Internationale Meldungen

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Internationale Meldungen
(Erstes Kapitel meines Romans "Der schwebende Frieden")

„Washington, 27. April. Das Weiße Haus teilt in Besorgnis mit, der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist heute Morgen gegen 9.15 Uhr bei einem kurzen Erholungsspaziergang im Park des Weißen Hauses verschwunden. Nähere Angaben zum Geschehen werden nicht gemacht. Obwohl sich einer der Sicherheitsbeamten in der unmittelbaren Nähe des Präsidenten aufhielt, hatte dieser nichts bemerkt. Der Stabschef des Weißen Hauses nahm sofortige Verbindung mit dem Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten auf. Eine Tagung des nationalen Sicherheitsrates wurde einberufen. Alle staatlichen Organe – sowohl Bundesorgane als auch die Organe der Bundesstaaten – sowie weltweit im Ausland wurden mit entsprechenden Maßnahmen zur Suche des Präsidenten beauftragt. Der Vizepräsident leitet das koordinierte Vorgehen.“
Auf aller Welt wurden die Dienststellen der CIA in Alarmbereitschaft versetzt, die Bundespolizei FBI setzt ihre fähigsten Agenten in Bewegung, zwar wurden viele hintergründige Informationen über das Leben des Präsidenten zusammengetragen, auch Informationen die bisher nicht oder nur unterschwellig bekannt waren. Doch letztlich führte auch nach einer Woche nichts auf eine Spur des Präsidenten. Sogar die verrückte Idee, der Präsident könnte auf die Internationale Raumstation entführt worden sein wurde nicht ausgelassen. Die Boulevardzeitungen spekulierten über Außerirdische, wurden aber von kompetenten Wissenschaftlern nicht unterstützt.
Nach einer Woche also versammelte der Vizepräsident nunmehr die Minister, den Sicherheitsrat, die Leiter der verschiedensten Dienststellen und die führenden Vertreter seiner Partei im Ovaloffice.
Der Vizepräsident stand seitlich hinter dem großen Schreibtisch des Präsidenten neben dessen Stuhl. Darauf zu sitzen, vermochte er nicht zu wollen. Da er sich mit beiden Händen auf dem Tisch abstützte, musste er sich etwas nach vorn beugen. Die Hände hatte er zu Fäusten geballt, die Knöchel der Finger mussten wohl das ganze Gewicht des hageren, sehr lang aufgeschossenen Mannes abfangen. Die Augen wirkten übermüdet und fanden keinen festen Blick. Seine ausstrahlende Unruhe stand im Gegensatz zu seinem tadellos sitzenden Anzug mit einer ebenso geordneten Fliege am Hemdkragen.
Nach einigen einführenden Worten über die Situation ließ der Vizepräsident die einzelnen Dienste zu ihren Berichten kommen. Zwischenfragen wurden gestellt, gleich beantwortet. Kreuz und quer gingen die Worte hin und her. Jeder meinte, etwas sagen zu müssen. Die Diskussion entglitt langsam aber sicher der Führung durch den nunmehr amtierenden höchsten Repräsentanten des Staates.
Das chaotische Wortdurcheinander ließ den Vizepräsidenten mal dahin, mal dorthin horchen, ohne irgendwelche Zusammenhänge zu begreifen. Er begriff nicht einmal einzelne Worte: „Drogen“, „Gewissen“, „Wahlen“ „Entführung“, „Hosen voll haben“, „Geliebte“, „Feigling“.
Erst das Wort „Feigling“ ließ ihn aufhorchen. Mit sich überschlagender Stimme schrie er in den Raum: „Unser Präsident ist kein Feigling“. Er schrie dies ohnmächtig, wahrscheinlich, weil er gar nicht wusste, worauf sich dieses Wort bezog. Denn in Wirklichkeit hatte einer der Parteioberen ihn, den Vizepräsidenten mit diesem Wort tituliert, leise zwar, hin-ter vorgehaltener Hand, aber dennoch hörbar. Jeder im Raum fühlte sich nun aber genötigt, beschwichtigend hervorzuheben, nein, der Präsident sei wirklich kein Feigling.
Nach einer Pause, in der man eine Stecknadel fallen hätte hören können, meinte der Senatspräsident: „Das Land braucht eine Führung. Das sind wir dem amerikanischen Volk schuldig. Und die Welt erwartet das von uns. Mister Vizepräsident, Sie sollten die Präsidentschaft heute, hier, in dieser Stunde übernehmen.“ Mit einer Pause wollte er diese Worte auf die Anwesenden wirken lassen und beobachtete dabei mit ausdruckslosem Gesicht den noch amtierenden Vizepräsidenten. Der hatte sich hoch aufgerichtet und ruderte mit den Armen, als triebe er im tiefen Wasser nach dem Untergang eines Bootes, hätte keinen Boden unter den Füßen, litt unter Atem-not und könne zudem auch nicht schwimmen. Mit einem Male beruhigte sich der Vizepräsident und sagte mit noch belegter Stimme: „Meine Damen und Herren. Der Präsident lebt, solange er lebt, bleibt er im Amt. Ich habe laut amerikanischer Verfassung nicht das Recht, dieses höchste Amt zu übernehmen. Oder was sagen die Rechtsexperten?“
Wie nebenbei warf der Stabschef in die Runde: „Die Rechtsfrage haben wir doch längst geklärt. Wir könnten den Präsidenten nach einer gewissen Karenzzeit für Tod erklären lassen.“ Doch der Vizepräsident wollte sich noch auf keine weitere Diskussion zu diesem Thema einlassen, denn innerlich fühlte er sich der Situation nicht gewachsen. Er wollte viel lieber auf Zeit spielen. Das hatte er von seinem Chef gelernt. Zumal die weiteren Ereignisse der Diskussion auch keine Zeit ließen, denn der Sekretär des Ovaloffice war leise in den Raum getreten und flüsterte dem Vizepräsidenten einige Worte ins Ohr, worauf dieser sich ungläubig umsah und ratlos mit den Schultern zuckte.
Zur selben Zeit liefen nämlich über die Nachrichtenticker der Welt folgende Zeilen:
„London, 4. Mai. Ihre Majestät die Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland ließ durch ihren Pressesprecher mitteilen, dass der Premierminister ihrer Regierung am heutigen Vormittag auf dem Wege von der Downingstr. in das Finanzministerium auf unerklärliche Weise verschwunden ist. Ihre Majestät, die Königin, beauftragte den Finanzminister mit der Leitung der breit angelegten Suchaktion des Premierministers und den Außenminister, sich mit entsprechenden Regierungsstellen der USA in Verbindung zu setzen, um eventuelle Gemeinsamkeiten mit dem Verschwinden des seit einer Woche nicht mehr aufgetauchten US-
Präsidenten zu ermitteln. Scottland Yard, MI 5, das Justizministerium und weitere Organe des vereinigten Königreichs nahmen weltweit Ermittlungstätigkeiten auf.“
Der Vizepräsident verließ ohne weiter Worte nach dieser Meldung das Ovaloffice und zog sich in seine Privaträume zurück. Lähmung schien sein Handeln und sein Denken zu prägen. Bis er an sein Spezialtelefon gerufen wurde. Der Finanzminister des Vereinigten Königreichs führte ein kurzes Telefongespräch mit dem Vizepräsidenten, um Koordinierungsmöglichkeiten in Gang zu setzen, und der Lähmung eine Ende zu bereiten.
Anderswo auf dieser Erde, nicht nur in den Vereinigten Staaten, regten sich dagegen Geister, diskutierten, organisierten und handelten.
Pierre, ein älterer rundlicher Herr mit einem breitkrempigen Strohhut auf dem Kopfe, ging schnellen Schrittes eine Gasse zwischen den engen, niedrigen, fast fensterlosen Häusern und den Mauern der Höfe hinunter. Er hatte den Hut in den Nacken geschoben, denn er befürchtete die steil von hinten stechende Sonne würde ihm den Nacken verbrennen. Die Gasse war ihm wohl bekannt, denn er legte sie manchmal am Tage mehrmals von seinem Haus am Stadtrand zum Markt in der Unterstadt und zu alten Bekannten zurück. Vor vielen Jahren, als er vom Dorfe in diese Stadt kam, hatte er sich in dem Gewirr der vielen Gassen und Gässchen kaum zurechtfinden können. Erst nach vielen Umwegen fand er den kürzesten Weg in dieser sich vielfach nach rechts und links windenden, von vielen schmaleren und breiteren Durchgängen gekreuzten Gasse. Nun aber kannte er fast jeden Stein am Wege auswendig. An einigen Stellen musste er vorsichtig von Stein zu Stein balancieren, um nicht im Schlamm von Abwässern auszurutschen, die sich der Gasse folgend in die Tiefe zum Fluss hin schlängelten. Hinter den Mauern ertönte Radiogedudel, Kindergeschrei, energische Frauenstimmen riefen zu Ordnung oder drohten mit Maßnahmen.
Nunmehr ging er an geschäftigem Treiben vorbei. Ein Händler neben dem anderen bot seine Waren feil, Hausrat, Kleidung, Gemüse und Obst auf der einen Seite, Elektroniund Elektrik auf der anderen Seite. Dazwischen vielfach Nudeln, Brote und Konserven. Kunsthandwerker zeigten Armbänder, Ketten, Ringe, Skulpturen aus Gips und Kunststoffen, Imitationen weltbekannter Exponate des städtischen Museums in allen Größen, Möbel standen herum, vor allem kleine Schränkchen, Hocker, Stühle und Tischchen, daneben waren Spiegel, Lampen und Mosaike verwirrend durcheinander gestellt, bunte Teppiche priesen Wohlstand, Traditionen und Meisterschaft an. Wein in Flaschen und Krügen wurde dargeboten. Es roch einladend nach Gebratenem und Gebackenem.
Pierre jedoch zeigte an alledem kein Interesse und ging schnell an allem vorüber, bog an einer Ecke in eine ruhige, noch schmalere Gasse ein und betrat schließlich einen Hof durch ein weit geöffnetes Tor. Nur ein Baum mit dürrem Geäst und schmalen, länglichen Blättern spendete auf dem Hof einen gegen die Sonnenhitze kaum wirksam Schatten. Ein junger Mann stand an der Ecke einer kleinen Hütte gegenüber dem neuen Wohnhaus und besserte mit einigen Ziegeln und Mörtel die fast zerfallenen Ecke der Hütte aus. Pierre winkte dem jungen Mann zu und rief: „Hallo Andrè, hast du schon die neuste Meldung gehört?“ Andrè blickte kurz auf, wandte sich sofort wieder seinem Handwerk zu und erwiderte gemächlich, ganz im Gegensatz zur aufgeregten Stimme Pierres, dabei: „Grüß dich, Pierre, du bist ja ganz außer Atem, kommt setzt dich erst einmal und hole Luft.“
Pierre ließ sich auf einer kleinen Bank im Schatten des nur einstöckigen Wohnhauses nieder und gab gleich in kurzen aber klaren Sätzen, die aber durch schnelles Luftholen immer wieder unterbrochen wurden, die jüngste Meldung über das Verschwinden des britischen Premiers wider. „Wer könnte nur dahinter stecken? Du kannst sagen, was du willst, aber ich glaube, das ist wieder einmal das Werk der CIA.“ Waren seine abschließenden Worte. Andrè hatte bis dahin gleichmütig zugehört und dabei weiter gemauert, doch nun richtete er sich auf: „Kann sein, oder kann nicht sein. Oder ein Terrornetzwerk, oder jemand andres. Es gibt so einige weltweite Organisationen, denen das zuzutrauen wäre. Ich werde mich nachher in Internet umhorchen, denn nun scheint es doch anders zu laufen, als wir beim Ami-Präsidenten dachten.“ Pierre meinte noch: „Sei vorsichtig im Internet, du weißt, man hört mit“, bevor Shila, Andrès Frau und Pierres Tochter, auf den Hof kam, Pierre freundlich begrüßte und beide ins Haus zum Tee einlud. Dieser betrachtete seine Tochter mit lächelndem Stolz, denn ihr sah man ihre Schwangerschaft an, gleichwohl sie noch Wochen bis zur Entbindung Zeit hatte. „Wie geht es dir? Ich hoffe, du fühlst dich wohl, mein Kind?“ Shila lachte: „Klar, wir beide“, dabei legte sie ihre rechte Hand auf ihren sanft rundlichen Bauch, „sind munter, besonders das Kleine hier. Aber jetzt gibt’s erst einmal Tee und gefüllte Kekse.“
Die Gespräche beim Tee drehten sich um das erwartete Kindchen, um Gesundheit und immer wieder um diese Meldungen der verschwundenen Politiker.
In einer anderen Stadt, viele tausend Kilometer entfernt, wurde auch ein Tee getrunken, heißer Tee vor einem summenden Samowar, stehend an einem wackligen, krümelbedeckten Tisch. In Moskau überschritt der bisher wärmste Tag des Jahres langsam seinen Höhepunkt. Die Sonne verschwand bereits hinter den hohen Häusern am Rande des großen Marktes. Der Lärm des Verkehrs auf den überfüllten Straßen, Motorenkrach gemischt mit dem Quietschen der Straßenbahnen und dem Hupen der Autos, drang fast ungemindert zwischen die Marktstände. Igor, ein Mann Ende Fünfzig, genoss diesen letzten Tee in der Hauptstadt, er würde heute Abend noch in seine Heimat, einem Städtchen im fernen Süden, fliegen. Das Marktgeschehen war in den letzten Minuten abgeflaut, langsam näherte sich der Feierabend, als plötzlich an einigen Ständen in nicht allzu großer Entfernung ein Tumult ausbrach. Igor war neugierig, wie viele andere Leute auch, was wohl geschehen war. Jemand drehte die Lautsprecher eines Radios hoch.
Eine dröhnende Stimme, allseits bekannt als Nachrichtensprecher, verkündete wiederholt die dem Leser bereits bekannte Meldung des britischen Königshauses. Genau darauf bezog sich wohl auch der entstandene Tumult: „Oh, mein Gott, wohin soll das noch führen. Das ist der Anfang vom Ende.“ „Das sollte bei uns passieren.“ „Wäre nicht schlecht.“ „Na hallo, dann käme zu dem alltäglichen Chaos noch ein weiteres hinzu.“ „Was das wohl alles bedeuten soll, da sieht keiner mehr durch.“ „Jawohl, weg mit den Hunden, ob hier oder dort.“ „Aber uns kleine Leute fragt ja niemand.“
Igor schüttelte den Kopf, als er das hörte, nicht weil er es unangebracht oder gar falsch hielte, was so an Kommentaren abgegeben wurde, nein, weil er es immer noch nicht verstand, auch nach so vielen Jahren nicht, wohin sein Land gekommen, in welches tiefe Loch es gefallen war. Wo war all der Stolz geblieben, mit dem er in seiner Jugendzeit die Welt hätte verändern wollen. Fast könnte er depressiv werden, wenn er an die Vergangenheit dachte. Ja, früher war er gern in die Hauptstadt gekommen, das quirlige Leben, das Neue, dem er hier stets begegnete, die Menschen vieler Kulturen des Landes, all das faszinierte ihn. Obwohl auch jetzt Vieles zusammenkam, Gutes und Schlechtes, wie ehedem, war es doch anders geworden. Unfreundlich waren die Leute nun, hektisch, man konnte sich kaum noch mit ihnen unterhalten. Und das Elend, das man auf den Straßen, vor den Metrostationen und in den Parks sah, schockierte ihn oft, obwohl es nicht neu für ihn war, er hatte es selbst erlebt, Jahre seines schlechten Lebens im Labyrinth des Irrsinns. Doch was änderten die Meldungen aus Amerika und England daran. Klar, die Leute haben etwas zu reden, sie können ihren Unmut irgendwo, nur nicht bei ihnen selbst, abladen. Anderswo sind die Politiker nicht besser als bei uns, korrupt und anmaßend, aber sie verstecken es besser. So dachte er, bis er sich schließlich von seinem Tee löste. Der Tumult auf dem Markt hatte sich gelegt, die Leute mit der Zeit verlaufen. Er musste nach Hause. Es war Zeit geworden.
Igor hatte auf dem Markt vor allem Gemüse und Brot für zuhause eingekauft, fuhr jetzt endlich mit Metro und Bus zum Flugplatz. Voll war es in der Metro, eng standen die Menschen beieinander gedrängt. Trotz der Beengtheit hatten einige Leu-te Zeitungen in der Hand und versuchten mit hoher Geschick-lichkeit die neuen Meldungen zu lesen. Gespräche darüber gab es kaum, denn der Fahrtlärm war zu stark. Im Bus dann fand er sogar einen Sitzplatz. Er kümmerte sich nicht um die Leute, nur der penetrante Geruch von Fisch, den irgendjemand in seiner Tasche trug, war unangenehm. Igor sah gedankenlos aus dem Fenster. Er checkte sich schließlich für seinen Heimatflughafen ein. Überall auf den Monitoren, auch auf dem Flugplatz, in den Abendzeitungen und in den Radiosendungen, die von hier und dort auf ihn einprasselten, war das Konterfei des britischen Premiers zu sehen, seine letzten Worte zu vernehmen oder irgendwelche Stimmungen und Meinungen der Leute auf der Straße oder von Universitätsprofessoren widergegeben. So, wie in Moskau jene Stunden, oder ähnlich oder ganz anders, verlief der Tag wohl auf der ganzen Welt.
Hatte das Verschwinden des US-amerikanischen Präsidenten vor einer Woche ein weltweites Rätselraten und eine breite Verbundenheit der meisten Regierungen der Erde mit den USA ausgelöst, verfielen die Politiker und große Teile der Bevölkerung nunmehr in ein tiefes Entsetzen, das nicht nur das politische Leben lähmte. Jeder, der auch nur ein wenig über seinen Dorf- oder Stadtrand hinaus sah, wusste, dass Großbritannien der stärkste Verbündete der USA in ihrer Weltpolitik war. Wo also waren diese beiden wichtigsten Männer der Gegenwart? Immer öfter wurde die Vermutung der Urheberschaft einer weltweit agierenden Terrororganisation laut.
Am Abend jenes Tages saßen Andrè und Shila an ihrem PC und tauschten Meinungen mit ihren Chatpartnern per Internet aus. Kreuz und quer flogen die Meinungen um die Welt, kreuz und quer waren auch die Vermutungen über Schicksal der beiden Männer und über die Absichten, die hinter dem Geschehen stecken konnten. Ob die beiden noch lebten? Bestimmt, mit den Leichen hätten sich bestimmt die Entführer gebrüstet. Aber warum werden die beiden nicht im Fernsehen vorgeführt? Wo bleiben irgendwelche Forderungen, wie es bei Entführungen üblich sei? Doch welchen Sinn habe die Entführung, die Amis oder die NATO würden ihre Kriege höchsten verstärken, als einstellen. Würde es neue Kriege und brutalere geben? Aber vielleicht sei das auch die Absicht, dann könnte es tatsächlich die CIA sein, die hinter diesem Verschwinden stecken könnte. So also ging es hin und her mit den Vermutungen, nicht nur in den Chats von Andrè und Shila mit ihren Gesprächspartnern in nahen und entfernten Teilen der Welt. Auch völlig unbekannte Menschen teilten sich derart mit.
Fast überall, wo sich in diesen Tagen Leute im Internet trafen, wurde ähnliches geäußert, spekuliert und diskutiert. Doch niemand wusste etwas Genaues. So saß auch ein John nach Dienstschluss noch im Büro an seinem Computer und verfolgte eifrig die Diskussionen in sehr unterschiedlichen Chatrooms mit Menschen sehr verschiedenen Erfahrungen, Lebensauffassungen und Ideen. John war fern seiner Heimat auf einem Stützpunkt seines Landes zuhause. Ja, inzwischen war dies sein zuhause, obwohl er infolge seiner schweren Verletzung längst ausgemustert hätte sein sollen. Seine Eltern, sein Vaterhaus, seine Schule, sein Mädchen, alles war fern, fast unwirklich, nur Vergangenheit. Deshalb klammerte er sich in seinem Rollstuhl mit eiserner Hand an dieses Zuhause und wurde demnach geduldet und mit der Zeit sogar geschätzt ob seiner vielen kleinen Handreichungen, die er im alltäglichen Ablauf seines Stützpunktes leisten konnte.
John also las mit größter Aufmerksamkeit, einerseits die offiziellen Meldungen, andererseits auch was ihm an Meinungen, Berichten, sehr persönlichen Äußerungen und Vorstellungen entgegen kam. Nur selten schaltete er sich in die Diskussion ein, dann auch nur mit kurzen, sehr kurzen und wohl-überlegten Worten, da er besser mit seinem gesunden Kopf denken als mit der Prothese tippen konnte. Er konnte die Euphorie einiger Leute im Chat über ein Ende der amerikanischen und britischen Kriege in verschiedenen Teilen der Welt einfach nicht teilen. Als er auf seinem Monitor las: „Jetzt werden endlich die Amerikaner begreifen, dass Kriege nichts bringen außer Tod für die einen und Profit für die anderen“, schrieb er nur: „Ein Präsident geht, der nächste wird kommen und weitermachen. Die Generale bleiben. Und die Leute regen sich noch nicht.“ „Mh“, war die Antwort von jedermann, „viel-leicht hast du recht.“ Andere Leute schalteten sich ein: „Für den großen Frieden muss wahrscheinlich noch viel mehr passieren.“ „Was denn nur?“, fragte ein Nächster. Außer einigen großen Worten: „Einsperren müsste man die alle, bei Wasser und Brot, alle, die Kriege machen“, wurde nur Ratlosigkeit sichtbar.
Bei diesem Wort „einsperren“ lächelte John, ohne dass dies jemand bemerken konnte, denn er war allein im Büro und hatte auch keine Webcam installiert, dennoch nickte er mit dem Kopf ein wenig.
Inzwischen waren schon einige Monate seit seiner sehr schweren Verletzung während eines Raketenangriffs des Gegners auf einen Truppentransport seiner Einheit im fremden Land vergangen. Im Lazarett hatte man ihn schon fast aufgegeben, denn er lag im Koma, doch im Militärhospital pflegte man ihn wieder zu Bewusstsein. Die Entstellungen im Gesicht und an den Armen, durch hochgradige Verbrennungen bewirkt, blieben ihm wohl sein Leben lang, ebenso die Querschnittslähmung, die ihn an den Rollstuhl fesselte. Aber immerhin hatte er für die zertrümmerte Hand eine funktionierende Prothese bekommen, die er mit viel Energie und eisernem Willen zu einer gewissen Fingerfertigkeit trainiert hatte, womit er nicht nur die Tastatur des PC bedienen konnte. So blieb er also bei der Army, die er zuvor wegen ihres Fluidums und der Klarheit ihrer Formen liebte, nun aber wenigstens bei ihr sein Auskommen fand. In der Heimat wäre er nur bemitleideter Krüppel, alles wäre fremd, er selbst wäre ein Fremder, jedermann im Wege, und sich auch.
So hatte er sich also mit viel inneren Kämpfen nicht nur räumlich, sondern auch seelisch von seiner Freundin in der Heimat getrennt. Nur selten, wenn er in einsamen Nächten vor Schmerzen kaum schlafen konnte, dachte er an sein Mädchen. Vielleicht war sie längst verheiratet und hatte liebreizende Kinder. Gerade deshalb hatte er sich mit Leidenschaft, die fast schon an Fanatismus grenzte, der Computertechnik, vor allem aber der Programmierung hier im militärischen Bereich verschrieben. Obwohl ihm inzwischen alles Militärische zuwider war. Er fühlte sich eigentlich als Zivilist. Mit der Verwundung hat er sein militärisches Fühlen und Verhalten hinter sich gelassen und provozierte mit seinem zivilen Verhalten auch mal den einen oder anderen Offizier und Soldaten seiner Umgebung.
John fand bei der Army mit einer gewissen Dankbarkeit zwar sein Zuhause, gleichzeitig aber auch einen immer kritischeren Abstand zu ihrer Praxis. Es wuchs ein Unwohlgefühl bei ihm. In seinem Innern war er sogar oft wütend, über das was er für die Army tat. Schließlich empfand er sogar eine tiefe Befriedigung über die weltweiten Meldungen zum Verschwinden des amerikanischen Präsidenten und des britischen Premiers. Deshalb auch hatte er im Chat bei dem Wort „einsperren“ gelächelt und fand bei der darauffolgenden neuen Verlustmeldung auch seine Genugtuung.
Denn, kaum hatte die erste Aufregung und Diskussionswelle ihren Höhepunkt erreicht, wurde eine neue Meldung laut: „Aus Jerusalem wird bekannt, wie aus israelischen Regierungskreisen verlautet, dass heute Morgen der palästinensische Ministerpräsident aus unerklärlichen Gründen nicht zur Kabinettssitzung erschienen sein soll und im folgenden nicht mehr auffindbar sei. Soeben wird ebenfalls aus Jerusalem gemeldet, dass auch der israelische Ministerpräsident auf ähnliche Weise wie der US-Präsident und der britische Premier aus unbekannten Gründen verschwunden sei.“
Nun wurde das Feuer der Diskussion erneut entfacht. „Warum Palästinenser und Israeli gleichermaßen?“ „Das kann doch nicht sein, wer steht denn dahinter, die CIA bestimmt nicht. Und Al Qaida?“ „Nein, die auch wohl kaum. Die sind auf keinen Fall paritätisch.“ „Wenn man wenigstens irgendwelche Spuren finden würde, oder ein Bekennerschreiben.“ „Erinnert ihr euch an den 11. September 2001, für die Anschläge gegen die Twin Towers in New York gab es lange Zeit auch kein Bekennerschreiben.“ So gingen erneut die Meinungen in In-ternet hin und her, umspannten die Welt wie ein engmaschiges Netz. Manch menschliche Gedanken waren darin gefangen und kreisten umher, aber Menschen mit ihren Handlungen nicht, erstrecht keine Generale oder Führer.
„Berlin gibt bekannt, die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland ist auf ähnliche Weise wie der US-Präsident und der britische Premier aus unbekannten Gründen verschwunden.“ Diese Meldung jedoch schlug nicht mehr wie eine Bombe ein, im Gegenteil, Gleichmut war eingezogen, man fragte nur: „Warum gerade die Deutsche? Sie hat doch nichts getan.“
Die internationale atmosphärische Spannung war indes dramatisch angewachsen und ließ ein Gewitter erwarten, das sich irgendwann diplomatisch, wenn nicht gar militärisch, entladen musste. Um dem zuvorzukommen, vor allem aber, um die eigene Machtposition, erinnernd an alte Zeiten, zu verstärken, stellte sich der russische Präsident an die Spitze internationaler Aktivitäten und schlug eine außerordentliche Tagung des UN-Sicherheitsrates vor. Politische Ratlosigkeit wurde Wesen dieser Tagung. Der UN-Generalsekretär rief in einer dramatischen Rede die Politiker der Welt zu Besonnenheit auf: „Meine Damen und Herren Präsidenten und Ministerpräsidenten, Exzellenzen, meine Damen und Herren Botschafter, was dieser Tage auf unserem Planeten geschieht, ist einmalig in der Geschichte. Nicht das Verschwinden von Menschen ist einmalig, nicht die Entführung von Politikern. Wir erinnern uns an den italienischen Ministerpräsidenten, an den kongolesischen Ministerpräsidenten vor vielen Jahrzehnten, wir erinnern uns an die Entführung des damaligen sowjetischen Präsidenten. Und wir wissen, dass all dies zu dramatischen Ereignissen in jenen Ländern führte. Jetzt dagegen scheint aus Einzelfällen, so schlimm sie auch damals gewesen seien mögen, ein weltweites System von Entführungen geworden sein. Und wir wissen nicht, wer dahinter steckt. Niemand von uns weiß es. Wir wissen auch nicht wohin es führen wird. Gerade deshalb ist unsere und Ihre erste Pflicht den Völkern gegenüber, Ruhe zu bewahren. Ich danke deshalb dem russischen Präsidenten für seine Initiative, denn wir müssen uns erst einmal klar darüber werden, was zu tun sei. Meine Damen und Herren, regen Sie ihre Regierungen und die Regierungen Ihrer jeweiligen Verbündeten dazu an, keine Aktionen gegen andere Staaten und gegen Organisationen anderswo zu unternehmen. Damit können wir am besten eine außerordentliche Vollversammlung der Vereinten Nationen vorbereiten, die in Übereinstimmung mit der UN-Charta zu einem Vertrag gegen-seitiger Toleranz und des Friedens führen müsste. Handeln wir schnell und konsequent, ehe uns das Ruder der Weltentwicklung aus den Händen gleitet. Ehe andere die Initiative ergreifen, die statt des Wohls der Völker nur Hass und Egoismus säen wollen. Handeln wir jetzt und heute und hier.“
Die anschließende Diskussion schien zunächst von seltener Einmütigkeit gekennzeichnet zu sein. Doch der Botschafter eines kleinen lateinamerikanischen Staates gab zu bedenken: „Drei Punkte müssen wir besprechen und lösen. Erstens. Nach wie vor bilden die großen internationalen Militärbündnisse große Hindernisse auf dem Weg zu Toleranz und Frieden. Zweitens. Die Operationen von Geheimdiensten großer Staaten außerhalb deren Hoheitsgebiete und außerhalb bilateraler Verträge sind ebenso für Frieden und Toleranz schädlich. Jedes Land kann auf sich selbst aufpassen. Drittens. Ebenso gefährlich sind die unkontrollierten Aktivitäten großer Konzerne in vielen Ländern der Welt, die, wie bekannt, selbst schon die Rolle eigenmächtiger Souveräne übernommen haben. Hier müssen wir eine gemeinschaftliche und wirkungsvolle Kontrolle organisieren.“
Welche der Mächtigen hört schon auf die Vernunft der kleinen Länder?
So gute und eindrucksvolle Worte auf der Tagung des Sicherheitsrates auch gefunden wurden, viele Menschen zuckten nur mit den Schultern. Ihr Leben lief den gewohnten Gang. Auch dann noch, als kaum nach Beendigung der Tagung des UN-Sicherheitsrates die Meldung vom Verschwinden des russischen Präsidenten verbreitet wurde. Zwar wurden die unmittelbaren Anhänger des russischen Präsidenten nervös und suchten sich in der Presse wüste Auseinandersetzungen mit den Gegnern, aber wen in den Weiten des russischen Landes berührte das schon? Und weiter ging es in der Welt: Nationalistische Bandenführer verschwanden ebenso, wie selbsternannte Heerführer. Ansonsten blieb alles beim Alten. War es eine Ruhe vor dem Sturm?
Ganz im Gegensatz dazu war bei den führenden Politikern der USA Hektik angesagt. Erneut hatte der Vizepräsident der Vereinigten Staaten seine engsten Berater, Minister und hohe Sicherheitsbeamte ins Ovaloffice eingeladen. Auf dieser Beratung wirkte der Vizepräsident sehr viel ruhiger und sachlicher. Er hatte allem Anschein nach seine Rolle gelernt und spielte sie nun auch in voller Absicht. Ob er ein talentierter Schauspieler war, sollte sich jedoch erst noch mit seiner Überzeugungskraft erweisen.
In seinen einleitenden Worten resümierte er die aktuelle Weltlage und die inneramerikanische Stimmung. Er habe aus allen Bereichen der Gesellschaft Briefe mit der Bitte bekommen, die Führung des Landes auch offiziell und mit aller erforderlichen Macht zu übernehmen. „Dennoch“, so hob er in Ehrerbietung hervor, „ist es zu früh, dem abwesenden und verschollenen, vom Volke gewählten, Präsidenten zu gedenken. Wir sollten in allem, was wir tun, das Gefühl haben, der Präsident wäre unter uns, wäre anwesend. Nur in dieser Dankbarkeit bin ich bereit, dieses Amt entsprechend der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika heute und jetzt zu übernehmen.“ Hier nun entstand eine Pause völliger Ruhe, ja Bewegungslosigkeit im Ovaloffice. Was jedoch der Noch-Vizepräsident in seiner Ansprache verschwiegen hatte, ob-wohl dies den meisten Anwesenden durchaus bekannt war, war die einfache Tatsache, dass in einer noch größeren Anzahl von Briefen, in zahlreichen Stellungnahmen vieler Organisationen, Vereine, Clubs, Universitäten und sogar großer Unternehmen Neuwahlen für das Präsidentenamt gefordert wurde. Er wusste sehr genau, ebenso sein Senatspräsident, eine Chance bei Neuwahlen hatte er kaum, zu sehr stand er in der Vergangenheit im Schatten des großen Präsidenten, hatte sich nicht durch ein eigenständiges „Bild“ seiner Politik bemerkbar machen können. Darum war ihm der Gedanke an Neuwahlen sehr suspekt.
Er schaute während der kurzen Pause seiner Rede jedem einzelnen ins Gesicht mit einem eindringlichen Blick, fast wie dem eines Dompteurs in einer Tigerarena gleich. Dann fuhr er mit leiser Stimme fort, offensichtlich besaß er doch ein gehöriges Talent als Schauspieler: „Die Generale in den Einsatzgebieten unserer Soldaten im Ausland erwarten ein straffes Oberkommando, das in der Lage ist, die Einsätze zielgerichtet, mit ganzer Kraft und mit Erfolg zu Ende zu bringen. Die Außenpolitik unseres Landes und die Verbündeten in der NATO erhoffen ebenso eine starke Führung zum Wohle unseres Landes und zur Sicherheit insbesondere Europas und im Nahen Osten. Ihre Schwäche darf nicht unsre Schwäche sein. Innenpolitisch wird die Fortführung der Reformen erwartet, um die wirtschaftliche Entwicklung auf Erfolgskurs zu halten und die Freiheitsrechte der Amerikaner zu stärken. Unsere Demokratie hat alle erforderlichen Kräfte. Wir schaffen es!“
Der Senatspräsident schmunzelte innerlich bei nach außen hin gleichgültiger Miene. Es sei gut, dass der Vizepräsident nicht den Weg der UNO hin zu eigener Kraftlosigkeit einschlug, dachte er bei sich. Er wusste schon, dass der „neue“ Präsident seiner Spur folgen würde, wie eine bereits vereinbarte, nicht offizielle Beratung mit einigen Generalen und Rüstungsexperten nach diesem Gespräch hier im Ovaloffice zeigen würde. Um dieser Beratung einen nachhaltigen Charakter zu geben, müsste der Vizepräsident als vereidigter Präsident höchste Autorität besitzen. Der Oberste Richter der Vereinigten Staaten war schon bestellt. Am Ende dieses Treffens im Ovaloffice des Weißen Hauses war ein neuer Präsident geschaffen. Die Filmberichte über die Vereidigung und anschließenden kurzen Worten des Präsidenten der USA gingen in Eilmeldungen um die Welt. Mit diesen Ereignissen in Washington schien endlich die Krise der Politik, wenigstens in Anfängen und in der Einbildung der Politiker, überwunden worden zu sein.
Von der sofortigen Beratung des Präsidenten mit den führenden Generalen und Vertretern der Rüstungs- und Energiewirtschaft wurde nichts verlautet. Dennoch blieb diese Zusammenkunft nicht lange geheim, wie auch sollte so etwas in Zeiten des Worldwide Web der Öffentlichkeit verschwiegen bleiben. In Militärkreisen wurde in den Führungsstäben darüber diskutiert. So gelangte auch John ziemlich schnell an die nötigen Informationen, die er bruchstückweise nach und nach in abendlichen Sitzungen im Internet weitergab: „Der neue Präsident macht alte Politik.“ „Er traf sich mit Militärs, um den Einsatz neuer, modernster Waffensysteme zu besprechen und zu forcieren.“ „Damit könnten ganze Bergmassive samt Tierwelt und aller Menschen weggesprengt werden.“ Mit ihm trafen sich fast jeden Abend auch Andrè und Shila und viele andere Leute in den Chatrooms, um Informationen und Meinungen auszutauschen. In dem Maße, wie John seine Sätze in den Chatrooms eingab, so wurden sie auch über die ganze Welt verteilt und trafen sich in Presseschlagzeilen wider. Doch die Quellen blieben ungenannt. Es wurden immer mehr Fragen aufgeworfen, andere Fragen stetig wiederholt. Bei aller Vielfalt der geäußerten Theorien, die jede stets ein Für und Wider nach sich zog, verstärkte sich immer mehr die Idee, Außerirdische könnten weltweit am Werke sein. Praktischer hingegen waren die Fragen an die neue amerikanische Administration: Trug etwa der neue amerikanische Präsident eine gewisse Mitverantwortung für die eingetretenen Umstände? War das ein versteckter Putsch gegen den alten Präsidenten und gegen die Weltordnung? Konnte der Neue die Weltlage in den Griff bekommen und tatsächlich beruhigen?
Doch schon an den nächsten Tagen wurde jedermann die Verworrenheit der internationalen Lage erneut deutlich. Von einem Krisenmanagement konnte nunmehr keine Rede sein. Es ging Schlag auf Schlag. Fast täglich wurden Meldungen über verschwundene Ministerpräsidenten und Staatschefs verbreitet. Die Staatschefs und Ministerpräsidenten mancher afrikanischer Staaten, Bandenchefs rivalisierender Gruppen, die seit Jahrzehnten in den Tiefen Afrikas Bürgerkriege schürten, verschwanden von der weltpolitischen Bühne ebenso, wie die asiatischer und auch einiger europäischer Staaten.
So dramatisch sich die Zustände auch im politischen Leben entwickelte, für die Bevölkerung war es zunächst eher eine akademisch anmutende Diskussion, vor allem in der internationalen Presse und in der Internetgemeinde, wenn man dieses Wort für die losen Bindungen der Chatfreunde benutzen könnte.
Für eine gewisse Genugtuung sorgte schließlich die Mitteilung aus London, der britische Geheimdienst habe in einem Bericht an Londoner Regierungskreise die Vermutung geäußert, dass auch die Führer weltweit operierender Terrororganisationen, insbesondere der Al Qaida, verschwunden seien. Auch die Taliban-Chefs aus Afghanistan waren mit hoher Gewissheit der Welt entrückt.
Doch zur Beruhigung der Gemüter auf dem Globus trug dies kaum bei. Bis eine Meldung am Abend des 13. Mai die Welt endgültig schockierte: „Washington, 13. Mai. Das Weiße Haus teilt in Betroffenheit mit, dass der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika am Abend Ortszeit auf ähnliche Weise wie sein Vorgänger verschwand. Auch hier fanden alle eingeleiteten Suchmaßnahmen kein Ergebnis. Inzwischen hat der Senatspräsident kommissarisch die Leitung der Staatsgeschäfte bis zu den Neuwahlen übernommen. Die Suche nach den beiden Präsidenten sowie die Mitwirkung bei der weltweiten Suche nach den Präsidenten und Ministerpräsidenten der anderen Länder wird fortgesetzt.“
 

Pola Lilith

Mitglied
Eine gute Idee -

auch mit Humor gespickt; allerdings hat mich der Text zur Eile angetrieben, vielleicht wg. der etwas verwirrenden Einführung der Protagonisten (?).

Die Beschreibung der Politrunde, insb. des Vizeministers, war gut, fesselnd.

Erklärungen (z.B. des Kriegsveteranen) würde ich sein lassen, diese können jetzt oder später in Handlungen umgesetzt werden.

In die Rubrik Kurzgeschichte passt es nicht.

Gekürzt und etwas klarer - und dein Kapitel macht Lust auf ein zweites.

Lb.Gruß, Pola
 



 
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