Ja so ein Tag

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Ja so ein Tag, so wunderschön

Ich bin das ganze Jahr ein Narr
und pfleg die Narretei,
jedoch an Fasnacht droht Gefahr,
da nehm' ich narrenfrei!
Da sprießt der Frohsinn im Verein
in wohlgesetzten Worten,
da sprüht der Geist aus Sekt und Wein,
und will schier überborden.

Im Fernseh'n bringt man: "Mainz bleibt Mainz",
das muss ich mir beschauen,
es ist zwar nichts für unsereins
und unser eines Frauen.
Denn wer sich dort vergnügen will,
dem greift man in die Tasche,
ein Gläschen Sekt kostet so viel,
wie sonst die ganze Flasche.

So leg' ich mich auf's Sofa hin,
direkt vor's Telewischen,
und drückt ein Lüftchen mich wohin,
dann lass ich es entwischen.
Ich seh' die Mainzer Hautevolee,
die Riege lahmer Lenden,
genannt das Narrenkomitee
mit ihrem Präsidenten.

Ein Herr besteigt die Narrenbütt,
gebügelt und geschniegelt,
als Till bringt er den Spiegel mit,
mit dem er sich bespiegelt.
Den Roten ist der Till nicht grün,
was sei da alles schlecht,
und die Regierung in Berlin...
na ja, da hat er recht!

Nun drischt er auf die Grünen ein
mit ihren Frauenquoten,
das muss unendlich lustig sein
und bietet Stoff für Zoten.
Dann lacht und johlt der ganze Saal,
jedoch die Komiteeter,
die überlegen erst einmal..
sie lachen etwas später.

Er scheint den Schwarzen zugeneigt,
mit seinen schlechten Scherzen,
und als er fertig ist und schweigt,
da freu ich mich von Herzen.
Danach kommt Stimmung auf im Saal:
die flotten Balletteusen!
"Könnt ich", denk' ich, "doch noch einmal",
- es wär' so schön gewesen.

Da bin ich eingeschlafen, scheint's
lange vor Mitternacht,
doch mit dem Schlachtruf: "Mainz bleibt Mainz",
zum Glück noch aufgewacht.
Denn der Gesang von diesem Chor
ertönt von Land zu Lande,
noch lang dröhnt mir ihr Lied im Ohr,
ihr Lied vom Viagrante.
 

Udogi-Sela

Mitglied
Der frohe Stumpfsinn oder der stumpfe Frohsinn, hier ist er wunderbar beschrieben.
Und weil diese Aufführung, die auch noch unters Fernsehvolk gebracht wird, sich seit mindestens 30 Jahren nicht verändert hat (das kann man aus Deiner Beschreibung ganz klar entnehmen), schalte ich sie seit mindestens 25 Jahren nicht mehr ein.

So leg' ich mich auf's Sofa hin,
direkt vor's Telewischen,
und drückt ein Lüftchen mich wohin,
dann lass ich es entwischen.
Dem sei nichts hinzugefügt...

Herzliche Grüße
Udo
 

george

Mitglied
Klasse gemacht, Bernhard! Chapeau!

Zwei winzige Verbesserungen:

a) zweite Strophe, zweitletzte Zeile: "kost'" statt "kostet"
b) letzte Strophe, zweite Zeile: "lang'" statt "lange".

Beides betrifft den Rhythmus. Habe sonst nix gefunden.
Jürgen
 
K

Klopfstock

Gast

Karnevalsbedingt

Mit Knopfdruck-Heiterkeit besticht,
so mancher deutsche Spießer-Wicht,
der sonst nur gries- und grämig schaut,
doch gerne auf die Pauke haut
- was immer drunter man versteht -
wenn Karneval ins Lande geht.

Er malt sich, wie zur Urzeit an
- mit Papmache' am Zinken dran -
und blökt, wie ein verirrtes Schaf,
dann tagelang "Hellau....Alaaf!!!"
Wobei er gern zur Tränke eilt
und lang in mancher Schänke weilt.

Hat er dann endlich "aus-hellaut",
er wieder gries- und grämig schaut,
denn leider hat ein solcher Tor,
nur karnevalsbedingt Humor,
oder was er für solchen hält -
So ist es halt in unsrer Welt ;);)


Lieber Bernhard, ich danke Dir, daß ich mich
so amüsieren konnte :D:D:D
und wünsche Dir, daß Du solche Tage
unbeschadet überstehst

Liebe Grüße von
Klopfstock (Karnevalsmuffel) :(
 
B

Bruno Bansen

Gast
Karneval

Hi Bernhard, sowie liebe Frau Bernhard

toll gemacht, Ihr Lieben! als wennste dabei wärst! Punkte? ja, mach ich, ne handvoll!

schwappt etwa die Karnevals-Welle bis zu Euch? Auf jeden Fall auch hier bis zu uns - was niemand glaubt, aber auch relativ kleine Dörfer machen hier relativ große Umzüge: Drei Prunkwagen, also, eher Wagen, ohne Prunk und die stehen mehr oder weniger, als dass sie umziehen, denn wenn der erste der drei aus'm Dorf draussen ist, fährt der letzte, der Dritte also, am andern Ende los. Dann machen die'n größeren Bogen auf der Umgehungsstraße und sind dann nach drei Minuten und 45 sek. wieder da. Tarä, tarä, tarä!!! Aber saufen tun die die gleichen Mengen, wie der gesamte Rosenmontagszug in Kölle ...

Ach Gott ja, ist doch nicht das selbe, heißt "Faslam" oder so.

Hier üprinx der gewünschte Link: http://forum.webmart.de/wmforum.cfm?id=2199718

liebe Grüße von
Bruno
 
Hallo Udo,
danke für Deinen Kommentar!

Als roter Promi muss man scheint's
so manche Kröte schlucken,
und sich sogar bei -Mainz bleibt Mainz-
verbeugen und sich ducken.
Wer sich vor solchem Gremium
zum Affen machen lässt,
der ist nicht närrisch, er ist dumm,
und ..... ins eigne Nest!

Wie gut, dass wir nicht dort gewesen sein müssen!
-Bernhard-

Liebe Irene,
ich bedanke mich für Deine hochkarätige Lobeshymne! Es fällt mir bei Dir sicher nicht schwer, mich einmal zu revanchieren.
Ansonsten werde ich diese Tage unbeschadet überstehen, ich lebe auf einer narrenfreien Insel, umgeben von Hochburgen der alemannischen Fasnacht.
Helau! -Bernhard-

Hallo Jürgen,
nimm es nicht so sehr genau mit dem Versmaß usw! Was ich in die LL. stelle, ist mehr oder weniger Gebrauchsliteratur, um den Alltag der Lupen-Leser etwas aufzuheitern.
Irgendwann hole ich diese Gedichte wieder aus der Schublade und überarbeite sie und schleife daran herum. Irgendwann...
-Bernhard-


Hi Bruno, und wer immer mit Dir diese Zeilen liest!
Das Problem mit den Umzügen auf kleinen Dörfern ist mir nicht unbekannt. Wenn ein Umzugwagen (mehr ohne, als mit Prunk) vorne hereinfährt, muss der andere hinten hinausfahren, denn die Musikkapelle mit Humba, humba tätarä benötigt ja auch mindestens zwanzig Meter Dorfstraße in der
Länge. Ansonsten ist die alemannische Fasnet eine recht ernsthafte Sache. Jedes Nest hat seine eigene Zunft, Maske, Häs, Fasnetruf und seine besondere, meist mühsam zusammengebastelte Historie, die es vor karnevallistischen Nachahmern zu bewahren gilt. Aber das Saufen verbindet!
Narri, narro! -Bernhard-
 



 
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