Joe, der Fischer

DOWD

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Joe, der Fischer

Joe fischte mal wieder in diesem See. Er war weit mit seinem Ruderboot hinaus gefahren. Jedenfalls hatte er seine Angel seit zwei Stunden ausgeworfen und noch nichts gefangen. Er saß eben so da, kratzte sich hinter seinem Ohr und bemerkte, dass die Angelleine anfing zu zucken. Er holte Leine ein, bis er den Fisch in der Hand hielt. Dieser Fisch war groß gewachsen und passte geradeso in seinen Eimer. Der Fisch schien glücklich darüber zu sein, dass er noch lebte und nicht gleich von Joe erschlagen wurde. Joe war eben daran seine Angel von neuem auszuwerfen, als er etwas hörte.
„Du fetter Arsch“, sagte jemand.
Joe drehte sich um, aber er konnte niemanden sehen, der gesprochen hatte. Auf diesen Schock zündete er sich erst mal eine Zigarette an. Er rauchte eben genüsslich, da war wieder etwas zu hören.
„Dein Arsch ist so fett, dass er niemals auf irgendeine Toilettenschüssel passen würde.“
Joe schaute sich um und blickte zufällig in seinen Eimer.
„Leck mich am Arsch, du Wichser“, sagte der Fisch.
„Hey, wieso kannst du reden“, fragte Joe.
„Da, wo ich her komme können alle Fische reden.“
„Ach so, alles klar. Pass auf, ich hau dir gleich eins über deinen Schädel.“
„Dich nehme dich schon lange nicht mehr ernst, du fetter Arsch.“
„Ich hab keinen fetten Arsch. Du vielleicht.“
„Ich hab gar keinen Arsch.“
Mit diesen Worten schlug Joe, diesem scheiß Fisch mit einem Knüppel auf den Kopf. Die Leine zuckte wieder. Es hatte ein anderer Fisch angebissen. Als Joe ihn in seiner Hand hielt, biss ihn der Fisch.
„Das hast du davon, du Wichser“, sagte der Fisch.
„Ich bin kein Wichser.“
„Klar, bist du ein Wichser, sagte der Fisch und fügte hinzu, „hey, Wichser, haste was zu trinken da.“
„Dachte, Fische trinken kein Wasser.“
„Fisch trinken auch kein Wasser. Sie trinken nur Schnaps.“
„Schnaps?!“
„Yep.“
„OK, hier hast du meinen Flachmann.“
Der Fisch nahm die Flasche in empfang und trank, rülpste und schiss ins Boot.
„Hey, Mann, kannst doch nicht einfach so hier ins Boot scheißen.“
„Klar, kann ich, hast ja grad gesehen!“
„Machst du das auch Zuhause?“
„Bei uns ist das ein Zeichen der Dankbarkeit.“
„So? Na dann, bitte schön.“
Der Fisch drückte noch einen ab und sagte:
„Kein Problem.“
„Ich habe hier im Boot noch irgendwo eine Flasche Wein rum liegen. Warte mal einen kurzen Moment“, sagte Joe, „Ach, hier ist Sie ja.“
Joe löste den Korken von der Flasche und gab Sie dem Fisch.
„Nicht schlecht“, meinte der Fisch.
„Fische sollten nicht trinken“, sagte Joe.
„Ich weiß, immer wenn ich trinke, passieren mir so merkwürdige Dinge.“
„So, was für Dinge?“
„Im betrunkenem Zustand fühle ich mich oft wie ein Mensch.“
„Ich fühle, dann immer den Drang zum Rasen mähen.“
„Wieso das denn?“
„Ich weiß eigentlich auch nicht.“
„Und ein Spanner bist du auch, wie?“
„Jaja, ist ja gut, hast mich erwischt.“
„Hab ich’s mir gedacht, du Wichser.“
„Und eine geschiedene Frau habe ich auch geschwängert.“
„Das muss aber ein hässlicher Sohn sein.“
„Tochter.“
„Wie eine Tochter? Die Arme!“
„Komm schon sei doch nicht so hart zu mir.“
„Ich bin so zu dir, wie es mir passt, du Wichser.“
Der Fisch nahm noch einen Schluck aus der Weinflasche, rülpste und schiss zum wiederholten Mal ins Boot.
„Bitte“, sagte Joe.
„Gern geschehen“, sagte der Fisch und setzte noch einen drauf, „hier, bitte sehr, als Zeichen meiner Dankbarkeit.“
„Danke schön.“
„Du musst dich nicht bedanken, dass mache ich doch gern für dich.“
„Gib mir auch mal einen Schluck Wein.“
„Nein.“
„Gib schon her.“
„Nein, du Wichser.“
„Und warum nicht?“
„Weil du ein Wichser bist, darum.“
„Jetzt gib mir doch die Flasche.“
„Nein, habe ich gesagt.“
Joe entriss dem Fisch die Flasche, nahm einen kräftigen Zug daraus und setzte sie ruckartig ab.
„Das habe ich gebraucht. Das würde mir niemals einer glauben, wenn ich ihnen erzählen würde, dass ich mich in meinem Boot mit einem Fisch unterhalten habe.“
„So, und was ist das da im Boot?“
„Meine Angelrute natürlich.“
„Das meine ich nicht, du Wichser.“
„Was denn?“
„Die Fischscheiße natürlich.“
„Ach, die könnte auch von einem Vogel stammen.“
Joe hatte die Flasche inzwischen geleert, schaute dem Fisch in die Augen und küsste ihn.
„Hey, was soll das, du Wichser.“
„Wollte dich nur küssen, um zu prüfen, ob du auch real bist.“
„Klar, bin ich real. Pass auf! Ich zeig dir mal was.“
Der Fisch zog seine gesamten Reserven zusammen und schiss Joe mitten ins Gesicht. Als Joe aus tiefem Rausch erwachte, blickte er in den Eimer. Der Fisch war tot. Gleich darauf suchte er nach seiner Flasche, die wie er leider feststellen musste, leer war. Hatte ich zu viel getrunken, dachte Joe.
 



 
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