr. Die Schwes-ter schaltete das Beatmungsgerät ab.
Aus.
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Duisburger,

bitte sieh Dir den Text noch einmal an, im Hinblick auf vereinzelte Bindestriche in manchen Wörtern. Vermutlich sind sie ungewollt.

Lieben Gruß, Elke
 

Duisburger

Mitglied
Ich mochte diese Räume nicht. Kahl, steril, technisiert. Sicherlich aber zweckmäßig. Unschlüssig blieb ich in im Türrahmen stehen und wartete. Eigentlich war mir danach, sofort wieder kehrt zu machen. Raus aus dieser gekachelten Gruft. Eine Krankenschwester kam auf mich zu.
„Sie wollen zu Herrn Milbrandt?“ Ich schrecke auf und außer einem knappen „Ja“ vermochte ich nichts zu sagen.
„Kommen Sie“ Sie ging vor mir her und blieb vor einem Bett stehen.
„Er liegt im Koma und muss beatmet werden, allein schafft er es nicht mehr.“ Sie deutete auf einen weißen Balg, der der sich beständig hob und senkte.
Ein-Aus. Leben pumpen.
„Kann er mich hören?“
„Das weiß keiner, versuchen Sie es ruhig. Schaden kann es nicht“. Sie wandte sich ab und ging zu einem anderen Bett.
Ein-Aus.
Im Moment wusste ich nicht, was ich sagen sollte und so blieb es schließlich bei einem knappen „Hallo“. Ich kam mir hilflos vor und merkte, wie dumm das war. So wie er da lag, machte er einen Eindruck, der hilfloser nicht sein konnte.
Ich setze mich auf den Hocker, den die Schwester für mich hingestellt hatte und nahm die unwirkliche Szene wahr, die diesen bewegungslosen Körper am Leben erhielt.
Zwei Tropfflaschen hingen an einer Art Galgen und farblose Flüssigkeiten verschwanden in Schläuchen unter der Bettdecke irgendwo in seinem Körper, nährten ihn. Fast gleichzeitig tropfte es aus den beiden Flaschen und unwillkürlich beobachtete ich den Balg des Beatmungsgerätes um zu sehen, ob sich dieser dazu synchron hob und senkte.
Ein-Aus.
Auf dem Monitor über dem Bett konnte man den Blutdruck ablesen, daneben blinkte ein roter Punkt. Das Blut pulsierte noch. Der steile Zacken daneben der Schlag seines Herzens, die Pausen dazwischen kamen mir unendlich lang vor.
Eine unwirkliche Symphonie der Technik, die einen Körper daran hinderte, aufzuhören zu funktionieren, das Leben in ihm hatte keine Stimme mehr.
Ein-Aus. Tropfen für Tropfen, Schlag für Schlag.
Ich wartete darauf, dass diese Maschinerie aufhörte zu arbeiten, der Balg verstummte, die grüne Linie eine solche blieb, der Monitor eine Null zeigte. Ruhe.
Ein-Aus. Immer noch.
Eigentlich sollte ich mit ihm sprechen, ihm sagen, was noch gesagt werden musste. Ich fragte mich, ob ich das für mich tun sollte oder für ihn. So etwas wie Absolution, wofür auch immer.
Ich nahm seine Hand, die seltsam warm und weich war. Unwillkürlich hatte ich eine kalte, steife Hand erwartet, wie die eines Toten. Überrascht drücke ich sie leicht und beobachtet sein Gesicht, erwartete eine Reaktion, das Zucken des Mundwinkels oder einen Bewegung der Augenlieder. Doch da war nichts. Vorsichtig löste ich meine Hand aus der seinen, wie bei einem Kind, das man nicht aufwecken will, weil es gerade eingeschlafen ist.
Ich schaute mir sein Gesicht an, nahm es zum ersten mal richtig wahr. Ich hatte ihn als alten Mann mit einem alten Gesicht in Erinnerung. Nichts spezifisches, nur erwartungsgemäß. Da war nichts besonders, nur die Spuren eines langen Lebens, welches seine Haut gegerbt hatte, die Falten und die Krähenfüße an seine Augen. Ob er viel gelacht hat?
Etwas änderte sich, ich schaute hoch. Der kleine Punkt blinkte hektisch, die Zackenlinie wurde zum Gemälde eines wahnsinnigen Künstlers. Die Schwester wurde aufmerksam, kam schnell heran und starrte auf die Anzeigen.
„Was haben Sie gemacht?“ Es klang ganz ruhig, nicht vorwurfsvoll.
„Nur seine Hand gehalten, ganz kurz nur“. Sie nickte.
Ein-Aus.
„Wollen sie keinen Arzt holen?“ Ich war mittlerweile aufgestanden und starrte sie verwirrt an.
„Nicht nötig, damit war zu rechnen, nur eine Frage der Zeit. Warum ihn quälen?“
Sie sah mich an und lächelte.
„Er wollte es so. Das müssen wir respektieren“ Ich nickte nur.
„Tut mir leid. Stand er ihnen nahe?“ Sie kontrollierte noch einmal alle Anzeigen, versuchte an seinem Hals einen Puls zu ertasten. Da war nichts mehr.
„Ich kannte ihn nicht, fand ihn nur auf einer Bank im Park.“ Als wenn das wichtig wäre.
Ein-
Die Zacken waren verschwunden, die Linie blieb. Kein Blinken mehr. Die Schwester schaltete das Beatmungsgerät ab.
Aus.
 

Duisburger

Mitglied
Hallo,

ich danke euch beiden. Die Bindestriche enstanden da durch, dass ich die Silbentrennung in meiner Textverarbeiung nicht ausgeschaltet habe.
Der Text sollte jetzt frei avon sein.

lg
Duisburger
 

Balu

Mitglied
besser kann man kaum ein bild mit worten malen

die situation, in der nur die technik noch die körperfunktionen aufrecht hält, hast du mit den richtigen worten und der richtigen, weil nüchternen, sprache vermittelt
ich habe das geräusch des balges gehört

es fällt mir leicht, zu bewerten

Grüße dich
Knut
 

Duisburger

Mitglied
Hallo Balu,

danke für deinen freundlichen Kommentar. Es freut mich besonders, das die zurückhaltende Sprache ankommt.

lg
Duisburger
 



 
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